Ein Kind besonders begabt, eines nicht?

ganz allgemein zu Hochbegabung und IQ, theoretisch und praktisch
Gogwärgi
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Ein Kind besonders begabt, eines nicht?

Beitrag von Gogwärgi »

Hallo zusammen,

bin ganz frisch hier angemeldet und das ist meine erste Frage. Ich selbst bin zwar vielleicht nicht ganz dumm, aber das ABI hätte ich nicht geschafft. Bei meinem Partner kommt aber Hochbegabung in der Familie vor. Er selbst ist zwar klüger als ich, aber auch nicht Hochbegabt. Jetzt habe ich eine Tochter die eine recht Gescheite zu werden scheint. Juhu :roll: .
Soweit eigentlich alles gut.
Jetzt denke ich über ein weiteres Kind nach. Aber wie hoch ist da wohl die Wahrscheinlichkeit, dass uns das Glück noch so ein kleveres Kind schenkt? Bzw. meine eigentliche ganz grosse Angst dahinter ist die, was wenn ich bei dem zweiten Kind jemals genervt denken könnte, "das konnte deine Schwester längst in deinem Alter".
Oh je, wenn mir je so ein Gedanke käme, das könnte ich mir fast nicht verzeihen. Davor habe ich gerade wirklich grosse Angst.

Gibt es hier Familien, die ein Hochbegabtes Kind haben und eins das es nicht ist? Wie fühlt sich das für dich als Mutter an? Wie gehen die Geschwister damit um?

Ich bin mir eigentlich auch ganz sicher, dass das eine völlig unbegründete Angst ist und das jedes Kind sowieso seine eigene Entwicklung macht und dass man seine Kinder alle gleich liebt und schon alleine deswegen nie Vergleiche ziehen wird.

Würde mich trotzdem Wunder nehmen wie das in Familien läuft, bei denen unterschiedliche Intelligenz vorkommt.
Rabaukenmama
Dauergast
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Re: Ein Kind besonders begabt, eines nicht?

Beitrag von Rabaukenmama »

Hallo Gogwäri,

ich habe zu Hause noch eine extremere Konstellation als nur ein hochbegabtes und ein durchschnittlich begabtes Kind. Großsohn ist vermutlich (nicht getestet) HB, Kleinsohn komplett gehörlos geboren, dadurch 80% behindert, und außerdem im Asperger-Spektrum. Er dürfte eine Inselbegabung im mathematischen Bereich haben, aber seine Defizite in anderen Bereichen (z.B. sprachlich, auch in Gebärdensprache) machen ihn - natürlich nur rein statistisch - zu einem Durchschnittskind. Ich habe bei beiden Kindern mit 4 Jahren eine Entwicklungsdiagnostik machen lassen. Mein älterer Sohn war in ALLEN getesteten Bereichen "überdurchschnittlich" oder "außergewöhnlich überdurchschnittlich". Mein jüngerer Sohn hatte alles im Spektrum von "außergewöhnlich überdurchschnittlich" und "durchschnittlich" bis "deutliche Defitzite". Mit 4 Jahren war er - rein statistisch - genau auf dem Stand eines 4jährigen. Dazu kommt, dass man die sozial-emotionalen Bereiche nicht testen kann. Genau HIER ist mein älterer Sohn (auch laut Meinung von unabhängigen Personen, z.B. seiner Lehrerin) etwa 2 Jahre "hinten", was natürlich nirgendwo aufscheint sondern nur beobachtet werden kann.

Deine Tochter ist jetzt 2 1/2 Jahre alt. Als mein älterer Sohn in dem Alter war konnte man noch nicht vorhersehen, wie schwer er sich im sozial-emotionalen Bereich einmal tun wird. Auch kann ich nicht wissen was gewesen wäre, hätte er KEINEN kleinen Bruder bekommen, der durch seine Behinderung natürlich viel Aufmerksamkeit bekommen hat und nach wie vor bekommt.

