Entwicklungsdiagnostik

besondere Fähigkeiten: ist das schon ein Zeichen für Hochbegabung?
Rabaukenmama
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Entwicklungsdiagnostik

Beitrag von Rabaukenmama »

Hallo,

gestern hatte mein jüngerer Sohn (gerade 4 geworden) seinen ersten Termin zur Entwicklungsdiagnostik. Dafür mußten wir 200km mit dem Zug nach Linz in ein Krankenhaus fahren, wo sie auf hörgeschädigte Kinder spezialisiert sind.

Wir waren pünktlich um 8h30 dort und kamen auch ziemlich schnell dran. Am Telefon war mir schon gesagt worden dass die Sachen 2-3 Stunden dauern würde und danach vielleicht noch ein 2. Termin notwendig ist. Tja, und dann kam ich schnell dahinter dass der untersuchende Arzt offensichtlich kein Wort Gebärdensprache kann und schon nach 10 Minuten klar war, dass so sicher kein Entwicklungsprofil erstellt werden kann. Ich war erst mal etwas erstaunt weil mir genau DIESES Krankenhaus von mehreren Seiten empfohlen worden war weil dort eben auch Kinder, die nur ÖGS können, getestet werden. Aber das hat sich schnell aufgeklärt. Nach ca. 10 Minuten (wo er meinen Sohn lautsprachlich etliche gefragt hat, was der natürlich kaum verstehen konnte) meinte der Arzt, er müsse einen Kollegen anrufen und verschwand. Nach weiteren 10 Minuten kam er wieder und meinte, ein Kollege mit ÖGS-Kenntnissen würde bald kommen und weitermachen. Dann warteten wir noch über eine Stunde, wo Kleinsohn schon etwas langweilig wurde.

Endlich kam der andere Arzt und dann klärte sich erst mal auf, dass es offensichtlich einen administratorischen Fehler gegeben hatte, denn obwohl ich den Fragebogen korrekt ausgefüllt hatte war einfach "übersehen" worden, dass mein Sohn nur ÖGS kann. Und weil ich nach fast 6 Monaten Wartezeit auf den Termin extra 200km angereist war hatte der "falsche" Arzt noch geschafft, einen Kollegen zu holen, der eigentlich seinen freien Tag gehabt hätte :) .

Jetzt konnte der Test wirklich losgehen. Der Arzt war freundlich und lustig um mein Sohn mochte ihn auf Anhieb. Zuerst bekam er Puzzles, aber keine "normalen" sondern solche mit nur 3-6 Teilen, aber ohne Rahmen und ohne Hinweis, was wo hinpaßt. Das hat er ganz gut hinbekommen. Dann wurde die Motorik getestet, ich wurde bei der Gelegeheit gleich auf seine Fuß-Fehlstellung aufmerksam gemacht (die dem Arzt sofort aufgefallen war) und weiter ging es mit einer Aufgabe, wo mein Sohn aus farbigen Plättchen vorgegebene Muster nachlegen sollte. Das fiel ihm sehr leicht und nachdem er einige Aufgaben korrekt gelöst hatte gibt plötzlich ein freches Grinsen über sein Gesicht und er legte die Plättchen bei der nächsten Aufgabe absichtlich falsch hin. Der Arzt fragte dann (in ÖGS) "Stimmt das? Glaubst du, das stimmt?" und Kleinsohn zerkringelte sich fast vor lachen, bevor er die Aufgabe korrigierte. Das Ganze spielen sie noch mehrere Male, wobei Kleinsohn trotz seiner Spielchen immer im Zeitplan war. Dann wurden die Aufgaben schwieriger und er ließ die Spielchen wieder sein sondern bemühte sich ehrlich, sie zu lösen.

