Kleinkind will alles über Krieg wissen

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Karen
Dauergast
Beiträge: 317
Registriert: Mo 27. Jul 2015, 22:46

Kleinkind will alles über Krieg wissen

Beitrag von Karen »

Meine Tochter ist 2J8M alt. Sie hat in Dezember zufälligerweise mitbekommen das in meinem Heimatsland Krieg ist und mein Bruder sich vor Militär verstecken muss da er seine Familie mit Baby nicht alleine lassen will. Jetzt sind meine Eltern aus diesem Land zu Besuch gekommen und sie hat das Gespräch vor fast 2 Monaten sich erinnert und will alles über Krieg wissen: Warum es Krieg gibt, was es bedeutet, warum Menschen sterben, warum Menschen weg müssen, was ist Militär, was ist ein Gefängnis (wegen meinen Bruder) und wenn die Fragen beantwortet sind, kommen dann die eher philosophischen Fragen dazu: warum Menschen sterben, warum sind Mama und Papa von Oma und Opa schon gestorben, was passiert denn, usw. Seit drei tagen reden wir jeden Tag darüber, manchmal 1 Stunde Lang und ich erzähle ihr alles so kindergerecht wie möglich. Mir würde eure Erfahrungen mit solchen Fragen interessieren. Ich finde es recht schwierig, da es ist immer ein Gradwanderung ist zwischen erklären und sie Angst einjagen (und sie ist sehr sensibel und merkt alles), und meine zweite Problem ist dass es mich selber beschäftigt, und ich selber traurig werde wenn wir darüber reden und dass bekommt sie ja auch mit und weiss nicht so genau wie sie dass einordnen soll. Sie kann sehr gut Gefühle erkennen und benennen, aber das Thema ist doch so irreal für sie das sie eher verwirrt ist dass es mich traurig macht. Sie ist ja noch nicht 3 Jahre alt! Könnt ihr vielleicht eure Erfahrungen über solche Fragen teilen, oder habt ihr Ideen wie ich Krieg/Tod besser erklären kann oder kennt ihr vielleicht schöne Kinderbücher darüber? Danke!
Ramona
Beiträge: 4
Registriert: Di 3. Mai 2016, 08:41

Re: Kleinkind will alles über Krieg wissen

Beitrag von Ramona »

Guten Morgen!
Der Beitrag ist zwar schon etwas älter, trotzdem gebe ich mal meinen Senf dazu. ;)

Mein Sohn hat in dem alter auch sehr viel über Tod usw. gefragt. Denn auch unsere Familie ist vor Krieg geflohen, wir hatten zu Hause eine zeitlang 15 Verwandte aufgenommen. Da hat er dann natürlich auch einiges mitbekommen. Auch er hat dann natürlich immer weiter gebohrt, wollte bis ins letzte Detail alles wissen. Das war für mich auch recht schwer, da er emotional vieles nicht einordenen konnte. Es entwickelte sich eine zeitlang die übergroße Angst, dass ich bald sterbe.
Inzwischen ist er 6 Jahre alt und geht prima mit diesem Thema um.
Allerdings mussten wir als Eltern und meine Eltern ebenfalls viel mit ihm darüber sprechen. Für ihn war es ganz wichtig zu erfahren, was mit ihm passiert, SOLLTE ich einmal sterben. Er musste ganz genau wissen, dass er dann trotzdem nicht alleine ist. Dass Papa da ist, Oma und OPa auch, Tanten und Onkel ihn niemals alleine lassen würden.
Ich selber habe mir seitdem fest vorgenommen gewisse Themen nur in den Abendstuden zu besprechen, wenn mein Sohn schläft. Mein Sohn versteht Kopfmäßig unglaublich viel, kommt auf Gedankengänge die mich immer wieder total verblüffen. Aber emotional ist er ein Kind. Und da gibt es einfach Themen, die er psychisch nicht verarbeiten kann. Aus denen sich Albträume und Ängste entwickeln.
Vielleicht muss man als Eltern auch einfach dann mal ein Gespräch stoppen. Man MUSS den Kindern schlimme Dinge nicht bis ins Detail erklären. Ich weiß, dass das nicht leicht ist. Wenn ich hier ein Thema stoppe, dann kommt erst einmal ein wutanfall. Aber ich sage ihm dann, dass es Dinge im Leben gibt, die nichts für Kinder sind. Auch nicht für schlaue Kinder. Dass ich ihm aber verspreche, wenn ihn dieses Thema später immernoch interressiert, es im richtigen alter genau zu erklären. Und dann lenke ich ab. Z.b. mit zusammen etwas kochen etc.

