Mama, warum weißt du so viel?

Einfach nur über sich und seine Kinder erzählen
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Winnie
Dauergast
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Mama, warum weißt du so viel?

Beitrag von Winnie »

Hallo,
ich möchte mich vorstellen. Ich heißt S., bin 32 Jahre alt und verheiratet. Ich habe zwei Töchter, A. und L. Ich wusste schon immer, dass A. eine schlaue Maus ist, aber nun wurden wir zum Kindergartengespräch geladen. A. integrierte sich am Anfang sehr schnell, fand sofort Anschluss, lief problemlos im Ablauf mit und weinte nie. Alle, so auch wir, gingen davon aus, dass es etwas damit zu tun haben würde, dass sie vorher schon in der Kinderkrippe war. Allerdings fing sie mit der Zeit an, sich immer mehr zurückzuziehen und zu verweigern, spielte immer mehr alleine, wollte auch nicht mit den anderen Kindern draußen spielen. Sie suchte immer sehr intensiv den Kontakt zu den Erzieherinnen und sie war aus der Krippe einen Betreuungsschlüssel von 1:3 gewöhnt, da dort auch immer eine Jahrespraktikanten anwesend war. Sie löcherte die Erzieherinnen mit Fragen, aber diese konnte sich auch nicht nur um A. kümmern, weil da ja noch 24 andere Kinder sind.

Uns wurde gesagt, dass A. altersuntypisch spielt. Die benutzt keine Spielsachen, sondern spielt nur mit Puzzlen, Büchern und Kuscheltieren. Als sie noch draußen gespielt hat, spielte sie stundenlang mit zwei Stöckchen und drei Steinen. Sie steht oft daneben und sieht den anderen Kindern beim Spielen zu, aber spielt auch auf Einladung nicht mit.

Manchmal wirkt sie sehr verträumt. Dann ist es wieder so, dass sie aufspringt, zu den Erzieherinnen rennt, dann ganz dringend irgendwas mitteilen muss. Sie spricht dann irgendwas ohne Zusammenhang einfach aus (z. B. irgendwas von Arielle, da wollte sie den Erzieherinnen dann vormachen, wie die Krabbe ihre Scheren bewegt). Sie wartet dann aber auch nicht auf eine Reaktion, sondern dreht sich um und geht wieder weg.

Seltsam sind auch ihre Wutanfälle, bei der man ihr die tiefste Verzweiflung anmerkt und wo sie wirklich lange braucht, bis sie sich beruhigt hat. Manchmal muss ich sie 20 Minuten im Arm halten, bis sie wieder in der Lage ist zu sprechen. Meistens habe ich vorher nicht die geringste Ahnung, warum sie so ausgetickt ist. Es sind so Dinge wie Logikfehler in einem Zeichentrickfilm oder wenn ihr Papa den Text von einem Lied absichtlich falsch singt.

Jedenfalls wurde uns vom Kindergarten gesagt, dass A. irgendeine Art von spezieller Förderung braucht. Zunächst sollen wir aber beim Gesundheitsamt einen Test auf Autismus machen lassen.

Bis zum Kindergarteneintritt schien sie mir ein normal entwickeltes Kind zu sein, was in manchen Dingen einfach sehr eigen war. Seitdem sie aber im Kindergarten ist, werden die Fragen, die sie stellt auch immer komischer. Heute hat sie mich zum Beispiel gefragt, warum ich so viel weiß und wann sie auch so viel weiß wie ich. Wenn ich nachmittags mit beiden Kindern allein bin, stellt sie mir den ganzen Nachmittag Fragen über Fragen, wenn sie überhaupt mit mir was spielen will, dann ist das Puzzlen. Sie puzzelt jetzt mit 100 Teilen, wobei sie mir oft die Teile schon aus der Hand reißt und sie selber legt, weil es bei ihr einfach schneller geht. Wenn nicht, dann will sie etwas vorgelesen bekommen. Alle Gesellschaftsspiele, die für Vierjährige empfohlen werden, macht sie bis jetzt nicht mit.

