Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

mein "kluges Kind" macht mich fertig: negative Erfahrungen und Erlebnisse
alibaba

Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von alibaba »

heinerprahm hat geschrieben: - ein Kind, welches die Technik des Zähneputzens beherrscht und das dann nicht mehr will, weil es keine Lust hat, mit Zwang, Angst und Schrecken zu drangsalieren, ist genau die falsche Methode um es zu motivieren.

- Nachputzen, (vor allem aus Gründen wie: "Weil 'man' da so machen sollte") ist völlig unnötig und greift in die Autonomie des Kindes ein.
Mein Mann hat auch so einen Mitarbeiter, bei welchen er mit antiautoritärer "Erziehung" (naja, in dem Alter ist Erziehung wohl das falsche Wort) also Angabe, ihn selber entscheiden ließ, was er denn nun als nächstes angehen wolle. Der Kollege stimmte zu. Mein Mann fand ihn später vorm Computer im Internetchat. :mrgreen:
Das war wohl etwas zu viel Autonomie im Kindesalter.

8-)
heinerprahm
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Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von heinerprahm »

Hallo Urmelis,

ich denke Du bist Dir dessen bewusst, aber ich führe es noch mal auf:
urmelis hat geschrieben:Ich weiß, dass ich ein (leichtes? mittleres?) Trauma als Kind erlitten habe, als meine Mutter während einer Autofahrt, auf der mein Bruder und ich uns so gestritten haben, dass die Spielzeugautos durch die Gegend flogen, am Parkplatz hielt, uns am Anfang des Parkplatzes aus dem Auto holte, weiterfuhr und am Ende des Parkplatzes (außer Sichtweite) wieder hielt. Sie wartete ca. 5 Minuten und lief dann zurück und sammelte uns Kinder wieder ein. Wenn heute mein Mann vorausgeht, ohne mir etwas zu sagen und ich mich umdrehe und er ist auf einmal weg, steigt leichte Panik in mir auf. Ich führe das auf diese 5 Minuten zurück ... Dennoch war meine Mutter eine "gute", fürsorgliche Mutter, der ihre Kinder das wichtigste im Leben waren, und ich kann ihr keinen Vorwurf daraus machen.
… und was machst Du dann heute, in dem vollem Bewusstsein, welche langfristigen Folgen so etwas haben kann ?
urmelis hat geschrieben:Zum Thema Ängste: ich habe auch einmal, mit den Nerven wirklich am Ende, im Supermarkt den Einkaufswagen stehen gelassen, meine damals knapp dreijährige Tochter an der Hand genommen, sie nach draußen gebracht, ins Auto gesetzt und dann mit dem 1,5 jährigen auf dem Arm in Windeseile den Einkauf beendet. In diesem Moment konnte ich nicht anders, ganz ehrlich.
Du kopierst unbewusst nicht nur das Verhalten Deiner Mutter, sondern sie hat dieses damals auf dem Parkplatz sicherlich aus der gleichen inneren Not heraus gemacht, die Du heute z.B. beim Einkaufen als Mutter auch erlebst und für die Du von ihr keine Bewältigungsstrategie mitbekommen hast. Und Du beantwortest die vielen Fragen die sich zwangsläufig anschließen ja selbst:
urmelis hat geschrieben:Ich mache sicherlich einiges falsch - ein Fehler war wohl auch, dass ich erst vor kurzem angefangen habe, Jesper Juul zu lesen (und damit immer noch beschäftigt bin, denn ihn zu lesen, ist das eine, das eigene Verhalten zu hinterfragen, zu analysieren, sich selbst zu reflektieren, dass ist ein Prozess, der mich sicherlich die nächsten Jahre begleitet.
Ich denke du gibst heute genau dieses Verhalten und das bewusst und unbewusste Denken ungefiltert an Deine Kinder weiter, aber ich sehe noch ein Problem, das hier häufiger gegeannt wird:
urmelis hat geschrieben: … und dann mit dem 1,5 jährigen auf dem Arm in Windeseile den Einkauf beendet.
… Die Zeit reicht immer für einige Exklusiv-Momente mit Mama
… [ich] kann nicht warten, bis die Kleinste sich die Schuhe selber angezogen hat
… Überlebt haben wir nur dank Kinderkrippe dreimal die Woche.
… ist für mich immer wieder eine Gratwanderung,
Wenn ich das, nicht nur von Dir sondern auch von anderen so lese, dann gibt es irgendwo immer etwas das wichtiger ist, das nicht warten kann und ich lese, das deshalb irgendwie ständig selbst gegen die eigenen inneren und äußeren Regeln oder (guten) Vorsätze verstoßen wird. Auf der anderen Seite wird aber von den Kindern verlangt, dass diese sich an "die Regeln" halten sollen und das funktioniert so einfach nicht. Entweder lebt man seinen Kindern konsequent etwas vor, oder eben nicht, halbe Sachen führen zu halben Sachen.
urmelis hat geschrieben: Vielleicht ist es ja das, was Winnie als Unterschied zwischen Theorie und Praxis meint:
In der Praxis sieht das bei uns so aus, dass niemand von uns beiden Eltern jemals auf den Trichter kommen würde unsere Tochter irgendwo alleine zu lassen, vollkommen ausgeschlossen, da könnte sie schreien und toben wie sie will, wir können das aushalten, weil wir uns in solchen Fällen auch einfach die Zeit nehmen würden … und "komischer" Weise was passiert ? … wir haben ein liebes braves Kind, das zwar auch den ganzen lieben langen Tag (jetzt ohne Mittagsschlaf, den hat sie eingestellt) von sehr früh Morgens bis sehr spät in Abend tobt, rennt und schreit, aber nicht im negativen Sinne, sondern sichtlich als Energieabbau und nicht gegen etwas oder gar uns gerichtet, sondern mit einem selbst gesteckten Ziel versehen … und wenn wir dann beim Einkaufen sind, dann ist sie völlig entspannt, kennt die Wege, steckt den Euro in den Einkaufwagen und entfernt die Kette, schiebt den Wagen, hilft beim Einpacken und freut sich an der Kasse das Geld zuübergeben und winkt den Verkäufer/innen zum Abschied fröhlich zu, schiebt den Einkaufwagen zurück, steckt die Kette rein, holt den Euro raus und gibt ihn mir wieder.

