Erfahrungen von Kindergartenkindern

Einfach nur über sich und seine Kinder erzählen
amaria
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Re: Erfahrungen von Kindergartenkindern

Beitrag von amaria »

Hallo!

Schön, dass so viele Antworten eingetroffen sind, auf die ich vermutlich erst nach dem Wochenende eingehen kann.
Kein Problem habe ich damit, wenn der Bildungsstand des Personals beanstandet wird. Mal direkt, mal indirekt mache ich dies auch und riskiere es dadurch, mich bei Berufskolleginnen unbeliebt zu machen.

Allerdings erlebe ich in den letzten 15 Jahren eigentlich Akademiker in einem noch höheren Ausmaß als Verursacher einer zu schlechten Betreuung in Krippen und Kitas. Sie entwickeln Förderprogramme, die das Spiel der Kinder immer mehr zu einem fremdbestimmten werden lassen. Das, was Bildung hervorbringen soll, führt meiner Meinung nach eher zur Verdummung der Kinder und auch zur Verdummung ihrer Erzieherinnen.

Koschka, Kinder "müssen" nicht spielen. - Sie wollen es. Sie lieben es sogar und es tut ihnen richtig gut!

Besonders grotesk finde ich die verkrampften Bemühungen um die Bildung der Krippenkinder. In Fachforen ist immer wieder zu lesen, dass werdende Erzieherinnen von den Schulen Aufgaben bekommen, die für sie eine Qual bedeuten und deren Sinn man wirklich bezweifeln kann. Kleinkinder, die noch nicht laufen können, werden wegen der "Bildung" mit einer Zahnbürste in der Hand an Waschbecken gestellt, damit sie sich einen Zahn putzen können. - Es soll der Gesundheitserziehung der Kinder dienen, die motorischen Fähigkeiten schulen und so weiter... (Und Erzieherinnen, die derartiges öfter machen, Kinder bei Bedarf stützen und sich ihnen liebevoll zuwenden, ruinieren sich den Rücken!). Schülerinnen posten "Hiiiiiiiiilfe!!!" in Fachforen und überlegen, was sie mit 9 Monate alten Kindern basteln könnten... (Man nennt es heute Kreativitätsförderung, auch wenn es mit Kreativität nichts zu tun hat.) Und um ein weiteres Beispiel aus den letzten Fragen im Forum für Erzieher zu nennen: Wie vermitteln Erzieherinnen Kindergartenkindern (bei der Fachschülerin handelte es sich um Krippenkinder) etwas über die Blutgerinnnung?
Weder privat noch in Kindergärten haben mich Kinder gefragt, warum sie bluten. Sie besaßen die Gabe, etwas Natürliches erst einmal einfach hinzunehmen.
Im nächsten Frühjahr werden wieder eifrige Erzieherinnen im Stühlchenkreis mit Krippenkindern über die Fastenzeit reden.

Für die Erzieherausbildung gibt es eine Fülle an ziemlich schrägen, höchst sonderbaren Fachbüchern. Voll mit Instant-Rezepten im Stil von "Man nehme sounssoviel Kinder, folgende Requisiten und fordere die Kinder auf, mit dem Po zu wackeln und den Kopf zu schütteln... Falls ihr mal Zeit habt, seht euch doch mal am Tag der offenen Tür die Fachbücher der Erzieherinnen in eurem Kindergarten an. Das mache ich auf meinen Vertretungseinsätzen immer und ich finde die Kitas am besten, die vom Buchbestand der letzten Jahr nicht allzu viel bestellt haben. Viele junge Eltern, die einen Kindergarten besucht haben, in dem es locker zuging, können sich kaum vorstellen, wie verkrampft die Bemühungen um die Bildung der Kinder heute sein können. (nicht müssen)

Freundliche Grüße

Angelika

Und ein Link: http://www.unerzogen-magazin.de/archiv/ ... 354&mid=23
Mijal
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Re: Erfahrungen von Kindergartenkindern

Beitrag von Mijal »

