Rituale

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Milli Meter
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Registriert: Fr 4. Nov 2011, 10:32

Rituale

Beitrag von Milli Meter »

Kennt ihr das auch?

Bei meiner Tochter fing das so mit 2 Jahren an, dass bestimmte Dinge nach einem fest vorgeschriebenem Muster ablaufen mussten, ansonsten hatte ich furchtbares Theater. Zum Beispiel: der Toilettengang: Deckel hochklappen, Sitzverkleinerer drauf, Hocker davor schieben, hose runter, hochklettern, pipi machen, runter klettern, hocker wegstellen, sitzverkleinerer runter, hose hoch, deckel zu, auf deckel klettern, spülen, hände waschen. Ich musste immer daneben stehen und zugucken. helfen verboten ("SEEEELBÄÄÄÄÄÄÄÄR!")
Das selbe morgens beim Kakao machen. Sie macht sich ihren Kakao schon länger allein, mit mikrowelle etc. Mein Mann kannte den Ablauf nicht richtig und hat ihr geholfen die Mikrowelle aufzumachen (sie war nichtmal 3, hatte also große mühe dabei und er hatte es eilig). das Ende vom Lied: er bekam den becher kakao vor den latz geknallt und durfte sich umziehen, kind schreiend und weinend vor zorn trampelt im umgeschütteten kakao.... :schwitz:
Um sie auf den kindi vorzubereiten sind wir vorher mal dran vorbei gelaufen, ich hab ihr die gebastelten sterne im fenster gezeigt und gesagt: "siehst du die sterne da oben? da ist der kindi, da gehst du bald hin" - jeden tag aufm weg zum kindi MUSSTEN wir stehen bleiben und sie hat gesagt "siehst du die sterne da oben? das ist der kindi, da gehen wir jetzt hin." wehe, wir sind mal dran vorbei gelaufen und sie hat es vergessen - dann gab es 2 möglichkeiten: zurückgehen und sprüchlein sagen oder wutanfall riskieren...sie hat die gummistiefel im kindi nicht selber an bekommen? wutanfall vom feinsten bis ich sie in socken auf die nasse straße gestellt hab: dann durfte ich helfen.
eingwöhnung im kindi lief super, ich war vom ersten tag an abgeschrieben - probleme gabs nur wenn ein kind vor ihr in den kindi lief und netter weise die tür aufließ... (während der eingewöhnungszeit kamen wir erst, als alle anderen schon da waren. ich habe geklopft, bevor ich rein bin) furchtbar! man muss doch erst klopfen und dann tür aufmachen! wenn die tür schon offen ist geht das nunmal schlecht! fazit: wutanfall... seit sie in den neuen kindi geht hat sich das zum glück erledigt... das mit dem klo auch, seit sie weder hocker noch sitzverkleinerer braucht, mittlerweile muss ich sie ans spülen und hände waschen erinnern...*g* aber das war eine phase, die erst vor kurzem nachgelassen hat... aber es gibt nach wie vor dinge, die SO und nicht anders ablaufen dürfen. Helfen lässt sie sich nicht, sie lässt sich auch nix zeigen - lieber erfindet sie das rad dreimal neu... *ärks* für alles muss ich extra zeit einplanen.
Homunkulus
Dauergast
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Re: Rituale

Beitrag von Homunkulus »

Hallo Milli,

oh ja!
Das kenne ich zu gut. Die Zeit unter 3 war geprägt von Ritualen in perfektionistischer Form.
Ich habe immer gesagt, dass ich wohl das einzige Kleinkind besitze, welches Wutanfälle bekommt, wenn es nicht die Zähne geputzt bekommt. Ich mußte für jede Gelegenheit das passende Lied singen und dann auch nur das, kein anderes.

Und das fing schon sehr früh an. Sie konnte kaum laufen und ich musste zum Blutabnehmen. Sie sortierte die Utensilien auf dem Tablett der Schwester sofort alle zurück. Manchmal habe ich sogar gesagt, dass sie autistische Züge hat. So unnormal ausgeprägt war ihr Sinn für Symmetrie, Rituale und Ordnung.
Sie schlief nie im Auto und irgendwo. Nur in ihrem Bett. Wenn wir im Urlaub waren, hat sie sich gerade gewöhnt, da war der Urlaub wieder vorbei usw.

