Probleme durch ev. HB?

besondere Fähigkeiten: ist das schon ein Zeichen für Hochbegabung?
Antworten
Junicie

Probleme durch ev. HB?

Beitrag von Junicie »

Ich bin neu hier und möchte gerne von meiner Tochter berichten.

Sie ist 22 Monate alt und uns war schon länger aufgefallen, das sie "sehr weit für ihr Alter" ist. Wir wurden auch von der Kinderärztin und anderen häufig darauf angesprochen. Ich habe mir immer gedacht, dass sie halt schlau ist, aber mir nicht mehr Gedanken darüber gemacht.

Jetzt stellt sich allerdings immer mehr heraus, dass ihre Fähigkeiten schon (für mich als Laie zumindest) wirklich erstaunlich sind und vor allem auch, dass sie im sozialen Bereich immer mehr Probleme bekommt.

Wir haben eine große Familie und ich treffe mich auch einmal die Woche mit ein paar anderen Muttis (sie ist also eigentlich Gesellschaft, andere Erwachsene und Kinder, gewöhnt). Diese Situationen sind zur regelrechten Quälerei geworden. Sie reagiert mittlerweile extrem ängstlich darauf, wenn sie jemand anspricht, anfaßt, ihr zu nahe kommt ect. Sie haßt Trubel und große Lautstärke. Sie ist ängstlich und geht keine Risiken ein (klettern und solche Sachen, sie mag nicht mal mehr aus einem Glas trinken, wenn sie sich einmal naßgekleckert hat). In Gegenwart von gleichaltrigen Kindern gerät sie regelrecht in Panik. Sie zittert am ganzen Körper und sagt nur noch "Mama, wieder nach Hause fahren". Manchmal fängt sie schon zuhause an zu weinen, wenn ich ihr erzähle, dass wir gleich jemanden besuchen wollen. Sitzen Gäste im Garten, will sie nicht raus. Wird sie angesprochen, konzentriert sie sich auf ihr Spiel und schaut nicht mal hoch. Sie hat vor allem möglichen Angst, vor allem vor Dingen, die ihr "lebendig" vorkommen, wie Fernseher, Computer, Rasenmäher ect. und drückt dies auch aus.

Auf der "positiven" Seite sieht es so aus, das sie schon komplett und sehr "erwachsen" spricht, sie benutzt Fremdworte, bildet lange Sätze aus bis zu zehn Wörtern, kann zehn Farben und mittlerweile auch hell bzw. dunkel unterscheiden. Sie zählt bis zehn. Sie interessiert sich nur für Spielzeug, was sie fordert und wodurch sie etwas lernen kann (Puzzle und Bücher). Die macht nur Puzzles für 3-5jährige. Sie macht Spiele absichtlich schwerer als sie sind (dreht Puzzleteile nicht um, so dass sie die bedruckte Seite nicht erkennen kann, und erkennt sie dann an der Form). Sie hat ein erstaunliches Gedächtnis, ich lese ihr ein neues Buch zweimal vor, dann kann sie ganze Sätze nachsprechen. Sie erkennt anhand der Straßenumgebung, an welcher Stelle wir sind ("da ist Tankstelle, sind gleich bei Oma"). Sie spricht von sich selber als "Ich", sagt "mein" und "Dein". Sie entschuldigt sich, wenn sie etwas falsch macht. Sie kann schon länger Dinge wie "oben", "unter", "neben" "in der Mitte" und "hinter dir" verstehen und umsetzen. Sie kennt die Wochentage und weiß, was wir wann vorhaben. Und so weiter, ich könnte noch viele Beispiele aufzählen.

Jetzt weiß ich natürlich, dass man HB bei einem so kleinen Kind schwer erkennen kann. Allerdings mache ich mir immer mehr Sorgen wegen ihrer Ängste und wüßte schon gerne, woher das alles kommt. So bin ich durch Zufall auf diversen HB-Seiten gelandet und es paßt irgendwie alles zusammen. Könnte es sein, dass die oben geschilderten Probleme die Kehrseiten der Medaille einer besonderen Begabung sind, dass sie einfach nicht alles verarbeiten kann, was so auf sie einströmt? Und was kann ich zu diesem frühen Zeitpunkt schon unternehmen, um ihr zu helfen, bzw. um einfach zu wissen, woran ich bin.