Es geht darum verlässliche Abläufe zu schaffen und wie ich schon mal geschrieben habe, das dauert jetzt alles zwar erheblich länger, es ist ein entschleunigtes Leben, das sich, wenn unsere Tochter dabei ist und bei den Dingen, die sie als ihre Aufgaben betrachte (wie das Einkaufwagen holen und Wegbringen) nach ihrem Tempo ausrichtet, aber die Beschleunigung hat von der ersten Minute an eingesetzt und die Geschwindigkeit steigt von Tag zu Tag, aber Zeit spielt einfach keine Rolle, denn es gibt nichts Wichtigeres als die seelische Gesundheit des eigenen Kindes.

Liebe Grüße
Heiner
heinerprahm
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Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von heinerprahm »

urmelis hat geschrieben:Heiner,

es geht bei mir um die seelische Gesundheit von DREI Kindern. Und nein, ich kann nicht warten, bis die Jüngste sich die Schuhe angezogen hat, da ich zwei Kinder an zwei verschiedenen Orten zu ganz bestimmten Zeiten abholen muss. Bei meiner Großen konnte ich warten. Das Leben damals war entschleunigt. Mit drei Kindern und Berufstätigkeit geht vieles schlicht in der Form nicht mehr. Und im Versuch, es allen recht zu machen, passiert letztlich nur eines: ich reibe mich auf - und damit ist auch niemanden geholfen.

Was ich dir eigentlich vermitteln wollte, ist, dass mein Leben mit drei Kindern aus täglichen Kompromissen besteht, in dem Versuch, meine Kinder zu begleiten auf ihrem Weg hin zu einem eigenständigen, selbstbestimmten, selbstbewußten Leben.

