Langzeiterfahrungen?

ja oder nein? Erfahrungen und Ratschläge
sylvia
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Langzeiterfahrungen?

Beitrag von sylvia »

Wer von Euch hat Langzeiterfahrungen mit Frueh Einschulen?
Also Kinder im Gymnasiumalter, die dann entweder kreuzungluecklich sind, dass sie juenger als alle anderen sind, oder akademisch ausgelastet und zufrieden.
Gruesse von Sylvia
scout
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Re: Langzeiterfahrungen?

Beitrag von scout »

prima idee!

da unser kindergarten generell früheinschulungen nicht empfiehlt, die grundschulen sich aber generell sehr aufgeschlossen gezeigt haben, hätte ich gern noch ein paar meinungen gehört.

der kindergarten ist skeptisch, hat aber nach aussage der leiterin keinerlei informationen, wie es den gegen die empfehlung früheingeschulten kindern heute geht. also ich würde mich für sowas interessieren, um den nachfolgenden eltern bessere entscheidungsgrundlagen zu liefern.

ist das gespenst "soziale und emotionale überforderung" für clevere kinder wirklich eine möglichkeit, der man soviel gewicht beimessen sollte, wie es die kindergärten teilweise tun?

ich hab ja immer die hoffnung, dass sich mit dem sozialen umfeld auch für einen ausgemachten kiga-verweigerer, der mit den kleineren und gleichaltrigen nicht viel anfangen kann, etwas zum guten verändern kann mit einer zeitigen einschulung (bei uns geht es nur um eine ganz leicht vorzeitige einschulung *8/97).

gespannte grüße
scout
Sonnenschein
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Re: Langzeiterfahrungen?

Beitrag von Sonnenschein »

Hallo,
mit einer Langzeiterfahrung kann ich nicht dienen. Unser Sohn (10/96, 2. Kl.) wurde seinerzeit mit 4,11 J. eingeschult. Der Kiga war entsetzt. Unserem Sohn wurde soziale Unterentwicklung gescheinigt, da er sich nicht an den Kreisspielen geteiligen wollte und auch neuen Dingen erst einmal zurückhaltend gegenüberstand. Kaum war er eingeschult wurde ihm eine gute soziale Entwicklung und jetzt eine, für sein Alter, weit überdurchschnittliche Entwicklung gescheinigt. Er ist gefordert und fühlt sich in der Klasse wohl. Leider muß man aber auch in betracht ziehen, dass eine so frühe Einschulung nicht gegen Unterforderung schützt. Allerdings fällt einem dann die Entscheidung sehr schwer, ein 7jähriges Kind aufs Gymn. zu schicken.
Ich denke, die meisten Kigas sehen eine vorzeitige Einschulung als Problem an, da man den Kindern ein Jahr Kindheit (Spielzeit) vorenthält (!). Auch unsere Tochter (11/98) wird nächstes Jahr als Kann-Kind eingeschult und da haben wir (von einem anderen Kiga) die selben Vorbehalte bezüglich soziale Entwicklung gehört. Ihr wird allerdings keine Unterentwicklung bescheinigt, sondern "nur" eine altersgemäße, was doch sehr erfreulich ist.
Gruß Manu
KArin
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Re: Langzeiterfahrungen?

Beitrag von KArin »

"Langzeiterfahrungen" habe ich auch noch keine. Berndt ist 9/96 geboren und wurde letztes Jahr eingeschult.
Der Kindergarten verhielt sich neutral, die Schulärztin war skeptisch, mußte ihre Empfehlung erstmal überschlafen, hatte die Einschulung dann aber doch befürwortet, unter Vorbehalt.
Die Direktorin der Schule war erst sehr distanziert, wurde aber im Verlauf einiger Gespräche immer positiver überzeugt.

Was war denn nun der Grund für den allgemeinen Skeptizismus? Bei Berndt wurde niemals die "intellektuelle" Schulreife bezweifelt, sehr wohl aber die "soziale". Wobei "soziale Reife" hierbei nicht bedeutet (was ich immer dachte), wie gut sich ein Kind in die Gruppe einfügen kann und wie es mit anderen Kindern umgeht, sondern sich auf die Arbeitshaltung und Konzentrationsfähigkeit bezieht. "Fremdbestimmte Aufgabenerfüllung" ist so ein Zauberwort, oder "gesammeltes Arbeiten". Daran haperte es bei Berndt sehr wohl. Er war sehr unkonzentriert, hatte wenig Geduld für Aufgaben, die er nicht mochte, war vergeßlich, leicht abzulenken und zeigte zusätzlich eine deutliche Schwäche in der Graphomotorik (also schreiben und zeichnen).