Liebe Angelika,

so weit ich das verstanden hatte, schwebten Koschka weniger verkopfte Fördermöglichkeiten vor. Einfach so ein normales in den Alltag Integrieren von Zahlen und Buchstaben. Ich jedenfalls finde die Idee mit den Buchstaben auf den Möbeln echt witzig. Allerdings wird es sehr schwer einen Einrichtungsgegenstand zu finden, der mit einem Ö, einem Ü, einem Ä, einem X, einem C oder - Gott bewahre - einem Y anfängt, aber dafür kann Koschkas nichts, dass mit unserem Alphabet ist geschichtlich gewachsener Quark, der durch die Rechtschreibreform nicht wirklich verbessert worden ist. ;)

Ich persönlich halte es so, dass wir völlig selbstverständlich Stufen (beim Treppensteigen), Kastanien (beim Spielen), Aufkleber (beim Aufkleben), Perlen (beim Auffädeln) etc. zählen, ich alles erkläre, was meine Tochter erklärt haben will, solange es nicht psychisch belastend ist und ansonsten viel mit meinen Kindern lese usw.
Allerdings macht es mir meine Tochter nicht leicht, denn sie fragt etwas und wenn man auf ihre Frage eingeht, blockt sie einen ab. Beispiel: "Mama, wie viel sind Finger sind das?" (Sie zeigt 3 und 5) Mama antwortet: "Wir können ja mal zählen!"
"Nö, will ich gar nicht!" Was soll ich dazu dann noch sagen? Ich denk mir dann einfach: War wohl doch nicht so wichtig! Aber inzwischen hab ich es auch schon erlebt, dass ich zurück gefragt hab(Was meinst du, wieviele das sind?"und sie hat ohne zu zählen mit "8" geantwortet. :roll:

Mit dem Spielen ist das so, dass es häufig sehr unterschätzt wird, wieviel die Kinder im Spiel lernen und verarbeiten. Spielen ist Gehirntraining pur. Kinder die gut spielen können, lernen besser und schneller - eigentlich... ja und da ist das eigentlich. Denn was Koschka beschreibt, gilt wohl für viele HB Kinder. Sie sind so mit Aufsaugen beschäftigt, dass sie gar nicht zum Spiel kommen. Außerdem ist es schwierig für solche Kinder mit Gleichaltrigen zu spielen, die sie nicht verstehen... Kein Kind MUSS spielen, wenn es nicht will, kann es keiner dazu zwingen. Aber es ist der natürliche Weg zu lernen. Allerdings erlernt man damit eben auch nur "natürliche" Lerninhalte (Zahlen und Buchstaben sind in diesem Sinne "nicht natürlich").
Ich verstehe Koschka insofern, als das mich das auch genervt hat, als früher alle auf mir rumgehackt haben, meine Tochter müsse mehr raus, rummatschen, klettern etc. Aber sie wollte nicht. Sie sträubte sich. Sie hatte, glaub ich, auch Angst. Jetzt holt sie alles nach! Ähnlich wie Koschkas Kinder, die jetzt sehr viel spielen.

Ich sollte vielleicht erwähnen, dass Spielunlust zum Glück nicht unser Problem ist und ich hier nicht als Betroffene Mama stehe. Meine spielen beide sehr schön und sehr intensiv. Nur leider spielt meine Tochter hauptsächlich alleine oder mit ihrem viel zu kleinen Bruder und mir, weil ihre Spielkameraden ihre komplexen Spiele nicht verstehen, nicht annährend ihre Ausdauer haben oder einfach "zu viel kaputt machen". Sie hat ihre ganz eigene Vorstellung, wie alles zu sein hat und leider nicht ausreichend soziale Kompetenz, um andere zu inspirieren anstatt sich vor ihnen zurück zu ziehen oder über sie bestimmen zu wollen. :cry:

Wie dem auch sei. Ich denke beide Standpunkte sind berechtigt.

