1. Zeugnis

[Winnie]

Meine Tochter hat nun ihr 1. Zeugnis bekommen und es so, wie es sich angedeutet hat. Rein von den Leistungen her gehts kaum besser: Es dominiert in allen Bereichen der Begriff "sicher".

Dann kommt aber das große ABER: Sie kann fehlerfrei schreiben, aber ist übelst langsam. Sie schreibt wirklich so, dass man es kaum noch vom Gedruckten unterscheiden kann.

Das Arbeitsverhalten ist unter aller Kanone, "entspricht den Erwartungen mit Einschränkungen", das wäre dann eine glatte 5. Am Anfang hat sich das noch nicht so abgezeichnet, aber inzwischen macht sie in der Schule sowieso nur noch, was sie will.

Wörtlich zitieren möchte ich folgende Sätze "A. zeigt wenig Antrieb, sich am Unterricht zu beteiligen." und "Es gelingt ihr nicht immer, deutlich und in vollständigen Sätzen zu sprechen."

Die Schulpsychologin war ja vor ein paar Monaten zum Hospitieren da und meinte auch, dass sie abwesend wirkt, aber dass man sie immer und jederzeit ansprechen kann - sie weiß immer, worum es gerade geht. Sie hat aber immer noch nicht das Bedürfnis, dieses Wissen herauszulassen. So war das auch bei der Sachkundelehrerin. Beim Thema Pflanzen hat meine Tochter kein Wort dazu gesagt. Als die Klasse dann einmal einen Ausflug in den botanischen Garten gemacht hat, hat meine Tochter plötzlich alle Dämme brechen lassen und ihr gesammeltes Wissen über Zwiebelpflanzen herausgelassen. Die Lehrerin meinte auch, sie hätte meine Tochter voher noch nie so reden hören.

Es ist einfach so traurig, wenn man sich überlegt, wie sie erzählen kann, wenn sie sich wohlfühlt. Sie muss es einfach wollen. Ich glaube nicht, dass man das erzwingen kann.

Auf jeden Fall wird sie ganz normal in die 2. Klasse übergehen.

[Edainwen]

@Winnie: den Antrieb, mich im Unterricht zu beteiligen, hatte ich bis zur 13. Klasse nicht. Ich denke, das ist definitiv eine Typfrage, das liegt nicht am Alter Leider ist es auch eine Typfrage bei den Lehrern, wie sie das bewerten

[Edainwen]

@Koschka: Die Lehrer haben mich natürlich aufgerufen und ich wusste immer die richtige Antwort. Freiwillig habe ich mich aber nie gemeldet. Ich fand die Fragen meistens so einfach, dass ich dachte, dass es gar nicht sein kann, dass der Lehrer sowas einfaches fragt. Erst in der 13. Klasse ging mir auf, dass die Fragen wirklich so einfach gemeint sind, wie sie sind. Da ich immer die richtige Antwort wusste, hatte ich in der Regel trotzdem gute mündliche Noten. Nur in Geschichte nicht, da dort tatsächlich die Häufigkeit der Meldungen gewertet wurde und ich dort auch tatsächlich nicht viel zu sagen hatte, da ich das Fach als stures Auswendiglernen empfand und es mich schrecklich langweilte - Ich hab' aber wirklich 13 Jahre lang nur das notwendigste gemacht und mcih immer gewundert, warum meine Freundinnen auf der Hauptschule so viel lernen mussten

[Nimoe]

Mir ging es ähnlich, den Antrieb hatte ich auch nie, war bei mir aber wohl eine Kombination aus "so einfach kann die Antwort doch nicht sein", "ich will nichts falsches sagen" und "hoffentlich verhaspel ich mich nicht". Meine Zeugnisnoten waren meist irgendwo im Mittelfeld, eine Kombination aus mündlich miserabel und schriftlich super, denn da hab ich´s immer rausgerissen.
Mich selber zu mehr Mitarbeit "zwingen" hat auch nicht funktioniert, da war ich nur noch angespannter. Also leider auch von mir kein hilfreicher Tipp .

