Perfektionismus oder einfach nur außer Rand und Band?

besondere Fähigkeiten: ist das schon ein Zeichen für Hochbegabung?
LeAuNo
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Perfektionismus oder einfach nur außer Rand und Band?

Beitrag von LeAuNo »

Hallöchen,

Ich bin 34 Jahre alt und Mutter eines 3 1/4 Jahre alten Jungen. Ich bin zufällig hier und erhoffe mir hier Hilfe.

Ich habe keine Ahnung, ob mein Sohn hochbegabt ist, weiß aber auch nicht wirklich woran ich das festmachen soll. Einige Dinge treffen auf ihn zu und bei anderen ist er lange nicht soweit. Vielleicht kann mir hier jemand weiterhelfen, vielleicht bin ich hier auch falsch.

Es geht um die Wutanfälle meines Sohnes. Nein, es sind nicht die normalen Anfälle eines 3 jährigen und nein es ist auch kein typischer Trotz. Es gestaltet sich anders. Es ist so, als ob mein Sohn seinen Ablauf im Kopf hat, wenn dieser nicht nach Regie durchgeführt wird, dann kippt die Stimmung. Der Film muss komplett zurück auf Anfang gespult werden und er kann sich beruhigen. Um es mal an einem Beispiel zu erklären:

Ich wollte den Tisch decken und fragte in, ob er mir helfen möchte. Er verneint und ich gehe allein den Tisch decken. Nach kurzer Zeit steht in der Küche und sagt, dass er doch helfen möchte. Ich hatte natürlich zwischenzeitlich schon einen Teil gedeckt. Nun hat er sich nicht eingebracht und einfach mit mir den Rest gedeckt, nein, die Welt brach zusammen. Er weinte bitterlich und fing an, alles wieder wegzuräumen. Ich versuchte ihn daran zu hindern und mit ihm zu sprechen. Das machte alles nur noch schlimmer. Er weinte immer mehr und ich war etwas überrumpelt. Ich versuchte gegen ihn zu arbeiten und meinen Weg durchzusetzen. Dies bedeutete lauteres Geheule und Geschrei. Wir räumten also den Tisch wieder ab, bis auf das letzte Teil. Dann kam er sah mich an und meinte wir können jetzt den Tisch decken. Wir fingen also wieder von vorne an und mein Sohn beruhigte sich innerhalb von Sekunden.

Solche Spiele wiederholen sich immer wieder. Heute Morgen wollte er aufstehen, er lag zum kuscheln bei uns im Bett, und ich sagte, ich wolle noch 5 Minuten liegen bleiben. Er fing an zu meckern und versuchte mich aus dem Bett zu drücken. Mein Mann stand auf und schloss das Fenster und das Spektakel begann. Er schrie und heulte weil das Fenster geschlossen war und ich nicht aufgestanden war. Weil mir die ganze Sache mittlerweile tierisch auf die Nerven geht, stand ich auf und verließ das Zimmer. Er verfolgte mich heulend und schrie immer wieder ich solle ins Bett gehen. Ich ging in sein Zimmer öffnete die Rollos und versuchte ihn zu ignorieren. Keine Chance. Es wird schlimmer. Ich habe ihm gesagt, dass ich mich wieder mit ihm unterhalte, wenn er lieb ist und nicht so ein frecher Junge. Da hatte ich was gesagt, er schrie noch lauter. Er sei lieb und ich solle wieder ins Bett gehen. Letztendlich war es so, dass ich wieder ins Bett musste, mein Mann das Fenster schloss und er sich dann wieder in der Mitte zwischen uns liegend beruhigte. Dann stand ich auf und alles war ok.

Das ist anstrengend und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Solche Situationen haben wir immer wieder. Mal in diesem großen Rahmen, mal in kleiner, wenn man einfach seine Jacke, Schuhe etc. zugemacht hat, obwohl er das tun wollte. Dann macht er sie wieder auf und macht es neu.

Beim googeln bin ich dann darüber gestolpert, dass es mit einer Hochbegabung zusammenhängen kann. Ist das so? Kennt hier jemand ähnliches?

Ich freue mich über Hilfe und Tipps. Ich bin wirklich am Ende und habe immer das Gefühl klein beizugeben, wenn ich alles zurückspule um es ihm Recht zu machen.

Bitte helft mir. Danke
Sonja
Linasina
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Re: Perfektionismus oder einfach nur außer Rand und Band?