Achja, sie nimmt übrigens immer unsere Waschlappen und die Socken von ihrem Vater und verpackt damit Sachen, die sie widerum in Schubladen oder Schüsseln verstaut (die sie sich selbst aus der Küche holt). Sie baut sich so Hamster-Nester. Einmal habe ich beim Aufräumen die Sachen wieder herausgeholt und an ihrem Bestimmungsort zurückgebracht, woraufhin sie wieder mit einem Wutanfall reagiert hat. Danach haben wir sie erstmal machen lassen, aber als sie anfing, unsere Schlüssel zu verpacken, haben wir eine Grenze gesetzt. Unsere gesamte bewegliche Weihnachtsdeko wurde verpackt und verstaut. Und tauchte dann teilweise im Kopfkissen oder in den Schuhen wieder auf. Sie weiß aber ganz genau, wo jeder einzelne Gegenstand ist.

Aber ganz oft, wenn sie wirklich so richtig platt ist, will sie unbedingt nur noch Fernsehen gucken. Bei uns gibt es allerdings kein Fernsehen live, sondern nur Kinderserien und -Filme auf DVD. Wir haben mittlerweile das Gefühl, dass sie diese Auszeiten braucht, um ihr Gehirn zu rebooten. Sie schaut eigentlich über Monate immer wieder dieselben Folgen derselben Serie. Immer drei Folgen, danach macht sie den DVD-Player selbst aus, auch wenn sie zwischendurch mal zur Toilette muss, schaltet sie auf Pause. (Die ersten zwei Jahre durfte sie überhaupt nicht fernsehen.)

Dann hat sie noch 2 Filme "Arielle, die Meerjungfrau" und "Die Schöne und das Biest". Die hat sie schon 20 Mal gesehen und will immer wieder, dass ich mir den Film mit ihr zusammen ansehe. Sie stellt mir dabei die ganze Zeit Fragen und es hängt mir zum Hals raus. Sie hat aber passend zu den Filmen auch noch die Bücher, wenn sie den Film nicht sehen darf, holt sie die Bücher raus und fragt mich aus.

Wegen der Disney Filme will sie jetzt auch Englisch und Französisch lernen und fragt mich bei jedem Lied im Radio, welche Sprache das jetzt ist. Ich habe es mal ausprobiert und sie spricht die Französischen Eigennamen schon ganz verständlich nach (Lumiere, Madame Pottine, Tassilo, Gaston und Majestro Forte).

Als wir dem Weihnachtsmann einen Brief geschrieben haben, wollte sie, dass ich ihr auch schreiben beibringe, denn sie wollte einen Brief an ihren Freund Johannes schreiben. Ich habe ihr aber gesagt, dass sie damit noch bis zur Schule warten muss.

Ich mache eigentlich so gut wie nichts, um mein Kind zu fördern, auch weil ich ja noch ein kleines Baby zu betreuen habe. Aber ich habe das Gefühl, sie wird langsam schrullig, denn weil sie so wenig Vorgaben bekommt, denkt sie sich andauernd ihre eigenen Spiele aus. Ich weiß, dass vieles ganz normal ist, aber irgendwie habe ich das Gefühl, in ihr brodelt etwas, das raus will.

Ich will mich nicht aufschwingen und einfach dreist behaupten, dass mein Kind hochgegabt ist, aber sie ist auf jeden Fall so klug, dass es anstrengend ist. ;)

Ich hoffe, dass ich hier Anregungen finden kann, wie ich mit den Fähigkeiten und Begabungen meines Kindes umgehen kann, ohne sie in eine Richtung zu drängen oder zu überfordern.
"Entschuldigung, ich habe nur kurz fantasiert." meine große Tochter, 4 Jahre alt (inzwischen 9 geworden)
Freigeist
Dauergast
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Re: Mama, warum weißt du so viel?