Man kann NIE wissen, voraussehen oder kalkulieren was auf einen zukommt, wenn man sich für ein Kind entscheidet. Das ist beim ersten, zweiten, dritten, zehnten Kind immer dasselbe ;) . Ich selbst war ein "schwieriges" Einzelkind, eindeutig HB, aber sozial sehr auffällig. Großsohn hat viel mehr von mir mitbekommen als ich mir je gewünscht hätte.

Kleinsohn ist komplett anders. Und obwohl er eindeutig der "Benachteiligte" in der Familie ist, ist er von der Persönlichkeit her wesentlich gefestigter als sein Bruder. Sprich: es ist ihm VÖLLIG egal, was sein Bruder in seinem Alter konnte. Er weiß, was er will und kann. in der Kommunikation ist mein jüngerer Sohn durch seine sprachlichen Defizite zwar deutlich im Nachteil, trotzdem verstehen sich die beiden zu 95% der Zeit gut. Und wenn es mal Geschwisterrivalität gibt halte ich mich raus und verlasse notfalls das Zimmer. Sie tragen das schon untereinander aus. Mein älterer Sohn hat längst mitbekommen dass sich sein Bruder nicht alles gefallen läßt und obwohl die Übergriffe von beiden Seiten auch manchmal körperlich ausgetragen werden brauche ich nie Angst haben, dass der jüngere "untergeht".

Früher habe ich geschrieben "der Große" und "der Kleine", das ist mittlerweile hinfällig. Meine Buben haben 2 1/2 Jahre Altersunterschied und dieselbe Kleider- und Schuhgröße. Mein jüngerer Sohn ist noch 3cm kleiner und 0,2kg leichter als sein älterer Bruder - also gleiche "Kampfstärke".

Liebe Gogwäri, wenn du Dich für noch ein Kind entscheidest kannst Du absolut nicht voraussehen, was dich erwartet. Du selbst bestimmst, ob du angstgesteuert abwartest, was denn da auf Dich zukommt, oder dich neugierig darauf freust, einen ganz neuen, eigenständigen Menschen kennenzulernen.

Du wirst Deine Kinder nicht bzw. nur wenig unmittelbar miteinander vergleichen. Wenn mal zwei da sind bleibt nicht mehr so viel Zeit zum nachdenken, da bist du ohnehin den Großteil der Zeit mit Bedürfnisse-erfüllen beschäftigt :mrgreen: . Nur ca. 2% der Kinder sind tatsächlich hochbegabt. Das ist aber viel weniger Kriterium für ein glückliches, erfülltes Leben als man im ersten Moment glaubt. Was wird also sein wenn dein 2. Kind NICHT so klug ist wie dein erstes? Gar nichts! Was wird sein, wenn es weniger sozial ist, Schwierigkeiten macht und hat, viel Aufmerksamkeit braucht? Gar nichts! Du wirst als Mutter FÜR BEIDE KINDER das tun, was in deiner Macht steht, und was du für notwendig hältst. Das reicht :) !

Du wirst manches, von dem du dachtest, Kinder wären nun mal so, weil deine Tochter so ist, als Irrtum erkennen. Und du wirst manche Erfolge, die du dir beim ersten Kind auf die Fahnen geheftet hast (bewußt oder unbewußt) als von deinem Verhalten unabhängige Charaktereigenschaften erkennen. Umgekehrt wirst du merken, dass manche Dinge, die beim ersten Kind schwierig waren, beim zweiten plötzlich ganz leicht gehen - nicht, weil du es jetzt so viel besser "kannst" sondern weil das Kind einfach anders ist.

Es ist immer ein Abenteuer, sich darauf einzulassen, dass (noch) ein Kind die Familie bereichert. In unserem Fall war mein jüngerer Sohn nicht geplant, er ist einfach durch die Spirale geschlüpft. Und trotzdem bin ich sehr froh dass er jetzt Teil unserer Familie ist. Meine Sichtweise hat sich durch ihn in vielen Bereichen total verändert. Früher dachte ich dass Eltern eines behinderten Kindes den Großteil ihrer Zeit mit kämpfen (für ihr Kind) und jammern (über ihr Schicksal) verbringen. Jetzt weiß ich: ich habe IMMER die Wahl wie ich die Dinge sehen will ;) .
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Bliss
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Re: Ein Kind besonders begabt, eines nicht?

