Waldorf KG

Probleme und Lösungen für den Kindergartenalltag
Momo
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Re: Waldorf KG

Beitrag von Momo »

Um von vornherein Missverständnissen vorzubeugen- ich spreche nicht von "antiautoritärer Erziehung". Aus meiner Sicht haben natürlich die Erwachsenen die Verantwortung, eine Richtung vorzugeben und vorzuleben, doch dabei einfach natürlich, herzlich und authentisch zu sein und dem Kind auf Augenhöhe zu begegnen.
Momo
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Meersalz
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Re: Waldorf KG

Beitrag von Meersalz »

Wie war das nochmal, für das Rezept eines Menschen, bedarf es einer Mischung aus Genen/Veranlagung, Zuhause (Familie,Freunde) und Umwelt (die Gesellschaft an sich, Kindergarten/Supermarkt/Aussenwwelt).

Man kann die Umwelt nur bedingt beeinflussen, daher wollen wir unsere Kinder darauf vorbereiten, das differenzieren zu können, was man ändern kann und hierfür den Mut und die Stärke haben, um es tu tun und das zu differenzieren von dem, was man nicht ändern kann, und hierfür die Toleranz und Akzeptanz zu haben, um es anzunehmen.

Es zu pauschalieren, die Eltern wären "selbst schuld", wenn ihr Kind nicht glücklich oder "brav" ist ist m.M. nach genauso "selbstgefällig" (Zitat Bliss), wie sich selbst auf die Schulter zu klopfen, wenn die Kinder sich "brav" verhalten.

Wir bevorzugen es, wenn wir Zeugen von Überforderungs-Situationen sind, im Zweifel für den Angeklagten und Mitleid zu haben, und uns über unsere pflegeleichte Situation zu freuen.
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Meersalz
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Mit Freude kooperieren

Beitrag von Meersalz »

Ich glaube, es ist vollkommen "gesund" für die Entwicklung, wenn einer Kooperation eine "Diskussion" vorgeht.

Sich ausnahmslos anzupassen, erwarten wir von unserer 3-jährigen Tochter nicht, und sofort alles zu verstehen zu können, bedeutet nicht, alles sofort verstehen wollen zu müssen. Auch Gefühle möchten ausgelebt werden. Wenn unsere Große mal ein bisschen rumtollt und auf verstecken wegläuft, weil sie nicht gleich sofort Zähneputzen will (obwohl sie weiss, dass es notwendig ist, wenn man weisse kräftige Zähne will und obwohl sie selbst weiss, dass sie weisse kräftige Zähne will) und somit mäßig mit Freude kooperiert, muss man ihr das lassen, sie hat eben gerade keinen Bock. Auch wir Erwachsene haben auf gewisse Dinge keinen Bock (arbeiten z.B.?) und seufzen und "ziehen eine Fresse", bevor wir uns zusammenreissen. Enstprechend bin ich der Meinung, dass man nachsichtig sein muss mit den kleinen Dingern, Gefühle und verstand unter einen Hut zu bringen und dann auch noch entsprechend zu handeln...
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Re: Waldorf KG

Beitrag von BiHa »

Und dann spielt bei Kindergarten-Kindern auch noch der Freundeskreis eine Rolle. Wen man als Eltern im Privaten meiden kann, der kann im Kindergarten großen Einfluss in eine unerwünschte Richtung haben. So legt mein Sohn Verhaltensweisen an den Tag, die ihm hier Zuhause keiner vorlebt,von den mitgebrachten Ausdrücken gar nicht erst zu reden.
Und Grenzen austesten, kann ein Elternteil an seine Grenzen bringen. Und dann kann es eben vorkommen, dass maßregeln häufiger vorkommt, als man als Elternteil selber möchte. Ich fände es auch schöner, wenn Sohnemann in solchen Situationen auf eine normale Aufforderung reagieren würde, aber so muss er eben mit der Androhung von Konsequenzen leben und ggf ihrer Umsetzung. Aber mMn gehören solche Phasen zum Größerwerden einfach dazu und sind völlig normal.
Rabaukenmama
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Re: Waldorf KG