Beitrag von Freigeist »

Erst mal herzlich willkommen, Steffi!

ja, fitte Kinder sind manchmal sehr anstrengend. ;)

Was ich aber nicht ganz verstehe, ist, wieso du deiner Tochter bewusst Förderung vorenthältst. Würdest du das auch tun, wenn sie besonders langsam wäre? Oder würdest du es dann als selbstverständlich sehen, ihr zu geben/organisieren, was sie braucht?
Klar, mit einem Baby und ihr bist du sicher ziemlich ausgelastet, aber wie du ja selbst festgestellt hast, wird sie nicht leichter, wenn du ihrer Forderung nach "Hirnfutter" nicht nachkommst. Im Gegenteil.

Ich kenne die Problematik fehlender Zeit und Nerven. Und bei uns ist es am entspanntesten, wenn die Bedürfnisse aller Familienmitglieder befriedigt sind, also auch meine. Deshalb bin ich immer auf der Suche nach Spielen oder Beschäftigungen, die uns allen Spaß machen oder die die Kids auch mal alleine machen können.

Vielleicht tut es dir auch gut, wenn du dir Auszeiten schaffst, um wieder Kraft für deinen anstrengenden Alltag zu haben?

Liebe Grüße,
Sarah
alibaba

Re: Mama, warum weißt du so viel?

Beitrag von alibaba »

Hallo,

ich würde die Richtung Autismus weiter verfolgen. Hört sich schon danach an. Im übrigen verbindet hb und Autismus auch, da gibt es die Hb mit autistischen Zügen. Ihr solltet das auf jeden Fall dringend überprüfen lassen. Da dazu auch immer die Überprüfung des IQ gehört, werder ihr bald schlauer sein. Im übrigen muss man sich, ob der fehlenden Zeit, nicht immer so viele Gedanken machen. Zwar gibt es da jede Menge Leute die sagen, viel Zeit ist gut fürs Kind, aber viel Zeit kann auch schnell in vertrödelte Zeit umzwitschen. Viel wichtiger ist also die intensive, uneingeschränkte Aufmerksamkeits-Zeit. Das kann eine halbe Stunde am Bettrand sein, wo der Partner sich ums Baby kümmert. Diese uneingeschränkte Zeit, die nicht vom kochen, putzen und Babygeschrei gestört wird, ist kostbarer als alle andere Anwesenheitszeit.

In diesem Sinne hoffe ich für Euch das ihr bald eine Diagnose habt. LG
Winnie
Dauergast
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Re: Mama, warum weißt du so viel?

Beitrag von Winnie »

Freigeist hat geschrieben:Erst mal herzlich willkommen!

ja, fitte Kinder sind manchmal sehr anstrengend. ;)

Was ich aber nicht ganz verstehe, ist, wieso du deiner Tochter bewusst Förderung vorenthältst. Würdest du das auch tun, wenn sie besonders langsam wäre? Oder würdest du es dann als selbstverständlich sehen, ihr zu geben/organisieren, was sie braucht?
Klar, mit einem Baby und ihr bist du sicher ziemlich ausgelastet, aber wie du ja selbst festgestellt hast, wird sie nicht leichter, wenn du ihrer Forderung nach "Hirnfutter" nicht nachkommst. Im Gegenteil.

Ich kenne die Problematik fehlender Zeit und Nerven. Und bei uns ist es am entspanntesten, wenn die Bedürfnisse aller Familienmitglieder befriedigt sind, also auch meine. Deshalb bin ich immer auf der Suche nach Spielen oder Beschäftigungen, die uns allen Spaß machen oder die die Kids auch mal alleine machen können.

Vielleicht tut es dir auch gut, wenn du dir Auszeiten schaffst, um wieder Kraft für deinen anstrengenden Alltag zu haben?

