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Ich will nicht in die Schule
Verfasst: Di 25. Jan 2022, 13:20
von Katze_keine_Ahnung
Tja, es geht wieder von vorne los. Nicht das es für mich eine Überraschung ist, aber ich weiß nicht wohin damit... Der Sohn musste gestern abgeholt werden: starke Kopfschmerzen, Bauchschmerzen. Der Sekretariat rief mich an, ich solle ihn persönlich abholfen. Ich habe gestern drei Stunden investiert, um zur Schule zu fahren, ihn abzuholen, zu einer Teststation zu bringen, aufs Ergebnis zu warten und wieder nach Hause zu kommen. Mehrmals die Woche könnte ich mir das Prozedere nicht leisten. Aber das ist so einfach... Man sagt einmal "Kopfschmerzen", und schon hat man Sympthome, nichts wie raus!
Das Kind behauptet, in der Schule gäbe es nur Ärger. Ich würde sagen, der Reiz des Neuen ist vorbei. Die soziale Ablehnung gibt der Situation den Rest. Es ist nicht so, dass er keinen gemeinsamen Nenner mit der Klasse hat. Er kam in eine kleine, schon seit der Grundschule bestehende Gruppe, hinein und steht in der Pause nicht alleine. Er war gestern auf einem Kindergeburtstag eines Klassenkameraden. Es ist ein anderer Kind, der ihn ständig ärgert und aufzieht nach dem Motto: "du bist für alles zu Klein".
Fachlich geht es dem Sohn ok. Die Noten könnten besser sein, aber sie schreiben sehr wenige Schulaufgaben, und es ist schwer einzuschätzen, wie gut er tatsächlich ist. Der Sohn ist generell nicht destruktiv. Wenn er sagt, er wolle nicht zur Schule, heißt es, er würde bevorzugen zuhause die Aufgaben zu erledigen. Die Hausaufgaben werden alle erledigt, alle Hefteinträge sind da. Er lernt auch Vokabeln. Wie gesagt, die Leistung passt. Er ist kein Underachiever, und bezogen auf sein Alter ist er ein Hochleister. Er begreift schnell, setzt noch schneller um. Manchmal bleibt Planbareit auf der Strecke und Flüchtigkeitsfehler schleichen ein. Aber das ist nicht das, was einen aus der Langen SIcht gefärdern oder demotivieren könnte.
Ich habe nächste Woche einen Termin mit der Schulpsychologin. Was soll ich tun? Ich hatte schon ein telefonisches Gespräch mit ihr geführt. Sie sieht keine Möglichkeit für den Kleinen in diesem Jahr in die HB-Klasse zu wechseln. Das wäre gegen die Regeln. Auch als Quereinsteiger im nächtsten Jahr hat er keine gute Chancen. Er hätte gute Chancen bei der Bewerbung für die HB-Klasse in der 5. Jahrgangsstufe nächstes Jahr, also als Wiederholung der 5. Klasse. Aber glaubt jemand, dass wenn er schon jetzt wieder nicht in die Schule möchte, er dann das nächste Jahr wieder das gleiche von vorne macht. Mit gleichen Lehrbüchern? Wieder Englisch von vorne und das gleiche in Mathe rechnen? Mir erscheint diese Option nicht umsetzbar. Ich habe keine Lust mehr auf den ständigen Stress. Ich wünsche mir wenigsten ein ganzes entspanntes Schuljahr am Stück.
Hat jemand von euch eine Idee, was man in dieser Situation machen würde? Ich kann den Unmut und die Wut des Kindes verstehen. Seit Jahren ist Schule ein Ort, an dem es ausschließlich Pfichten gibt. Es gibt keine Veranstaltungen, kein Schulleben, keine Ausflüge, keine Wandertage. De facto sieht er die Wahrheit: für ihn ist die Schule ein Verlustgeschäft. Auch die coronabedingte Absage der Skifreizeit hat zur schlechten Stimmung beigetragen. Das Kind ist einfach verzweifelt und wütend, weil "nie auf seine Wünsche geachtet wird".