Beitrag von Bliss »

Mein ältestes Kind ist getestet höchstbegabt, die anderen drei sind ungetestet und zwar auch alle sehr clever aber vermutlich nicht hochbegabt.

In der Kombination finde ich es eigentlich unproblematisch für die Geschwister, da ja für sie nie so klar ist, was er jetzt alles schon konnte, als er in ihrem Alter war. Und dass er augenblicklich mehr kann könnte ja auch einfach am Alter liegen. Ich könnte mir schon vorstellen, dass es weniger angenehm ist, wenn ein jüngeres Geschwisterkind mehr kann. Besonders, wenn es ein Bereich ist, in dem man selber gern gut wäre. Aber diese mögliche Konkurrenzsituation hat man ja nicht nur in Bezug auf Intelligenz, sondern bei allem. Damit müssen Geschwister umgehen lernen.

Als Mutter muss ich manchmal aufpassen, dass ich die jüngeren Kinder nicht unterschätze, aber eben auch nicht überschätze. Aber auch hier wieder nicht nur auf Intelligenz bezogen.
sinus
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Re: Ein Kind besonders begabt, eines nicht?

Beitrag von sinus »

Hallo, ich kann deine Bedenken gut nachvollziehen, ähnliche Gedanken hatte ich auch vor Kind zwei.
Getestet und nachgewiesen hochbegabt ist allerdings keines meiner beiden Kinder. (Fast 8 und zweieinhalb Jahre alt.)
Aber meine Große hat mich von Anfang immer wieder überrascht. Sie hat sich sehr schnell entwickelt, motorisch und geistig. Und sie war so anders, als ich erwartet hatte, dass kleine Kinder sind. Sie war so verständig, vernünftig, redete so früh so gescheit und in grammatikalisch richtigen Sätzen daher. Sie spielte ausdauernd und konzentriert alleine, kannte keine Langeweile und brauchte wenig "Betreuung" meinerseits. Die Trotzhase war nur eine kurze Phase von 4-6 Wochen rund um den 2. Geburtstag rum, davor und danach war sie immer unglaublich kooperativ. Man konnte mit ihr verhandeln und sie hielt sich an Abmachungen. Sie hat auch nie was kaputt gemacht, keine der Dummheiten angestellt, die man so von anderen Kinder hört. (Möbel angemalt, heimlich was weggenascht o.ä.) Sie kleckerte ja noch nichtmal oder verschmierte sich das Gesicht mit Tomatensoße beim Nudelessen. Und saß bei Konzerten oder ähnlichen Veranstaltungen brav und still auf meinem Schoß und störte nicht.
Das Treppenschutzgitter kam vor dem 2. Geburtstag ab, weil sie erstens schon gut Treppe steigen konnte und ich mich zweitens drauf verlassen konnte, dass sie bescheid sagt, ehe sie allein runtergeht.
Selbst die Einzäunung des Gartenteiches konnten wir noch vor dem 3. Geburtstag entfernen, weil sie einfach wusste, dass es dort für sie gefährlich ist und sie darum nicht allein an den Teich darf. Man konnte sich auf sie immer verlassen.

Damals dachte ich auch: Kann eine zweites Kind da mithalten? Ob ich nach all dem ein "normales" Kind überhaupt "aushalte"?
Würde ich nicht ständig zu viel erwarten und wäre enttäuscht oder sauer, wenn das bei Zweiten alles nicht so gut klappt?
Wenn es dann bockt, matscht, Sachen kaputt macht, nicht hört usw - wie so manche andere Kleinkinder, die ich erlebt habe. Oder wenn es schlicht nicht kapiert, was es darf und was nicht und warum etwas gefährlich/nicht erwünscht ist?