Liebe Grüße,
Sarah
Ach, das ist wieder so eine Sache, die ich eigentlich nur gut gemeint habe. Ich wollte sie eben nicht überfordern, sondern einfach Kind sein lassen, deshalb habe ich mich vorher auch überhaupt nicht damit beschäftigt, was sie in ihrem Alter können sollte. Ich dachte, dass sie im Jahr 2009 schon genug damit zu tun hatte, dass sie eben Geschwisterkind, Kindergarteneintritt und auch noch den Umzug bewältigen musste.

Es war für uns alle schon ein großer Schritt, nachts die Windel wegzulassen, obwohl sie eigentlich schon seit 1 1/2 Jahren tagsüber komplett trocken ist und seit über zwei Jahren schon ihr großes Geschäft nur ins Töpfchen oder ins Klo gemacht hat. Sie hat dann zwischen 2 und 2 1/2 Jahren nur noch diese Höschenwindeln getragen, bis die Erzieherin in der Krippe sagt, wir sollen die Windel einfach ganz weglassen.
Als A. drei wurde, haben wir schon einmal gefragt, ob wir die Windel nun auch nachts weglassen wollen, aber da hat sie geweint. Da war ich aber auch gerade schwanger. Da fallen auch große Kinder manchmal zurück ins Babyalter. Jetzt ist sie die große Schwester und möchte auch kein Baby mehr sein.

Dazu kommt noch, dass unser Baby auch nicht 'normal' ist. Sie hat eine Regulationsstörung und hat sich zum Schreikind entwickelt. Wir haben alle möglichen Instanzen durch und sind nun bei der Schreiambulanz gelandet. Es wurde dann festgestellt, dass sie sich nicht allein beruhigen kann, da sie sich nicht über das Saugen beruhigen kann (weder Schnuller noch Daumen noch Stillen) und auch nicht beim Tragen, im Kinderwagen oder im Auto einschläft. Es gibt nur zwei Dinge, die sie beruhigen: Absolute Reizabschirmung und Körperkontakt. Seitdem wir das berücksichtigen, hat die Schreierei ein Ende. Sie schläft jetzt zweimal am Tag für ca. 1 Stunde und dann nachts nochmal 10 Stunden. Es ist schon heftig, wenn dir so kurz hintereinander von zwei Stellen gesagt wird, dass deine Kinder beide nicht normal sind.

Wir haben uns auch sozial ziemlich zurückgezogen, weil wir es wirklich leid waren, uns immer rechtfertigen zu müssen, warum wir z. B. abends auch nicht telefonieren wollten und warum wir uns niemals einen Babysitter nehmen wollten.

Am Anfang, als die kleine L. noch fast den ganzen Tag geschlafen hat, da habe ich viel mit A. gemacht. Ich bin dann auch mal mit ihr alleine ins Schwimmbad gefahren oder habe mit ihr mit Fingerfarben eine Wand bei uns im Haus angemalt, die irgendwann mal neu verputzt werden muss. Wir haben zusammen gebacken und im Garten die Blumenzwiebeln gesteckt usw.

Aber es ist schon komisch, wenn sie mit mir zusammen ist, fragt sie mich den ganzen Tag aus. Bei meinem Mann macht sie das nicht, mit dem tobt sie herum und macht alles mögliche, was mit Bewegung zu tun hat (auf den Spielplatz gehen, Kissenschlacht, Schneeemann bauen usw.). Gestern hat sie auch gesagt, dass sie es viel besser findet, wenn ich ihr was vorlese, denn "der Papa kann das irgendwie nicht so gut wie du."

Neulich, nach einem anstrengenden Tag, fragte ich meinen Mann abends: "Siehst du irgendwo ein Info-Schild auf meiner Stirn?" Ich meine, das ist doch ganz klar, dass der Kindergarten sie langweilt, wenn sie da ihre Fragen nicht loswerden kann. Irgendwo muss sie ja damit hin und dann bin ich ihr Ansprechpartner Nr. 1, danach kommt meine Mutter. Die hat ja auch mal auf Lehramt studiert (Gymasial-Lehramt) und ist jetzt aber in der Unternehmensberatung tätig. Aber die sehen wir nicht so oft, weil sie auch oft am Wochenende arbeitet.

