Mit Provokationen umgehen

Mein Kluges Kind macht was es will
lissi74
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Re: Mit Provokationen umgehen

Beitrag von lissi74 »

Hallo Rabaukenmama,

also alles was du beschreibst kenne ich. Die Problematik für Eltern von Kindern im Autismusspektrum ist ja tatsächlich zu unterscheiden, wann man dem Kind "Absicht" unterstellen kann. Ich würde dir auch dringend dazu raten die einzulesen und auch Kontakt zu einer Beratungsstelle aufzunehmen. Das Thema wird euch ein Leben lang begleiten. Da Kommunikation ein allgemein schwieriges Thema ist, würde ich vermuten, dass es mit der Gehörlosigkeit in Kombination schon schwer für deinen Sohn ist.

Im übrigen kommen autistische Kinder oft frech und sehr egozentrisch (du schreibst ja, er kann wenn es für in interessant ist...) das ist aber grundsätzlich nicht der Fall. Sie verstehen einfach die Signale nicht richtig, die andere Menschen intuitiv umsetzten. Im Alter deines Sohnes war mein Sohn noch sehr sehr unauffällig. Das driftet aber mit dem Alter immer mehr auseinander. Wir fangen erste eine Autismustherapie an und haben noch keine Erfahrung wie es bei unserem Sohn wirkt. Aber schon das Verständnis für diese tiefgreifende Entwicklungsstörung ändert die Grundlage für alles.

@ basket: Warst du schon mal auf einer Veranstaltung von Christine Preißmann?

LG
basket
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Re: Mit Provokationen umgehen

Beitrag von basket »

Nein, aber eine Bekannte von mir (mit autistischen Sohn) und ein Kollege von mir!
Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit! (Sören Aabye Kierkegaard)
Maca
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Re: Mit Provokationen umgehen

Beitrag von Maca »

@rabaukenmama,

Ich lese gerade "Autismus als Konzextblindheit" von Peter Vermeulen.

Ein total plausibler und nachvollziehbarer Ansatz, der Autismus als Schwäche versteht, einen veränderten Kontext intuitiv wahrzunehmen und zu interpretieren.
Daraus resultiert natürlich unter anderem auch das Bedürfnis nach Unveränderbarkeit, kann das bloße Vorhandensein der Babysitterin nicht schon Auslöser genug gewesen sein, um deinen Sohn zu verunsichern?

Auch wenn er in der Vergangenheit keine Probleme mit ihr hatte, könnte es ja schon reichen, dass die Babysitterin ihr Verhalten grundsätzlich ein wenig ändert, weil sie denkt, dass ,man von älteren Jungen mehr erwarten könne.

Mein Sohn versteht es z.b. wirklich schlecht, dass ich von einem 10jährigen endlich mal konsequent Tischmanieren einfordere. :(
Ich finde die Umstände haben sich geändert, er ist älter muss sich benehmen.
Diesen Gedankengang geht mein Sohn deutlich erschwert mit.
lissi74
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Re: Mit Provokationen umgehen

Beitrag von lissi74 »

@Rabaukenmama:

Bezüglich dem Babysitter würde ich auch nochmal nachdenken. Nicht, dass ihr ihn nicht mehr kommen lassen sollt. Es geht wirklich erst mal rein um das Verständnis für deinen Sohn. Wie bereitest du deinen Sohn darauf vor, dass der Babysitter kommt? Evtl. musst du ihn intensiver darauf vorbereiten. Dass er, das Mädchen kennt ändert da wohl relativ wenig. Bei uns ging das hier mit ca. 4 Jahren so weit, dass mein Sohn nicht mal mehr zu meinen Eltern wollte. Er hat sie fast täglich gesehen und trotzdem war es auf einmal ein riesiges Problem zu meinen Eltern zu gehen. Wir hatten damals noch keine Ahnung, dass unser Sohn Asperger Autist ist. Uns war das völlig unbegreiflich, warum er plötzlich so sein konnte. Rückblickend kann ich es besser verstehen. Wir haben natürlich trotzdem nie aufgehört meine Eltern zu sehen und mit Motivation und seiner kleinen Schwester konnte er auch etwas dort bleiben. Jetzt bleibt er wieder gerne und lange dort. Ich denke, dass es sowohl für euch als auch für euren Sohn wichtig ist, diese Babysitterin zu haben. Für euch um etwas Freiheit zu haben und für euren Sohn um zu lernen, wie es bei anderen so funktioniert. Wichtig ist, dass der Babysitter Bescheid weiß und ihr beobachtet, woher die Reaktionen kommen. Viele Autisten haben starke Ängste, weil sie mit Unvorhersehbaren schelcht umgehen können.