PS. Mein Sohn ist extrem sozial, kommt mit jedem, Groß wie Klein, zurecht. Auf der anderen Seite wirkt er auf Kinder sehr polarisierend, so dass manche Kinder sich provoziert fühlen. Das führt dazu, dass er keinem potentiellen Konflikt aus dem Weg geht.
Re: Ich will nicht in die Schule
Verfasst: Mi 26. Jan 2022, 00:05
von Auguste
Ach Mensch. Das ist echt doof für den Kleinen.
Idee habe ich keine. Aber ich würde ihn nicht die 5. Klasse nochmal machen lassen, nur damit er in den HB-Zug kommt.
Wahrscheinlich würde ich mich ernsthaft nach einer Privat-Schule umschauen. Dein Sohn "passt" anscheinend einfach nicht ins "normale" Schulsystem.
Re: Ich will nicht in die Schule
Verfasst: Mi 26. Jan 2022, 08:16
von Katze_keine_Ahnung
@Auguste
ich habe das Gefühl, dass es zumindest in BY in den Privatengymnasien sich Kinder sammeln, die es auf eine öffentliche nicht geschafft haben. Akademisch schwache Kinder, die zuhause doch gepuscht werden, sind dann die ersten Kandidaten, die meinen Sohn für alles schuldig sprechen, was ihnen im Leben unrechtes widerfährt. Nicht anderes ist es in der jetztigen Klasse. Man darf nicht über Probleme der anderen Kinder offen reden, aber mit den Andeutungen der Lehrer, der Mobber meines Sohnes habe Probleme sich im Gymnasium einzufinden, aber einer anderen Art, komme ich zum Schluss, dass dieses Kind akademische Probleme hat. Ich will nicht jedes akademisch schwaches Kind schuldig an der Situation sprechen! Im Gegenteill mit einem hat mein Sohn sich angefreundet. Sein Freund hat deutlich schlechtere Noten als mein Sohn, aber er hat ein liebevolles Elternhaus, das ihn nirgendwo schiebt, und auch mein Sohn ist in diesem Elternhaus wllkommen.
Desweiteren gehen an die Privatschulen Lehrer, die in einem öffentlichen System sich nicht zurecht finden. Der Staat bietet deutlich bessere Vergütung. Ich habe mich vor einer Woche, bevor das Drama hier los ging, mit einer Freundin über die Privatschule ihres Sohnes unterhalten. Sie war entsetzt, wie schlecht die Lehrer dort sind. Auch auf die Reaktion der Rektorin über die Beschwerden: "Gehen sie doch, wir haben hier eine lange Warteliste!"
Alternative Schulen wie Montessori und Waldorf sind für den Kleinen nicht geignet. Ein kleines Privatgymnasium mit der Idee der Inklusion habe ich auch gefunden. Dieses ist unter Autisten sehr beliebt. Es ist auch gesetzlich anerkannt, das heißt Kinder müssen kein externes Abi schreiben. Ich rufe da an, aber da ich weiß, dass ein mir bekanntes Kind aus der 3. Klasse dort seit 2 Jahren auf der Warteliste für die 5. steht, weiß ich schon, dass die Hoffnung verschwindend gering ist. Sie nehmen pro Klasse maximal zwei Kinder mit der gleichen Abweichung von Norm. Aber selbst bei dieser Schule glaube ich, dass die Nachteile des Wechsels überwiegen. Mit Sicherheit wird er menschlich dort besser behandelt. Wer Inklusion bewusst lebt, muss hart und konsequent durchgreifen. Fachlich jedoch verliert er die Lehrer, die mit Hochbegabten viel Erfahrung haben, und somit Verständnis zeigen. Sein Deutschlehrer macht z.B. gar kein Drama aus seinem schlechten Aufsatz. Er meint, er sei mündlich brilliant, er wird es lernen. Ich kann mir eine Diskussion zum Thema "Deutsch, 5" woanders vorstellen... Auch Diskussionsfreudigkeit zwischen Kinder und Lehrer wird an seiner jetztigen Schule anderes gelebt. Manche Hochbegabten diskutieren selbst in der Oberstufe jeden Lehrer an die Wand.
