EmmiR hat geschrieben:Hallo sinus,
Danke für deine ausführliche Antwort.
Mein Sohn hat den Wechsler Test gemacht, wenn ich mich nicht irre. Wir waren, auf Empfehlung der Schule, bei der Sozialpädiatrie. Das war, wie schon geschrieben, die reinste Katastrophe. Im Prinzip lief es so ab:
Angerufen, Termin für Test bekommen. Der Test sollte auf zwei Tage aufgeteilt werden und am Tag vorher Vorgespräch, den Tag nach dem Test Besprechung des Ergebnis.
Wir gingen hin. Die Dame sprach blöderweise sehr schlecht deutsch und teilte uns dann einfach mit, dass sie alles an dem Tag machen will weil sie grad Zeit hat. Ich hab das abgenickt, wusste es ja nicht besser.
Ich durfte nicht im Raum bleiben. Nach einer dreiviertelstunde hat sie mich zu sich gerufen. Der junge versteht nichts, sie bricht den Test jetzt ab, für die Auswertung habe sie genug Infos.
Ich war sprachlos. Mein Sohn stand in der Ecke und weinte, weil er dachte er hätte versagt.
Das Ergebnis sollte dann per Mail kommen, sie hätte keine Zeit mehr für eine detaillierte Besprechung.
Ich war richtig sauer. Und dann kam das Ergebnis. Gesamt IQ 94. Im visuell räumlichen Bereich hat er ein überdurchschnittliches Ergebnis und im Arbeitsgedächtnis angeblich 74.
Der test wurde ja aber nicht mal zur Hälfte gemacht. Wir haben ihn verworfen und für uns entschieden, dass er nichts aussagt.
Mein mann hatte später nochmal bei der Dame angerufen und wollte sich beschweren. Die Dame steht zu dem Ergebnis und findet auch den Ablauf und die Auswertung absolut in Ordnung. Sie hat ihn auch ungefragt an unsere Schule geschickt, was natürlich auch dazu beigetragen hat, das die Lehrerin ihn abgestempelt hat.
Ich habe mich noch nicht wirklich mit dem Thema Underachiever auseinander gesetzt. Der Verdacht wurde nur von einer Psychologin geäußert.
Ich denke auch eher das er unterfordert und gelangweilt ist. Hier zuhause sehe ich einen ganz anderen Jungen. Er rechnet wie ein Taschenrechner, braucht sich die Aufgaben nicht aufschreiben oder sie geschrieben sehen um sie lösen zu können. Kann aber meistens nicht erklären wie er sie gelöst hat. Im logischen denken ist er auch suoer. Außerdem interessiert er sich sehr für alles was in der Welt passiert. Er kennt sich politisch sehr gut aus und ist generell immer sehr interessiert und saugt Fakten und Wissen auf wie ein schwamm und vergisst sie auch nie wieder.
Es ist schade, dass er es in der Schule so schwer hat. Wir streben eigentlich auch einen Schulwechsel an. Hier gibt es sogenannte Schmetterlingsschulen, die besondere Klassen oder Angebote für begabte Kinder haben.
Da wir jetzt durch eine Beratungsstelle für besonders begabte kinder begleitet werden und er dort auch nochmal getestet wird, hoffe ich das es bald besser wird.
Das ist natürlich verdammt blöd gelaufen...
Wenn ihr jetzt bei einer speziellen Beratungsstelle seid, die auf hohe Begabung spezialisiert ist, sollte sowas nicht wieder passieren.
Klassischerweise läuft das so ab:
1) Erste telefonische oder schriftliche Kontaktaufnahmen der Eltern, Einschätzung, warum man einen Test möchte/braucht
2) Terminvergabe seitens der Beratungsstelle und "Anamnesebogen" zum Ausfüllen an die Eltern (Auffälligkeiten, Entwicklung des Kindes vom Babyalter an...)
3) Erstgespräch Psychologin/Testerin mit Kind UND Eltern (ca. 1h)
4) Test (ohne Eltern), 2-4h (bei meiner Großen wurden sogar 2 verschiedene Tests gemacht, der CFT und der WISC V)
5) Auswertungsgespräch (ohne Kind) (ca. 1h) Mir wurden dabei u.a. auch die einzelnen Tests auszugsweise gezeigt und erläutert! Außerdem wurden wir natürlich beraten, wie wir die Probleme, die ja Grund der Testung waren, angehen könnten und konnten alle möglichen Fragen stellen.
Außerdem mussten bzw konnten wir eine Art Aufhebung der "Schweigepflicht" für bestimmte Personen abgeben, damit bspw Lehrer die Gelegenheit haben, sich mit den Psychologen über das Testergebnis bzw das Kind und geeignete Fördermaßnahmen zu unterhalten.