Ich hatte eigentlich vor, mich im neuen Jahr erstmal nach der Musikschule und dem Kinderturnen zu erkundigen, damit sie was zu tun kriegt. Aber nun will ich erstmal den Test abwarten, ob das überhaupt sinnvoll für sie wäre.
"Entschuldigung, ich habe nur kurz fantasiert." meine große Tochter, 4 Jahre alt (inzwischen 9 geworden)
Freigeist
Dauergast
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Registriert: Mo 21. Dez 2009, 23:20

Re: Mama, warum weißt du so viel?

Beitrag von Freigeist »

Oh Mann, ich kann so gut nachfühlen, wie anstrengend das im Moment für euch sein muss. Ich hatte auch so ne Phase, frisch getrennt, 3 Kleinkinder (damals 1 und 2), Studium. Der Große hat mir Löcher in den Bauch gefragt, der Kleine hat viiiiel Harmonie und Körperkontakt gebraucht (nicht verwunderlich nach ner Trennung), durchgeschlafen hat keiner von beiden,... es war also wirklich ein Überleben, allerdings gepaart mit dem schlimmen Gefühl, es trotz aller Anstrengung nicht gut genug machen zu können.
Hmm, was hat mir geholfen? Die Zeit hauptsächlich, vieles wird besser, wenn die Kids älter werden. Und Orte, wo ich hingehen konnte, wenn wir nen ganz schlechten Tag hatten. Bei uns war das zum Beispiel Schwimmbad (war nur beim Duschen/Anziehen stressig), Indoor-Spielplätze (wird Lena vermutlich boykottieren, oder?), Spielplätze, ausgedehnte Spaziergänge, Zoobesuch. Hat aber alles nur wirklich funktioniert, wenn ich mir viel Zeit dafür genommen habe und wenn ich alleine mit den Jungs unterwegs war, weil die mich so gefordert haben, dass kein Raum für Erwachsenengespräche blieb. Ich hab mich dann ganz den Jungs gewidmet und hatte selbst auch Spaß, weil ich nicht 1000 Dinge auf einmal erledigen musste.
Und noch was: Wir haben ganz klare, enge und verlässliche Strukturen gebraucht, damit mein Großer zurecht kam (aus der Regulationsstörung wurde eine Wahrnehmungsstörung), brauchen wir heute übrigens auch noch... ;)

Ich hab keine Ahnung, ob dir das hilft und ob es überhaupt dein Problem trifft. Aber schaden kann´s ja nicht. :D

PS: Ach ja, Wasser hilft unheimlich: Hast du nen Tummy Tub? Wenn die Kleine unruhig wird, ab ins schön warme Wasser, wenn du sie danach noch kalt abduschst (ich weiß, gemein :shock: - und bitte mit lauwarmem anfangen und nur langsam, also über Tage, absenken), schläft sie bestimmt besser.

Liebe Grüße und gute Nerven,
Sarah
Winnie
Dauergast
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Re: Mama, warum weißt du so viel?

Beitrag von Winnie »