Mijal
amaria
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Re: Erfahrungen von Kindergartenkindern

Beitrag von amaria »

Wenn ich zurückdenke, ist mir in den Zeiten, die ich in verschiedenen Kindergarten verbracht habe, kein in einem besonders hohen Maß hochbegabtes Kind aufgefallen. Schilderungen, wie ich sie hier im Forum lese kenne ich selbst auch nur anhand der Erzählungen von Eltern oder hoch begabten Erwachsenen. Diese öden Sandwüsten der Kindergärten, die neuerdings immerhin noch durch Wasserläufe bereichert werden, sind auch für normal begabte Kinder langweilig. Nur weil Stadtkinder ohnehin nichts anderes kennen, werden öde Sandkästen hingenommen und das "schönere Spiel findet unter den Büschen oder in abgelegenen Ecken des Kindergartens statt. Würde ein Berg Mutterboden in Kindergärten regelmäßig ausgekippt, bräuchten Kinder weniger erlebnisarme Zeiten im Außenbereich ihrer Kindergärten verbringen.

Aus der Praxis halte ich von beschrifteten Zahlentreppen und dem sonstigen Anbringen von Zeichen, die zeigen, dass die Erzieherinnen bemüht sind, auf trendgemäße Weise Bildung zu vermitteln, nicht viel. Besser finde ich es, wenn Eltern und Erzieherinnen zwischendurch immer wieder mit Kindern zählen und ihre sonstigen mathematischen Interessen aufgreifen. - Gerade in dem Bereich, muss nicht künstlich gepuscht werden, um Kinder in ihrer Entwicklung zu fördern. Es ist so wichtig, dass Kinder selbst Erfahrungen machen können. Wird zu stark gefördert, indem Kindern ein didaktisch vorbereitetes Häppchen nach dem anderen vorgelegt wird, dann kommt die Entdeckerfreude zu kurz und damit Kinder Freude am Lernen entwickeln, sollte die Initiative und Fragen von ihnen ausgehen. - Privat habe ich auch schon erlebt, dass die Tochter eines Freundes strahlend zu mir sagte "Wie gut, dass ich gefragt habe!" - Darüber habe ich gemerkt, dass ich im Privaten bereits etwas zu "professionell" geworden war - ähnlich wie Eltern, die auch manchmal zu sehr darauf aus sind, "systematisch" zu fördern. - Es ist eine Gratwanderung und in der Erziehung werden immer wieder Ungeschicklichkeiten vorkommen.

Übrigens sieht man nach gezielten Förderangeboten jede Menge strahlende Kindergesichter, wenn die Kinder ein "Aha-Erlebnis" hatten. Tüftelt ein Kind jedoch ganz allein etwas aus, sieht es dabei oft motzig, ernst und sogar unzufrieden aus. Am Ende dann nicht mehr. Aber diese stille Befriedigung einer Frage - auch wenn ein Problem nur teilweise gelöst werden konnte - wirkt nachhaltiger. Ich fürchte, dass wir den weniger begabten Kindergartenkindern (die deshalb nicht unbegabt sind) die Freude am Entdecken und Lernen beeinträchtigen, wenn wir sie derart fördern, dass sie den Erwartungen Erwachsener entsprechen können. Kinder haben doch eigentlich auch ein Recht darauf, sich entsprechend ihrer besonderen Interessen stark und ansonsten weniger weiterzuentwickeln. In Institutionen aber sollen Kinder "ganzheitlich" gefördert werden. Mit dem Ergebnis, dass für sie ein Förderbedarf auf allen Ebenen ausgemacht wird und sie insgesamt als Mängelwesen angesehen werden.

Mich wundert es nicht, dass Erzieherinnen bei hochbegabten Kindern wünschen, dass sie mehr spielen sollten. Dabei wird vielleicht übersehen, dass diese Kinder auch spielen. Nur dass Gedankenspielereien im Kopf nicht ins Auge fallen und nicht selbstverständlich als Spiel anerkannt werden.

