sinus hat geschrieben:...Katze hat das alles sehr gut beschrieben. Es ist aufwändig und man muss sich auch als Elternteil oft überwinden bzw. die Zeit freischaufeln, um sich mit dem Kind hinzusetzen. Das ist im Alltag oft gar nicht so leicht.
Bei uns war/ist das tatsächlich dann oft erst am Abend, dass wir die Zeit finden. Direkt nach der Kita etc. will ich dem Kind meist erstmal eine Auszeit gönnen und dann ist es bald meist so schön im Spiel oder gar verabredet, dass es dann nachmittags auch nicht passt. Vor dem Abendessen ist es ungünstig, mit hungrigem Bauch ist die Geduld ggf nicht besonders groß.
Also bleibt bei uns dann meist nur die Zeit nach dem Abendessen, irgendwann vor dem Schlafen gehen. Meistens ist das hier zwischen 20 und 21 Uhr.
Zum Glück ist meine Tochter um diese Zeit noch fit, so dass das bei uns gut klappt. Geht aber sicher nicht mit allen Kindern.
Ab und zu kommt es auch vor, dass ich selbst sage: nein, heute schaffe ich es nicht mehr oder heut hab ich keine Lust. Da muss man aufpassen, dass das nicht zu oft wird.
Am besten ist es, das irgendwie rituell in den täglichen Tagesablauf aufzunehmen. Eine Musiklehrerin sagte dazu mal, es solle am besten so selbstverständlich wie Zähneputzen werden.
Wenn man es zu frei gestaltet, ob und wann man übt, hat man da sicher öfter mal die Diskussionen drum.
Ich selbst bekomme das aber nicht so ganz hin. Also hier wird nicht täglich geübt, aber 4-5x die Woche sollte es am Anfang schon sein.
Die Große übt aktuell nur noch so 2-3x die Woche, aber grad bei den Kleinen, bei Anfängern, reicht das nicht, wie ich finde.
Für diese ist es auch wichtig, baldige Fortschritte zu sehen, um weiter motiviert zu bleiben und das geht natürlich besser mit häufigerem Üben.
Allgemein sagt man, täglich 5 Minuten üben wäre effektiver als bspw nur 1- 2x die Woche lange am Stück. Das deckt sich mit meiner Erfahrung.
Ich habe Freunde, da hat das Kind immer nur am Tag vor dem Unterricht geübt. Das hat dann aber auch bald wieder aufgehört.
Bei so Kleinen wird beim Üben noch viel gealbert und gekaspert und man hat immer gut zu tun, dass das Kind die aufgegebenen Sachen spielt und nicht zu viel redet, rumprobiert etc.
Das muss man mit einplanen und sollte da einerseits genug Freiraum für Spaß und Experimente bieten, andererseits aber auch sanft immer wieder zur eigentlichen Aufgabe lenken.
Ganz wichtig ist, sich und dem Kind klarzumachen, dass das Gehirn Zeit braucht, um Neues zu lernen. Sehr oft muss man wirklich nur eine Nacht drüber schlafen und plötzlich klappt etwas ganz von allein, was am Tag zuvor noch sehr schwierig schien. Das ist echt immer wieder erstaunlich, wie ich finde. Also das so live zu erleben. An einem Tag gabs noch totales Fingerchaos, am Tag darauf machen die Finger es fast von allein.
Da kann man das Kind auch immer wieder drauf hinweisen, wenn es mal frustriert ist, weil es was nicht hinbekommt.
Bei der Geige ist Frustrationstoleranz und Gelassenheit besonders wichtig, würde ich sagen. Bei der Großen könnte ich mir das Instrument bspw GAR nicht vorstellen.
Es ist einfach so viel gleichzeitig zu beachten, dass man im Grunde NIE alles richtig macht. Es gibt IMMER mehreres, was falsch war oder nicht richtig beachtet wurde und darauf muss man leider das Kind auch aufmerksam machen, damit sich keine Fehler manifestieren. Denn schöne Töne kommen wirklich nur, wenn alles gut aufeinander abgestimmt ist:
Bogenhand:
Finger müssen alle richtig sitzen (locker halten, trotzdem halten & lenken können)
Bogenstrich:
nicht zu fest, nicht zu locker auf der Saite, Bogen an der richtigen Stelle auf der Geige streichen lassen (nur eine Saite anstreichen, sich genau in der Mitte zwischen Steg und Saitenhalter bewegen) und beim Streichen nicht schief werden, das Tempo des Bogenstriches muss passen, die Stelle, an der der Bogen benutzt wird, ist ebenfalls zu beachten (ganzer Bogen oder halber Bogen, Aufstrich oder Abstrich, abgesetzt oder gebunden...)
Das alles war jetzt nur für die eine, die Bogenhand!