Liebe Grüße
urmelis

Und als ich meine Tochter ins Auto gesetzt habe (sie war damals allerdings nicht ängstlich allein im Auto, sondern furchtbar wütend), war ich mir der Auswirkung durch das damals erlebte (das ich auch nur aus Erzählungen meiner Mutter kenne, nicht aus eigener Erinnerung - ich war noch zu klein) nicht bewusst.
Hallo Urmelis,

ich verstehe Dich und ich möchte auch noch mal betonen, das ich in keiner Weise über Dich oder andere hier herziehen möchte, ihr habt meinen vollen Respekt für das was und wie ihr das macht, denn eines kann ich hier herauslesen, das diejenigen, die hier schreiben vielleicht aus meiner Sicht nicht alles richtig machen, aber sich zum einen sehr viel Mühe geben und zum anderen sich auch noch selbst Gedanken über ihr Handeln machen, was ja, wenn man so nach draußen schaut irgendwie nicht so ganz üblich zu sein scheint.

Nichts desto trotz denke ich jedoch genau das was Du beschreibst:
urmelis hat geschrieben: … dass mein Leben mit drei Kindern aus täglichen Kompromissen besteht, in dem Versuch, meine Kinder zu begleiten auf ihrem Weg hin zu einem eigenständigen, selbstbestimmten, selbstbewußten Leben.
Eben genau das ist, was nicht dazu führt, dass Deine Kinder eigenständig, selbstbestimmt und selbstbewusst werden, sondern sie werden in einen lebenslangen Kompromiss getrieben, innerlich wie auch äußerlich, bewusst und unbewusst. Das ist jetzt auch nichts Dramatisches, das geht in unseren Kulturkreisen fast allen Menschen so, weil über Generationen Erziehungs- oder besser Denkmuster einfach unreflektiert weitergegeben wurden und leider ändert sich das, wenn überhaupt und dann auch nur in wenigen Familien, sehr sehr langsam, weil eben die Notwendigkeit zum anders Denken und Handeln (wenn überhaupt) erst dann erkannt wird, wenn die Kinder bereits da sind und so werden die alten Muster einfach weitergeben, auch wenn man das vielleicht selbst gar nicht will, aber man eben gezwungen ist diesen Kompromiss zu leben.
Wie du schreibst:
urmelis hat geschrieben: - ein Fehler war wohl auch, dass ich erst vor kurzem angefangen habe, Jesper Juul zu lesen (und damit immer noch beschäftigt bin, denn ihn zu lesen, ist das eine, das eigene Verhalten zu hinterfragen, zu analysieren, sich selbst zu reflektieren, dass ist ein Prozess, der mich sicherlich die nächsten Jahre begleitet.
Besser spät als nie, Du bist ja damit ja auch Randgruppe, wer liest und versteht schon Jesper Juul? … aber wenn die Jahre um sind, dann ist ein wichtiger Teil der "Erziehung" und da vor allem der hohe unbewusste Anteil bereits abgeschlossen und wenn sie nicht später einmal aus welchen Gründen auch immer, sich dann selbst an die Arbeit machen dort aufzuräumen, dann werden sie später an deine Enkel diesen Teil der "Erziehung" einfach so weitergeben.

Ich hatte das Glück, dass ich mir vorher über all diese Dinge Gedanken machen konnte und vor allem, völlig unabhängig von irgendwelchen Zwängen, oder Kompromissen, oder weil ein Kind zu erziehen war für mich selbst auf einen neuen und anderen Weg gewagt habe und mein eigenes Leben und das Zusammenleben mit meiner Frau so gut es eben geht, nach anderen "Prinzipien" nach denen wir jetzt schon sehr lange leben, gestalten konnte, meine Tochter wächst da jetzt selbstverständlich hinein.

Wie gesagt das ist leider nicht jedem so möglich, aber ich freue mich das es Menschen wie euch hier gibt, die den Sinn verstehen und sich auch selbst auf den Weg machen, denn eines ist mit Sicherheit richtig:
urmelis hat geschrieben: … ich reibe mich auf - und damit ist auch niemanden geholfen.
Und da können Denkmodelle wie sie ein Jesper Juul oder ein Thomas Gordon und andere vertreten, auch für einen ganz persönlich sehr effektiv gegen wirken.

Liebe Grüße
Heiner
Winnie
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Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von Winnie »

Heiner, jetzt mal im Ernst... Dann nimm ein anderes Beispiel. Es wird irgendwas geben, was du tun musst, obwohl es dir keinen Spaß macht. Es wird Situationen geben im Leben des Kindes, speziell im Kindergarten oder in der Schule, da wird das Kind voll gegen seine inneren Widerstände Dinge tun müssen, die es von Herzen hasst. Allein schon morgens aufstehen, obwohl es noch nicht ausgeschlafen ist. Wie willst du dein Kind bis dahin soweit bringen, dass es die Motivation dazu hat?