Ich habe jetzt hier lange nichts mehr geschrieben. Ich hatte aber auch andere Sorgen, die ausführlich zu beschreiben hier den Rahmen sprengen würde. Jedenfalls ist mein Mann im Mai 2013 im Sinkflug in die Akutstation der Psychiatrie eingeflogen, schwere Depressionen, Suizidgedanken usw. Er war dann ganze 6 Monate dort, zuerst in der geschlossenen, dann stationär und schließlich in der Tagesklinik. Das Ende vom Lied war, dass er sich dort in eine Mitpatientin verliebt hat und mit seinem Kurschatten eine Liebelei angefangen hat und sich aus der Therapie rausgezogen hat.
Im September habe ich dann beschlossen, dass ich mich von ihm trennen werde, mit allen Konsequenzen. Das bedeutete den Absturz in die Mittellosigkeit und damit Hartz IV, da er auch keinen Unterhalt gezahlt hat. Das Haus musste mit Verlust notverkauft werden, d.h. ich bin davon und noch von einigen anderen Dingen, die mein Mann so hinter meinem Rücken veranstaltet hat, heftig verschuldet. Es sind alle Rücklagen aufgebraucht und ich muss absolut bei null anfangen. Dem Jobcenter sei Dank lebe ich nun mit den beiden Kindern auf 70 qm (und drei Zimmern) in einer schönen Altbauwohnung. Ich kann so nach ein paar Monaten sagen: Es könnte schlimmer sein...

Da die Verhaltensauffälligkeiten bei beiden Kindern immer heftiger wurden, musste handeln. Weil mir auch vom Jugendamt geraten wurde, ich möge doch bitte die beiden Kinder in eine Pflegefamilie geben, weil ich doch so überfordert mit ihnen, der Trennung, den Finanzen und dem Umzug wäre. Es gab wohl eine anonyme Meldung beim Jugendamt. Ich bekam eine Überprüfung und konnte nun am Ende erreichen, dass ich sie bei mir behalten darf.

Der Vollständigkeit erwähne ich hier noch: Der Vater kümmert sich nicht um seine Kinder. Seine Freundin ist Mitte 20 und er holt gerade seine Jugend nach.

Inzwischen habe ich ihn per Gericht zur Unterhaltszahlung verdonnert, der Unterhalt fließt seit 2 Monaten auch. Ich habe für beide Kinder eine Kinderpsychologin gefunden, aber wegen der Großen haben ich nun diverse Beratungsmöglichkeiten ausgeschöpft und die Psychologin hatte mich gebeten, noch einmal eine Entwicklungsdiagnostik durchführen zu lassen, damit sie ihre Therapie vernünftig darauf aufbauen kann.

Nunmehr haben wir letzte Woche das Testergebnis erhalten und ich bin immer noch geschockt. Die Große hat mir ja nichts erzählt, aber sie hat auch im Test wenig Lust gehabt, mitzuwirken und musste ordentlich überredet werden. Sie wirkte wohl insgesamt ziemlich "genervt" vom Ganzen.

Im Ergebnis ist sie trotzdem deutlich hochbegabt und die Psychologin sagte dann auch, sie geht von einem viel höheren Wert aus. Ich hatte mich gewundert, weil wir sie ja schon mit 5 Jahren eingeschult haben. Aber die Psychologin meinte, nach ihrer professionellen Meinung ist sie trotzdem noch unterfordert, besonders in Mathe, da hatte sie wohl besonders hohe Werte. Dagegen fiel die Verarbeitungsgeschwindigkeit sehr ab. Sie hat extrem langsam gearbeitet. Sie ist auch der Meinung, dass sich da noch depressive Anteile gezeigt haben.

Jetzt ist nur die Frage: Sind die Depressionen Veranlagung, resultieren sie aus der Trennung oder aus der andauernden Unterforderung seit mehreren Jahren?

Und zur Hochbegabung kommt noch dazu: Asperger Syndrom! :shock: Wir sollen jetzt zur weiterführenden Diagnostik in die Uniklinik Münster gehen.

Sie ist also eine depressive, hochbegabte Asperger Minderleisterin. Und sie wird trotzdem noch in die 4. Klasse versetzt, denn dafür haben die Noten noch gereicht. Meine Große ist jetzt 8 Jahre alt.

Ich werde dann jetzt wohl einigermaßen viel im Asperger-Forum zu schreiben haben.
"Entschuldigung, ich habe nur kurz fantasiert." meine große Tochter, 4 Jahre alt (inzwischen 9 geworden)
Rabaukenmama
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Re: Mama, warum weißt du so viel?