Ich habe es trotzdem gewagt und war sehr gespannt was "rauskommt".
Es war so ein bisschen wie mit dem Geschlecht. An sich wollte ich am Liebsten wieder so ein tolles Mädchen haben.
Im Verlauf der Schwangerschaft - wir hatten erst spät ein Outing - begann ich mich dann auch mit der Möglichkeit anzufreunden, noch mal das andere Geschlecht zu erleben. Und dann war ich fast sogar bisschen enttäuscht, dass es doch wieder ein Mädchen sein würde. Mal einen Junge großzuziehen wäre doch auch spannend gewesen...
Genauso würd ich das auch mit der "Begabung" sehen. Klar wäre es toll, noch mal so ein schlaues, vernünftiges Kind zu haben. Aber wäre es nicht auch spannend, es mal anders zu erleben?
Und überhaupt - der Intellekt ist doch nur EIN Aspekt. Jedes Kind bringt doch ein ganz anderes Paket an Eigenschaften mit, nicht nur die kognitiven oder sonstige besondere Fähigkeiten betreffend.
Meine große Tochter bspw war eben bei bzw vielleicht auch durch all die Vernunft und Verstand auch als Klein- und Vorschulkind recht ernsthaft. Wenig spontan, wenig expressiv in ihren Emotionen. Also da gab es auch selten "unbändige Freude" wie bei so manchen anderen Kindern. Sie war und ist nicht unbedingt der Typ Kind, der alle Herzen öffnet.
Ein etwas unbeschwerteres Kind, nicht so arg verkopft, mit etwas mehr Sonnenschein und Spontanität - einfach etwas "kindlicher" - das wäre es doch wert, auf ein paar "Überfliegeraspekte" zu verzichten...

Soweit meine Gedankengänge damals.

Nun ist Nummer zwei inzwischen 2einhalb Jahre alt. Und sie ist der Großen recht ähnlich. Sie ist auch sehr verständig und kooperativ, hat sich auch sehr schnell entwickelt und wirkt mit ihren zweieinhalb wie ein Jahr älter. Sie ist auch noch körperlich recht groß, tags und nachts sauber und kann schon ganz viel alleine.
Soweit so gut schonmal.
Der Altersabstand ist übrigens reichlich 5 Jahre und allein dadurch ist es mir im Alltag auch nicht mehr ganz so präsent, wie die Große im exakt gleichen Alter nun drauf war.
Ich habe allerdings viel aufgeschrieben und auf Video, so dass ich durchaus sogar recht konkret vergleichen kann.
Das mache ich auch manchmal.
Ich könnte drum jetzt auch sagen, dass die Nummer zwei wohl geringfügig "langsamer" ist. Also so weit sie jetzt ist (mit 2,5), war die Große in vielen Bereichen mit etwas über zwei schon.
Die Große hat in dem Alter schon besser gemalt und schwierigere Puzzles gemacht, sich besser ausgedrückt und konnte mit zwei schon mehrere Strophen von Kinderliedern in Wortlaut und Melodie richtig singen.
Allerdings hatte sie ja auch keine Schwester als Spielgefährtin und darum andere Entwicklungsanreize daheim. Die Große hatte dann eben "nur" die Puzzles und Malstifte zum Spielen, wo die Kleine nun eine lebende Spielgefährtin hat.
(Daher ist sie, was Selbstständigkeit betrifft, wohl dafür nun etwas fixer - sie hat da ja die ältere Schwester als Vorbild.)