Natürlich greife ich in die Autonomie des Kindes ein, weil es noch nicht alt genug ist, um abschätzen zu können, welche Konsequenzen es hat, wenn es sich nicht die Zähne putzt. Deswegen heißt das Ganze "Erziehung", weil man es nämlich andernfalls einfach laufen lassen könnte. Erziehung kommt von "ziehen". Das Kind will nach rechts laufen, ich ziehe es nach links. Weil ich als Mutter ganz sicher weiß: Putzt das Kind sich nicht die Zähne, kriegt es Karies und das tut dann auf jeden Fall weh. Und putzt es sich die Zähne nicht richtig sauber, kriegt es auch Zahnschmerzen. Du bist aber auch wirklich hartnäckig. Du willst mir doch wohl nicht allen Ernstes erzählen, dass dein Kind sich die Zähne ganz allein absolut sauber putzen kann. Also, dann zweifele ich langsam an deinem Verstand. Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen darüber, dass Kinder ungefähr bis zum Schuleintritt motorisch nicht in der Lage sind, sich die Zähne mit der erforderlichen Gründlichkeit zu putzen. Danach sollte man es kontrollieren lassen, ob die Zähne sauber genug werden. Dafür gibt es Tests beim Kinderzahnarzt. So lange das nicht überprüft wurde, ist Nachputzen angesagt. Die Eltern müssen eingreifen, weil die Kinder es noch nicht allein können. Von wegen völlig unnötig.

Mit so viel Verantwortung wird ein kleines Kind doch total überfordert, wenn du es sehenden Auges vor die Wand rennen lässt, nur weil du nicht in seine Autonomie eingreifen möchtest. Es ist immer eine Frage der Abwägung, ob man eingreift, so wie auch im Staatsrecht. So wenig Grenzen wie möglich, so viel wie nötig.

Also wie gesagt, für mich hört sich das alles unglaublich romantisch, aber leider völlig weltfremd an, was du schreibst. Was interessiert denn Kinder die gelebte Selbstverständlichkeit der Eltern?? Denkst du, dein Kind wird ein Klon von dir selbst, weil es dich so toll findet und genauso werden möchte wie du (oder deine Frau). Nee, mein Lieber, das kannst du vergessen! Mit 18 Monaten vielleicht, aber das wird ganz bald vorbei sein.

Mal so ganz nebenbei gesagt, die Arbeitswelt ist mit der Welt kleiner Kinder nicht zu vergleichen, weil du deinen ganzen weisungsgebundenen Fuzzis eine Abmahnung um die Ohren knallen kannst, wenn sie sich nicht benehmen. Und wenn das nichts hilft, dann kannst du sie rauswerfen und musst nie wieder einen Gedanken an sie verschwenden. Das kannst du mit deinen Kindern niemals tun und das wissen die!

Jaja, Heiner, das meine ich mit dem Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Du hast noch einiges zu lernen, vor allem dass deine Tochter dich schon bald nicht mehr so toll und interessant finden wird wie jetzt. Wenn deine kleine zwei wird und du noch allzu große Hemmungen hast, in ihre Autonomie einzugreifen, dann wirst du untergehen. Denn dann wird sie in deine Autonomie eingreifen und du kannst dich nicht dagegen wehren, weil du dich ja an deine eigenen Prinzipien halten musst. Und wenn sie schlau oder sogar hochbegabt ist, wird sie das auch ausnutzen. Das wird schön, wenn deine Tochter dir fett ins Gesicht grinst und sagt:"Na, was willst du jetzt tun? Du kannst nichts tun! Und tschüß..."
"Entschuldigung, ich habe nur kurz fantasiert." meine große Tochter, 4 Jahre alt (inzwischen 9 geworden)
heinerprahm
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Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von heinerprahm »

Winnie hat geschrieben:Heiner, jetzt mal im Ernst... Dann nimm ein anderes Beispiel. Es wird irgendwas geben, was du tun musst, obwohl es dir keinen Spaß macht. Es wird Situationen geben im Leben des Kindes, speziell im Kindergarten oder in der Schule, da wird das Kind voll gegen seine inneren Widerstände Dinge tun müssen, die es von Herzen hasst. Allein schon morgens aufstehen, obwohl es noch nicht ausgeschlafen ist. Wie willst du dein Kind bis dahin soweit bringen, dass es die Motivation dazu hat?