Angelika
Edainwen
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Re: Erfahrungen von Kindergartenkindern

Beitrag von Edainwen »

Buchstaben an Fenster kleben und Treppenstufen zählen halte ich persönlich im KiGa für überflüssig. Denn die fitten und interessierten Kinder lernen das so oder so und die anderen beachten das gar nicht bzw. dann heißt es allenfalls von der Elternschaft "Muss mein Kind das schon können?"

Aus unserer Erfahrung heraus wären altersgemischte Gruppen das wichtigste, und vor allem sollte absolut nirgends das Alter der Kinder sichtbar werden. Es sollte verschiedene Angebote in verschiedenen Schwierigkeitsstufen geben, die für alle Kinder offen sind, also nicht "die Kleinen müssen ins Freispiel, die großen müssen einen Drachen basteln" oder "die Kleinen müssen den einfachen Nikolaus basteln, die großen den schwierigeren". Wenn schlaue Kinder im KiGa mit 3 Jahren die Grundfarben "lernen müssen", die sie schon mit 18 Monaten konnten, muss sich ja wohl niemand wundern, wenn ihnen langweilig ist. Da wäre für meinen Sohn Blutgerinnung doch interessanter gewesen :mrgreen: Oder aber einfach wirklich freies Spiel, losgelöst von diesen allgegenwärtigen Bauklötzen, die scheinbar das einzige Spielzeug "normaler Jungs" sind :schwitz:
Edainwen
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Re: Erfahrungen von Kindergartenkindern

Beitrag von Edainwen »

Ich denke halt, dass es Buchstaben und Zahlen mittlerweile doch überall gibt. Autokennzeichen, Wahlplakate, Werbeflyer, Star-wars-Sammelkarten, Hausnummern - auch in einem bildungsfernen Elternhaus gibt es Buchstaben ohne Ende. Die Kinder, die sich interessieren, sehen sie überall (der Freund meines Sohnes im Alter von 3 Jahren beim Anblick einer Turnstange: "Guck, Mama, ein "H" wie "Hannes"), die Kinder, die sich nicht interessieren, ignorieren sie überall. Wenn sich ein Kind für Buchstaben interessiert, werden ihm diese in der Regel nciht von bildungsfernen Eltern verwehrt (außer, sie wären tatsächlich der Schrift nciht mächtig), sondern von sehr bildungsorientierten anthroposophischen Eltern, die meinen, dass es vor 7 Jahren dafür noch zu früh wäre.

Allerdings sage ich auch nicht, dass so etwas blödsinnig für alle Kinder wäre, sondern dass es gerade den fitten Kindern, um die es Angelika ja hier geht, nichts bringen wird.

Vielleicht ist unser Dorf aber auch einfach zu klein, als dass es solche Familien gäbe, die Du vor Augen hast :fahne:
Mijal
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Re: Erfahrungen von Kindergartenkindern

Beitrag von Mijal »

Hallo zusammen,

nun ja, Koschka, wenn deine Kinder bauen, dann spielen sie doch! Sie spielen eben Konstruktionsspiele, ganz egal mit welchen Materialien sie das tun! Rollenspiele sind toll und wichtig, aber jedes Kind spielt das, was ihm am meisten Spaß macht und wo es am meisten für sich bei herausfinden, lernen und eben auch verarbeiten kann. Allerdings werden nicht nur platt Erlebnisse verarbeitet, das ist vielleicht bei meinem 1,7 Jährigen Sohn so, wenn er mit einem rechtwinkligen Stück Holz und allerlei Brummgeräuschen so tut, als würde er den Puppenbuggy zusammenschrauben. So süß! :lol:
Aber meistens werden ja Wünsche, Träume, Fantasien, aber auch Ängste und andere Gefühle verarbeitet oder einfach Sozialverhalten gelernt. Wenn deine Kinder das nicht brauchen, ist das doch okay! Dafür interessieren sie sich mehr für Erfolgserlebnisse, Experimente mit Wasser und Sand (Umwelterkundung) und Statik!
Meine bauen eher weniger - aber sie bauen. Dabür spielen sie nicht wirklich mit der Puppenküche. Sie spielen schon damit, aber irgendwie schaffen sie es immer, dass das Ding alles Mögliche ist, nur keine Küche! :lol:

Für mich sind Buchstaben an den Möbeln erstmal etwas, was die Kinder, die das nicht interessiert kategorisch übersehen - ergo schadet es ihnen nicht. Die Kinder, die das alles schon können finden das normal, aber lernen nichts Neues - ergo es schadet nicht. Die Kinder die so in der Mitte liegen, gucken sich das vielleicht doch mal an und fragen was das ist und entweder speichernsie es ab, oder es wird vergessen, aber es schadet nicht. Prinzipiell ist ja überall Schrift und kaum einer weiß das besser als ich, weil mich meine Tochter ab dem Zeitpunkt, wo sie sprechen lernte - also um den ersten Geburtstag rum - anfing zu quälen, indem sie mir jedes fusselige Zeichen, das sie irgendwo entdeckte, zeigte und benannt haben wollte. Anstatt im Sandkasten zu buddeln stand sie hinter den Autos und zeigte entzückt auf die Buchstaben und Zahlen der Nummernschilder und wollte sie benannt haben, bis die sie irgendwann selber konnte. Aber inzischen findet sie das alles ziemlich doof und ignoriert lieber. 8-)
Nun sehe ich das allerdings auch eher aus dem 1. Klasse Leselernblickwinkel und da erscheint es mir einfach eine witzige Ergänzung zu sein. Generell mehr Offenheit im Kiga finde ich auch nicht schlecht. Aber Einzelbeschäftigung bzw. Differenzierung im Morgenkreis geht nicht - das bringt zuviel Unruhe rein.
Aber mehr und vor allen Dingen anspruchsvollere Bücher und Puzzle wären toll. Tiptoi ist in Maßen genossen auch ne super Sache. Computer ist mir persönlich zu flimmerig, der ist auch nicht so gesund, auch wenn er viel bietet, also eher weniger davon als mehr - genau wie beim Fernsehen.
Meine Tochter blüte richtig auf, als sie einmal eines ihrer Liebingsbücher von zuhause mitbrachte (Die Kinder aus der Krachmacherstraße) und die Erzieherin es im Kiga vorgelesen hat. Sie hat mich und die Erzieherin jeden morgen penibel daran erinnert, bloß nicht das Lesen zu vergessen. Für sie war es keine Herausforderung, sie kannte es schon auswendig, aber das machte nichts, weil sie es einfach mochte und es war Lichtjahre von der Kindergartenlektüre entfernt.
Bastelsachen und Angebote für beide Geschlechter finde ich gaaanz wichtig. Häufig schreien die Blümchen und Bienchen die gebastelt werden sollen förmlich: "Mädchenkram!" Es gibt ja nicht nur Puppenecken, sondern auch Verkleidungskisten mit Polizisten und Ritterkostümen usw. Man kann auch ganz toll mit Teddys und Kuscheltieren spielen! Es gibt Ritterburgen, Fahrzeuge, Bauernhöfe, Werkbänke (natürlich ohne Verletzungsgefahr), Fischer Technik und alles Mögliche womit Jungs spielen können, wenn sie mal keine Lust auf Bauklötze haben. Bei uns sind Fahrzeuge total der Hit. Die Jungs schleppen jeden Morgen mit riesigen Trettraktoren in den Kiga, da bedauert man echt die Mamis, die diese Monster in das Auto quetschen müssen. ;)

Ich sehe nicht ganz, wo das Problem liegt. Man kann doch einfach anbieten und die Kinder suchen sich aus, was sie wollen und was sie interessiert. Alles was über den Horizont geht, wird eh ignoriert. Was ich aber echt schädlich finde, sind solche Aussagen wie: Bloß nicht zu früh einschulen! Das ist zu pauschal. Es gibt tatsächlich Kinder für die Kindergarten eine Qual ist!oder dieses "Kinder schreiben nicht, sie malen!", was Koschka schrieb. Oder: "NUR die Schulkinder lernen lesen, die anderen sind noch zu klein." Damit kam meine Tochter mal nach Hause. Sie meinte, dass nur Schulkinder lesen dürfen. Ich fragte mich dann, wo sie das her hat. Sie darf lesen, wenn sie will, aber sie will nicht und sie muss es auch nicht. Stattdessen spielt sie lieber Wort und Sprachspiele, oder rechnet mit den Fingern.