Beitrag von Linasina »

So ist meine mittlere Tochter auch. Sie ist 2 und hat genau die gleichen Wutanfälle wie du Sie beschreibst. Es ist manchmal echt schwierig. Sie lässt dann einfach nicht locker und versucht immer alles nach ihrer Nase durch zu setzen
Deine Beispiele sind genauso auch bei uns 1 zu 1. Alles was Du nennst kommt mir sehr sehr bekannt vor.
Ich habe es einfach auf eine starke Trotzphase geschoben aber die Große hat das nicht so ganz so extrem gemacht und auch irgendwie anders.. Es ist schwer zu beschreiben.
Aber ich glaube nicht dass das alleine auf Hochbegabung schließen lässt.
Erzähl doch noch etwas mehr von deinem Sohn.
Lg
LeAuNo
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Re: Perfektionismus oder einfach nur außer Rand und Band?

Beitrag von LeAuNo »

Ich weiß gar nicht was ich erzählen soll. Ich bin gar nicht darauf aus, dass er hochbegabt sein soll. Ich habe nach Perfektionismus im Kleinkindalter gesucht und dann wurde direkt alles nur noch mit Hochbegabung angezeigt. Daher habe ich mich an euch gewandt.

Ich glaube nicht, dass es reiner Trotz ist. Also die typischen Trotzsituationen, die viele Eltern kennen, die sind mir fremd. Er respektiert meine Ansagen, wenn er was zu naschen will und ich es ablehnen, dann ist das so. Auf im Supermarkt haben wir keine Probleme. Aber immer in Situationen wo er es einem recht machen möchte. Wenn ich sage, er soll nun kommen und er nicht kommt, dann sage, dass ich traurig bin und dann ist seine Welt aus dem Ruder. Er will immer lieb sein.

Es ist unser erstes Kind und ich habe keinerlei Vergleichsmöglichkeiten. Ich bin ehrlich, ich hasse diese typischen Eltergespräche in irgendwelchen Gruppen oder auf dem Spielplatz. Meiner kann schon dies und meiner das. Ich habe mich davon immer ferngehalten. Aber ich versuche nun ein paar Dinge zu sagen, die man mir zu trägt. Kinderarzt oder Erzieher im KiGa

Also er lief bereits mit 10 Monaten. Gekrabbelt ist er gar nicht. Bücher fand er schon immer toll. Man kann an keinem Buchladen vorbeigehen, ohne das mein Sohn mitten im Weg auf der Erde sitzt und ein Buch anschaut und sich laut erzählt was er sieht. Er hat erst um seinen zweiten Geburtstag angefangen zu reden. Also ein paar Wörter waren vorher schon da, aber dann richtig. Also direkt zwei und drei Wortsätze. Heute redet er und redet und redet. Manchmal auch schon wie ein kleiner Erwachsener. Im KiGa haben sie uns gesagt, dass er sehr umgänglich ist. Er kümmert sich und die Kleinen, spielt mit den Großen und manchmal zieht er sich auch einfach zurück und ließt ein Buch in der Kuschelecke für sich ganz allein. Er kann wohl gut einschätzen, ob er Lust auf die anderen hat. Wenn er Schmusebedarf hat, sucht er sich, sehr zur Freude der Erzieherinnen, eine aus und kuschelt.
Puzzle macht er auch sehr gerne. Er puzzelt für 4+ und 5+. Für sein Alter waren die Puzzle schnell langweilig. Wir haben die Puzzle von Ravensburgern im Rahmen. Kaum aufgerissen, puzzelt er als haben wir diesen Puzzle schon seit Wochen zu Hause.

Wenn du noch Fragen hast, dann bitte. Ich weiß gar nicht was ich über ihn sagen soll, will ihn ja nicht in den Himmel loben. Ich bin nur echt ratlos und weiß nicht was ich machen soll.
LG
Zuletzt geändert von LeAuNo am So 17. Mai 2015, 22:38, insgesamt 1-mal geändert.
Linasina
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Re: Perfektionismus oder einfach nur außer Rand und Band?