Ich bin hier mit meinem Latein und Geduld schon am Ende. Ich habe mir selbst die Internate für Hochbegabten angeguckt. Die gehen aber erst ab der 7. Klasse, und da muss man auch erst einmal einen Platz bekommen.
Re: Ich will nicht in die Schule
Verfasst: Mi 26. Jan 2022, 10:24
von Auguste
Das mit den Privatschulen ist natürlich blöd. Hier gibt es auch solche wie Du sie beschreibst, aber daneben auch gute, die man wirklich als Alternative in Betracht ziehen könnte. Aus der Klasse meiner Tochter ist gerade ein Mädchen auf ein Privat-Gymnasium gewechselt, weil es nicht im staatlichen Gymnasium klar kam. Das Mädchen war aber gut in der Schule, also keine, die sich das Abitur "kaufen" müsste.
Eigentlich hört sich das ja gut an, was Du vom jetzigen Gymnasium des Kleinen erzählst. Und in jeder Klasse gibt es immer mindestens einen Idioten, der anderen das Leben schwer machen muss. Leider. Gibt es Möglichkeiten, das über die Lehrer zu klären, damit der andere Junge Deinen Sohn wenigstens in Ruhe lässt? Sie müssen ja keine Freunde werden, aber "Waffenstillstand" wäre schon mal ein Anfang.
Bei Deinem Kleinen ist die Frage, ob er in die Lösung des sozialen Problems noch "hineinwächst" oder ob er vorher daran zerbricht. Er ist halt noch sehr jung und es wird immer wieder Mitschüler geben, die das als Aufhänger nutzen, um ihn zu ärgern. Kinder sind gemein. Wenn jemand ärgern will, dann findet der immer einen Grund. Wäre Dein Sohn genau so alt wie die anderen, dann wäre halt der Pullover oder die Haarfarbe oder sonstwas der "Grund". Er wird lernen müssen, über solchen Dingen "drüber zu stehen". Kann man noch was fürs Selbstbewusstsein des Kleinen tun? Vielleicht ein Selbstverteidigungskurs oder eine Kampfsportart? Das kann sich sehr positiv aufs Selbstbewusstsein und die Ausstrahlung auswirken. Ist jetzt mit Corona natürlich nicht leicht, weil vieles nicht stattfindet, aber evl. in naher Zukunft.
Vielleicht hat die Schulpsychologin ja noch eine Idee.
Re: Ich will nicht in die Schule
Verfasst: Mi 26. Jan 2022, 11:39
von Katze_keine_Ahnung
@Auguste
richtung Sport habe ich auch schon gedacht. Ich versuche ihn in einem Skiverein unterzubringen. Sie trainieren im Winter drei mal die Woche Ski plus einmal Halle.... Außerdem kriegt man bei Rennen genug Adrenalin. Das könnte alle doofe Gedanken verjagen. Mal sehen, ob das klappt.
Aus dem Bauch heraus halte ich Schulwechsel für keine gute Idee. Dort ist er einer unter 200 Hochbegabten. Woanders wird er noch viel exotischer...
Die Zeit ist das Problem, wie immer. Die Situaion wirkt mit jedem Tag angespannter. Heute hat der Kleine sich im Bad eingeschlossen und wollte früh nicht raus. An Intelligenz und Lösungsvorschlägen für seine Probleme mangelt es ihm nicht... Was mache aber ich in so einer Situation? Nicht nur kommt er selber so nicht zur Schule. Er blockiert noch das Bad, so dass der Bruder auch Probleme kriegt. Ich habe den Kleinen vertröstet, dass es nächste Woche ein Gespräch mit der Schulpsychologin gibt. Was antwortet er mir? "Dann kriegt der Widersacher ein Gespräch, und vielleicht ein Verweis, was ändert das?". An sozialem Durchblick mangelt es ihm auch nicht.