Vielleicht hat ja jemand ähnliche Erfahrungen mit seinem Kind gemacht. Bin für jeden Tip dankbar.
sinus
Dauergast
Beiträge: 1318
Registriert: Fr 26. Nov 2010, 10:52

Re: Probleme durch ev. HB?

Beitrag von sinus »

hm, manches kommt mir ein wenig bekannt vor, allerdings ist das alles bei weitem nicht so ausgeprägt.
meine tochter mag es z.b. auch nicht,wenn jemand direkt auf sie zugeht, sie lässt sich ungern anfassen, ignoriert andere, wenn es ihr zu viel ist oder geht weg. auch wenn sie die leute eigentlich gut kennt. und sie ist auch eher vorsichtig, sie hat mit etwas über eineinhalb auf dem spielplatz stets "mama mal aufpassen!" gefordert, ehe sie irgendwo hoch ist.
wenn man sie vor irgendetwas warnt (straße, gartenteich etc.) ist sie dann schon fast übertrieben vorsichtig.
neulich weigerte sie sich mit uns auf eine fähre zu kommen. weil man ja im wasser ertrinken kann, wie sie selbst argumentierte. (wir konnten sie dann aber doch überreden und sie hatte spaß dran)
oder wenn man ihr sagt, dass man von zuviel süßkram bauchweh bekommt, hört sie von sich aus sofort auf zu naschen, obwohl sie noch nie bauchweh vom naschen hatte. (ich kenne kein anderes kind, dass sich von solchen mahnungen der eltern so prompt davon abringen lässt, schokolade oder eis zu essen... :roll: )
hier ist das aber alles in maßen und keiner sieht das als problem an.
ich führe ihr mitunter etwas altersuntypisches verhalten (sie wirkt im verhalten oft sehr erwachsen und bewusst) schon darauf zurück, dass sie viele sachen schon vorausschauend einschätzt, folgen absieht und eine rege phantasie hat, was alles passieren könnte... (neuerdings erinnert sie mich bei regen dran, die wäsche abzunehmen und überprüft, ob ich überall die stecker gezogen habe, wenns gewittert...)
sie war eigentlich auch schon als baby sehr vorsichtig, hat nie was kaputt gemacht und sich kaum mal nen blauen fleck geholt.
bei anderen kindern hat sie deutliche vorlieben für gewisse freunde, fremden kindern gegenüber ist sie sehr zurückhaltend, aber wenn sie sie in ruhe lassen, geht sie irgendwann von sich aus auf sie zu.
wenn in der kita ihre erzieherin nicht da ist oder zwei gruppen zusammengelegt sind, weigert sie sich oft den raum zu betreten und verhält sich beim abgeben, also wäre sie noch neu in der kita - obwohl sie die vertretung und die anderen kinder fast genauso gut kennt und sie täglich sieht, weil es die nachbargruppe ist. und sie geht seit fast einem jahr in die krippe!
ach ja, vor staubsauer und rasenmäher hat sie auch panik. neulich saß sie in sicherer entfernung bei oma und beobachtete mich beim rasenmähen. sie weinte um mich und wurde panisch, als sei ich in lebensgefahr!
ebenso ängstlich ist sie was luftballons betrifft. mit denen will sie auch nichst zu tun haben und selbst wenn ICH einen in der hand habe, hat sie angst.
oder wenn ich irgendwo hochklettere, dann hat sie angst, dass ich runterfalle und mir weh tu. (sie selbst klettert aber sehr gut und auch gern, wenn ich dabei stehe und aufpasse)