Jede Kleine Änderung an den Ritualen hat sie schwer aus der Bahn geworfen und sie verlor sich oft in ewig langen Wutausbrüchen.
Dann kam der Kindergarten. Sie passte sich innerhalb kürzester Zeit an, aber die ersten Tage hat sie verunsichert, dass die Kinder nicht alle in der Reihenfolge am Tisch saßen wie gestern. Eine schief abglegte Aktenmappen hat sie aus der Fassung gebracht. Erstaunlicher Weise war es schon nach wenigen Tagen, knapp 2 Wochen wie weggeblasen.

Der Kindergarten war somit die richtige "Therapie".

Als es um die vorzeitige Einschulung ging, war dieses Verhalten mein einziges sicheres Proargument. Also dass sie die regelmäßigen Zeiten und die immer gleichen Abläufe "lieben" wird. Und so ist es auch.

Jetzt mit 5 1/2 kann ich sagen, dass sie gut ohne Rituale leben kann. Also ganz ohne ist der Alltag ja eh nicht. Es schlummert schon noch in ihr, sodass sie ohne Geschichte nicht schlafen kann und auch immer den Fahrstuhlknopf drücken muss. Aber wenn es mal nicht so ist, versteht sie es.

LG
PippiL.
Dauergast
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Registriert: Sa 4. Sep 2010, 20:53

Re: Rituale

Beitrag von PippiL. »

Hallo,

diese Rituale kenne ich auch gut... Meiner Tochter gaben sie einfach Sicherheit.
Sie brauchte einen festen Rahmen. Eigentlich heute noch - aber nicht mehr ganz
so fest wie früher.

Hatten wir zum Beispiel ein Rollenspiel gemacht, mußte es am nächsten Tag
genauso gemacht werden. Ihren Kakao trinkt sie heute noch (jetzt 5 1/4) nur
mit Strohhalm. Ohne Geschichte läuft gar nichts! Jeden Abend büxt sie mir aus
bevor ich sie nochmal zur Toilette schicken kann:-) usw.

Es ist schon viel besser geworden!

VG
alibaba

Re: Rituale

Beitrag von alibaba »

Moin,

je jünger ein Kind ist umso sicherer erlebt es seine Welt mit ritualen, an dene es sich "festhält". Die Welt ist so etwas durchsichtigre, besser verstehbar. Denn auf Kinder prasselt die Welterfahrung ungefiltert ein, das ist Schwerstarbeit mit Mama im supermarkt einkuafen zu gehen, oder den Weg zum Kindergarten zu laufen, denn Kinder sehen das mit anderen Augen als wir. Alle Eltern sollten rituale haben, egal was das für welche sind. Sinnvoller Weise Rituale die man immer gleich gestalten kann, egal wo man ist. Ist es eben das Ritual während des Kigaslaufen bei der Nachbraskatze Hallo zu sagen, so sollte man das machen und nicht vergessen, sonst werden Kinder zornig, da man es vergessen hat. Werden die Kinder dann älter verlieren sich diese Rituale, es kommen andere hinzu, sie werden als Ritual gar nicht so ersichtlich.

Mein Sohn lässt sich von mir z.B. nicht mehr küssen, aber auf den Gutenachtkuss am Abend mit liebvoller Umarmung besteht er. Ein Ritual. ;)

VLG
Zefanja
Dauergast
Beiträge: 73
Registriert: Mo 31. Okt 2011, 19:31

Re: Rituale

Beitrag von Zefanja »

Mein Sohn hat mal geheult weil eine Ampel, die sonst immer rot war einmal grün war und ich nicht anhalten musste. :mrgreen:
Milli Meter
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Registriert: Fr 4. Nov 2011, 10:32

Re: Rituale

Beitrag von Milli Meter »

@zefanja
:lol:
das les´ ich ja jetzt erst!

@ alibaba
ja, das mit den ritualen, die natürlicherweise in unserem alltag vorkommen ist mir auch klar. jeder hat so seine alltagsrituale, und sie geben Halt etc.... Worums mir ging ist eigentlich diese Übertreibung, die meine tochter dabei an den tag legt. Ich habe mit mehreren müttern gesprochen und ihre kinder haben das z.b. nicht in dieser pedantischen, überzogenen form. Selbst eine Erzieherin sprach mich mal auf den toilettengang an...und diese rituale habe nicht ich als elternteil eingeführt, sondern sie kamen ja von ihr...
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