Natürlich greife ich in die Autonomie des Kindes ein, weil es noch nicht alt genug ist, um abschätzen zu können, welche Konsequenzen es hat, wenn es sich nicht die Zähne putzt. Deswegen heißt das Ganze "Erziehung", weil man es nämlich andernfalls einfach laufen lassen könnte. Erziehung kommt von "ziehen". Das Kind will nach rechts laufen, ich ziehe es nach links. Weil ich als Mutter ganz sicher weiß: Putzt das Kind sich nicht die Zähne, kriegt es Karies und das tut dann auf jeden Fall weh. Und putzt es sich die Zähne nicht richtig sauber, kriegt es auch Zahnschmerzen. Du bist aber auch wirklich hartnäckig. Du willst mir doch wohl nicht allen Ernstes erzählen, dass dein Kind sich die Zähne ganz allein absolut sauber putzen kann. Also, dann zweifele ich langsam an deinem Verstand. Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen darüber, dass Kinder ungefähr bis zum Schuleintritt motorisch nicht in der Lage sind, sich die Zähne mit der erforderlichen Gründlichkeit zu putzen. Danach sollte man es kontrollieren lassen, ob die Zähne sauber genug werden. Dafür gibt es Tests beim Kinderzahnarzt. So lange das nicht überprüft wurde, ist Nachputzen angesagt. Die Eltern müssen eingreifen, weil die Kinder es noch nicht allein können. Von wegen völlig unnötig.

Mit so viel Verantwortung wird ein kleines Kind doch total überfordert, wenn du es sehenden Auges vor die Wand rennen lässt, nur weil du nicht in seine Autonomie eingreifen möchtest. Es ist immer eine Frage der Abwägung, ob man eingreift, so wie auch im Staatsrecht. So wenig Grenzen wie möglich, so viel wie nötig.

Also wie gesagt, für mich hört sich das alles unglaublich romantisch, aber leider völlig weltfremd an, was du schreibst. Was interessiert denn Kinder die gelebte Selbstverständlichkeit der Eltern?? Denkst du, dein Kind wird ein Klon von dir selbst, weil es dich so toll findet und genauso werden möchte wie du (oder deine Frau). Nee, mein Lieber, das kannst du vergessen! Mit 18 Monaten vielleicht, aber das wird ganz bald vorbei sein.

Mal so ganz nebenbei gesagt, die Arbeitswelt ist mit der Welt kleiner Kinder nicht zu vergleichen, weil du deinen ganzen weisungsgebundenen Fuzzis eine Abmahnung um die Ohren knallen kannst, wenn sie sich nicht benehmen. Und wenn das nichts hilft, dann kannst du sie rauswerfen und musst nie wieder einen Gedanken an sie verschwenden. Das kannst du mit deinen Kindern niemals tun und das wissen die!

Jaja, Heiner, das meine ich mit dem Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Du hast noch einiges zu lernen, vor allem dass deine Tochter dich schon bald nicht mehr so toll und interessant finden wird wie jetzt. Wenn deine kleine zwei wird und du noch allzu große Hemmungen hast, in ihre Autonomie einzugreifen, dann wirst du untergehen. Denn dann wird sie in deine Autonomie eingreifen und du kannst dich nicht dagegen wehren, weil du dich ja an deine eigenen Prinzipien halten musst. Und wenn sie schlau oder sogar hochbegabt ist, wird sie das auch ausnutzen. Das wird schön, wenn deine Tochter dir fett ins Gesicht grinst und sagt:"Na, was willst du jetzt tun? Du kannst nichts tun! Und tschüß..."

Hallo Winnie,

ich wollte gerade anfangen und Deinen Post im Einzelnen kommentieren, aber das gelingt mir nicht, weil ich jedem einzelnen Deiner Aspekte 100% widersprechen kann.