Aber weißt du - das alles ist mir an sich sowas von egal. Ich registriere das, wenn ich mal zufällig drüber nachdenke, aber ich werte das nicht und vergleiche auch nicht ständig.
Gerade da die Mädels sich wirklich so verdammt ähnlich sind (auch optisch), freue ich mich eher über jeden kleinen merkbaren Unterschied. Wer will schon 2x exakt das gleiche Kind haben? ;)

Und ich bin als Mutter in meiner Rolle auch "gereift". Ich schaue ganz anders auf die Kleine, als damals auf die Große.
Klar freue ich mich über Meilensteine und "Erfolge", aber sie stehen bei Weitem nicht mehr so im Mittelpunkt, wie bei der Großen. Bei der Großen waren es halt alles noch echte "Premieren" für mich.
Die Große stand so viel mehr im Focus... Was sicher nicht immer nur gut für sie war. Die Große "musste" immer ganz toll und lieb sein: mein erstes Kind, das absolute Wunschkind (böse Zungen nennen sowas mitunter ja auch "Projektkind"), bei dem ich mir und anderen ja auch unbedingt beweisen musste, dass ich das gut hinbekomme.
Bei der Kleinen muss ich da nichts mehr erst beweisen, gerade weil die Große so gut "gelungen" scheint, darf die Kleine jetzt wahrscheinlich viel mehr "sie selbst" sein und kann sich sicher um einiges freier bzw unbeobachteter entwickeln.
Sprich: meine Erwartungen an sie sind eher geringer, als zu groß.
Das heißt im im konkreten Fall z.B., dass ich mir das Konzert vielleicht doch spare oder eben früher gehe, statt das Kind dazu anzuhalten, doch bitte weiterhin geduldig und "lieb" zu sein.

UND: einfach aus den Anforderungen des Alltags heraus ist es mir jetzt bei zwei Kindern auch sehr viel wichtiger, dass das Zusammenleben gut funktioniert, es nicht ständig Streit und Konkurrenz gibt, keiner das Gefühl hat, zu kurz zu kommen, dass Konflikte auf sozialverträgliche Weise gelöst werden etc pp.
Die Prioritäten sind also auch jetzt woanders, als bei den "sichtbaren Leistungen" des einzelnen Kindes.
Und das ist gut so - für alle Beteiligten!

Alles Gute für euch und ich finde, ein zweites Kind war eine sehr gute Entscheidung.
(Auch und gerade für die Große! Das war nämlich auch so eine Frage, die mich beschäftigt hat - ob ich der Großen das "antun" sollte, ihr ein Geschwisterkind vor die Nase zu setzen... )
Zuletzt geändert von sinus am Sa 29. Okt 2016, 21:04, insgesamt 1-mal geändert.
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Momo
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Re: Ein Kind besonders begabt, eines nicht?

Beitrag von Momo »

Sinus hat geschrieben:
Alles Gute für euch und ich finde, ein zweites Kind war eine sehr gute Entscheidung.
(Auch und gerade für die Große! Das war nämlich auch so eine Frage, die mich beschäftigt hat - ob ich der Großen das "antun" sollte, ihr ein Geschwisterkind vor die Nase zu setzen... )
Liebe Sinus, jetzt wird es doch gerade so spannend, kannst du nicht noch etwas weiter schreiben??? :lol: Diese Frage stelle ich mir immer noch... wie kann man mit gutem Gefühl zwei Kindern gerecht werden? Was verändert sich (wahrscheinlich noch mal alles, oder?)? Wie geht es Deiner Großen als große Schwester?

Liebe Grüße von Momo
"Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht." Mark Aurel (121-180)
sinus
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Re: Ein Kind besonders begabt, eines nicht?

Beitrag von sinus »

Momo hat geschrieben:Sinus hat geschrieben:
Alles Gute für euch und ich finde, ein zweites Kind war eine sehr gute Entscheidung.
(Auch und gerade für die Große! Das war nämlich auch so eine Frage, die mich beschäftigt hat - ob ich der Großen das "antun" sollte, ihr ein Geschwisterkind vor die Nase zu setzen... )
Liebe Sinus, jetzt wird es doch gerade so spannend, kannst du nicht noch etwas weiter schreiben??? :lol: Diese Frage stelle ich mir immer noch... wie kann man mit gutem Gefühl zwei Kindern gerecht werden? Was verändert sich (wahrscheinlich noch mal alles, oder?)? Wie geht es Deiner Großen als große Schwester?