Re: Ich will nicht in die Schule
Verfasst: Mi 26. Jan 2022, 14:02
von Karen
Verstehe ich richtig dass ein Kind ihm mobbt? Wenn es so ist - würde ich nur diese Problem ansprechen und anschauen und gar nicht anders. Meine Tochter war letztes Jahr in so einer Situation. Ein einziges Mädchen hat dazu gesorgt dass sie keine Freundinnen hatte. Dies Jule hat da gehandelt (ich glaube sie brauchen eine bestimmte Methode die Richtung "No blame approach" geht). Es wurde besser. Dieses Mädchen wurde Ende letztes Jahr unerwartet in andere Klasse versetzt. Seit dem ist meine Tochter richtig zufrieden. Ich habe keine Lösung, aber ich glaube sofort dass ein einziges Kind das ganze Spass verderben kann und zu Isolation führen kann. Eventuell gibt es bei euch Selbstverteidigung Kurse oder sowas ähnliches? Meiner Tochter hat es damals kurzfristig geholfen zu wissen wie sie auf manche Situationen reagieren kann.
Re: Ich will nicht in die Schule
Verfasst: Mi 26. Jan 2022, 14:07
von Katze_keine_Ahnung
Ja, es geht, zumindest was ich höre, um ein einziges Kind. Blöderweise kommt er direkt nach meinem Sohn in der Klassenliste, sodass sie zum Anfang des Jahres an einem Tisch saßen. Ich habe mich schon bei den Klassenlehrer beschwert. Ich habe mich noch mal beschwert. Ich habe schon die Schulpsychologin angerufen, aber die Mühlen mahlen so langsam... Es passiert einfach nichts. Mein Sohn hat sich lange dagegen gewehrt. Ich habe das Gefühl, dass er jetzt Interesse verloren hat, sich in die Klasse zu integrieren und eher dicht macht.
Re: Ich will nicht in die Schule
Verfasst: Fr 28. Jan 2022, 13:59
von nosupermum
Was macht das Kind konkret? Sticheln, hauen, ausgrenzen, Sachen zerstören? Lehrer wollen ja keine Arbeit mit der Lösung eines Problems. Da wird nett Klassenkonferenz gemacht („Wir werfen keine Ranzen durch den Flur.“) aber es passiert nichts.
Vielleicht kannst du es mal näher schildern?
Re: Ich will nicht in die Schule
Verfasst: Fr 28. Jan 2022, 15:29
von Katze_keine_Ahnung
@nosupermum
Das Kind greift verbal an. Gehaut wird nicht. Die Bandbreite geht von "Gehe Sandmännchen gucken!" bis "deine Kleidung ist Scheiße". Ich habe heute mit der Begabungsstelle der Schulberatung telefoniert. Sie empfahlen mir Kontakt zu den Lehrern und sonstigem Personal in der Schule zu suchen, damit der Sohn gesehen wird und durch diese Aufmerksamkeit sich gestärkt fühlt.
Re: Ich will nicht in die Schule
Verfasst: Fr 28. Jan 2022, 15:30
von Karen
Katze - ich kenne mich nicht aus mit Mobbing in der Schule. Aber ich war in mehreren Fällen an der Uni involviert in unterschiedlichen Rollen . Was immer eine Änderung in Verhalten von Verantwortlichen ausgelöst hat ist ein Tagebuch. In einem Fall hat die betroffenen Personen alle, wirklich alle Vorfälle aufgeschrieben (wann, was, wer gesehen/betroffen). Das Process hat schon geholfen da innerlicher Frust von betroffene Person auf Papier/Bildschirm einfach der Kraft verloren hat. Und dann wenn es genug Vorfälle zusammen gekommen sind - dann gibt es ein Dokument wo man konkreter vorstellen kann und Fragen was die Lösungsvorschläge sind. Dann geht dieDiskussion weg von "ist es wirklich Mobbing, ist es wirklich so schlimm" zu "was machen wir" weil so ein Tagebuch mit allen Vorfällen zusammen ein heftiges Beweisstück ist, dass niemand mehr getraut zu hinterfragen.
Ich habe keine Ahnung ob sowas etwas bringt auch in der Schule - aber eventuell ist es Versuch wert.