"Mama, ich weiss nicht, ob ich meine Kindheit überlebe"

Mein Kluges Kind macht was es will
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luric
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"Mama, ich weiss nicht, ob ich meine Kindheit überlebe"

Beitrag von luric »

... sagt mein ansonsten stets fröhlicher sohn zu mir :|

in der schule ist er eher ein aussenseiter, weil er anders ist, anders redet, anders denkt als gleichaltrige.
bei hänseleien fängt er an zu weinen und das "taugt" ein paar mitschülern mittlerweile richtig und legen es immer wieder darauf an, dass er ausflipp und heult.

abends vor dem einschlafen kommen dann solche sätze und auch "ich glaube ich halte das nicht mehr länger aus. wann ist meine kindheit endlich vorbei?"

mir blutet das herz, wenn er so drauf ist.

was sagt man da zu seinem kind?


ps: und schule ist sowieso doof und langweilig :|
2006: maxischlau vs. 2009: minischlau
Rabaukenmama
Dauergast
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Re: "Mama, ich weiss nicht, ob ich meine Kindheit überlebe"

Beitrag von Rabaukenmama »

Etwas "sagen" oder dem Kind etwas raten muss man gar nicht. Es reicht, zuzuhören und seine Situation ernst zu nehmen.

Eine Lösung kannst Du für Deinen Sohn ohnehin nicht finden, daher ist es ganz wichtig, wenn er sich alles von der Seele reden kann (auch, wenn es Dich natürlich schockiert, was er da sagt). Du kannst noch versuchen, ihn zur eigenen Lösungssuche zu motivieren, indem Du versuchst, seine Gefühle zu erraten, z.B. "Du wärst schon gerne erwachsen weil Du dann selbst für Dein Leben verantwortlich bist und Dich niemand mehr ausspottet und provoziert!".

Im Buch "Familienkonferenz" von Thomas Gordon ist diese "aktive Zuhören" näher beschrieben. Damit kommen Kinder bei Problemen oft auf EIGENE Lösungen und wir als Eltern erfahren über diesen Weg viel von dem, was in unseren Kindern vorgeht.

Zur Situation selbst: ein Schulwechsel wäre eine Möglichkeit, wobei da natürlich nicht abzusehen ist, ob es die Probleme Deines Kindes auf längere Frist löst. Hängt halt ziemlich viel dran an so einer Entscheidung. Alles Gute für Euch!
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
luric
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Re: "Mama, ich weiss nicht, ob ich meine Kindheit überlebe"

Beitrag von luric »

ja, zuhören und verständnis zeigen hilft ihm sehr, das mache ich auch so.

er wird auch nicht unbedingt gemoppt in der schule, soweit ist es gsd noch nicht, aber er eckt halt schnell an und kann damit schlecht umgehen.
leider richtet er frust und ärger immer gegen sich selbst und fühlt sich dann nichts wert und an allem schuld.

ich weiss ja, dass er da bis zu einem gewissen grad durch muss, damit er lernt mit solchen menschen und situtationen umzugehen, aber es geht mir trotzdem ans herz - eh klar, man will sein kind vor solchen negativen erfahrungen beschützen.

er bekommt eh psychologische hilfe und wir haben auch schon ein eltern-coaching gemacht.
wir machen ohnehin schon grosse fortschritte, aber es ist nicht einfach, weil sein "kluger kopf" seiner emotionalen entwicklung immer wieder davon galoppiert.

im gesamten sehe ich nicht, dass er so schlimme erfahrungen macht, dass es solche aussagen rechtfertigen würde, aber mir liegt auch nichts ferner, als ihm seine gefühle abzusprechen.
in dem moment, wo er so etwas sagt, geht es ihm ja tatsächlich so, aber kurze zeit später lacht und scherzt er dann wieder.

mir tut er nur so extrem leid, dass er sich mit seinen sieben jahren schon mit solchen dingen beschäftigt/beschäftigen muss.
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Rabaukenmama
Dauergast
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Re: "Mama, ich weiss nicht, ob ich meine Kindheit überlebe"

Beitrag von Rabaukenmama »

Das mit dem grossen Unterschied zwischen intellektueller und emotionaler Entwicklung kenne ich von zwei Seiten. Einerseits von meiner eigenen Kindheit, wo sogar überlegt wurde, mich trotz Hochbegabung (ist beim Schuleignungstest erstmals festgestellt worden) ein Jahr zurückzustellen weil ich emotional und sozial noch nicht reif genug war. Mit Mitschülern hatte ich von Anfang an immer wieder Probleme (wurde das, was man heute "gemobbt" nennt) wobei das in der Volksschule noch relativ harmlos war gegen das, was in der Hauptschule kam (trotz Vorzugszeugnis kam ich wegen fehlender sozialer Reife nicht aufs Gymnasium). Da war dann in der 3. Klasse mitten unter dem Jahr sogar ein Schulwechsel unumgänglich weil drei Mitschüler, die im Umgang mit mir schon mehrmals körperlich gewalttätig waren, Morddrohungen ausgesprochen hatten (weil ich nach langem schweigen ihre Gewalttaten "gepetzt" hatte). Da bekam ich mit 12 Jahren einen Nervenzusammenbruch und weigerte mich, jemals wieder diese Schule zu betreten.