Das Thema Tod kann man aber ganz gut vermitteln. Es gab einmal einen Beitrag dazu im Kinderfernsehen. Von der Sendung mit der Maus. Da wurde das Thema wirklich nett behandelt. Vielleicht findet man das im Internet irgendwo.
Ansonsten denke ich, ist es immer gut, wenn man selber den Tod als natürlich betrachtet. Dann kann man es auch ohne Angst und Panik vermitteln. Und vielleicht nicht mit Hölle ankommt. Sondern einfach betrachtet, was für unterschiedliche Ansichten die Menschen darüber haben. Das fand mein Sohn spannend und teilweise auch lustig.
Mathesembed
Beiträge: 18
Registriert: Mi 27. Apr 2016, 10:01

Re: Kleinkind will alles über Krieg wissen

Beitrag von Mathesembed »

Ramona hat geschrieben:Guten Morgen!
Der Beitrag ist zwar schon etwas älter, trotzdem gebe ich mal meinen Senf dazu. ;)

Mein Sohn hat in dem alter auch sehr viel über Tod usw. gefragt. Denn auch unsere Familie ist vor Krieg geflohen, wir hatten zu Hause eine zeitlang 15 Verwandte aufgenommen. Da hat er dann natürlich auch einiges mitbekommen. Auch er hat dann natürlich immer weiter gebohrt, wollte bis ins letzte Detail alles wissen. Das war für mich auch recht schwer, da er emotional vieles nicht einordenen konnte. Es entwickelte sich eine zeitlang die übergroße Angst, dass ich bald sterbe.
Inzwischen ist er 6 Jahre alt und geht prima mit diesem Thema um.
Allerdings mussten wir als Eltern und meine Eltern ebenfalls viel mit ihm darüber sprechen. Für ihn war es ganz wichtig zu erfahren, was mit ihm passiert, SOLLTE ich einmal sterben. Er musste ganz genau wissen, dass er dann trotzdem nicht alleine ist. Dass Papa da ist, Oma und OPa auch, Tanten und Onkel ihn niemals alleine lassen würden.
Ich selber habe mir seitdem fest vorgenommen gewisse Themen nur in den Abendstuden zu besprechen, wenn mein Sohn schläft. Mein Sohn versteht Kopfmäßig unglaublich viel, kommt auf Gedankengänge die mich immer wieder total verblüffen. Aber emotional ist er ein Kind. Und da gibt es einfach Themen, die er psychisch nicht verarbeiten kann. Aus denen sich Albträume und Ängste entwickeln.
Vielleicht muss man als Eltern auch einfach dann mal ein Gespräch stoppen. Man MUSS den Kindern schlimme Dinge nicht bis ins Detail erklären. Ich weiß, dass das nicht leicht ist. Wenn ich hier ein Thema stoppe, dann kommt erst einmal ein wutanfall. Aber ich sage ihm dann, dass es Dinge im Leben gibt, die nichts für Kinder sind. Auch nicht für schlaue Kinder. Dass ich ihm aber verspreche, wenn ihn dieses Thema später immernoch interressiert, es im richtigen alter genau zu erklären. Und dann lenke ich ab. Z.b. mit zusammen etwas kochen etc.

Das Thema Tod kann man aber ganz gut vermitteln. Es gab einmal einen Beitrag dazu im Kinderfernsehen. Von der Sendung mit der Maus. Da wurde das Thema wirklich nett behandelt. Vielleicht findet man das im Internet irgendwo.
Ansonsten denke ich, ist es immer gut, wenn man selber den Tod als natürlich betrachtet. Dann kann man es auch ohne Angst und Panik vermitteln. Und vielleicht nicht mit Hölle ankommt. Sondern einfach betrachtet, was für unterschiedliche Ansichten die Menschen darüber haben. Das fand mein Sohn spannend und teilweise auch lustig.
Super erklärt! Sehe das ganz genauso. Das wichtigste ist einfach dem Kind so etwas nicht vorzuenthalten, aber gleichzeitig nicht zu sehr ins Detail zu gehen.
Einfach auf den Punkt gebracht. :) Das Kind realisiert ja selber recht schnell, wenn man nicht die Wahrheit erzählt.
Lieber gleich ehrlich sein.
Karen
Dauergast
Beiträge: 317
Registriert: Mo 27. Jul 2015, 22:46

Re: Kleinkind will alles über Krieg wissen

Beitrag von Karen »

Schön dass ihr das Thema wieder gefunden habt und Danke für eure Gedanken. Bei uns ist es auch schon fast halbes Jahr her und die kleine ist schon 3 geworden. Es bleibt immer noch ein Thema, ist aber nicht mehr so extrem präsent. Thema Tod finde ich auch dass es relativ einfach zu vermitteln ist. Meine Erklärung basiert auch auf 2 Grundsteine: alle werden geboren und sterben, und niemand weiss was danach passiert, und deshalb können wir uns selber überlegen was möglich wäre (die Ideen kommen dann von meiner Tochter und Sternen, andere Menschen, Bäume waren schon als Möglichkeit vorgeschlagen). Spannend war dass wenn ich sie gesagt habe, dass niemand weiss was danach passiert, hat sie mir geantwortet dass es nicht stimmt: "die die gestorben sind wissen es" :-) . Ja, das stimmt, sie können einfach uns nicht darüber erzählen. Angst hat sie zum glück keine, nur dass sie traurig sein würde wenn ich oder papa sterben würden.
bei Thema krieg hat es geholfen dass ich selber abstand gefunden habe. Sie zeigt immer noch Syrien, Ukraine, Burundi, Somalia und Afganistan auf die Karte und erzählt dass es dort ganz gefährlich ist zum Reisen/Ferien, aber sie will nicht mehr alles bis letzte Detail wissen, ich muss einfach immer mal wieder die gleiche "Geschichte" erzählen warum und wo welche Krieg ist...
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