Die nächste Herausforderung war, Zeichnungen von "halben" Tieren, die nur aus dem Körper bestanden, die korrekten Füße anzulegen. Da hat mein Sohn keinerlei Unterschied gesehen und war hochzufrieden damit dass jedes Tier danach 4 Füße hatte. Dass die Kuh dann Ziegenfüße und das Schaf Pferdefüße hatte war ihm entweder gar nicht aufgefallen oder egal :lol: . Dann gab es wieder eine Aufgabe, die ihm mehr "lag": verschieden geformte, farbige Plättchen nach Vorgabe in Schachteln einzusortieren. Hier war mein Sohn witzig und kreativ zugleich. Seine Ergebnisse entsprachen zwar nicht immer den Vorgaben, hatten aber eine nachvollziehbare, eigene Logik. Beim nächsten Teil hatte er dieselbe Aufgabe wie schon einmal bei einer Entwicklungskontrolle vom CI-Erzeuger: Kärtchen mit Mäusen und Torten als Motiv korrekt auseinander sortieren. Und wieder waren auf den Kärtchen kleine Zahlen aufgedruckt und wieder sortierte mein Sohn nicht nach Motiv sondern numerisch :mrgreen: .

Nach einer kurzen Pause, die Sohnemann mit einem heftigen Wutanfall interessanter machte (Anlaß war, dass er so gerne das Maßband gehabt hätte, mit dem die Größe der kleinen Patienten bestimmt wird), ging es bei einem anderen Arzt weiter. Während des Gespräches (wo ich diverse Dinge zu OP, Krankheiten, Entwicklung und Tragegewohnheiten des CI beantwortete) spielte mein Sohn an der Wasserleitung herum und schaffte es, sich mit dem Finger, den er vorher mit Desinfektionsmitttel benetzt hatte, in die Augen zu fahren. Dann kam er heulend zu mir und meinte natürlich dass ihm die Augen weh tun. Ich sagte zu dem erstaunten Arzt nur "Jetzt tue ich, was ich tun muß!" und hielt Kleinsohn dann kreischend und um-sich-schlagend so unter die Wasserleitung, dass beide Augen ordentlich ausgespült wurden. Danach war natürlich alles naß und ich zog meinen Sohn gleich mal um und dann ging es weiter. Jetzt war ein Sprachkompetenz-Test (in ÖGS) dran, den Sohnemann unter anderen deshalb bestand, weil er den Test für 2,6jährige Kinder bekam. Auch hier ein Administrationsfehler weil am Anmeldebogen "0-3 Jahre" angekreuzt war, was ja zum Anmeldezeitpunkt im Februar noch gestimmt hatte.

Zum Schluß bekam ich mitgeteilt dass noch ein zweiter Termin mit einem anderen Arzt notwendig sei, der leider gerade in Urlaub ist und der sehr gebärdensprachkompetent ist, seinen Sprachstand besser ermitteln kann und auch viel Erfahrung damit hat, bei hörgeschädigten Kindern Autismus oder Asperger korrekt zu erkennen. Na, wir werden sehen.

Das beruhigende an der Sache ist erst mal, dass der durchschnittliche Entwicklungsstand meines Sohnes ganz genau einem Kind von 4,0 Jahren entspricht. Wenn man genauer hinschaut merkt man aber die Diskrepanzen, denn bei konkreten Dingen liegt sein Entwicklungsstand bei knapp 3 Jahren und bei abstrakten Dingen bei etwas 5 1/2 Jahren. Wobei mein Sohn laut Aussage des Arztes hier vermutlich sogar noch weiter ist, als er gezeigt hat. Im Moment erfindet er z.B. Gebärden für Zahlen die über die Billiarde hinausgehen, weil ich nicht mehr weiß, wie man solche Zahlen in Gebärdensprache ausdrücken kann. Und ich muß ständig igendwelche Zahlen im Bereich zwischen Million und Billiarde für ihn aufschreiben, wo er dann nachzählt wie viele Nuller die Zahl hat um z.B. dann festzstellen dass es 10 Milliarden oder 100 Billionen sind :schwitz: . Bei der Entwicklungsdiagnostik wurde das natürlich nicht getestet, aber beide Ärzte meinten im nachhinein sie fänden es sehr interessant, meinen Sohn kennengelernt zu haben, weil er so komplett anders "tickt" als die meisten Kinder, dabei aber trotzdem lustig und sympathisch rüberkommt :) .