bei euch scheint das, was ich hier nur ansatzweise zu beobachten glaube, wesentlich ausgeprägter zu sein und ich würde mir, wäre ich an deiner stelle, auch sorgen machen.
geht sie denn in eine kita?
ich denke, das könnte ihr gut tun... (so es eine gute kita ist, es eine gute eingewöhnung gibt und sie eine kompetente erzieherin erwischt)
ansonsten würde ich mal versuchen mit einer kinderpsychologin zu reden, wie man behutsam mit den ganz speziellen reaktionen vorgehen kann, dass sie da ein wenig raus kommt und das nicht alles noch schlimmer wird.
das klingt ja alles etwas nach ängsten, und dagegen kann man ja verhaltenstherapeutisch einiges machen.
ich an deiner stelle würde auch stets versuchen, ihre gefühle ernst zu nehmen, also ausdrücken, was in ihr vorgeht, sagen, dass ich verstehe, dass sie dies und jenes nicht mag oder ängstigt, dass ihr das jetzt aber trotzdem so macht. ("dir gefällt es nicht, dass hier so viele leute sind und es so laut ist, stimmts? das kann ich gut verstehen, das geht mir auch manchmal so... aber ich möchte doch so gern mal wieder xy treffen und mich mit ihr unterhalten.")
also behutsame konfrontation sozusagen.
mit etwa eineinhalb hatte meine tochter z.b. arge panik vor dem zimmerventilator. ich habe ihn erstmal in das gästezimmer gestellt, sie aber immer wieder ermutigt, ihn sich anzusehen, ihr das ding erklärt usw. erst haben wir den von weitem durch die offenen tür angesehen (ich musste dann aber immer die tür wieder richtig zumachen, das war ganz wichtig!), dann gingen wir zusammen rein und haben ihn mal vorsichtig angestuppst, dann haben wir sogar bunte bänder dran gebunden und irgendwann durfte ich ihn auch anmachen. hat etwa nen monat gedauert, dann wars ausgestanden...

alles gute für euch!
und vielleicht ist es ja auch eher eine phase und "verwächst" sich mit der zeit wieder etwas.
um den zweiten geburtstag rum gabs hier z.b. auch einige schwierigkeiten... mit trotz (gabs vorher und hinterher GAR nicht), ängsten, schlechtem schlaf und nachtschreck und panikartige attacken sogar beim aufwachen vom mittagsschlaf, wo sie sich bis zu einer stunde lang gar nicht beruhigen ließ u.ä.
Zuletzt geändert von sinus am Fr 17. Jun 2011, 22:48, insgesamt 2-mal geändert.
Die Blätter sind bunt
nun bellt der Hund
nun lacht der Mund
Raureif liegt auf dem Gras.
Der Has`
friert um die Nas.

(Herbstgedicht der 6jährigen)
heinerprahm
Dauergast
Beiträge: 536
Registriert: Di 17. Mär 2009, 23:19

Re: Probleme durch ev. HB?

Beitrag von heinerprahm »

Junicie hat geschrieben: Sie haßt Trubel und große Lautstärke. Sie ist ängstlich und geht keine Risiken ein (klettern und solche Sachen, sie mag nicht mal mehr aus einem Glas trinken, wenn sie sich einmal naßgekleckert hat). In Gegenwart von gleichaltrigen Kindern gerät sie regelrecht in Panik. Sie zittert am ganzen Körper und sagt nur noch "Mama, wieder nach Hause fahren". Manchmal fängt sie schon zuhause an zu weinen, wenn ich ihr erzähle, dass wir gleich jemanden besuchen wollen. Sitzen Gäste im Garten, will sie nicht raus. Wird sie angesprochen, konzentriert sie sich auf ihr Spiel und schaut nicht mal hoch. Sie hat vor allem möglichen Angst, vor allem vor Dingen, die ihr "lebendig" vorkommen, wie Fernseher, Computer, Rasenmäher ect. und drückt dies auch aus.

Vielleicht hat ja jemand ähnliche Erfahrungen mit seinem Kind gemacht. Bin für jeden Tip dankbar.
Hallo Junicie,

ließ Dich mal bitte hier durch: http://www.hochsensibilitaet.ch/content ... x_ger.html

Liebe Grüße
Heiner
trixi
Beiträge: 10
Registriert: Fr 3. Sep 2010, 21:57

Re: Probleme durch ev. HB?