LG

Mijal
alibaba

Re: Erfahrungen von Kindergartenkindern

Beitrag von alibaba »

Hallo,

mir war es egal welche Ausbildung eine Erzieherin im Kiga hatte. Meine Kinder gingen in Kinderfreizeiten mit nur Azubis, das hat super funktioniert, da diese Jugendlichen einfach nur da waren, ohne Rücksicht auf irgendwelche Bildungsvorstellungen der einzelnen Eltern. Die haben alles gemacht, aber keine Zahlen und Buchstaben oder multimediale Projekte. So ein Käse!

In unserem Kiga gab es alles. angefangen von der Rechenecke bis hin zur alten Schreibmaschine bis zur Leseecke. Es gab einen großen Garten mit Matschanlage und tolle Erzieherinnen. Nein die konnten sich auch nicht teilen und wenn die es hieß Stuhlkreis, dann gingen da alle hin. Stuhlkreis war aber kein sinnloses sitzen. Da wurde gesungen, gesprochen und Tagesabläufe durchgegangen. Die Kinder äußerten ihre Wünsche und stundenlang ging der auch nicht.

In unserem Kiga wurde nur für die Vorschüler das Zahlenland veranstalltet. Das war aber nur zur Abgrenzung von den Kleinen, das "besondere" letzte Jahr. Bei uns gab es Waldtage und Kochtage, ganze Turnwochen. Der Konfession war es geschuldet das Weihnachten und Ostern und Sant Martin hier zelebriert wurde und wird, mit viel Angagement der Erziehrinnen und Eltern!!! Hier lernten Kinder jede Menge Vorträge auswendig und 1xJahr gab es eine Theatervorstellung.

Kinder sollten in einem Kindergarten keine Grundschüler sein, egal ob sie das Potenzial dazu hätten oder nicht. Will ich das als Mutter, dann sollte ich das zu Hause privat versanstalten. Vorschulblöcke gab es bei uns im Kiga auch, aber die Kinder wählten viel lieber die Matschanlage statt den Vorschulblock. Vorschulblock gab es nämlich schon zu Hause. :mrgreen:

Jeder kann seinen Kiga frei wählen. Ich verstehe nicht wie man seine Kinder in so furchtbar grässliche Kiga's stecken kann, wie hier oft von den Müttern dargestellt. :gruebel: Bin ich nicht zufrieden, dann wechsle ich. Wir hatten das auch gemacht.

Meinen Kindern hat der Kiga nicht geschadet. Unsere Erzieherinnen waren immer für das Kind da. Ich denke, das ist das weitaus wichtigere als die beste Lernausstattung.

VG
Edainwen
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Re: Erfahrungen von Kindergartenkindern

Beitrag von Edainwen »

alibaba hat geschrieben: Jeder kann seinen Kiga frei wählen. Ich verstehe nicht wie man seine Kinder in so furchtbar grässliche Kiga's stecken kann, wie hier oft von den Müttern dargestellt. :gruebel: Bin ich nicht zufrieden, dann wechsle ich. Wir hatten das auch gemacht.
Wenn es nur einen KiGa am Ort gibt, ist die Auswahl da allerdings gering ;) Für alles andere braucht man Autos und feste Arbeitszeiten oder Busse. Das mögen vielleicht Dinge sein, die im Großraum Tübingen vorhanden sind, hier sind sie es nicht. Ein Kind in einen KiGa außerhalb des Ortes zu bringen, das können hier nur nichtarbeitende Mütter mit Auto leisten. Demzufolge kommt das nur ca. 1x alle 3 Jahre vor :( - Wobei ich damit nicht sagen will, dass unser Kiga schlecht ist, Verbesserungspotential gibt es überall ;)
amaria
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Re: Erfahrungen von Kindergartenkindern