Na, ich bin schon gespannt was beim nächsten Termin rauskommt. Am meisten interessiert mich eigentlich ob mein Sohn nie etwas "erzählt" weil es es nicht kann oder weil er einfach nicht mag. Dabei hat er gestern am Abend, nach der Entwicklungsdiagnostik, dann offensichtlich doch vom Ausflug am vergangenen Wochenende erzählt, wo ihm vor allem das Elektro-Go-Kart fahren besonders gefallen hat. Es hat aber gedauert bis ich dahinterkomme was er da gebärdet, weil ich erst mal den Zusammenhang herstellen mußte.

Beruhigend ist auf jeden Fall dass mein 4jähriger Sohn gesamt gesehen seinem Alter entsprechende Fähigkeiten hat :) .
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Willow77
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Re: Entwicklungsdiagnostik

Beitrag von Willow77 »

Hallo Rabaukenmama,
Na das klingt alles in allem doch schon mal nicht schlecht. Wenn auch etwas stressig, wegen der langen Anfahrtszeit und dem administrativen Fehler...
Ich drücke euch die Daumen, dass es beim 2. Termin beim Sprachtest ähnlich gut bis noch viel besser läuft. :)
LG,
Willow77
charlotte12
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Re: Entwicklungsdiagnostik

Beitrag von charlotte12 »

Hallo Rabaukenmama,

toller Arzt und chaotische Organisation... Dass dieser Arzt extra an seinem freien Tag kam, ist ja wirklich super-engagiert, und dass er es richtig einschätzte und so toll reagierte, als Dein Sohn das Puzzle falsch legte, hört sich richtig gut an :) Das hatte mir bei "unserem" Test auch so unbeschreiblich gut getan - endlich war da mal jemand, der mein Kind wahrnahm, wie es war, und aus Langeweile-Bocken nicht gleich auf Überforderung schloss.

Dann wünsche ich Euch auch von ganzem Herzen, dass Ihr beim zweiten Teil des Testes an einen genauso kompetenten Arzt geratet. Mich wundert etwas, das der Arzt dermaßen unkompliziert aus seinem Frei organisiert wurde - ich wünsche den Ärzten dort, dass das nicht auf langjähriger Übung beruht. Vielleicht macht es ja Sinn, wenn Ihr kurz vor dem zweiten Termin zur Sicherheit anruft, ob auch wirklich der richtige Arzt eingetragen ist?

LG
Charlotte
orangenminze
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Re: Entwicklungsdiagnostik

Beitrag von orangenminze »

Liebe Rabaukenmama,

danke für Deine anschauliche Schilderung- habe die Situation mit dem Puzzel direkt vor mir gesehen und musste schmunzeln. Klingt- trotz organisatorischem Aufwand und administrativen Schwierigkeiten- so, als sei die Entwicklungsdiagnostik aufschlussreich gewesen.
Freue mich eh immer, wenn Du von Deinen Jungs berichtest! Danke dafür.
lg orangeminze
Rabaukenmama
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Re: Entwicklungsdiagnostik

Beitrag von Rabaukenmama »

Koschka hat geschrieben:Hallo Rabaukenmama,

ich kann es mir gut vorstellen, wie du dich über dieses Ergebnis freust! Dein Kleiner scheint eine große mathematische Begabung zu haben. Ob und wie die Sprache da ganz mitkommt, ist auch ohne Gehörlosigkeit bei Spitzenbegabungen ein großes Fragezeichen. Mathematische Logik ist aber für einen späteren bewussten Spracherwerb vom großen Vorteil. Wenn auch bis dorthin die Verzögerung noch bleibt, wird dein Sohn sehr wahrscheinlich seinen Weg finden die Sprache analytisch zu lernen. Ich wünsche euch ihm viel Erfolg! Dass du einen echten kleinen (oder doch schon großen?) Kämpfer hast, sieht man ja an den Wutanfällen :-) Er wird sich durchbeißen. Was ich nicht ganz verstehe, warum er einen Spezialisten für Asperger und Autistmus braucht. Es sieht doch gar nicht danach aus. Alleine das falsche Legen der Plättchen, um dabei krumm zu lachen, ist schon fast ein Ausschlusskriterium für beides.