Beitrag von trixi »

Hallo Junicie,
das Verhalten kenne ich genauso bei meiner Tochter, als sie so alt war. Sie ist auch hochsensibel. Das steigerte sich dann auch noch mit Kiga-Eintritt. Sie sprach nichts mehr im Kiga und mit anderen Leuten außer der Familie (Blokade).
Ich ging mit ihr dann zum Psychologen (7 Monate! Wartezeit). Aber das hat sich letztendlich gelohnt. Er machte verschiedene Tests mit ihr (u.a. auch K-ABC) und riet uns zu einer Bewegungstherapie. Die Therapeutin ist eine ganz nette und einfühlsame Frau, die einen sehr guten Draht zu unserer Tochter hat. Sie erklärte mir das Verhalten meiner Tochter so: In ihr sind zwei Kinder: Das schlaue Mädchen, das eigentlich einige Jahre voraus ist und das vierjährige Kind, das emotional eben die 4 Jahre ist. Sie muß lernen, die zwei Seiten in ihr zu akzeptieren und begreifen und auch lernen, das Kind mit 4 Jahren zu sein (also auch einfach mal ohne zu überlegen "spontan" etwas zu tun und zu spielen und ausgelassen sein usw.). Das Gute ist, daß sie meine Tochter sieht wie sie ist und dadurch kann sich meine Kleine öffnen. Sie traut sich nun auch im "Alltag" immer mehr (ich motivierie sie fleissig mit jedem kleinen Schritt, den sie macht).

Zusätzlich mache ich auch zuhause viel, wo immer kleine "Mutproben" (z.B. beim Bäcker einkaufen und bezahlen)eingebaut sind. Ich versuche ihr Selbstvertrauen zu stärken (Stärken fördern: Sie lernt Geige, Experimentieren, Schach, Spiele, Puzzle usw.) und ich lade ganz oft Kinder ein, wo sie die Gelegenheit hat, außerhalb des Kigas Kontakte zu knüpfen. Und ich bin immer für sie da und fang sie auf (mir ging es genauso als Kind und ich hatte keinen, der mich verstand, daran habe ich bis heute zum "Knabbern") und habe Verständnis für sie.

Es war/ist ein langer Weg, aber langsam macht sie echte Fortschritte und ist voll Stolz auf sich.

Ich hoffe, Dir ein bisschen weitergeholfen zu haben.

Trixi
trixi
Beiträge: 10
Registriert: Fr 3. Sep 2010, 21:57

Re: Probleme durch ev. HB?

Beitrag von trixi »

Hallo Koschka,

ich war anfangs ja sehr skeptisch.... Die Therapeutin hat sich bewusst nicht informiert vorher über meine Kleine, sie wollte sich selbst ein Bild machen über sie - und sie sieht unsere Tochter, wie sie wirklich ist (was man ja nicht unbedingt immer von anderen Leuten sagen kann, wie z.B. Kiga Erzieherinnen).
In den Therapiestunden überlässt sie meiner Tochter das "sagen". Sie darf sich raussuchen, was gespielt wird. z.B. gibt es riesige Bausteine, Bänder, Bälle, aber auch Stifte, Perlen, Knete, Spiele usw. Darüber hinaus darf sie auch von zuhause was mitbringen.

z.B. Bausteine: Anfangs baute sie daraus ein Haus ohne Fenster und kroch hinein. Mit der Zeit baute sie dann Fenster rein (sie öffnete sich der Therapeutin - so erklärte sie es).

Die Therapeutin begibt sich auf ihre "Ebene" und die Therapie hat viel mit Körpererfahrung usw. zu tun.

Später kommt sie dann in eine kleine Gruppe mit mehreren Kindern.

Es hilft - und ich bin froh, daß wir einen Weg gefunden haben. Die Therapie heißt konzentrative Bewegungstherapie - ich hab mich inzwischen überzeugen lassen :P

Viele Grüße
Trixi
Antworten