Meiner Erfahrung nach ist das, was du geschrieben hast, der ganz normale Wahnsinn, wenn man Kinder hat, die etwas mehr im Schädel mit sich herumtragen. Und nein, es ist nicht zuviel, denn gerade Kinder in dem Alter zeigen das noch ziemlich unmittelbar, wenn sie den Kanal voll haben. Aber was ich auch noch bemerken muss: Die Art, sich in die Erziehung anderer Leute ungefragt einzumischen, bzw. selbst andere Meinungen nicht gelten zu lassen, das hast du auch genau so bei anderen Eltern mit HB-Kindern sowie bei Leuten, die es sich beruflich damit beschäftigen und es eigentlich besser wissen müssten. Es ist und bleibt doch eine goldene Regel, dass jedes Kind ob mit oder ohne HB anders ist, selbst bei Geschwisterkindern, die aus einer Familie kommen und gleich intelligent sind.
Selbst die Leute von der DGhK erzählen noch manchmal Sachen, die als allgemeingültig "verkauft" werden, wo sich dann plötzlich drei Eltern zu Wort melden und sagen:"Nein, bei uns war das aber ganz anders." Und man hat eben auch bei Kindern, die per Definition nicht hochbegabt sind, trotzdem die gleichen Anzeichen von Unterforderung zeigen. Und deren Eltern haben ähnliche Schwierigkeiten in der Erziehung. Manchmal sind es ja auch die Temperamente, die ein Kind so anstrengend machen können.
Ich sehe den Unterschied bei meinen Kindern: Die große war eher still und hat so in ihrem Kopf gelebt. Da hatte ich große Schwierigkeiten, mit meiner Vermutung, dass meine Tochter schon in der Entwicklung irgendwo ganz woanders ist, überhaupt Gehör zu finden. Diese ganzen Tests haben die Situation noch verschlimmert, weil sie überhaupt nicht das Bedürfnis hatte, andere an ihren Fähigkeiten teilhaben zu lassen. Die Kleine ist jetzt auch gerade 2 und sie ist seit letztem Jahr in der Krippe. Sie ist da ganz anders. Sie hat sehr viel Selbstvertrauen und ist einfach sehr offen und generell an allem interessiert. Und da ist es einfach so, dass ich von ganz vielen Seiten darauf angesprochen werde, dass sie schon sehr weit ist. Und es ist aber auch nicht so, dass sie "nur" gut spricht oder nur mit ihren Händen sehr geschickt ist. Es ist auch ihr Selbstständigkeit insgesamt, ihre Freundlichkeit, ihr ganzes Sozialverhalten. Sie weiß genau, was sie will, aber sie ist sehr frustriert und geradezu erschüttert, wenn man sie nicht sofort versteht oder sie ignoriert. Selbst wenn sie sich im Trotz auf den Boden schmeißt und heult, finden sie die Leute noch entzückend. Der Haken ist nur: Mich nimmt keiner ernst, wenn ich denen sage, dass die Ferien mit beiden Kindern zuhause total anstrengend war und ich froh bin, wenn die beiden vormittags wenigstens beschäftigt sind.
Ich hatte einmal so einen Moment mit einer sehr guten Freundin von mir, die auch zwei Mädchen hat. Ihre sind jeweils ein Jahr älter als meine. Sie meinte auch, sie müsste mir erzählen, dass ich mich gegen meine Kinder konsequenter durchsetzen müsste. Eines Tages war sie mal ein ganzes Wochenende mit Übernachten bei mir zu Besuch und danach hat sie auch gesagt:"Wenn ich deine Kinder hätte, ich würd mich erschießen!" (Hart ausgedrückt, aber sie hat einen derben Humor.) Ich habe sie dann gefragt, was sie an meiner Stelle anders gemacht hätte und sie gab zu, dass sie viele von diesen Situationen mit ihren Kindern noch nie erlebt hat. Ich habe auch nicht zu ihre gesagt:"Du verstehst das eben nicht, deine Kinder sind eben nicht hochbegabt." Nein, ich habe gesagt:"Deiner Kinder sind einfach anders." Wenn die Mutter sagt:"RUHIG JETZT!", dann sind die Kinder ruhig. Wenn ich das mache, sagt meine Große Tochter regelmäßig:"Ich muss aber ganz dringend was ganz wichtiges sagen." Die Kleine sagt:"NEIN! Ich bin NICHT RUHIG!" Viele Leute sagen dann einfach, wenn meine Kinder das machen würden, ich würde mir das ja nicht gefallen lassen. Aber wann immer sie komische Ratschläge geben, weiß ich, dass deren Kindern nie so an die Grenzen gegangen sind. Das ist alles graue Theorie, was die erzählen.
Man muss wissen, was man haben will: Kinder, die selber denken, oder Kinder, die gut gehorchen können. Außerdem bin ich mittlerweile auch so ein bisschen beratungsresistent geworden, denn ich lasse mich auch nicht mehr von jedem beraten. Wenn ich das Gefühl habe, da ist Substanz dahinter, dann stelle ich meine Fragen und höre mir alles an, für den Rest gebrauche ich dann ketzerische Floskeln wie:"Woher willst du eigentlich jetzt schon wissen, ob deine Erziehung so glorreich war? Du weißt ja noch gar nicht, was am Ende dabei rauskommt."
"Entschuldigung, ich habe nur kurz fantasiert." meine große Tochter, 4 Jahre alt (inzwischen 9 geworden)