Natürlich kommt es immer auch auf das Kind selbst an, aber ich denke auch, dass lässt sich nicht trennen, vielleicht mal ein Spruch von meinem Vater, der hielt rein Garnichts von „Erziehung“ … das was er zu diesem Thema zu sagen hatte war: „Es ist mir völlig egal wann Du nach Hause kommst, oder was Du dort machst, das Einzige was ich von Dir verlange ist, dass Du zur Schule gehst !“ …das sagte er schon in der Grundschule zu mir und ich bin damals, als ich dann schon auf der Oberstufe war, sehr oft direkt von der Disco (wo ich aber dann auch gearbeitet habe) zur Schule gefahren, aber ich habe in meinem Leben nicht einen einzigen Tag geschwänzt!

Ich habe aber diese Freiheit, die mir die Einhaltung dieser einfachen Regel gebracht hat, auch nicht missbraucht, sondern für die Entwicklung meiner Persönlichkeit nutzen können!

Das ist alles inhaltlich viel zu komplex, um „sinnvoll“ auf Deinen Beitrag antworten zu können, ich denke völlig anders und ich lebe (wie ich feststellen muss) in anderen Kategorien, ich merke, dass ich Dir hier inhaltlich mit meine Antworten nicht gerecht werden kann und bitte das zu entschuldigen!

... und das ist (leider) mein voller Ernst!

Liebe Grüße
Heiner
keshali
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Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von keshali »

Ihr seid lustig,...alles hat zwei Seiten und ein ruhiger besonnener Papa, kann vielleicht wirklich immer (!) vernunftsbegabt handeln.

Jemand der schon einige schlaflose Nächte hinter sich hat, keine Oma an der Hand,...nein ehrlich, ich halte mich an den "Ich-Authentischen Weg".
Mama und Papa sind Menschen mit guten Tagen und schlechten Tagen...und es darf mir auch der Kragen platzen, und dann halte ich mich garantiert nicht an die theoretischen Abhandlungen (die sich gegenseitig so oder so widersprechen).

Ich agiere als Mensch, vermittle meinen Kind kein Doppelten Botschaften, dass heisst auch, wenn ich es leid bin mir den Mund fusselig zu reden, gibt es ein "Entweder - Oder"...darf sie sich aussuchen.
Und wir reden dann darüber das auch Mamas manchmal einfach unrecht haben, einen schlechten Tag haben....das Leben ist vielfältig und bunt.
Und mein Kind darf auch mal einfach einen schlechten Tag haben, da lassen wir dann auch mal 5 gerade sein.

Die internationalen Mütterrechtskonventionen besagen einfach, dass nach 3 Stunden kreischenden Nachbarskindern, man berechtigt ist die Horde lauthals aus dem Wohnzimmer zu verbannen.

Nein, das sind lauter willkürliche Beispiele, die nicht einzeln analysiert und zerlegt werden müssen...sie sollen nur das eigentlich Thema versinnbildlichen.
Leider passierte das genau mit Alibabas erster Antwort,...es wurde nicht auf ihre Aussage eingegangen, sondern ihr Beispiel, welches nur das Thema veranschaulichen soll, zerpflückt.

;)
alibaba

Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von alibaba »

keshali hat geschrieben:........ein ruhiger besonnener Papa, kann vielleicht wirklich immer (!) vernunftsbegabt handeln.
Stimmt. Mein Mann sagt auch immer mit einem Augenzwinkern, wenn er am Abend seine Kinder das erste Mal am "Tag" eine Stunde lang sieht, wo denn mein Problem sei. :lol:

Er muss sich nämlich nicht darum kümmern, wenn Kinder zum Zahnarzt müssen, wenn sie sich umziehen sollen, wenn sie schon genügend Süßes haben, wenn sie was Gesundes essen sollen, wenn sie Augentropfen bekommen müssen...mein Mann pickt sich die Rosinen raus und geht immer nur und grundsätzlich am Wochenende mit EINEM Kind zu seinen Aktivitäten....aber wenigstens, weiß er, was er an mir hat. Wisst ihr Mädels, das schönste Kompliment kommt fast immer am Abend von meinem Sohn: "Mama, du bist die beste Mama auf der Welt." Funktioniert auch, wenn er vorher ein zweites Mal seine Zähen putzen musste. ;)