Beitrag von Linasina »

Meine Mittlere hat auch sehr spät gesprochen mit 2 Jahren und dann sehr schnell in ganzen Sätzen. Puzzeln ist gar nicht ihr Ding das macht die große Schwester sehr gerne.
Sie ist leider etwas aggressiv wenn Sie geärgert wird oder etwas nicht nach ihrem Kopf geht. Im Kiga hat Sie erst gar nichts gesprochen. Jetzt taut Sie langsam auf im Kiga und spielt jetzt auch mit den anderen Kindern. Motorisch sind meine Mädels eher hinten drann.
Rabaukenmama
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Re: Perfektionismus oder einfach nur außer Rand und Band?

Beitrag von Rabaukenmama »

LeAuNo hat geschrieben:Ich weiß gar nicht was ich erzählen soll. Ich bin gar nicht darauf aus, dass er hochbegabt sein soll. Ich habe nach Perfektionismus im Kleinkindalter gesucht und dann wurde direkt alles nur noch mit Hochbegabung angezeigt. Daher habe ich mich an euch gewandt.

Ich weiß gar nicht was ich über ihn sagen soll, will ihn ja nicht in den Himmel loben. Ich bin nur echt ratlos und weiß nicht was ich machen soll.
Was macht es für einen Unterschied ob dein Sohn hochbegabt ist oder nicht?

Eine Ferndiagnose ("ja, dein Sohn ist hochbegabt" oder "Nein, er ist nicht hochbegabt") wird Dir hier niemand stellen, und wenn, dass wäre sie wenig glaubwürdig. IQ-Tests in dem Alter gibt es zwar, sie sind aber sehr unzuverlässig. Das war hier schon oft Thema und wenn du ein bißchen stöberst wirst du etliche Beiträge drüber finden.

Und inwiefern bist du ratlos: wie du mit seinem Verhalten umgehen sollst oder einer etwaigen Hochbegabung?

Was mir bei deinem Erstbeitrag auffällt ist, dass du (aus welchen Gründen auch immer) wenn er sich was einbildest, zuerst mal den gegenteiligen Standpunkt einnimmst und dann, wenn das Gekreische und die Trotzanfälle losgehen, das machst, was Dein Sohn will (worauf er sich natürlich beruhigt).

Ich sehe von der Schilderung her ein klassisches Erziehungsproblem mit Eltern-Kind-Machtkampf. Das Wissen, ob dein Sohn jetzt HB ist oder nicht, bringt dich dabei nicht weiter. Da ist mMn wichtiger, mal klar zu wissen wie ihr es mit der Erziehung handhaben wollt: gleich vorweg denken "Wie wichtig ist das Ganze?" und nur selten Grenzen setzen, die aber klar sind - oder häufiger zurechtweisen. Vor allem: wenn es mal "NEIN" geheißen hat dabei bleiben.

Es geht nicht darum, immer alles "richtig" zu machen sondern den eigenen, roten Faden zu finden und dabei authentisch zu sein. Das heißt in manchen Punkten auch, damit leben zu lernen, dass es dem Kind NICHT passt.

Ich habe selbst zwei Kinder, einen meist koorperativen, aber oft fordernden 5-jährigen und einen knapp 3-jährigen Trotzkopf. Der Kleine will oft seinen Kopf durchsetzen und hat fürchterliche Trotzanfälle, die 1-2 Stunden dauern können, wo er alles verweigert, kreischt, Dinge durch die Gegend wirft und durch nichts zu beruhigen ist. Im "Normalzustand" ist er freundlich und offen, kann sich gut selbst beschäftigen, liebt die Natur (vor allem Tiere) und macht kaum Probleme.

Auslöser für einen Trotzanfall kann z.B. sein wenn er in die Hose gemacht hat, sich aber nicht wickeln lassen will. Oder er fragt z.B. nach Schokolade, dann ist ihm aber das Stück, das er bekommt, zu klein: Kreischanfall, die Schokolade fliegt im hohen Bogen durchs Zimmer, er wirft sich demonstrativ heulend auf den Boden und schmeißt noch mit allen Gegenständen in seiner Reichweite herum. Wenn er nichts mehr zum werfen findet oder aus der Situation genommen wird zieht er sich die Kleidung aus und wirft diese weg.

Da ich ähnliches bei meinem Großen wirlich NIE erlebt habe glaube ich nicht, dieses Verhalten durch "falsche" Erziehung ausgelöst zu haben, zurechtkommen muss ich natürlich trotzdem damit. Das heißt für mich (und meinen Mann) auch manchmal damit zu leben, dass unserem Kleinen mal wieder gar nichts passt.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
BiHa
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Re: Perfektionismus oder einfach nur außer Rand und Band?