Letztendlich hat die Direktorin seiner Schule mit das Argument in die Hand gegeben, ihn in jedem Fall einzuschulen: wenn das Kind in seiner Entwicklung im Kindergarten stagniert (und dabei die intellektuellen Voraussetzungen erfüllt sind), ist eine Einschulung zu befürworten.

Bei uns hat es gut geklappt bis jetzt. Berndt hat einen riesigen Sprung in der Selbständigkeit gemacht. Er ist noch immer ein Schussel, der seine Siebensachen nicht in Ordnung halten kann, aber das hat - wie man jetzt sieht - nichts mit dem Einschulungsalter zu tun. Er hat noch immer Probleme mit der Konzentration und der Aufmerksamkeit, hat aber sehr gut gelernt, gestellte Aufgaben zügig und selbständig zu erfüllen. Hausaufgaben machen ist z.B. kaum ein Problem.

Er wird nie eine "schöne" Handschrift haben, kann aber - v.a. wenn er sich Mühe gibt - durchaus leserlich schreiben. Noch ein Jahr Kindergarten hätte ihm da überhaupt nichts gebracht, da da nicht gezielt gefördert wurde.

Innerhalb des Klassenverbandes hat er sich schnell eingefunden (er machte nach 2 Monaten umzugsbedingt noch einen Schulwechsel) und ist stolz auf seine Telefonliste von 8 Freunden, die er regelmäßig trifft.

Insgesamt sehe ich die Einschulung als die richtige Entscheidung, ich glaube nicht, daß seine "Schwächen" sich innerhalb eines weiteren Jahres im Kindergarten so sehr gebessert hätten, wie das in der Schule der Fall war.

Natürlich sollte man das nicht verallgemeinern und die Einschulung als Patentrezept betrachten. Ich bin der Meinung, wenn im Kindergarten gute Schulvorbereitung und gezielte Förderung von "schulrelevanten" Fähigkeiten geboten wird, ist ein weiteres Jahr im Kindergarten nicht zwingend ein "verlorenes" Jahr.
Ich würde immer vom Gesamteindruck des Kindes ausgehen: Körpergröße, Reife, allgemeines Verhalten, Selbständigkeit, Eigeninitiative und nicht zuletzt der Wunsch des Kindes sollten an erster Stelle stehen.

Liebe Grüße
KArin
Gast_Kiwi

Re: Langzeiterfahrungen?

Beitrag von Gast_Kiwi »

Meine "Langzeiterfahrungen" beschränken sich bisher auf das 1. Schuljahr. Nachdem wir unsere Große (03/95) regulär eingeschult und das bereits nach kurzer Zeit bereut haben, durfte unsere Kleine (12/96) bereits ab September 02 in die Schule gehen. Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht, weil sie nach einem Umzug 2001 in ihrem neuen Kiga kein Wort (!, und das ein ganzes Jahr lang...) mit den Erzieherinnen gesprochen hat und auch sonst allen (fremden) Erwachsenen gegenüber extrem zurückhaltend war. Die Schulärztin (die es übrigens bei der Einschulungsuntersuchung nicht einmal für nötig hielt, hinter ihrem Schreibtisch hervorzukommen), hat bei ihr einen Verdacht auf selektiven Mutismus festgestellt und uns mit dieser Diagnose an einen Kinderpsychiater verwiesen. Unser Kinderarzt fand das lächerlich, hat uns aber trotzdem - zu unserer Beruhigung- an eine Psychiaterin überwiesen. Und die hat nach 3 Terminen gemeint, daß wir unsere Tochter auch gegen den Widerstand der Schulärztin (die in B-W übrigens keine entscheidende, sondern nur eine beratende Stimme hat) auf jeden Fall einschulen sollten, da das einzige Problem bei ihr anscheinend ihr extremer Dickkopf sei. Wir haben das Experiment also gewagt: Hannah wurde mit 15 weiteren Kindern, die fast alle ziemlich genau ein Jahr älter sind, eingeschult, hat sich in der Schule gut eingelebt, ist eine der Besten ihrer Klasse und spricht mit allen Lehrern. Ihre Klassenlehrerin, leider kurz vor der Pensionierung, befürwortet übrigens vorzeitige Einschulungen und eine generelle Herabsetzung des Einschulungsalters in Deutschland und ist glücklicherweise sehr engagiert. Sie hat uns in unserem Entschluß bestärkt und kürzlich gerade wieder festgestellt, daß ein weiteres Kiga-Jahr der größte Fehler gewesen sei, den wir hätten machen können. Wir haben unsere Entscheidung bisher nicht bereut!
Gast_lulu