Mittlerweile kenne ich auch die andere Seite, die als Mutter. Mein Sohn (4)dürfte auch hochbegabt sein (ist aber nicht getestet) und er ist in mancher Hinsicht extrem selbstbewusst, was ihn aber im Kindergarten nicht immer beliebt macht. So weigert er sich z.B. aufs Klo zu gehen und wird wegen seiner Windel häufig verspottet. Meistens steckt er es erstaunlich cool weg, manchmal kommen aber Aussagen die mir zu denken geben "Die xxx (anderes Kindergartenkind) will, dass ich nicht mehr in diesen Kindergarten gehen. Sie will alles tun damit ich wegkomme! Sie sagt auch, ich bin ein Kakerlak und sekkiert mich immer. Ihr wäre am liebsten wenn ich gar nicht da wäre". Aber solche Aussagen sind nur vereinzelt und ich habe INSGESAMT nicht das Gefühl, dass sich mein Sohn im Kindergarten unwohl fühlt. Beim abholen bettelt er immer, noch ein paar Minuten dableiben zu dürfen und die Betreuerinnen trösten ihn damit dass er ja morgen wieder kommt. Das halte ich mir vor Augen wenn mal wieder so eine Situation war, die ihm zu schaffen gemacht hat.

Was Deinen Sohn betrifft so wird sich, wenn Du ihm einfach nur zuhörst, auch bald herausstellen ob die Aussage (wegen Kindheit überleben) eine momentanes psychisches Tief war oder ob es ihm INSGESAMT schlecht in seiner Klassengemeinschaft geht.

Der einzige Rat, der mir einfällt ist, möglichst daran zu arbeiten, Dein Mitleid abzulegen und durch Vertrauen in seine Fähigkeiten (auch die, sich seinen Platz in der Klassengemeinschaft zu erobern) zu ersetzen. Gerade sensible, kluge Kinder haben sehr feine Antennen für die Gefühle ihrer Mitmenschen, besonders wenn diese ihnen nahe stehen. Wenn er merkt, dass Dein Gefühl ihm gegenüber hauptsächlich Mitleid und Ratlosigkeit ist, dann ist die Gefahr grösser, dass er selbst FÜR SICH auch Mitleid und Ratlosigkeit empfindet.

Ich bin selbst Mutter und mir ist klar, dass sich Gefühle (auch Mitleid) nicht einfach abdrehen lassen. Aber wenn wir als Eltern unsere Kinder als arme, wehrlose Opfer sehen ist es für unsere Kinder noch viel schwerer, das notwendige Selbstbewusstsein aufzubauen um mit solchen Situationen fertig zu werden.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
alibaba

Re: "Mama, ich weiss nicht, ob ich meine Kindheit überlebe"

Beitrag von alibaba »

Dazu sagt man am besten nichts, nicht immer muss man antworten und nimmt den Sohn in den Arm.

Ich habe hier auch so ein Exemplar, der defintiv anders ist und mit GS gar nicht klar kommt, aber sich wahnsinnig jetzt auf das Gymnasium ab September freut. ;) Und ich sehe es positiv, denn ich denke, da wird er Freunde finden, die so ähnlich sind wie er. Kopf hoch.

VG
PapavonzweiKindern
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Re: "Mama, ich weiss nicht, ob ich meine Kindheit überlebe"

Beitrag von PapavonzweiKindern »

Nimm dir am besten so viel Zeit wie möglich für ihn und gib ihm das Gefühl, dass er von dir/euch ernstgenommen wird mit seinen Sorgen und Problemen. Es gibt nämlich für ein Kind nichts Schlimmers als das Gefühl zu haben, dass Niemand für einen da ist.

Wenn die Hänseleien in der Schule so gezielt eingesetzt werden, würde ich mir vielleicht einmal über ein Gespräch mit der Lehrerin Gedanken machen, wo du das ansprichst.
Miki696
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Re: "Mama, ich weiss nicht, ob ich meine Kindheit überlebe"

Beitrag von Miki696 »

Das ist eine echt schwierige Situation. Aber viele Kinder haben ein solches Problem, wenn sie klein sind. Dein Sohn scheint sehr klug und empathisch zu sein. Ich denke, in ein paar Jahren wird die Situation besser sein. Vielleicht kannst du ihm ein Hobby finden? Basteln, Sport oder etwas Anderes.
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