Beitrag von Rabaukenmama »

Bliss hat geschrieben:
Rabaukenmama hat geschrieben: Ich erinnere mich da an die Aussage einer Freundin, deren erster Sohn total ruhig, kooperativ und sozial war. Sich dachte, sie hätte es mit ihrer ruhige, positiven Lebenseinstellung (die ich voll bestätigen kann) vorgelebt und war sehr stolz darauf, sich nicht wie andere Mütter wegen jeder Kleinigkeit aufzuregen. Tja, nur kam dann der 2. Sohn, der die Illusion, die angenehme Wesensart eines Kindes würde durch das gute Vorbild der Mutter entstehen, endgültig zerstört hat.
Das höre ich öfter, dass manche durch ein Folgekind erst merken, wie einfach sie es doch mit dem ersten hatten.
Bei mir war es genau umgekehrt, ich habe durch mein 2. Kind erst gemerkt wie einfach manche Dinge sein können. Gott sei Dank, sonst hätte ich sicher geglaubt alle anderen sind unfähig und nur ich mache alles "richtig" ;) . Dafür beginnt mein plegeleichter "Kleiner" jetzt ordentlich zu zeigen, was er drauf hat, während der Große schon viel vernünftiger und koorperativer geworden ist.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
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Re: Waldorf KG

Beitrag von Rabaukenmama »

Momo hat geschrieben: Ich bin der Meinung, dass eine gute Bindung und Beziehung zu einem guten Gefühl führt und dass dadurch automatisch ein soziales und mitfühlendes Denken und Verhalten entsteht. Ich denke, dass der erste Impuls von den Eltern ausgehen muss und dass eine Änderung des Verhaltens der Eltern auch zu einer Verhaltensänderung der Kinder führt (in positive wie auch in negative Richtung). Kinder sind nicht verantwortlich für eine schlechte Stimmung in der Familie sondern die Eltern!
Wenn aber der erste negative Impuls vom Kind kommt, was dann? Oder gibt´s das in Deinem Weltbild gar nicht dass Kinder mal schlecht drauf, wütend oder weinerlich sind wenn die Eltern die besagte gute Bindung und das gute Gefühl haben?`
Momo hat geschrieben: Wenn ich mich also als Kind von meinen Eltern geliebt, angenommen und verstanden fühle, blühe ich auf und möchte meine Liebe zurückgeben, es macht mir Freude zu kooperieren. Und wenn dies ebenfalls von den Eltern gesehen wird, entwickelt sich eine Positivspirale. Dies ist völlig unabhängig vom Temperament und Charakter der Menschen, es ist ein Gefühl, welches zwischen Menschen entsteht.
Was für ein Gefühl würde eigentlich in Dir als Mutter entstehen wenn z.B. dein zweieinhalbjähriges Kind sich mit Fingenägeln in den Kopf Deines 1 Woche alten Säuglings krallt um ihn Dir von der Brust zu reißen? Sorry, aber es gibt leider Situationen wo eine noch so positive, annehmende, liebevolle Grundhaltung Konflikte und negative Emotionen (auf beiden Seiten!) nicht verhindern kann! Da nützt auch das Wissen um Geschwister-Eifersucht nichts und auch Selbstvorwürfe vielleicht doch nicht ALLES getan zu haben damit sich das Erstkind weiterhin geliebt fühlt, bringen einen in der UNMITTELBAREN Konfliktsituation nicht weiter.

Meine Kinder wissen jedenfalls meine Liebe, Freude und Annahme oft gar nicht zu schätzen wenn es z.B. heißt, dass es heute keine Schokolade mehr gibt oder ich nicht gewillt bin, bei strömenden Regen einen Spaziergang zu machen.