Re: Langzeiterfahrungen?

Beitrag von Gast_lulu »

Ob das schon Langzeiterfahrungen sind weiß ich nicht. Aber wir sind mittlerweile in der 4. Klasse angekommen. Unsere Tochter wurde vorzeitig eingeschult und ist dann nochmals von der 2. in die 3. Klasse gesprungen. Sie ist jetzt endlich glücklich und hat Freunde gefunden. Wir würden beides wieder so machen und werden auch unsere Kleine mit dann grade 5 einschulen.
Gast_Sabine

Re: Langzeiterfahrungen?

Beitrag von Gast_Sabine »

Hallo,

unsere Langzeiterfahrung erstreckt sich bisher auf die 5.Klasse. Mit 9 Jahren ist Timo der Jüngste in seiner Klasse. Während das in der Grundschule keine so große Rolle spielte, fängt es jetzt an schwieriger zu werden. Die ersten Jungs zeigen Interesse an Mädchen und gehen Richtung Pubertät. Timo versteht das alles nicht und ist so an den Rand der Klasse gedrängt. Allerdings empfindet er das nicht als belastend. Eher ist er irritiert, weil er alles versucht über den Verstand zu erklären und das Verhalten seiner Mitschüler entspricht halt nicht seiner Logik.

Ob es im Verlauf der nächsten zwei drei Jahre noch schwieriger wird für ihn, bleibt abzuwarten.

Grüße
Sabine
Mary
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Re: Langzeiterfahrungen?

Beitrag von Mary »

Ich habe auch keine Erfahrung mit Früheinschulung, leider, wie ich sagen möchte. Meine Eltern hielten mich als Kind für fit und haben wirklich in Erwägung gezogen, mich ein Jahr früher in die Schule gehen zu lassen, auch weil meine ganzen Freunde aus dem Kindergarten schon eingeschult wurden. Nachdem meine Eltern sich aber von allen Seiten anhören mussten: "Erst wird es gehen, aber dann wird Ihre Tochter irgendwann in einer Klasse sein mit lauter Mädchen, die schon ihren ersten Freund haben und Ihre Tochter wird zu Hause sitzen und noch mit ihren Barbies spielen!" Ich halte solche Aussagen zwar für ziemlichen Humbug, da in einer normalen Klasse auch schon eine Altersspanne von einem Jahr vertreten ist und die Pubertät bei allen Kindern so unterschiedlich verläuft, dass dies durchaus auch passieren könnte, wenn man in seiner normalen Altersgruppe ist, aber meine Eltern hielt das damals davon ab. Mittlerweile habe ich "auf eigene Faust" die neunte Klasse übersprungen. Da sich meine Noten durch den Sprung nicht wesentlich verschlechterten, waren meine neuen Mitschüler schnell nicht mehr so sehr begeistert von meiner Anwesenheit in der Schule. Es war nicht unbedingt gut für ihr Ego, dass jemand aus einer Klasse drunter kommt und es (mal abgesehen von Mathe) genauso gut, wenn nicht sogar besser packt. Ich hatte dann stark mit Mobbing zu kämpfen. Nachdem ich dann aber in der zehnten Klasse auf die Krankenhausschule (Sonderschule) als externe Schülerin gewechselt war, wo ich dann zum Glück noch (es wurde unglaublicherweise wirklich knapp!), meinen Abschluss bekam (und von meiner Heimatschule nicht mal zu meinem eigenen Abschlussball eingeladen wurde!), habe ich ein "dickeres Fell" entwickelt und mich auf einem Gymnasium angemeldet. Mittlerweile fehlen eigentlich 2 Schuljahre an Unterrichtsinhalt, da das Springen an meiner früheren Schule nicht gerne gesehen und schon gar nicht begleitet wurde, in dem zweiten Jahr gab es (an der Krankenhausschule) keinen Mathelehrer für meine Stufe und Unterricht auch nur in wenigen Fächern mit kaum Inhalt und keinem Anspruch. Ich habe mich die meiste Zeit selbst unterrichtet - die Schule brauchte ich nur, um meine Schulpflicht zu erfüllen. Mittlerweile gehe ich in die elfte Klasse an einem ganz normalen Gymnasium, na ja, das Gymnasium hat schon zwei Lehrerinnen, die dieses ECHA-Zertifikat gemacht haben, und Hochbegabte (aber auch "normale" Schüler) bekommen dort z.B. die Chance in Gruppen zu überspringen... das "Drehtürmodell" wurde auch schon mal angesprochen, etc. Eigentlich eine offene und gute Schule für einen Hb, der absolut nicht auf ein Internat fern der Heimat will.
An meiner Schule fragt keiner, ob ich Übersprungen habe, nur weil ich jünger bin. Da das Klassensystem aufgelöst ist, ist alles irgendwie lockerer.