Beitrag von BiHa »

Hallo,
Ich kenne dieses Verhalten auch. Als mein 5Jähriger so alt war wie Deiner war er ganz genauso. Und auch heute noch kommt es manchmal vor, dass etwas so ablaufen muss, wie er sich das vorstellt. Aber alles in allem ist es viel besser als noch vor 2 Jahren.
Natürlich kannst du versuchen, deinen Weg durchzusetzen, aber dann solltest du es bis zum Ende durchziehen. Im Moment ist es nur, dass er sich dadurch beruhigt, wenn er seine Vorstellung umsetzen kann. Wenn er aber merkt, dass Mama nachgibt, wenn er nur lange und laut genug heult, dann kann das schnell nach hinten los gehen, wenn du verstehst, was ich meine.
LG BiHa
Momo
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Re: Perfektionismus oder einfach nur außer Rand und Band?

Beitrag von Momo »

Hallo LeAuNo,
willkommen im Forum! Ich denke, diese Verhaltensweisen, dass Kinder ihre eigenen Vorstellungen haben und sehr traurig oder auch wütend sind, wenn diese nicht so umgesetzt werden, ist für das Alter völlig normal. Aufgrund dieser Verhaltensweise direkt auf eine Hochbegabung zu schließen klingt für mich so, als ob man sich fragt, ob ein Kind ein Musiktalent ist, weil es ab und zu die Musikanlage so laut aufdreht... sorry für den Vergleich ;)

Doch es ist gut, wenn Du Deinen Sohn gut beobachtest. Ich habe gerade neulich wieder gelesen, dass die Hochbegabung vieler Kinder gar nicht oder erst viel zu spät erkannt wird- was gravierende Folgen haben kann.

Auf die Wutanfälle bezogen, versuche Dich in Deinen Sohn hineinzuversetzen. Er hat sich etwas vorgestellt, was nun nicht so abläuft wie gewünscht. Das macht ihn wütend. Spiegel ihm sein Verhalten. Z.B. "Du bist wütend, weil Du den Tisch decken willst". Lass ihm Zeit, Dir zu antworten, höre auf das, was er Dir sagt. Macht er vielleicht von alleine Lösungsvorschläge? Oder hilft ihm Deine Empathie, sich zu beruhigen? Je mehr Vorschläge von Dir kommen, umso mehr wird er sich in seine Wut reinsteigern. Nimm ihn ernst und traue ihm etwas zu.

Du hast geschrieben:
Ich wollte den Tisch decken und fragte in, ob er mir helfen möchte. Er verneint und ich gehe allein den Tisch decken. Nach kurzer Zeit steht in der Küche und sagt, dass er doch helfen möchte. Ich hatte natürlich zwischenzeitlich schon einen Teil gedeckt. Nun hat er sich nicht eingebracht und einfach mit mir den Rest gedeckt, nein, die Welt brach zusammen. Er weinte bitterlich und fing an, alles wieder wegzuräumen. Ich versuchte ihn daran zu hindern und mit ihm zu sprechen. Das machte alles nur noch schlimmer. Er weinte immer mehr und ich war etwas überrumpelt. Ich versuchte gegen ihn zu arbeiten und meinen Weg durchzusetzen. Dies bedeutete lauteres Geheule und Geschrei. Wir räumten also den Tisch wieder ab, bis auf das letzte Teil. Dann kam er sah mich an und meinte wir können jetzt den Tisch decken. Wir fingen also wieder von vorne an und mein Sohn beruhigte sich innerhalb von Sekunden.
Dein Sohn kommt in die Küche, er möchte Dir nun doch beim Tischdecken helfen und ist sehr endtäuscht als er sieht, dass Du den Tisch bereits fertig gedeckt hast. Er sagt, dass er Dir nun doch helfen möchte! Wow, wie toll, oder? Fühle Dich in das Kind ein, wie fühlt es sich an, in dieser Emotion daran gehindert zu werden, helfen zu wollen? Wie fühlt es sich an, wenn einen die Mutter scheinbar überhaupt nicht versteht und beginnt, gegen einen zu arbeiten? Würde Dich das nicht auch total traurig und auch wütend machen? Kinder in diesem Alter haben meistens ihre Emotionen noch nicht wie Erwachsene unter Kontrolle. Sie reagieren einfach. Wir Erwachsenen können ihnen durch das verbale Spiegeln ihrer Emotionen helfen, mit diesen umzugehen und zu lernen, diese verbal auszudrücken. Z.B. wie: "Du möchtest mir so gerne helfen, den Tisch zu decken. Wie möchtest Du das tun? Ach, Du möchtest den Tisch wieder abräumen und dann gemeinsam wieder decken, ok., so machen wir das! Danke für Deine Hilfe, ich freue mich darüber!" So hat Dein Sohn nicht nur Hilfsbereitschaft gelernt, sondern auch das Finden von Lösungen und das verbalisieren von Emotionen. Es ist toll, wie sich Dein Sohn verhalten hat- es zeigt ein echtes Interesse an Dir und an der Situation!
Durch den Verlauf Eures Konfliktes hast vor Allem Du etwas gelernt, oder? Dieses Beispiel lässt sich auf sehr viele andere Konflikte übertragen, versuch es doch einfach mal :)

