Kindergarten - eine Zumutung?

Probleme und Lösungen für den Kindergartenalltag
Rabaukenmama
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Re: Kindergarten - eine Zumutung?

Beitrag von Rabaukenmama »

heinerprahm hat geschrieben:
Rabaukenmama hat geschrieben: Soll das im Umkehrschluss heissen dass man keine Kinder in die Welt setzen sollte wenn man es finanziell nicht hinkriegt sie bis zum Schuleinstieg zu Hause zu betreuen? Und soll man die Kinder, die trotz Verhütung kommen wollen, abtreiben, um ihnen den Kindergarten zu ersparen?

Vielleicht gehörst Du zu den Menschen, die im Leben das Meiste "richtig" gemacht haben, bei mir schaut´s aber anders aus. Als ich mich für unser Kind entschieden habe war nicht schon durchgeplant, wie alles im Detail zu laufen hat, sondern ich war der (vielleich naiven) Auffassung, wir wären jetzt emotional reif genug um für Kind bis zu dessen eigenständigen Eintritt ins Leben sorgen zu können. Der Rest würde sich schon ergeben. Und unser zweites Kind hat sich für uns entschieden, nicht umgekehrt (und ist uns trotzdem von ganzem Herzen willkommen).
Das ist genau eine von den Reaktionen, von denen ich geschrieben habe und die der Grund sind, warum ich im normalen Leben NIEMALS eine solche Diskussion wie dieses hier führen würde. Denn ich schildere ja einfach nur wie es bei uns war und was wir uns dabei gedacht haben und alleine das reicht schon aus andere, wie in diesem Falle Dich, nicht nur in eine Rechtfertigungshaltung zu bringen, sondern auch gleichzeitig noch in eine Art Angriffsmodus, denn durch die Frage die Du in Bezug auf die Abtreibung von Kindern aufwirst, unterstellst Du mir etwas, was ich niemals denken würde und so geht dann der beidseitige Angriffs-, Verteidigungs- und Rechtfertigungs-Ping-Pong los und es endet normalerweise immer im maximalen Streit, in Missgunst und Unverständnis.
Heiner, ich habe Dir zwei FRAGEN gestellt auf deren Beantwortung ich immer noch warte. Wo findest Du in meinem posting eine Unterstellung?

Ich sehe nicht mich in der Angriffshaltung sondern dich. Wenn schon, dann bin ich in der Verteidigungshaltung, aber man kann jede Erklärung als Rechtfertigung oder Verteidung auslegen. Für meine Entscheidungen brauche ich keine Absolution (weder von Dir noch von sonst wem) und wenn ich was ERKLÄRE (von mir aus auch "rechtfertige") dann geschieht das um dem anderen zu ERMÖGLICHEN meine Situation und Sichtweise kennenzulernen. Voraussetzung dafür wäre natürlich Offenheit in diese Richtung. Wenn die von Dir verlinkten Studien Dir diese Offenheit nicht ermöglichen dann halte ich mich selbst raus denn ein "Stellungskrieg" ist genausowenig in meinem Interesse wie in Deinem.

Rabaukenmama hat geschrieben: Wir haben ZWEI Kinder, wovon eines behindert ist und mit meinem Mann als Alleinverdiener eben nur rund Euro 1.730,- (Alimente schon weg-. und Familienbeihilfe schon mitgerechnet) bei monatlichen Ausgaben von Euro 2.300,-.