LG
Koschka
Ich halte Asperger oder Autismus auch für unwahrscheinlich. Aber das Wort "Wahrnehmungsstörung" stand schon sowohl von Seiten des Kindergartens als auch von seiner Frühförderin schon mal im Raum. Und da wurde schnell in Richtung Autismus/Asperger geschlossen, vor allem wegen des extremen Interesses für Zahlen und Buchstaben.

Aber Kleinsohn lacht gerne und viel. Ich habe mal mit einer Mutter von 5 Kindern, von denen eines Autst was gesprochen. Und die war ganz verwundert wie herzlich mein Sohn lachen kann. Sie meinte, ihr autistischer Sohn können sich zwar durchaus freuen, würde aber nie lachen.

Im Moment hat mein jüngerer Sohn seinen Spaß daran, das Gegenteil von dem zu tun, was man von ihm will. Gestern waren wir bei einer Freundin mit Garten auf Besuch. Sie wohnt in einer ruhigen Gegend, aber mit einer doch manchmal befahrenen Durchzugsstraße direkt neben dem Haus. Und als Kleinsohn der Meinung war, es sei Zeit nach Hause zu fahren, lief er einfach raus und zu unserem Auto ( welches an dieser Straße geparkt war). Ich natürlich hinterher, weil ich nicht sicher sein kann ob er nicht doch auf die Straße läuft. Dann wollte er nicht zurück, also Kind unter den Arm geklemmt und dann retour. Da wir ohnehin bald heim wollten begann ich zu packen ( zeitaufwändig) und Sohnemann nützte die Gelegenheit um wieder wegzulaufen. Das ging noch etwa 5x so, wo entweder ich oder sein Bruder ihn zurück holten. Obwohl ich ihm klar erklärte dass wir ohnehin heimfahren und ich nur noch fertig einpacken muß war das Ganze für ihn ein witziges Spiel.

Endlich hatte ich mich verabschiedet und Sack und Pack im Auto verstaut, da lief mein Sohn wieder weg während ich gerade seinen Bruder anschnallte. Und diesmal gleich die ganze, lange Straße rauf, wo oben eine unübersichtliche Kreuzung ist. Ich natürlich wieder hinterher und mein Sohn hat sich prächtig amüsiert, ging aber dann freiiwillig mit zum Auto. Aber statt einzusteigen (er besteht schon lange darauf, das selbst zu tun) rannte er gleich wieder weg, die Straße rauf. Ich versuchte es mit blöffen und ging zur Fahrertür, wo ich einstieg, als würde ich ohne ihn fahren wollen und siehe da, eine Minute später saß er auch im Auto, mit breitem Grinsen am Gesicht. Also, Asperger oder Autismus paßt so gar nicht zu dem Verhalten, ich frage mich nur manchmal was anstrengender ist :schwitz: .

Ich vermute bei solchen Aktionen hätte ich ein Kind ohne Sinnesbehinderung schon mal (in einer weniger gefährlichen Situation) alleine zurück gelassen, damit es merkt dass nicht alles immer Spiel und witzig ist :| . Aber so kann sich der kleine Provokateur sicher sein dass die Mama schon "mitspielt" und sich nur manchmal in ( großteils lautsprachlichen) Schimpftiraden Lift macht.

Obwohl ich Asperger und Autismus ziemlich ausschließe bin ich mir aber immer noch nicht sicher, ob keine andere Wahrnehmungsstörung vorliegt. Die Tatsache, dass sein Bruder in ziemlich allen kognitiven und motorischen Bereichen seinem Alter weit voraus ist sowie die wegen der Gehörlosigkeit mangelnde Vergleichsmöglichkeit mit anderen Kindern machen die Einschätzung schwer. Daher war bzw.ist mir diese Entwicklungssdiagnostik sehr wichtig.