Alles Gute weiterhin wünscht Momo
"Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht." Mark Aurel (121-180)
Skuld
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Re: Perfektionismus oder einfach nur außer Rand und Band?

Beitrag von Skuld »

Also, ich denke auch, dass das eher ein prinzipielles Erziehungsdings ist, was ihr lösen müsst.

Das mit dem Tischdecken hätte ich glatt anders gelöst. Ich hätte meinem Kind erklärt, dass ich verstehen kann, dass es sauer ist, weil ich schon fast fertig bin, dass das jetzt aber so ist und es gerne mit helfen kann, den Rest zu machen. Erreich ich damit lauteres Gebrüll, ist es an der Zeit das auszuhalten. Ich decke den Tisch garantiert nicht wieder ab, um ihn dann noch mal neu zu decken. Dafür habe ich gar keine Zeit (und ehrlich gesagt auch keine Lust)

Kinder müssen meiner Meinung nach auch lernen mit Frust umzugehen und Strategien finden sich zu beruhigen. Ich meine nicht, dass man ihn nicht trösten dürfte, aber es gibt auch für so kleine Kinder Grenzen und die müssen abgesteckt werden.
... sie werden irgendwo geboren und werden anderswo zu Staub
dazwischen ziehn sie mit dem Winde
durch alle Wüsten dieser Welt.
Denn Menschen haben keine Wurzel,
die sie an einem Platze hält...
Bliss
Dauergast
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Re: Perfektionismus oder einfach nur außer Rand und Band?

Beitrag von Bliss »

Ich kenne so ein Verhalten von meinem dritten Kind. Er hatte bei seinen Wutanfällen auch so eine Zusatzkomponente, die ich von meinen anderen Kindern gar nicht gekannt habe.

Ein Beispiel: ich fahre mit ihm im Fahrradanhänger und er ruft von hinten, dass er den Insektenschutz runterhaben will. Ich halte an und mach ihn runter, er brüllt, weil ich seiner Vorstellung entsprechend an die Stelle hätte zurückfahren sollen, an der er den Wunsch ursprünglich hatte.

Glücklicherweise wurde das Verhalten im Laufe der Jahre weniger, jetzt mit 5 kommt es zum Glück nur noch selten vor.

Ich habe das mal unserem Kinderarzt geschildert, der meinte sowas kennt er in Verbindung mit Autismus. Aber das trifft auf meine Sohn sicher nicht zu, dann schon eher HB.
LeAuNo
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Re: Perfektionismus oder einfach nur außer Rand und Band

Beitrag von LeAuNo »

Hallöchen,

lieben Dank für eure Erklärungen und anderen Sichtweisen.