Beitrag von Rabaukenmama »

Hallo, welcome back! Ich war damals noch nicht hier, meine Kinder sind Jahrgang 2010 und 2012.

Was die Diagnose deiner Tochter betrifft so würde ich an deiner Stelle zumindest ÈINE zweite Meinung einholen (besser noch zwei). Und das möglichst ohne diese Diagnose zu erwähnen.

Mein 4jähriger Sohn war erst vor kurzem bei der Entwicklungsdiagnostik (wegen Verhaltensauffälligkeiten und weil er noch Windeln braucht) und hatte in allen getesteten Bereichen überdurchschnittlich oder außergewöhnlich überdurchschnittliche Ergebnisse. Geraten wurde zu einer langfristigen Psychotherapie.

Da ich aber von der Psychologin und deren Methoden absolut nicht überzeugt war werde ich auf jeden Fall eine zweite Meinung einholen. Dasselbe rate ich Dir auch und zwar nicht weil ich generell an Psychologen und ihren Fähigkeiten zweifle, sondern weil das auch nur Menschen sind, die sich irren können.

Was die Depressionen betrifft so gibt es sehr wohl sog. "familiäre Häufungen", aber keine klaren Ergebnisse mit einer Wahrscheinlichkeit der Vererbung. Tja, diese familiären Häufungen gibt´s bei so ziemlich allen Krankheiten und Auffälligkeiten, die in den psychischen Bereich hineingehen. Dazu kommt noch die Komponente, dass Verhaltensmuster von nahestehenden Personen von Kindern (egal wie hoch deren IQ ist) häufig übernommen werden. Man also gar nicht wirklich sagen kann, "woher" das jetzt kommt.

Ich selbst war als Kind und Jugendliche schwer depressiv, habe zwei Selbstmordversuche hinter mir und ein Waffenbesitzverbot (obwohl ich auch vorher nie eine besessen habe) weil ich angeblich eine Selbst- und Allgemeingefährdung darstelle. Das mit der SELBSTgefährdung lasse ich mir noch einreden, aber ein Allgemeingefährdung war ich sicher mein ganzes Leben nie.

Mein Urgroßvater war auch depressiv und hat mit Mitte 40 Selbstmord begangen. Aber ich habe einen Weg heraus gefunden und bin heute ein durchaus positiver, optimistischer Mensch, der meistens mit sich selbst und seiner Umwelt "im reinen" ist. Fehler habe und mache ich natürlich trotzdem noch (wird sich auch nicht ändern), aber meine Lebensqualität heute ist mit der vor 20 Jahren (als ich aus dem Fenster gesprungen bin) absolut nicht zu vergleichen. Meine Eltern sind immer zu mir gestanden, auch in der Zeit, wo ich selbst nicht bereit war, ihre Hilfe anzunehmen. Das war sehr wichtig für mich und ich habe heute ein sehr gutes Verhältnis zu ihnen. Von da her hoffe ich auch, dass meine beiden Söhne ihren Weg finden werden (der Grosse ist mir sehr ähnlich im Verhalten) und ich für sie da sein kann, wenn sie mich brauchen.

Dasselbe will ich auch Dir mitgeben: es geht immer weiter und Deine Tochter wird ihren Weg finden! Alles Liebe!
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Edainwen
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Wohnort: BaWü

Re: Mama, warum weißt du so viel?

Beitrag von Edainwen »

Ojeh, Winnie, da habt ihr ja einiges hinter euch! Ich drücke die Daumen, dass es von nun an bergauf geht!

Interessant, dass der Gedanke an Asperger bei Deiner Tochter bisher nie aufkam.

Zu diesen schwerwiegenden Depressionen kann ich leider nichts sagen. Alle, die ich kannte, die welche hatten, hatten keine Kinder und ihre Eltern kannte ich nicht ... So leichte Depressionen sind bei uns wohl schon in der Familie, aber vermutlich einfach aus Hochsensibilität resultierend ...
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