Liebe Grüße von Momo
Natürlich kann man bei zweien nicht so intensiv auf das einzelne Kind eingehen, wie es bei einem einzigen ist.
Aber die Frage ist auch, ob das immer so nötig ist oder ob ein bisschen mehr Freiheit im Sinne von mehr emotionaler Unabhängigkeit voneinander (Stichwort "Symbiose"), weniger aufeinander fixiert sein, einem sehr eng an die Mutter gebundenem Kind letzten Endes nicht sogar ganz gut tut.
Ich würde für unseren Fall sagen: ja.
Die Große muss nicht immer mein wichtigstes Gegenüber im Alltag sein und muss keine Rolle mehr ausfüllen. Sie teilt jetzt die Rolle bzw "Aufgabe" "Kind" mit der Schwester.
Und wie gesagt: mein Fokus hat sich verschoben. Weg von "immer das Beste vom/fürs Kind" hin zu mehr Gelassenheit.
(Wie schwer es mir bspw fiel, die Große vom bekannten Rundfunkchor abzumelden... Man hört doch mit sowas nicht einfach auf, wo sie doch offensichtlich recht musikalisch ist und bei den halbjährlichen Vorsingen auch immer gelobt wurde. ... Dabei hatte sie selbst gar nicht so viel Freude daran. Dann kam die Kleine und plötzlich fand ich es ganz einfach, einen Schlussstrich zu ziehen... Schon, weil mir selbst der Aufwand zu groß wurde. Aber auch so fragte ich mich: Warum nur hatte ich es mir und der Großen damit so schwer gemacht???)
Es ist auch mehr Improvisation gefragt, mehr Spontanität und das tut uns beiden - der Großen und mir mit dem uns gemeinsamen Hang zu Perfektionismus - gar nicht so schlecht.
Die Kleine hat auch mehr Spaß und Leichtigkeit in unseren Alltag gebracht.

Und was ich dir garantieren kann: niemals würde die Große die Kleine wieder hergeben!
Das, was sie eventuell von mir weniger bekommt, bekommt sie auf ganz andere und meiner Meinung nach sehr wertvolle und von mir nicht beibringbarer Ebene vom Geschwister!
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Gogwärgi
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Re: Ein Kind besonders begabt, eines nicht?

Beitrag von Gogwärgi »

Vielen lieben Dank für eure Antworten!
Es ist schon komisch, eigentlich weiss man all das selbst schon ganz genau, aber es zu lesen und mal von jemand anderen zu hören, lässt die Ängste erst fallen.
@Rabaukenmama: du hast ja so Recht. Es ist immer ein Abenteuer und auch wenn ich das für einen Moment wohl vergessen habe, bin ich doch genau der Mensch der das Abenteuer Leben so schätzt.

@Sinus: Als ich angefangen habe zu lesen, dachte ich, die hat ja meine Kleine. Bis dann der Teil mit "ruhig" und "kann sich selbst beschäftigen" gekommen ist. Nein, dass ist bei uns nicht so. Aktion, Aktion Aktion ist die Devise. Ich war seit ich sie habe in keinem Cafe mehr auch nur etwas trinken, weil 5 Minuten sitzen schon eine scheinbar unmögliche Aufgabe für sie war. Schon der Kinderwagen kam NIE zum Einsatz, weil man in dem Ding ja nichts sieht von der Welt. Jetzt ist es besser geworden, sie kann sich auch mal alleine beschäftigen, und seit sie Pipi Langstrumpf auf dem Tablet entdeckt hat, habe ich morgens auch mal 20 Minuten für mich. Aber sie ist nach wie vor lieber immer mit jemanden in Interaktion, als dass sie alleine spielt. Zwischenzeitlich hatte sie dann sogar immer "Phantasie"Freunde bei sich. Also ihre echten Freunde, nur dass die nicht da waren. Die haben dann mit uns gegessen und bei uns übernachtet, ect.... :roll:

Eigentlich wollte ich gar nicht so viel über sie schreiben, aber ja, sie ist in allem gut voraus. Sprachlich spricht sie korrekte 5 Wort Sätze, können aber auch mal 7 Wort Sätze sein. Ok, es passieren auch noch immer mal kleine Fehler, aber ich muss dazu sagen, dass sie zwar nur "deutsch" aufwächst, aber mit 3 völlig unterschiedlichen Dialekten. Hochdeutsch, Züridütsch und Walliserditsch. Die sind teilweise so unterschiedlich, dass man schon von 3 Sprachen reden muss. Oder was haben schaukeln, glonken und geiten gross gemeinsam? Und die Grammatik unterscheidet sich auch zwischen Hochdeutsch und Schweizerdeutsch, da darf man auch mal einen Artikel falsch machen. Humor hat sie sehr viel und macht gerne Witze. Heute erst am Tisch: "HALT, das ist meine Gabel", als ich nach meiner grossen Gabel gegriffen habe und ich schaue sie ganz irritiert an. Dann fängt sie an zu lachen und sagt "ich hab dich veräbbelt! DASS ist meine! (und nimmt ihre kleine Gabel) :lol:

Motorisch ist sie auch sehr weit, braucht keine Windel mehr, zieht sich alleine an und aus (Socken, Hose, Schuhe, Jacke), kann Reissverschlüsse und Druckknöpfe. Treppen läuft sie...seit sie laufen kann?? Also jetzt alternierend und ohne festhalten rauf wie runter (wenn die Stufen nicht zu gross sind). Stifte hält sie korrekt. Isst mit Besteck schon seit...ewig.

Ist eben auch sehr vernünftig, oft sogar schon altklug. Wenn ich sie auf eine Gefahr hinweise, versteht sie das und hält sich dran. Ich kann ihr auch Kaugummi geben, sie hat sich in ihrem Leben noch nie verschluckt und spuckt das Kaugummi auch immer brav aus, wenn sie nicht mehr mag.

Interessiert sich sehr für Schrift ("Mama, was steht da geschrieben?") und malt nicht sondern "schreibt" oft. Auf 10 kann sie erst seit kurzem zählen, aber ein Verständnis für Zahlen und Mengen hat sie schon früh gehabt. Meine Schlüsselszene - seit ich mir denke, dieses Kind ist wirklich ein bissel anders - war, als sie mit 21 Monaten sich 1 Gummibärchen aus der Packung holen durfte. Streckte es dem Papa zwischen Daumen und Zeigefinger haltend stolz entgegen und sagte EINS, PAPA, EINS. Dann kommt sie zu mir gerannt und lacht ganz verschmitzt, MAMA, ZWEI!! Und zeigt mir auch das zweite das sie unter den anderen Fingern versteckt in der Faust hielt. :shock: OK :gruebel:

Nun ja, dass ist meine. Bin auf jeden Fall mal sehr gespannt wie sich das mit ihr weiter entwickelt.
Und ja, ich bin dann mal offen und gespannt, was das Leben sonst noch so für Überraschungen für mich/uns bereithält.
Maca
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Re: Ein Kind besonders begabt, eines nicht?

Beitrag von Maca »

Hallo Gogwärgi,

Die Konstellation von der du sprichst haben wir hier zu Hause.
Meine Tochter 12 ist normalbegabt und hat leider auch noch eine sehr ausgeprägte ADS.
Ihr Bruder ,10 Jahre alt , ist hochbegabt und hat ein sehr schwach ausgeprägtes Asperger-Syndrom.
Meine Tochter hat im Alltag extreme Probleme mit ihrem Bruder.
Ich kann es nicht beschönigen, für mich (die aber leider auch ein sehr dünnes Fell hat) ist diese Geschwisterbeziehung sehr anstrengend , das permanente Streiten und Diskutieren, wegen Nichts, nervt ungemein! :roll:

Aufgrund ihres Charakters und dem unglaublichen Talent ihre Mitmenschen zu beeinflussen ,bekommt unsere Große sehr viel mehr Aufmerksamkeit, als ihr Bruder, der sich gerne zurückzieht.
Trotzdem fühlt sie sich durch jeden seiner Kommentare provoziert, kann sich nicht abgrenzen und reagiert auf ihn immer aggressiv .Da mein Mann auch hochbegabt und sehr rational ist, fühlt sie sich von ihm nicht so akzeptiert, glaubt er würde seinen Sohn mehr lieben.
Sie gönnt ihrem Bruder einfach gar nichts.
Außerhalb der Familie fällt sie aber wiederum immer durch ihre ungewöhnliche Empathiefähigkeit und ihre hohe Sozialkompetenz auf

In den Herbstferien ist mein Mann mit unserem Sohn alleine in den Urlaub gefahren, ich blieb mit meiner Tochter daheim.

Das hat allen wahnsinnig gut getan, denn alleine sind unsere Kinder zuckersüß :mrgreen: .

Natürlich sind solche Gedanken unzulässig, aber manchmal denke ich ehrlich gesagt schon
EIN KIND HÄTTE AUCH GEREICHT ! :oops:
Diese Phasen gehen aber vorbei und dann bin ich unglaublich stolz auf meine streitfreudigen Kinder!

lg
Rabaukenmama
Dauergast
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Re: Ein Kind besonders begabt, eines nicht?

Beitrag von Rabaukenmama »

Koschka hat geschrieben:Ganz egal, ob es ein hochbegabtes Kind wird oder nicht, ist ein Geschwisterkind eine Bereicherung.
Naja, ich komme mir ehrlich gesagt oft vor wie die Mutter von zwei Einzelkindern, die zufällig in derselben Familie "gelandet" sind. Meinen jüngeren Sohn betrachte ich durchaus als Bereicherung, aber nicht unbedingt für seinen älteren Bruder (zumindest bis jetzt).
Koschka hat geschrieben: Meiner Erfahrung nach liegt die Zuneigung zum Kind nicht nur von der Begabung ab. Man liebt alle Kinder unterschiedlich, vielleicht nicht unterschiedlich stark, aber auf unterschiedliche Weise. Du wirst kein Kind so erleben wir das erste Kind, aber es heißt nicht, dass es weniger schön wird.
Das sehe ich ganz genauso :) !
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
sinus
Dauergast
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Re: Ein Kind besonders begabt, eines nicht?

Beitrag von sinus »

...zu den "mathematischen Kenntnissen":
Das ist jetzt nicht sooo ungewöhnlich finde ich. Ich denke bis 3 oder 4 können die meisten sehr kleinen Kinder schon zählen, wenn eventuell auch noch nicht mit drauf zeigen und abzählen.
Wir gehen in den Musikgarten und da sollen die Kinder (zwischen 1 und 3 Jahren) z.B. regelmäßig aus einer Kiste Klanghölzer nehmen. Zwei für sich, zwei für die Mamas. Allermeistens packen die Kinder das: nehmen zwei in die eine Hand, zwei in die andre und tippeln damit zurück zu Mama. ich sehe es auch, dass die Kinder korrigieren, wenn sie zu viele erwischt haben dann eines zurücklegen oder eine nachnehmen, wenn sie doch mal fünf oder drei nur erwischt haben.
Da gibt es sogar eine Studie, wo man Babys unter einem Jahr ein Puppenspiel gezeigt hat, dann ging der Vorhang zu und als er wieder aufging war es eine Puppe/Person weniger. Oder mehr. Bis drei haben sogar die Babys sofort gemerkt, dass da was nicht mehr stimmt.

Im allgemeinen - denke ich - werden Kleinkinder nicht selten unterschätzt, vor allem, wenn sie eben noch nicht so gut ausdrücken können. Und wenn dann eines gut redet, kann es einen natürlich auch eher an seinem Denken teilhaben lassen.
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