Koschka, ich glaube du warst, diejenige, die mal (sinngemäß) geschrieben hat "Da es unwahrscheinlich ist dass alle anderen Kinder entwicklungsverzögert sind, sind meine offensichtlich weit voraus". So ähnlich habe ich das bei meinem älteren Sohn auch gesehen. Und jetzt bin ich unsicher ob die offensichtlichen Defizite beim jüngeren Sohn einfach zum Entwicklungsspektrum eines gesunden Kindes gehöreb oder was wichtiges übersehen wurde/wird.

Von der Warte gesehen war die mündliche Aussage des Arztes (unterstützt durch eine PC-Grafik) "Sein Entwicklungsstand entspricht genau 4,0 Jahren" sehr beruhigend für mich :) .d
Zuletzt geändert von Rabaukenmama am So 31. Jul 2016, 05:45, insgesamt 1-mal geändert.
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Rabaukenmama
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Re: Entwicklungsdiagnostik

Beitrag von Rabaukenmama »

charlotte12 hat geschrieben:Hallo Rabaukenmama,

toller Arzt und chaotische Organisation... Dass dieser Arzt extra an seinem freien Tag kam, ist ja wirklich super-engagiert, und dass er es richtig einschätzte und so toll reagierte, als Dein Sohn das Puzzle falsch legte, hört sich richtig gut an :) Das hatte mir bei "unserem" Test auch so unbeschreiblich gut getan - endlich war da mal jemand, der mein Kind wahrnahm, wie es war, und aus Langeweile-Bocken nicht gleich auf Überforderung schloss.

Dann wünsche ich Euch auch von ganzem Herzen, dass Ihr beim zweiten Teil des Testes an einen genauso kompetenten Arzt geratet. Mich wundert etwas, das der Arzt dermaßen unkompliziert aus seinem Frei organisiert wurde - ich wünsche den Ärzten dort, dass das nicht auf langjähriger Übung beruht. Vielleicht macht es ja Sinn, wenn Ihr kurz vor dem zweiten Termin zur Sicherheit anruft, ob auch wirklich der richtige Arzt eingetragen ist?

LG
Charlotte
Für den zweiten Termin wurde mir versichert dass der richtige Arzt da sein wird. Wobei die zwei Ärzte, die dieses Mal die Diagnostik gemacht haben super motiviert, kompetent und einfühlsam waren. Mein Sohn hat sich sogar von beiden verabschiedet, was er nur tut, wenn er wo gerne war :) .

Die Gebrdensprachkenntnisse der Ärzte war aber gerade mal ausreichend um die Tests durchzuführen. Ich vermute dass keiner der beiden mehr als 2 Semesterkurse (mit 15x90min je Kurs) gemacht hat. Daher konnten sie auch den Stand der Sprachentwicklung nicht feststellen. Mein Sohn, bei dem Gebärdensprache ja Erststprache ist, war ihnen da voraus. Daher hoffe ich, beim nächsten Termin auch dazu mehr zu erfahren. Wenn ich die Sprachkenntnisse meines Sohnes mit echten Muttersprachlern (also Kindern gehörloser Eltern) vergleiche, dann wirkt er fast zurückgeblieben. Lange Zeit gab ich mir die Schuld dafür weil ich ja nicht gerade ein Sprachtalent bin und so meine Probleme mit ÖGS habe. Mittlerweile sehe ich meinen Sohn selbst als late Talker, sofern nicht doch irgendeine Störung vorliegt.
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Re: Entwicklungsdiagnostik

Beitrag von Rabaukenmama »

orangenminze hat geschrieben:Liebe Rabaukenmama,

danke für Deine anschauliche Schilderung- habe die Situation mit dem Puzzel direkt vor mir gesehen und musste schmunzeln. Klingt- trotz organisatorischem Aufwand und administrativen Schwierigkeiten- so, als sei die Entwicklungsdiagnostik aufschlussreich gewesen.
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lg orangeminze
Ja, es war wirklich aufschlußreich. Eine der letzten Aktionen meines jüngeren Sohnes war übrigens, sich ie Zecke an seiner Hüfte selbst zu entfernen nachdem sich die Kindergärtnerinnen das nicht zugetraut haben :mrgreen: .
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Re: Entwicklungsdiagnostik

Beitrag von Rabaukenmama »

@koschka: gestern abends bin ich mit meinem jüngeren Sohn noch eine Runde spazieren gewesen. Grund war, dass er sich im Gartenhaus meiner Eltern (wo ich gerade auf Besuch bin) aufgeführt hat wie ein Berserker :evil: .