Ich könnte einige Situationen aufzählen wo durch die schlechte Laune oder momentane Wut eines meiner Kinder meine Nerven durchgegangen sind, obwohl ich mich absolut für keinen Menschen halte, der ständig das Bedürfnis hat, andere zu maßregeln oder runterzumachen. Natürlich kann man an allem so lange rumdeuten bis man irgendwie dahinterkommt dass trotzdem ich "schuld" daran war weil ich unbewusst schon im Vorfeld nicht liebevoll genug war. So einen Zirkelschluss bringt derjenige, der ihn haben will, immer zusammen.
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Re: Waldorf KG

Beitrag von Rabaukenmama »

Meersalz hat geschrieben:Wie war das nochmal, für das Rezept eines Menschen, bedarf es einer Mischung aus Genen/Veranlagung, Zuhause (Familie,Freunde) und Umwelt (die Gesellschaft an sich, Kindergarten/Supermarkt/Aussenwwelt).

Man kann die Umwelt nur bedingt beeinflussen, daher wollen wir unsere Kinder darauf vorbereiten, das differenzieren zu können, was man ändern kann und hierfür den Mut und die Stärke haben, um es tu tun und das zu differenzieren von dem, was man nicht ändern kann, und hierfür die Toleranz und Akzeptanz zu haben, um es anzunehmen.

Es zu pauschalieren, die Eltern wären "selbst schuld", wenn ihr Kind nicht glücklich oder "brav" ist ist m.M. nach genauso "selbstgefällig" (Zitat Bliss), wie sich selbst auf die Schulter zu klopfen, wenn die Kinder sich "brav" verhalten.

Wir bevorzugen es, wenn wir Zeugen von Überforderungs-Situationen sind, im Zweifel für den Angeklagten und Mitleid zu haben, und uns über unsere pflegeleichte Situation zu freuen.
100% Zustimmung :) !
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Re: Waldorf KG

Beitrag von Momo »

Meersalz hat geschrieben:
Es zu pauschalieren, die Eltern wären "selbst schuld", wenn ihr Kind nicht glücklich oder "brav" ist ist m.M. nach genauso "selbstgefällig" (Zitat Bliss), wie sich selbst auf die Schulter zu klopfen, wenn die Kinder sich "brav" verhalten.
Mir geht es nicht um das Gutheißen des "braven" Verhaltens von Kindern. Ganz im Gegenteil! Was mir bei meinen Beobachtungen zu Denken gibt ist die Stimmung, die Atmosphäre zwischen den Eltern und den Kindern. Natürlich gehören auch Konflikte zum Zusammenleben und ich bin die Letzte, die immer nur ruhig und überlegt handelt. Doch auch bei Konflikten kann eine wertschätzende Grundstimmung spürbar sein, oder?

Vielleicht werde ich missverstanden und vielleicht ist es auch selbstgefällig. Doch ich erlebe tatsächlich im Umgang mit meiner Tochter ein "Flow"- Gefühl, wenn ich mit mir im Reinen bin, wenn ich mich meiner Tochter innerlich zuwende. Oder meinem Partner. Oder meinen Mitmenschen. Oder anderen Kindern. Im Grunde ist es so einfach.. und kann doch so schnell missverstanden werden, wenn man darüber schreibt...
Momo
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Re: Waldorf KG

Beitrag von Bliss »

Momo hat geschrieben: Ich denke tatsächlich, dass sich eine gute Familienatmosphäre und ein konstruktives Miteinander so einfach auf einen Nenner bringen lassen. Selbst für Kinder mit einer Wahrnehmungsstörung, Autismus etc. ist in einer solchen Atmosphäre eine wunderbare individuelle Entwicklung möglich.
Mich stört die Erfolgsgarantie, die du dabei siehst. Dieses: sehen die anderen, bei denen es nicht so gut läuft denn gar nicht, dass sie nur mit sich selbst im Reinen und dem Kind zugewandt sein müssten, dann hätten sie auch was ich mit meinem Kind habe.
Meersalz
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Re: Waldorf KG

Beitrag von Meersalz »

Koschka hat geschrieben:@Meersalz

ich finde eure Erfahrungen sehr interessant. Was glaubst du macht das andere Mädchen für deine Tochter so anziehend? Ist das Intresse auch gegenseitig?