Das einzige grössere Einsparpotential, was mir einfällt, sind die Zigaretten meines Mannes, der leider starker Raucher ist.
heinerprahm hat geschrieben: Da bedeutet ihr macht jeden Monat mindestens 570 Euro Minus, das sind im Jahr 6840 Euro die euch fehlen und dann wird von Deinem Mann noch geraucht und dazu noch stark? Ich habe gerade mal geschaut was Zigaretten in Österreich kosten, eine Schachtel Marlboro 5 Euro, das ist vergleichbar mit Deutschland und für mich ist es, mal ganz davon abgesehen, dass Rauchen ohnehin Irrsinn ist, völlig unverständlich, wie jemand der Frau und zwei Kinder zu versorgen hat, dazu noch eines mit erhöhten Bedarf auf Grunde einer Behinderung und so wie ich es Deinem Text entnehme noch außerfamiliär weitere(s) Kind(er) alimentiert, dann eventuell auch noch zwei Schachtel Zigaretten am Tag raucht, die mit 300 Euro ein riesiges Loch in die Kasse reißen, da fehlt mir wirklich jedes Verständnis und das ist auch schlicht nicht zu rechtfertigen!
Diesbezüglich sende ich Dir noch eine PN, wenngleich ich nicht glaube, dass überhaupt Bereitschaft dafür da ist, zu verstehen, dass andere Menschen in ganz anderen Welten leben.
heinerprahm hat geschrieben: Was jetzt der Kindergartenbesuch und Dein Halbtagsjob, außer vielleicht beim Finanziellen, an der Situation 'verbessern' soll leuchtet mir nicht ein, aber vielleicht ist es ja gut wenn Du einfach etwas Abstand gewinnst, ich drücke Dir auf jeden Fall alle Daumen, dass alles so klappt, wie Du es Dir vorstellst.
Heiner, ich merke deutlich dass für Dich Kindergarten generell tatsächlich so eine Zumutung zu sein scheint, dass man ihn seinen Kindern unter Aufbietung aller Kräfte ersparen sollte. Diese Ansicht respektiere ich ebenso wie alle anderen hier vorgebrachten Meinungen. Ich akzeptiere auch, dass Du keine Ahnung haben kannst wie viele Termine so ein behindertes Kind verursacht und was es heisst, mehrmals wöchentlich zu den Stosszeiten mit zwei Kindern in Öffis zu irgendwelchen Arzt- oder Akkustikerterminen unterwegs zu seine, hunderte Stunden in Wartezimmern zu verbringen (wo es schon stressig genug ist, den Kleinen daran zu hinden die schimmligen Leca-Steinchen aus den Blumentöpfen in den Mund zu stopfen). Ich sehe wirklich keinerlei Grund, meinen Grossen, der vom ersten Tag an auf eigenen Wunsch und gerne im Kindergarten ist, zu Hause zu betreuen. Dabei geht es nicht so sehr um die so viel beschworene "soziale" Komponente, sondern auch um MEINE Kraft und meine Nerven.
Zuletzt geändert von Rabaukenmama am Mo 5. Mai 2014, 14:04, insgesamt 1-mal geändert.
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Linasina
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Re: Kindergarten - eine Zumutung?

Beitrag von Linasina »

Ich verstehe deine Situation voll und ganz und ich weiß wie unglaublich anstrengend so ein Kind sein kann aus beruflicher Erfahrung. Allein das ist schon etwas was nicht jeder leisten kann viele brauchen da Pausen und tun die Kinder in Tagespflege und Kzpf. Usw.
Ich finde auch über das Rauchen muss man sich nicht so negativ äußern
Jeder kann doch machen was er will und jeder sollte vor seiner eigenen Haustüre kehren. Heiner wer kein behindertes Kind hat kann sich wirklich nicht in diese Situation hinein versetzen. Es ist Stress der zum Burn out führen kann weil es auch extrem nervlicher Stress ist. Dann noch Job und Kinder ganz behalten, Sorry aber das ist wirklich nicht machbar ein Mensch braucht Pausen. Was nützt den Kindern eine Mutter die vor Stress ein Burn out bekommt. Hut ab vor so einer Leistung.
Linasina
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Re: Kindergarten - eine Zumutung?

Beitrag von Linasina »

http://www.sueddeutsche.de/wissen/erzie ... -1.1062666
Diesen Artikel habe ich gefunden. Jesper Juul ist auch Raucher. ; )
Rabaukenmama
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Re: Kindergarten - eine Zumutung?