Wir gehen also eine Straße mit Einfamilienhäusern entlang und Sohn gebärdet - wie immer - die Hausnummern. Haus 58, 56, 54...plötzlich wird er ganz nervös und behauptet: dort kommt Haus 52! Zuerst dachte ich noch, es sei ein Zufall. Aber mein Sohn machte die ganze Straße entlang weiter und zählte in 2er Schritten nach unten. So verblüfft er mich immer wieder.
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Re: Entwicklungsdiagnostik

Beitrag von Rabaukenmama »

Koschka hat geschrieben:@Rabaukenmama

Mein Sohn hat sich im Alter von deinem Sohn absolut ähnlich benommen nach einem sensorischen Overload. Da half nichts, nur an die Hand nehmen/notfalls unter den Arm, und nicht wieder los lassen. Falls er gerne da ist, wo es passiert, kann man in Ruhe darüber sprechen und dem Kind mitteilen, dass beim nächten Mal der Besuch 10 Minuten kürzer wird, damit so eine Situation nicht wieder vorkommt.
Leider hat mein Sohn noch keinen Zeitbegriff. 10 Minuten früher oder später sagt ihm gar nichts. Aber ich hoffe dass er das bald auch drauf. Unmittelbare Androhung von Konsequenzen klappt jetzt zumindest schon zeitweise. Als er gestern abends auf der Couch liegend nach mir trat (ich saß daneben) meinte ich wenn er weitermacht muß er sofort Zähne putzen und siehe da - er hörte wirklich auf :) . Vor einigen Wochen hat das noch nicht geklappt, entweder er hat es nicht verstanden oder er wollte einfach austesten ob das, was ich sage, auch stimmt.
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Re: Entwicklungsdiagnostik

Beitrag von Rabaukenmama »

So, der zweite Teil der Entwicklungsdiagnostik liegt hinter uns. Und laut dem untersuchenden Arzt (sein Spezialgebiet sind Wahrnehmungsstörungen bei hörgeschädigten Kindern) ist mein jüngerer Sohn schon eindeutig im Spektrum "Wahrnehmungsstörung in Richtung Asperger-Syndrom" drin. Wobei der Arzt meinte dieses Spektrum sei sehr groß vom komplett von der Welt abgeschotteten Einzelgänger bis hin zum einfach weniger kommunikativen und mehr auf sich bezogenen Mitmenschen.

Was den Arzt unter anderem aufgefallen ist war der oft (nicht immer) fehlende Blickkontakt sowie meine Erzählungen das mein jüngerer Sohn nie einfach kommt um mir z.B. eine Zeichnung zu zeigen sondern dass es ihm völlig genügt, sie gemacht zu haben. Bestätigung von "außen" ist für ihn nicht wesentlich, daher holt er sie auch nicht aktiv ein. Wir haben zu Hause ja auch immer wieder Situationen wenn ich will dass er etwas macht und er mit "Ich mag nicht" (zur Zeit seine Lieblingsgebärde) antwortet. Nachdem er das (dass er nicht mag) mal klargestellt hat istihm völlig egal ob ich noch was dazu zu sagen habe. Egal ob ich diskutieren will oder Kompromisse vorschlage - er hat klargestellt dass er nicht mag und das muss reichen!