Auf zum Antiperfektionismus. :fahne: VLG
heinerprahm
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Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von heinerprahm »

urmelis hat geschrieben:@heinerprahm:

ohne im Detail auf deine letzte Kommentierung meines Postings einzugehen, hätte ich dann doch noch mal eine Frage. Du schreibst auf meine Darstellung täglicher Kompromis-Suche:

Ich schrieb:
urmelis hat geschrieben:… dass mein Leben mit drei Kindern aus täglichen Kompromissen besteht, in dem Versuch, meine Kinder zu begleiten auf ihrem Weg hin zu einem eigenständigen, selbstbestimmten, selbstbewußten Leben.
du antwortest:
heinerprahm hat geschrieben:Eben genau das ist, was nicht dazu führt, dass Deine Kinder eigenständig, selbstbestimmt und selbstbewusst werden, sondern sie werden in einen lebenslangen Kompromiss getrieben, innerlich wie auch äußerlich, bewusst und unbewusst.
Hey, mal ganz abgesehen davon, dass sich mir der Zusammenhang und die logische Konsequenz nicht erschließt - das Leben ist immer und zwangsläufig begleitet von Kompromissen. In der Familie (der eine will Pfannkuchen, der andere Bratwürstchen - beides koch ich nicht!), im Kindergarten (beide wollen die rote Schaufel), in der Schule (die einen wollen Schwarzer Mann, die anderen Völkerball spielen), in der Ehe (Urlaub am Meer oder in den Bergen), im Berufsleben (Besprechung Freitag um 17 Uhr). Jeder geht jeden Tag Dutzende von Kompromissen ein - und hätten meine Kinder keine eigene Meinung, ich würde mir echt Sorgen um ihre seelische Verfassung machen ... Es geht nicht um die Frage, ob Kompromisse nötig sind, sondern wie ich mit der anderen Meinung / dem anderen Interesse umgehe - und da denke ich, haben wir einen ganz guten Weg gefunden.

liebe Grüße

urmelis
Hallo Urmelis,

das ist auch nicht ganz so einfach zu verstehen, denn es geht nicht um notwendige und selbstbestimmte Kompromisse, die ein menschliches Miteinander überhaupt erst möglich machen, sondern es geht um deren (ich nenne das einfach mal) tiefenpsychologisches Pendant, also den unbewussten "Kompromiss" gegen den "man" sich nicht wehren kann und dessen Varianten (wie z.B. Zwänge), die ins Bewusstsein gelangen und gegen die "man" sich trotzdem nicht, oder nur sehr schwer zur Wehr setzen kann, selbst wenn man es besser weiß und gerne anderes handeln würde.

Damit es nicht zu abstrakt wird, greife ich zur Erklärung noch mal ein Thema auf, dass von Dir angesprochen wurde:
urmelis hat geschrieben: … und dann mit dem 1,5 jährigen auf dem Arm in Windeseile den Einkauf beendet.
… Die Zeit reicht immer für einige Exklusiv-Momente mit Mama
… [ich] kann nicht warten, bis die Kleinste sich die Schuhe selber angezogen hat
… Überlebt haben wir nur dank Kinderkrippe dreimal die Woche.
… ist für mich immer wieder eine Gratwanderung,
Hier könntest Du (um mal ein Beispiel zu nennen und ich stelle das jetzt auch mal überspitz dar, um das Prinzip zu verdeutlichen) diesbezüglich natürlich Dinge anführen wie, "Das geht nicht anders, ich 'muss' das so machen, so ist mein Alltag, da gibt es keinen Kompromiss und Zeit lässt sich nicht beliebig dehnen, es kann sich nicht alles um eine Person drehen etc. pp. und usw."

… aber was passiert hier (so meine Sichtweise) tatsächlich? Dadurch, dass Du Deinen Kindern grundsätzlich dieses "keine Zeit"-Gefühl 'vermittelst', bekommen sie tief in sich drinnen ein (aus meiner Sicht) völlig falsches Bild von Zeit und Miteinander … sie werden (auch wenn Du das gar nicht willst) ihr Leben lang innerlich immer Getriebene sein, die keine Zeit haben und bei denen es immer etwas "absolut Notwendiges" gibt was viel viel Wichtiger ist, als sie selbst, oder auch wichtiger als die Menschen, die sie lieben und wenn es sich dabei nur um so etwas Banales, wie ein Einkauf im Supermarkt handelt.