[alibaba]

Hallo Winnie,

das ist eigentlich das, was ich immer versuche hier mal darzustellen. Es geht nicht um die kognitiv Leistungsfähigkiet oder was ein Kind schon alles so kann, sondern ein Kind muss reif sein, zu verstehen, das Schule kein Kiga mehr ist. Schule bedeutet, nämlich genau daswas dein Kind noch nicht so gut macht und glaueb mir, es wird schlimmer werden, wenn das so bleibt. 1.klasse ist noch Ringelpietz mit anfassen, 2.Klasse wird schon etwas intensiver. Spätestens Ende klasse 2 ist dasnn Schluss mit lustig, wenn es die ersten Noten gibt und Mitarbeit und Schnelligkeit (habe ich eine Arbeit bis zum Ende geschafft) mit in die Note einfließt. Egal ob man den Unterricht toll findet oder nicht, es muss mitgerabeitet werden. Schule ist kein Stuhlkreis im Kiga mehr, wo man es nur zur information nimmt, ach Kind hat heute keine Lust, so steht in Schule gleich ein Vermerk im Kopf des Lehrers zum Arbeitsverhalten des Kindes. Da hilft auch nicht die beste kognitive Theorie, wenn die Praxis nicht stimmt.

Ich kann das verstehen, das man nur mitarbeitet wenn man den Stoff interessant findet, aber leider ist weder Schule noch das weitere Leben so. Ich bin immer am grübeln warum hier bei uns die Eltern ihre kinder so spät wie möglich einschulen wollen. vor allem, je mehr Kinder umso später wollen die Eltern diese einschulen. Warum? Weil alle Eltern hier eben schon ihre eigenen Schulerfahrungen gemacht haben und wissen, das Schule andere Anforderungen an ein Kind stellt und ist es einmal drin, das dann knallhart bewertet wird.

Hier lese ich nur immer Kiga ist der Hort des Übels, bloß schnell einschulen. Nein, ein Kiga ist noch ein Pups gegen ein System Schule. Sobald ein Kind Schwäche zeigt, dann hat es verloren. Glaub mir der Druck nimmt schnell zu. Mein Sohn ist jetzt Ende Klasse 2, es gab die ersten Noten, mit Ende Klasse 3 muss man sich hier auf einigen speziellen Gymnasien schon bewerben. Für meine 7-jährigen ist jetzt Schluß mit lustig. Und was auf dem Zuegniss Klasse 1 noch so nett klang, klang zum HJ Klasse 2 schon weniger nett, aber jetzt zum Ende Klasse 2 ist gar nichts mehr nett.

Willkommen im System Schule!

VLG

[alibaba]

Es wird immer Kinder geben die können das, weil sie sich einfach bessser anpassen können, sich besser arrangieren können. Es wird auch vom Lehrer abhängen, wie gut er mit dem Kinde kann und umgedreht.

Ich jedoch kann hier eins uneingeschränkt beobachten, alle älteren Kinder sind einfach reifer in ihrem Verhalten, in ihrem Tun, alle jüngeren weniger. Mein eigenes sehr junges Sohnkind schließe ich darin ein. Nur Dank seiner hervorrangenden kognitiven Leistungen fängt er hier einiges ab, die Lehrer lassen ihn laufen. Mal sehen wie das jetzt in Klasse 3 wird. Da werden alle Fächer benotet, bereits zum HJ, höheres Tempo, höhere Erwartungen, strengere Bewertung, keine Gnade mehr. Macht man nicht mit, darf man keine Milde mehr erwarten. Das geht hier knallhart in die Zensur ein.

Die Zeugnisse vom Freitag haben hier einigen Eltern die Augen geöffnet.

Wie sagte eine Mutter zu mir, in Klasse 1 war alles noch so nett geschrieben.

VG

[BiHa]

Ich hatte auch Schwierigkeiten mit dem Schreibtempo. Das lag einzig und allein daran, dass es perfekt sein sollte, so wie man es gelernt hat. Geholfen hat bei mir der Ansporn, dass ich nicht wie die anderen die kleineren Linienhefte verwenden darf, wenn ich nicht schneller werde.
Und Mitarbeit? Ich könnte ja etwas sagen, was nicht richtig/nicht perfekt wäre. Da musste ich mir schon sehr sicher sein. Bei uns wurde allerdings in den ersten Jahren noch regelmäßig jedes Kind aufgerufen und da konnte bzw musste man dann auch zeigen, was man weiß.

Geholfen hat eigentlich nur, dass die Lehrerin wusste, wie ich zu nehmen bin.