Im Kindergarten ist er seit dem ersten Tag bis heute ein Einzelgänger. Er ist gerne unter Kindern und fühlt sich in Gruppen durchaus wohl - macht aber dort sein eigenes "Ding". Von selbst geht er NIE auf andere Kinder zu. Wenn jedoch mal ein Kind dabei ist, welches Interesse an ihm zeigt kann er sich durchaus mal zu einem gemeinsamen Spiel mitreißen lassen. So draußen-Spiele wie klettern, rutschen oder schaukeln macht er jedenfalls viel lieber in Gemeinschaft mit anderen Kindern als allein. Aber da klettert, schaukelt oder rutscht ja dann wieder jeder für sich. Soziale Spiele (z.B. Puppe füttern) fängt er zwar langsam zu spielen an, aber auch allein und nicht mit anderen Kindern. Rollenspiele spielt er überhaupt nicht.

Er ist durchaus empathisch, vor allem wenn er wen weinen sieht. Er fragt dann warum das Kind weint und ob es sich weh getan hat. Aber andere trösten ist nicht sein Ding. Wenn er selbst sich weh getan hat oder müde ist sucht er aber sehr wohl Trost und Nähe bei mir. Er mag Körperkontakt und sucht mich in der Nacht immer um sich an mich zu kuscheln. Er liebt auch Körperkontakt-Spiele wie kitzeln oder raufen. Dabei kann er herrlich glucksend lachen und ist ganz im hier und jetzt.

Aber er kann sich auch stundenlang allein mit einem Maßband beschäftigen, Zahlen gebärden und alles mögliche vermessen. Er schreibt gerne Namen oder Zahlen, wobei er verschiedene Varianten abwechselt. Z.B. die Zahl 20 normal, die Zahl 21 fett und die Zahl 22 in Digitalschrift.

Mittlerweile wurde noch ein Sprachtest gemacht und wie ich es vermutet habe ist mein Sohn sprachlich auch in Gebärdensprache nicht altersgemäß. Sein Stand ist der eines 2 1/2 bis 3jährigen Kindes. Auch sein Sozialverhalten schätzt der Arzt in diesem Bereich ein. In den meisten kognitiven Bereichen ist er seinem Alter aber weit voraus. Motorisch ist er etwa altergemäß, was mir vor allem deshalb positiv auffällt weil er da ja als Baby und Kleinkind doch einen krassen Rückstand hatte (konnte mit 12 Monaten weder sitzen noch krabbeln und bis kurz vor seinem 4. Geburtstag nicht springen).

Der Arzt hat sich mit meinem Einverständnis bereits mit der Sonder-Kindergartenpädagogin in Verbindung gesetzt um ihr zu sagen was seiner Meinung nach meinem Sohn bei seiner sozialen Entwicklung weiterhelfen kann. Er schlägt vor, ihn zukünftig weniger in der "großen Gruppe" zu betreuen, wo er ja immer sein eigenes Ding macht, sondern in einer Kleingruppe von 2-3 Kinder, wo er bewusst immer wieder einbezogen und seine Aufmerksamkeit für gemeinsame Spiele eingefordert wird.

Interessant ist auch das Ergebnis der lautsprachlichen Tests. Denn wenn er die Horchis trägt versteht mein Sohn durchaus etwa die Hälfte der lautsprachlichen Wörter sinngemäß auch ohne das Mundbild zu verstehen. Das wurde im Rahmen der Entwicklungsdiagnostik zum ersten Mal überhaupt getestet (bis dahin gab es nur Audiogramme) und es macht Mut, doch noch mehr Versuche zu starten, ihn zum tragen der Horchis zu bewegen. Momentan ist er dazu nur leider sehr selten bereit (ich war schon positiv überrascht dass es bei der Entwicklungsdiagnostik zumindest für 2 Stunden geklappt hat).

In 6-8 Monaten ist eine Art "Kontrolle" vorgesehen wo dann nachgeschaut wird wie sich mein Sohn weiter entwickelt hat. Die Ergotherapie soll vorläufig beibehalten werden, aber in größeren Zeitabständen und mit Logo beginnen wir nächste Woche wieder nach der "Sommerpause". Das ist mal der aktuellste Stand der Dinge von uns. Ich fand vor allem interessant auf Verhaltensmuster meines Sohnes hingewiesen zu werden, die ich bisher gar nicht so beachtet hatte und bin froh, mich zum Schritt der Entwicklungsdiagnostik entschieden zu haben.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
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