Bei uns hat davon leider kein einziger Lehrer Gebrauch gemacht, und das obwohl im Rahmen der Testung außer dem IQ Test auch ein Fragebogen vom Kind ausgefüllt werden musste, wo es um das Wohlfühlen in der Klassengemeinschaft ging, ob es Vertrauen zur Klassenlehrerin hat, wie es schulische Inhalte einschätzt und das eigene Lernverhalten und ob es gern in die Schule geht/gern lernt etc pp.
Der Fragebogen zeigte deutlich, dass meine Tochter sich in der Klasse und mit der Lehrerin altersdurchschnittlich wohlfühlte, die Erwartung an die Schule/schulische Inhalte und die Lernmotivation dagegen weit, weit unterdurchschnittlich sind.
Sprich, dass sie quasi keinerlei Erwartungen mehr an die Schule hatte, dort was interessantes zu lernen!
--- Bei "Schuleinstellung" hatte sie einen Prozentrang von 13, bei Anstrengungsbereitschaft PR 3, bei Lernfreude PR 7! Deutlich im Gegensatz dazu stand die große Motivation und der Ehrgeiz während des Tests und dass sie alles am Liebsten ganz ohne Pause durcharbeiten wollte und mehr als 3 Stunden lang die diversen Tests inklusive der Fragebögen hintereinanderweg abgearbeitet hat)
Im Gutachten wurde daher auch ganz gezielt der Schule/den Lehrern auch dringenst empfohlen, dem Kind geeignetes Material zu geben, inklusive Tipps für die Umsetzung im Schulalltag und welche Grundschul-Lehrbücher geeignete Inhalte bieten. Und dass man gern kostenfrei telefonisch berät.
(Über das Elternhaus meinte man dagegen im Gutachten, dass eine ausreichende, breit gefächerte Förderung offensichtlich schon erfolge und man ggf nur noch etwas aus dem Bereich Mathematik/Technik/Informatik anbieten könnte.)
Insgesamt gab jedenfalls bei uns also 3 Termine mit/in der Beratungsstelle.
Zum Abschluss haben wir das Testergebnis mit den Einzelwerten schriftlich bekommen sowie ca. 10 (!) Seiten Gutachten. (Inhalt Erstgespräch, Problemstellungen, Schilderung des Kindes seitens der Eltern zusammegefasst, Erläuterung des Tests, Ergebnisse des Tests, Verhalten des Kindes beim Test, Äußerungen des Kinds zu Fragestellungen zum Wohlfühlen in der Schule und zu Hause, Empfehlungen, Buchtipps)
Bei uns kam dann je nach 6 und nach 12 Monaten nochmal ein Fragebogen, den wir ausfüllen sollten.
(->Wie waren wir mit der Beratung zufrieden, hat sich was an den Problemen verändert, wurden Entscheidungen wie Früheinschulung/Klassensprung/Freizeitangebote getroffen seitdem etc.)
Und das alles übrigens auch noch rein auf Spendenbasis - an einer Stelle der Uni.
Ähnlich lief es bei anderen "offiziellen" Beratungsstellen, von denen ich von anderen Eltern hörte.
Z.B. der "Beratungsstelle zur Begabtenförderung (BzB)", einer in Sachsen dem Landesamt für Schule und Bildung zugeordnete Behörde.
Ich kenne aber auch Schilderungen, wo es privat bei Psychologen ganz anders ablief. Tw wurden die einzelnen Tests auf mehrere Termine verteilt, was soweit ich weiß nicht unbedingt zulässig ist, da es dann eben nicht mehr einheitliche Testbedingungen sind.
In der DGhK wurde uns gesagt, es gäbe so ein paar "Spezialisten", Psychologen, bei denen Tests Einges kosten und wo sehr großzügig eine Hochbegabung diagnostiziert wird und Stellen, bei denen die wenigsten Kinder, die dort hinkommen, mit einem Ergebnis über 130 rauskommen. (Wir waren bei so einer Stelle, wo man uns später in der DGhK sagte, dass da getestete Kinder eher selten HB Ergebnisse bekommen. Was vermutlich dafür spricht, dass die Ergebnisse sehr realistisch sind)
Wir waren jedenfalls sehr zufrieden, weil es uns einen sehr professionellen Eindruck machte und wir super beraten wurden. (Auch bei meiner jüngeren Tochter, bei der ein Gesamtwert unter 130 rauskam)
Ich habe sogar noch mehrere ausführliche Telefonate hinterher mit der Psychologin geführt, weil ich noch Fragen hatte oder neue Probleme schildern wollte (bspw dass die Lehrer eben leider trotz des Testergebnisses nicht wirklich bereit waren, mein Kind wie empfohlen zu fördern bzw meinten, man könne nichts machen, weil sie Zusatzaufgaben ablehnt).
Ich drücke euch die Daumen, dass ihr diesmal ähnliches Glück habt!