LG
Koschka
Viel los hier, habe deinen Beitrag fast übersehen :oops:


Das Interesse ist gegenseitig, bzw. beim anderen Kind noch stärker ausgeprägt. Unsere Große ist sehr gut integriert und eigentlich alle Kinder bezeichnen Sie als "Freund" und Sie wird als "cool" angesehen (sie hingegen sieht die meisten "nur" als Klassenkameraden). Das andere Mädchen schein keine anderen Kontakte eingehen zu wollen (bzw. zu können? :gruebel: ) und ist sehr auf unsere Große fixiert. Dementsprechend ist sie im Klassenverband auch eher der Ausenseiter. Den Lehrern ist dies bereits aufgefallen und die beiden werden in Arbeitsgruppen und auch sonst wenn möglich getrennt, um die Integrationssituation ihrer Freundin zu verbessern.

Was weiss ich sonst noch - besagte Freundin ist eines der ältesten und größten Kinder der Klasse und kognitiv sehr, sehr gut entwickelt. Laut dem kurzen Zusammentreffen mit ihren Eltern ist sie getestet HB, aber die Schule hat einem Klassensprung nicht zugestimmt, wegen sozialer/emotionaler Schwächen (es wurde scheinbar bereits stundenweise die höhere Klasse besucht, hat aber überhauptnicht geklappt). Dies war aber alles vor dem Quereinstieg unserer Großen, also wissen wir es nur indirekt.


Warum die beiden sich so gut verstehen :roll: - an der netten und umgänglichen Wesensart besagter Freundin liegt es wohl eher nicht. Teilen, Kompromisse, emotionaler Halt und Stabilität - nö, eher auch nicht. Letztendlich teilt und kooperiert das Mädchen dann doch mit unserer Großen, aber nicht aus Nettigkeit, sonder aus Eigennutz bzw. Selbstschutz, da unser Große alle paar Wochen mal mit der emotionalen Brechstange draufhaut (=Freundschaftsentzug), danach läuft das "System" wieder eine ganze Weile rund :roll:

Allerdings sind die beiden sich in der Anwendung von Sprache als Werkzeug, Situationscomic, Wortwitz etc. sehr sehr ähnlich. Ein 'Beispiel, von der Schulabschlussaufführung diesen Sommer, die beiden waren 2 und 4 Jahre alt, um zu verdeutlichen wie weit weg von der Norm sich das bewegt:
Beide hatten sich beim Malen anscheinend absichtlich mit brauner Farbe vollgeschmiert. Das Thema der Aufführung waren Piraten und Ritter. Beide lachen sich tot. Auf die Frage warum die Antwort: No somos (wir sind keine) Baronesas, somos (wir sind) Maronesas (Baronesa -Adlige, Maron - Braun) :shock:

Auch haben sie eine ähnlich blühende Fantasie und können sich zusammen mit einem Stock und einem Stein sehr sehr lange und offensichtlich unterhaltsam beschäftigen. Beide sind Alpha-Tierchen und auch wenn es scheinbar oft Reibereien gibt, wer bestimmen darf und dran ist (laut Pausenaufsicht führen sie sich teilweise wie rauflustige Katzen auf) ist der Widerstand etwas, was unserer Großen offensichtlich gefällt.

Es ist schwierig das zu beschreiben, aber unser Große ist den meisten anderen Kindern kognitiv so weit voraus, dass sie selbst 1 Klässler problemlos über den Tisch zieht, z.b. mit gefühlt 20zeiligen Abzählreimen wo sie von vorn herein genau weiß, wer "raus" ist bzw. welchen Charakter im nächsten Spiel bekommt (-> sie mogelt extrem geschickt - selbst die Oma hat es bisher noch nicht gemerkt :P )
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