Beitrag von amaria »

Leider ist es in etlichen Kindergärten noch so, dass wesentlich weniger attraktive Verkleidungssachen für Jungen zur Verfügung stehen als für Mädchen. Zwar stöckeln auch Jungen schon mal gern auf Damenschuhen mit Absatz herum, aber sich als Prinzessin verkleiden mögen nur wenige... Reitkappen und Bauarbeiterhelme hingegen erfreuen sich großer Beliebtheit unter Jungen. Doch weil Schutzhelme dazu zu provozieren scheinen, dass auf den Helm etwas drauf geschlagen wird, sehen Erzieherinnen das wildere Spiel der Jungen oft mit gemischten Gefühlen. Ich bin als Springkraft schon in Gruppenräume gekommen, wo auf den ersten Blick zu erkennen war, dass hier stärker als anderswo auf Jungen eingegangen wurde. - Eine "Punchinbirne" aus einer mit Schulerpolstern dicht gefüllten Schultasche hing vor einer Höhle. Offenheit gegenüber den Spielwünschen von Jungen und Mädchen fand ich für beide Geschlechter vorteilhaft. So wurde in der Gruppe einer unkonventionell die Kinder betreuenden Gruppenleiterin vormittags stets der Hamster von den Mädchen der Gruppe beschmust. (Er hat sein normales Alter im KiGa erreicht und kam mir ziemlich stressresistent vor. - Und die Kinder gingen wirklich behutsam mit ihm um.
Jungen erleben im Kindergartenalltag insgesamt wohl mehr offene Konflikte mit ihren Erzieherinnen. Schon wenn sie nur einen Stock in die Hand nehmen, wird das manchmal als zu weitgehend angesehen. Immer wieder fühlen Jungen sich dazu gedrängt, ihre Freude am Kämpfen zu unterdrücken. In stillen Momenten bekommt man das dann manchmal mit. Als ich mit einem Jungen, der angeblich nicht gut genug ausschneiden konnte, basteln sollte, stellte ich fest, dass er nach einem sehr unakkurat ausgeschnittenen Wichtelmännchen sehr ordentlich eine Spirale bemalte. Ich erfuhr, dass die eierigen Gebilde in Blau und Rot auf seiner Spirale die Römer und die Gallier seien. - Zwei Armeen zogen in den Krieg. Und der Junge schnitt die mit seiner Idee versehene Spirale so sauber aus, dass man nicht vermutet hätte, dass beide Schneidearbeiten vom gleichen Kind hergestellt worden waren.

Euren Beiträgen entnehme ich, dass Rollenspiele bei euren Kindern gut angekommen sind. So kenne ich es auch von meiner eigenen Kindheit, wo wir insgesamt mit nur wenig vorgefertigtem Spielzeug spielen konnten. Weil in vielen Kindergärten jedoch eher starre Regelungen gelten, nach denen mit Bauklötzen nur in der Bauecke und nicht in der Puppenecke gespielt wird - sowie umgekehrt -, frage ich mich, inwieweit sich das Spiel eurer Kinder daheim nach dem Kindergartenbesuch verändert hat. Viele Regelungen, die in einem Kindergarten aufgrund der Anzahl der zu betreuenden Kinder manchmal wirklich sinnvoll sind, werden von Kindern kaum noch hinterfragt. - Dabei wäre es für ein freies Spiel eigentlich schöner, wenn die Kinder losgelöst von der ordentlichen Aufteilung der Erwachsenen mit allem, was ihnen zur Verfügung steht, spielen würden.

Es kommt eigentlich erstaunlich selten vor, dass Kinder die Regelungen grundsätzlich hinterfragen. Die Regeln werden als solche akzeptiert, aber die Kinder haben Lust, ab und an gegen sie zu verstoßen. Nur wenige Kinder lassen sich auf den Gedanken ein, dass eines der vielen Rituale des Kindergartens besser nicht gelten sollte...