@Maca:
Oh mit Tischmanieren kämpfen wir auch :lol:. Das Problem mit dem Erwartungsdruck der mit dem Alter steigt kennen wir hier auch. Ich habe das Gefühl, dass wir bis ca. 4-5 keinen großartigen Unterschied zwischen meinem Sohn und anderen Kindern sahen. Nun werden die Unterschiede immer deutlicher.

@basket:
Wie fanden die den Vortrag?

LG
Maca
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Re: Mit Provokationen umgehen

Beitrag von Maca »

@rabaukenmama

Mir fiel gerade ein Verhalten unseres Sohnes so mit ca. 5 Jahren ein.

Damals hatte er öfter seine gesamten (und das waren viele :( ) Quartettkarten in der Wohnung verteilt.
Alle Karten wieder den einzelnen Spielen zuzuordnen war sehr ärgerlich und aufwendig, außerdem gingen dabei auch Karten ,seiner über alles geliebten Quartette verloren.
Ich habe damals überhaupt nicht verstanden, warum er auf so unsinnige Weise Grenzen austesten wollte.
Heute ist mir klar, dass es damals nur eine Reaktion auf ein Umfeld war, was er für sich nicht mehr ordnen konnte.
Das geschah nämlich immer ,wenn wir viel Besuch hatten, er Besuch hatte oder seine Schwester mit Freundinnen die Wohnung in Beschlag nahm.
Weil er sein Unbehagen nicht in Worte fassen konnte, versuchte er durch das Chaos, dass er fabrizierte mit uns zu kommunizieren , uns zu sagen, wie es in ihm aussieht.

Dein Sohn hat ja noch weniger Möglichkeiten sich mitzuteilen, wie soll er sein Gefühlsleben ohne Worte nach außen tragen, wenn es schon für sprechende Autisten kaum möglich ist?

Nur so ein Gedanke.

Desto intelligenter ein von Autismus Betroffener ist, desto besser kann er sich vermeintlich anpassen. Die Anpassung passiert aber weniger aus intuitivem , innerem Verständnis für soziales Agieren, sondern resultiert aus einem vom Verstand geleiteten Lernprozess. Die inneren Verunsicherung , die das ständige verstandesgeleitete und damit auch fehleranfällige und zeitaufwändigere Interpretieren mit sich bringt , bleibt der Umwelt oft verschlossen.

@lissi,

Der Unterschied zur Altersgruppe , gerade im sozialen Agieren, fällt jetzt erst so richtig auf.
Bei meiner Tochter reichte " Erziehung durch Vorbild" vollkommen aus.
Meinem Sohn muss ich explizit erklären, dass man als Gast bei Fremden nicht die Schränke durchsucht ( er suchte eine Freizeitbeschäftigung :oops: ) oder offen sagt, dass das Essen nicht schmecken würde.

Auf die Idee, einem hochbegabten Kind, die einfachsten Regeln des menschl. Miteinanders immer und immer wieder zu erklären, wäre ich ohne das Wissen der leichten Asperger - Symptomatik ja nie gekommen.
Ich hätte wahrscheinlich ernsthaft an seinem Charakter gezweifelt. ;)
basket
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Re: Mit Provokationen umgehen

Beitrag von basket »

@lissi
Es hat ihnen gut gefallen!
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