@ Rabaukenmama
Ich wollte und will hier keine Diagnose von irgendwem. Ich wollte auch nicht hören, dass mein Sohn hochbegabt ist. Ich hatte lediglich geäußert, dass ich bei meiner Suche im Internet bezgl. dieses Verhaltens auf HB gestoßen bin. Das Forum hier ist gut besucht und aktiv, deshalb habe ich mich an euch gewandt, um Erfarungen zu bekommen, ob es vielleicht jemanden ähnlich erfahren ist.
Ich versuche auch nicht immer gegen meine Sohn zu arbeiten, aber jeder hat seinen Weg den er gehen möchte. Ich habe, so wieder jeder hier, gewisse Vorstellungen vom Tagesablauf. Wenn ich nun hingehe und den Tisch Decke, dann mache ich das nicht, um gegen meinen Sohn zu arbeiten, sondern schlicht und ergreifend deshalb, weil es Zeit zum Essen ist. Ich habe kein Problem damit, mein Nein durchzusetzen. Das nimmt er auch hin. Aber wenn er in dieser, wie soll ich es nun nennen, "Phase" ist, ist er nicht zugänglich. Ich kann ihn auch nicht in sein Zimmer bringen und sagen, er solle dort bleiben, bis er sich abreagiert hat. Er hängt dann an meinem Ärmel, Pulli, Hose etc. und schreit und tobt. Ok, das hält man vielleicht noch ne Zeit aus. Aber er ist da sehr ehrgeizig. Er gibt sich nicht nach 30 Minuten geschlagen, dass kann auch länger gehen. Und mein Nein nützt mir auch herzlich wenig, wenn er den Tisch alleine abräumt. Wenn er mir praktisch den Teller unter dem Brot klaut. Ja, damit bin ich überfordert, weil ich dann nicht mehr weiß, wie ich ihm begreiflich machen soll, dass nun Schluss ist. Aber vielleicht bist du auch hier der Meinung es liege an meiner mangelnden Erziehung?

@BiHA
Natürlich verstehe ich dich und ich weiß auch was du meinst, daher ja auch meine Bemerkung, dass ich das Gefühl habe ich gebe klein bei. Nur er ist sehr ausdauernd. Zum Jahreswechsel hatten wir das mit dem Schlafen gehen. Hundemüde, beim Essen schon Augen verdreht, ab ins Bett, hellwach. Tägliches Ritual durchgezogen und er stand Stunden lang immer wieder auf. Immer wieder habe ich ihn in sein Bett gebracht, erst mit Erklärungen und dann hinterher nur noch kommentarlos. Mein Sohn hat 5 Stunden mit mir gekämpft, ist dann auf der Erde mit dem Kopf auf meinem Hausschuh eingeschlafen um dann am nächsten Tag genau das selbe mit mir abzuspielen. Eine Woche haben wir gekämpft. Ich selbst war schon fertig mit den Nerven. Irgendwann liegen die einfach blank. Immer wieder Geschrei, Getobe und Geheule. Aber will ich das mir und meinem Sohn antuen? Ist das der richtige Weg? Ich habe meinen Weg durchgezogen, aber unter welchen Umständen?

@Momo
Deine Erklärung hat mich nachdenklich gemacht. Ich will ihn nicht untergraben und ich will ihn auch ernst nehmen. Ich habe es gar nicht so gesehen, wie du es nun gesagt hast. Ich werde versuchen, dies mal umzusetzen. Aber wie du es schreibst, gebe ich dann nicht doch klein bei und ziehe meinen roten Faden nicht durch? Ich mag nicht alles schlimmer machen. Wenn ich hingehe und sage ok wir decken wieder ab und machen neu, dann habe ich natürlich den Stress nicht, aber ich verliere nun einmal auch Zeit die ich nicht in jeder Situation habe. Morgens Schuhe anziehen, selbst die Treppe laufen, selbst einsteigen ins Auto etc. Alles kann er selbst und ich gebe ihm die Möglichkeit auch alles selbst zu tun, aber wenn man bei der einen Sache schon rumgenörgelt hat, dann gerät man in Zeitnot und schon ist das Theater vorprogrammiert. Ich kann aber nicht jeden Morgen 2 Stunden einplanen, damit er eventuell alles alleine machen kann, wenn er denn dann gerade mag. Verstehst du was ich meine? Danke trotzdem für deine Sichtweise, ich werde mich spiegeln und hier und da vielleicht einige Dinge schon vorab verhindern können.

@Skuld
Wie bereits geschrieben, gebe ich dir recht, dass er Grenzen braucht, die er auch hat, kennt und respektiert. Aber wie bereits geschrieben, was tue ich denn, wenn er hingeht und einfache alles abdeckt. Wie soll ich dann deiner Meinung nach meine Grenzen durchsetzen? Ich bin dankbar für Vorschläge.

@Bliss
Deine Geschichte könnte auch genauso hier passieren. Wie bist du mit diesem Verhalten umgegangen? Ich werde nun auch einen Termin beim Kinderarzt machen und dies mal genau besprechen. Autismus hatte ich auch reingelesen, aber das passt auf meinen Sohn auch gar nicht.

LG Sonja
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