Ich finde es immer spannend, was Eltern daheim von ihren Kindern erzählt bekommen.

Angelika
Mijal
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Re: Erfahrungen von Kindergartenkindern

Beitrag von Mijal »

Hallo Angelika,

meine Tochter ist ja eine Königin im Hinterfragen und auch im alles anders machen. ;)
Das erste, was sie im Kiga machte (gleich am zweiten Tag) war, dass sie versuchte immer ein anderes Geschirrteil zu nehmen als der Rest der Gruppe. Alle haben einen gelben,roten oder blauen Teller und eine ebensolche Tasse. Töchterchen eckte an, weil sie sich eine bunte Tasse nahm - stopp, nicht für die Kinder - dann ging sie zurück und holte sich statt dem Teller ein Schälchen - stopp, die benutzen wir nur am Müslitag - wieder zurück jetzt mit Teller und Tasse UND einem Plastiklöffel... Sie hat das völlig absichtlich gemacht um mal zu gucken, wie sie die Konformität umgehen konnte. Sie wollte eine Sonderrolle. Sie ist im Kiga im ersten Jahr oft mit Sonderaktionen aufgefallen, nicht dass sie bewusst Rituale hinterfragt hätte. Nur den Morgenkreis... Da meinte sie, der sei langweilig. Sie hat sich aber auch nicht getraut mitzumachen. Inzwischen traut sie sich und sagt nicht mehr, dass er langweilig sei. Aber trotzdem gibt es manchmal Ärger und sie muss den Kreis verlassen (ich schätze es ist manchmal immer noch langweilig) ;)

Ich bin absolut der Ansicht, dass die Femininisierung der Bildung für Jungs echt negativ ist. Schlimm ist meiner Ansicht nach nicht nur, dass sie alles nicht dürfen, sondern dass sie vor allen Dingen kaum eine Idee haben, wie sie ihre Interessen auf eine "positive" Art ausleben können. Z.B. muss kämpfen nicht verboten sein. Mit richtigen Regel und Fairnis - Stichwort: Judo - ist Rangeln doch okay. Sandsäcke sind auch toll. Vor allen Dingen muss aber auch einer da sein, der ihnen männliche Spiele und Identität positiv vorlebt und sie inspiriert. Bei Stöckern kommt es immer auf die Länge und die Art des Spiels an. Generell mehr Körperlichkeit würde den Jungs sicher guttun. Aber sie sollten auch angeregt werden Rollenspiele zu spielen.
Im Kiga habe sie Polizisten und Ritterkostüme usw. Die Jungs verkleiden sich auch gerne mal und bei uns zu Haus gibt es Bauarbeiterhelme und Narrenkappen, aber natürlich vorerst mehr Tücher, Gürtel, Hasenohren, Katzenohren und Schwänze usw. Generell spielen meine Kinder mit allem, was kein Spielzeug ist oder sie zweckentfremden das Spielzeug für andere Verwendungen (Tesafilm ist das Pflaster, der backofen ist das Haus, der Besen der Staubsauger, die Schnullerkette eine Schlange etc.), besonders beliebt sind Tücher, Bänder (natürlich nicht zu lange), Dosen und Flaschen, Kastanien oder ähnliches und jede Art von Figur. Der Kleine wiederum ist mehr für Fahrzeuge, Werkzeuge und Musikinstrumente. Der Kiga hat daran nicht viel geändert, allerdings bastelt und puzzelt meine Tochter im Kindergarten sehr viel. Sie zieht sich absichtlich zurück. Zuhause macht sie hauptsächlich Rollenspiele, Bücher angucken/lesen und malen/basteln oder wenn wir draußen sind Fantasiespiele in der Sandkiste (wir haben da Plastikgeschirr, Schneebesen und alles mögliche drin - ist viel spannender als die Puppenküche ;) ). Natürlich klettert sie auch und fährt Rad, schwimmt usw. ist aber für mich ne Beschäftigung/Sport und kein "Spiel".

LG

Mijal
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