Beitrag von Rabaukenmama »

sogesehen hat geschrieben:
Bliss hat geschrieben:Wer auf den Kindergarten angewiesen ist, sollte sich die Frage nicht stellen. Wenn es nicht anders geht, dann geht es eben nicht anders
Wirklich? Hätte ich nicht vermutet, aber bei Euren Antworten, bei denen vorgerechnet wird, warum das Kind nicht zu Hause betreut werden kann, klingt es tatsächlich fast so, als wenn Ihr Euch die Frage nicht stellt, WELCHE Zumutung der Kindergartenbesuch für Euer Kind ist. (Ich glaube es nicht, der Kindergarten wird schon für das Kind ok gewesen sein,) aber ich will nicht akzeptieren, wenn in der Antwort über die Entscheidung für den Kindergartenbesuch das Kind überhaupt nicht vorkommt.
Das Weglassen dieser Argumente über die Qualität des Kindergartens wurmt mich. Woran liegt das? Weil es nicht interessiert oder weil jeder seine Vorstellung vom "normalen" Kindergarten hat, den man nicht näher beschreiben muss?
Was mich betrifft so stellt sich die GRUNDSÄTZLICHE Frage: "Gebe ich mein Kind in den Kindergarten oder nicht?" zumindest beim Kleinen aus finanziellen Gründen nicht. Daher war in erster Linie meine Aufgabe, einen für ihn passenden Kindergarten zu finden. Gar nicht so einfach, wenn der Kindergarten zweisprachig sein soll (weil mein Sohn eben nur Gebärdensprache versteht) und man sonst auch noch einige Vorstellungen hat. Letztendlich blieb mir gar keine Wahl weil es eben nur EINEN EINZIGEN bilingualen Kindergarten gibt, der auch in den Schulferien (wo mein Mann und ich arbeiten) geöffnet hat. Dass im Zuge der Enscheidung für diesen Kindergarten auch Abstriche (meine Ansprüche) nötig waren und werden, ist leider auch eine Tatsache. Andererseits habe ich das Glück, ÜBERHAUPT einen erreichbaren Kindergarten mit bilingualem Konzept gefunden zu haben - an etlichen anderen Wohnorten hätte ich da generell Pech weil es so einen KIGA dort gar nicht gibt. Bleibt für mich vorläufig nur abwarten und aus den sich jeweils ergebenden Situationen das Beste zu machen.

Natürlich gibt es trotzdem einen Plan B und einen Plan C wenn es mit dem Kindergarten doch nicht klappen sollte. Und wenn nötig wird mir auch noch ein Plan D einfallen usw.
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Re: Kindergarten - eine Zumutung?

Beitrag von Momo »

Ganz lieben Dank, liebe Linasina, für den Link zu dem wieder einmal sehr aufschlussreichen und auch amüsanten Interview mit meinem Lieblingsfamilientherapeuten Jesper Juul :D
Liebe Grüße von Momo
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sogesehen
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Re: Kindergarten - eine Zumutung?

Beitrag von sogesehen »

Koschka hat geschrieben:Wie oben richtig schon erwähnt wurde, ist eine mit sich selbst unzufriedene Mutter keine gute Lösung.
OT: erst kürzlich hörte ich von einem Fall, dass eine Kinderärztin die Neurodermitis des Kindes geheilt hat. Sie hat sich von der Mutter von der häuslichen Situation u.a. erzählen lassen, es stellte sich heraus, dass die Mutter zu Hause sehr unzufrieden ist und einen großen Wunsch hat, wieder arbeiten zu gehen. Auf Rat der Ärztin hat sie das Kind in den Kindergarten gegeben und ist arbeiten gegangen. Nach einem halben Jahr gab es keine Symptome mehr.

Ich habe den Eindruck, eigentlich sind wir uns ziemlich einig, was den Kindergartenbesuch angeht.
LG
Rabaukenmama
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Re: Kindergarten - eine Zumutung?

Beitrag von Rabaukenmama »

Nach einem Monat Kindergarten-Eingewöhnung meines Kleinen berichte ich mal hier darüber.

Meine anfänglichen Ängste (nur ein Tag Eingewöhnung???) haben sich als Irrtum herausgestellt. Es ging um einen SCHNUPPERtag, die tatsächliche Eingewöhnung ist sehr langsam und den Bedürfnissen des jeweiligen Kindes angepasst. Muss ehrlich sagen dass MIR anfangs sogar zu langsam war.