Deshalb würde ich sie eigentlich auch loben, dass sie so toll schreibt, aber dass das nicht notwendig wäre und eine Belohnung, in welcher Art auch immer, in Aussicht stellen, wenn sich die Schreibgeschwindigkeit erhöht.
LG BiHa

[carmen75]

Eure BErichte machen mir echt Angst vor der Schule. Ich halte eh nichts von unserem Schulsystem und glaube,dass Kinder,die aus der Reihe fallen(egal warum) die großen Verlierer unseres Schulsystems sind. Wenn ich mich bei uns umhöre und hier lese....dann sehe ich unseren Finn schon in der Sonderschule sitzen(Förderschule)........

[alibaba]

Und von "Schluss mit lustig" ab der dritten Klasse habe ich im letzen Jahr ehrlich gesagt gar nichts bemerkt ... ganz im Gegenteil ...

Es geht mir nicht um die kognitive Möglichkeit etwas zu können, sondern darum, das man es spätestens ab Klasse 3 tun muss, sonst sind hier in der Note die Ergebnisse des "Ich will das nicht" oder "Ich kann es nicht" oder "Ich mag das nicht" zu sehen. Und Noten sind nun einmal in D das was man benötigt, wenn man sich auf einem guten Gymnasium bewirbt.

Und ansonsten könnte ich mir vorstellen, dass es im Laufe des nächsten Schuljahres für euch doch sinnvoll sein könnte, sie testen zu lassen - damit ihr der Schule gegenüber was in der Hand habt und manche Dinge gelassener sehen könnt.

Ja, das sehe ich so auch. Nur ein Test ist kein Allheilmittel. Wenn das Kind nicht zeigt was es kann, ihm die Aufgaben (aus welchen Gründen auch immer) zu doof sind, dann wird es, egal welches Ergebnis so ein Test zeigt, schwierig im System Schule, werden. Schule ist ein Ort für Kinder die Anstrengungsbereitschaft zeigen, die mitmachen und Aufgaben nicht zu blöd finden und sie deswegen nicht machen, obwohl sie es könnten. Die Testwerte meines SOhnes lassen mich nicht gelassener werden, im Gegenteil, ist ein Kind mal seiner Peergroup um Meilen voraus, wird es immer schwieriger richtig zu differenzieren. Damit

Und je nachdem, wie eure Schule drauf ist, gibt es vielleicht noch ein bisschen Extra-Futter ...

ist es oft nicht getan.

Und: nur weil sie schlau ist, braucht sie keine 1er zu schreiben ... Und warum soll sie banale Fragen wie: "Welche Pflanzenarten gibt es?" beantworten, wenn in ihrem Kopf das geballte Wissen über Zwiebelpflanzen vorhanden ist?

Nein sie braucht keine 1er schreiben, aber sie sollte sich im Unterricht beteiligen, aktiv mitmachen, Antworten wissen, sich einbringen, schneller schreiben und wissen, das man die guten Noten braucht um auf die Schule zu gehen, auf die man will und auf die man gehört. Ich selbst habe dieses System nicht gemacht, und ich weiß, ein Kind ist keine Note, das aber ist alles egal, nur die Note zählt wenn man sich damit bewirbt. Die Mitarbeit zählt will man eine gute Note. Ich erkläre sehr oft meinem Sohn das seine guten schriftlichen Leistungen schnell dahin sind, wenn er sich nicht am Unterricht beteiligt. Langsam fängt er an, das zu verstehen.

Gute Idee: www.logios.de Ein Schulforum mit vielen erfahrenen Schulmamas und Lehrern.

VG

[alibaba]

das ist ein Stereotyp. In der Klasse des Sohnes wird das Geburtsdatum des Kinders nirgendwo offen preisgegeben, so dass man sich eine Liste erstellen könnte, wer wie als ist.

Habt Ihr keine Freundebücher, keine Geburtstagsfeiern in der Schule, keine bekannten Kigakinder in der Schule? Wir schon. Ich weiß von jedem Schulkind bis Klasse 3 wann es in etwa Geburtstag hat.

Aber ich kann keinesfalls aus der Klasse eine allgemeingültige Regel ableiten - je größer, desto reifer.

Nein, das habe ich so auch nicht geschrieben. Allgemeingültig ist das nicht. Aber zu 90%.