Es war zwar ein langer und steiniger Weg, aber ich glaube, ich würde wieder springen, weil es anders auch nicht gegangen wäre. Als ich mich damals entschloss zu springen, war ich schon "krank an der Schule"... ich ging nur noch 1-3mal in der Woche zur Schule und wenn meine Eltern mich wegen "Schulpflicht" (wegen meiner Noten konnten sie mich nicht zwingen, da sie trotz der Fehlzeiten eher noch besser, als schlechter wurden) zwingen wollten zu gehen, wurde mir schlecht und ich war körperlich richtig krank daran. Im Jahr zuvor lag ich schon dreimal im Krankenhaus, ohne dass ein Grund für meine Schmerzen gefunden werden konnte, mittlerweile wird davon ausgegangen, es lag an der Schule, dass ich krank war.

Liebe Grüße!
Mary
sylvia
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Re: Langzeiterfahrungen?

Beitrag von sylvia »

Mary, danke, dass Du so freizuegig erzaehlst. Es wird immer gross getoent, man solle die Kinder nicht etikettieren, aber Dein Beispiel zeigt doch ganz deutlich, dass das "Etikett" Dir geholfen hat.
Und vor allem, weil Du Leute gefunden hast, die verstanden haben, was es mit dem Thema HB auf sich hat. Ich studiere gerade in Illinois das amerikanische Aequivalent des ECHA-Zertifikats, am Ende kommt dann ein "Masters" raus. Eines meiner Ziele ist es, spaeter Lehrer genau zu dem Thema zu unterrichten.

Herzliche Gruesse von Sylvia
PS und lass weiter von Dir hoeren!
Gast_Bea

Re: Langzeiterfahrungen?

Beitrag von Gast_Bea »

unsere langzeiterfahrung:
meine tochter wurde als kann-kind eingeschult. sie konnte fließend lesen und schreiben, ebenso rechnen auf zweit- und drittklassenniveau. sie litt sehr in den ersten beiden schuljahren weil die lehrer wollten, dass sie sich zurückhält . sie wurde psychosomatisch krank und durfte dann endlich die dritte klasse überspringen.
sie blühte in der vierten klasse förmlich auf und kam dann mit 8 jahren auf ein anspruchsvolles gymnasium. wir haben das gefühl, dass mit dem gymnasium für sie erst die schule richtig begann.
dort wird sie im sommer mit 9 jahren und einem guten zeugnis in die 6 klasse kommen. wir sind froh, dass es ihr so gut geht, die lehrer sind sehr zufrieden. sie fühlt sich wohl, ist integriert und fällt überhaupt nicht als jüngstes kind unter den 11 und 12 jährigen mitschülern auf weil sie recht groß und selbstbewusst ist.
von zeit zu zeit machen sich aber leichte unterforderungssymptome bemerkbar weil auch auf dem gymnasium wiederholt wird und es für sie schneller laufen könnte. aber wir hoffen, dass wir das immer rechtzeitig bemerken und mit den lehrern gegensteuern können.
nochmals springen können wir uns nicht vorstellen weil sie dann mindestens 3 jahre jünger wäre als die mitschüler. das erscheint uns dann doch zu extrem.
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