Ich habe mit den Kindergärtnerinnen gesprochen und erzählt, dass mein Kleiner mit 2-3 Stunden Fremdbetreuung (durch Oma, Babysitter oder Kinderbetreuung im Hotel) bisher nie Probleme hatte. Trotzdem begann die Eingewöhnung damit, meinen Sohn erst mal 10 Minuten allein im Kindergarten zu lassen. Dann wurde langsam gesteigert: 20 Minuten, 30 Minuten, 45 Minuten, eine Stunde, 90 Minuten,...).

Wenn man bedenkt, dass die Wegzeit zum Kindergarten von mir zu Hause etwa eine Stunde (pro Strecke) beträgt, versteht man vielleicht, dass mir das fast zu langsam war. Was mache ich in der Zeit allein am anderen Ende der Stadt? Mein Kleiner hatte vom ersten Tag an keine Probleme im Kindergarten. Er fühlt sich dort sichtlich wohl und jetzt, wo wir so weit sind, dass er dort auch schon zu Mittag isst und Mittagsschlaf hält, kann sogar sein, dass ihm nicht passt, wenn ich ihn abholen komme.

Ein bisschen schwieriger war es am Anfang mit dem Shuttlebus. Etwa zwei Wochen nach Beginn der Eingewöhnung war die erste Busfahrt meines Kleinen.

Ich habe versucht, ihm zu Hause zu erklären, was passieren wird: dass ein Bus kommen wird mit dem er in den Kindergarten fährt und dass die Mama ihn nicht begleiten wird. Zur Unterstützung habe ich meinem Sohn ein laminiertes Foto vom Kindergarten in die Hand gedrückt, bevor ich ihn zum ersten Mal in den Bus gesetzt habe.

Am ersten Tag habe ich den Bus, den Fahrer und die Begleiterin fotografiert und ab dem zweiten Tag hatte er beide Fotos mit, gemeinsam mit seinem Traktor (Lieblingsspielzeug) und dem Krokodil aus dem Kasperltheater. Vom zweiten bis zum vierten Tag gab es beim einsteigen in den Bus Protest und dicke Tränen. Am zweiten Tag hat der die ganze Fahrt hindurch geweint. Aber im Kindergarten hat er sich dann doch wohl gefühlt. Am dritten und vierten Tag hat er sich einige Zeit nach dem einsteigen in den Bus wieder selbst beruhigt bzw. hat ihn die Begleiterin mit dem Krokodil aufgemuntert.

Ab dem 5. Tag hat mein Sohn nur noch etwas unglücklich dreingeschaut, aber laut Begleiterin nicht mehr geweint. Mittlerweile schaut er nicht mal mehr unglücklich drein und steigt schon selbst in den Bus ein und klettert dort in seinen Kindersitz. Er braucht auch keine Fotos mehr weil er schon weiss, wohin die Fahrt gehen wird. Wir haben das Glück, dass in den folgenden 6 Wochen immer dasselbe Team (Bus, Busfahrer und Begleiterin) meinen Sohn in den Kindergarten bringen wird. Das macht die Sache GsD leichter.

Seit mein Sohn in den Kindergarten geht hat er einige neue Entwicklungsschritte gemacht. So kann er jetzt schon recht gut aus einem Glas trinken und räumt auch zu Hause seine Spielsachen freiwillig auf den richtigen Platz zurück :) . Da im Kindergarten viele Kinder sind, die bald in die Schule kommen, ist mein Kleiner vor allem bei den größeren Mädchen der Hahn im Korb. Die kümmern sich ganz liebevoll um ihn und er geniest diese Extra-Aufmerksamkeit.

Ab nächster Woche wird mein Kleiner auch vom Bus nach Hause gebracht werden (vom gleichen Team). Aber da bin sehr zuversichtlich. Wenn alles so gut weitergeht werde ich in der Arbeit nicht ständig nachdenken müssen ob es den Kindern gut geht ;) .
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Linasina
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Re: Kindergarten - eine Zumutung?

Beitrag von Linasina »

Super, das hört sich so toll an. Gut dass es deinem Kleinen gut gefällt und schön das er Fortdlschritte macht.
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