Das ist alles recht gut untersucht, nur um einen der vielen Bereich mal zu nennen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Zwangsst%C3%B6rung

Da verselbständigen sich die banalsten Dinge und verursachen später enorme Leiden.

Ich kann das leider auch nur schwer an Hand solcher Beispiele in der Gesamtheit erläutern (ich kann ja meine Gedanken nicht übertragen), aber "das Thema" (eigentlich sind es all die kleinen Themen des Alltags, die im Grunde einfach so hingenommen werden) ist sehr weitreichend und wenn ich meiner Tochter so etwas "ersparen" kann, dann mache ich das.

Liebe Grüße

Heiner
keshali
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Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von keshali »

Mensch Heiner,

trotzdem kann man nicht (zwanghaft?)...jede Zwangshandlung vermeiden, nur weil man den Zwang verspürt jegliche Zwangsstörung bei seinen Kind vermeiden zu müssen.

So wirkt deine Aussage auf mich.

Beim Supermarkt bei uns, ist dahinter eine Wiese auf der eine Firma ganz viele lebensechte Bronzestatuen aufgestellt hat.
Fast immer will meine Tochter (seid 3 Jahren jetzt schon), nach dem Einkauf dahin um sich die anzugucken.

Manchmal habe ich einfach keine Lust dazu...
Manchmal habe ich keine Zeit dazu...
Manchmal sag ich ihr, sie kann alleine hin, während ich einkaufe...
Manchmal lasse ich mich überreden von ihr...
Manchmal gehen wir gemeinsam hin, weil es uns beiden Spass macht...

Aber nie,...niemals habe ich im Hinterstübchen, dass ich ihr das erlauben muß (!) weil sie sonst später irgendwelchen Zwängen ausgeliefert sein könnte.
heinerprahm
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Registriert: Di 17. Mär 2009, 23:19

Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von heinerprahm »

Wie gesagt ich versuche in meinen Postings immer den Umstand zu verdeutlichen, das es schwer ist an Hand von Beispielen, den Sachverhalt zu erklären! Aber ich weiß auch, dass es ohne Beispiele gar nicht geht; wenn ich dann ein Beispiel herausgreife, bei dem ich deutliche schreibe, dass dieses Beispiel als Beispiel zur Verdeutlichung eines Gesamtkomplexes dienen soll, dann wird anschließend dieses Beispiel genommen, welches ja nur eine der vielen mögliche Konsequenzen aufzeigen soll und meine ganze Aussage in Zweifel gezogen.
Also ich sehe, so funktioniert das nicht, denn es geht nicht um Zwangsstörungen, es geht um jede erdenkliches psychologisches, soziales, seelisches Leiden, das Menschen alleine auf Grund von bewusster oder unbewusster Erziehung durch Eltern oder andere Verantwortliche, sowie durch das allgemeine Umfeld erlangen können.

@ Urmelis, Deine Mutter meinte es sicher nur "gut", als sie ihrem Kind damals die Kompetenz absprach, alleine zu entscheiden, wann es Zeit ist die Toilette aufzusuchen und auch wenn Du heute (angeblich) darunter nicht leidest, dein Mann tut es.

Und bei Dir, @ keshali, spricht allein die Rangfolge in der Du Deine Liste führst (4 mal ich und dann erst wir)
keshali hat geschrieben: Manchmal habe ich einfach keine Lust dazu...
Manchmal habe ich keine Zeit dazu...
Manchmal sag ich ihr, sie kann alleine hin, während ich einkaufe...
Manchmal lasse ich mich überreden von ihr...
Manchmal gehen wir gemeinsam hin, weil es uns beiden Spass macht...
… für ein grundsätzlich egozentrische Denkmuster http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at ... zentrismus die Du Dir sicherlich auch nicht alleine ausgedacht hast, die Du aber durch eine solche Denkweise und solch ein Verhalten Deiner Tochter gegenüber ihr einfach so weiter gibst. (bitte nicht angegriffen fühlen, auch hier liegt in der Überspitzung der Erklärungsversuch)

Für mich gibt es keinen Bereich des Lebens, in dem es sich nicht lohnt zu hinterfragen.

Liebe Grüße

Heiner
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