Dazu kommt noch Körperhaltung/Geigenhaltung und dann hat man ja noch die Hand, die die Geige hält und die Töne greift:
auch die darf nicht zu locker, nicht zu fest sein, der richtige Finger muss an die richtige Stelle gesetzt werden und man muss hören, ob der Ton stimmt.
Aber auch wenn die linke Hand die ist, die die richtigen Töne greift - viel wichtiger, und das ist für das Kind ggf nicht immer so klar und da muss man immer wieder erinnern und korrigieren, ist wirklich die rechte Hand, die mit dem Bogen.
Ach ja - Notenlesen und Rhythmen beachten muss man bei all dem dann auch noch.
Als Übebegleiter muss man da oft abwägen, wo ich jetzt erinnere/korrigiere, denn eigentlich ist alles wichtig, aber man will das Kind ja auch nicht frustrieren, indem man immerzu mindestens 5 Sachen sagt, die noch nicht richtig waren...
Meine Große würde schon bei einer Sache ausflippen, die ich anmerke. Die Kleine ist da zum Glück toleranter. Aber auch da bauche ich Fingerspitzengefühl. Vor allem, wenn sie es - oft - selbst schon weiß, was alles hätte anders sein müssen, aber der Körper einfach noch nicht alles koordiniert bekommt bzw sie sich einfach nicht auf so vieles gleichzeitig beachten kann.
(Wenn sie auf die Finger guckt, kann sie bspw nicht gleichzeitig auf die Noten schauen und verliert dann womöglich die Stelle, an der sie war etc pp)
Da braucht man wirklich einiges an Geduld und Motivation.
Aber da steht einem ja normalerweise der Lehrer mit Rat und Tat zur Seite, weiß, wie man die technischen Aufgaben gewichtet und wie viel man einem Kind zeitgleich zumutet. (Bspw hat meine Tochter die ersten Wochen nur gezupft, also ganz ohne Bogen geübt. Später wurden die Stücke oft erst gezupft und erst wenn die Finger richtig gegriffen haben, wurde der Bogen dazugenommen usw)
Nur lag es bei uns ja jetzt wegen Corona alles in meiner Hand.
Wenn deine Tochter, Meine3, Geige lernen mag, würde ich das tatsächlich jetzt beginnen.
Ich glaube, das ist ein gutes Alter und später wird's evtl nicht leichter. Grad auch, weil die Ansprüche an sich selbst mit wachsendem Alter evtl auch größer werden.
Geige ist insofern ein schönes Instrument, dass es schnell in ein Orchester/Ensemble integriert werden kann. Das sind dann ja immer sehr schöne, beflügelnde Erlebnisse.
Die Große hat ja damals mit Beginn der Grundschule das Saxophon gewählt und da fehlt das leider bisschen. Die Big Bands/Blasorchester sind meist - zumindest hier - für eher älter Kinder bzw Jugendliche und da wäre/ist sie sogar jetzt mit 11 noch die jüngste. (Saxophon ist oft Zweitinstrument oder Folgeinstrument nach der Flöte, schon darum sind die alle älter)
Und mir persönlich fehlt da auch mitunter die Klassik ein bisschen.
Meine Jüngste wird wohl schon demnächst in einem Kinderorchester mitmachen können.
In ihrer Grundschule bspw gibt es auch ein Streicherprojekt, wo die Kinder ab Klasse 3 zusammen in einem Streichorchester spielen - das sind dann ja vorwiegend Anfänger, die für dieses Projekt das erste Mal ein Streichinstrument in der Hand bekommen. Und die Ergebnisse, wenn die zusammen was aufführen, sind trotzdem immer erstaunlich gut anzuhören, wie ich finde. Und mein Gehör ist relativ anspruchsvoll.
Das Gehör wird bei der Geige übrigens ganz besonders gut geschult, denn schon ein minimal falsch gesetzter Finger führt sofort zu einem unsauberen Ton. (Bei größeren Streichinstrumenten ist die Toleranz etwas größer. Wie Katze aber schon geschrieben hat, gibt es bei den Anfängern aber Aufkleber, die ein bisschen helfen, die richtige Stelle für die Finger zu finden. Aber das ist nur eine Anhaltspunkt, unsauber kann es trotzdem noch werden, weil die Stelle grad bei den ganz winzigen Geigen wirklich sehr genau getroffen werden muss)
Ich kenne übrigens auch viele Geiger, die auch sehr schön singen können. Womöglich hängt das auch zusammen.
Unsere Geige ist ein Leihinstrument für 15 Euro im Monat. Von der Musikschule. Man kann aber auch direkt beim Geigenbauer mieten.
Da kann man sich auch beraten lassen, ob letzten Endes ein Leihinstrument oder ein gekauftes günstiger kommt. Man kann auch anfangs leihen und später vergünstigt kaufen, da wird die schon gezahlte Leihgebühr dann angerechnet. Das macht aber bei den kleinen Geigen, aus denen die Kinder ja rauswachsen, eher wenig Sinn, denke ich.
Ich würde also mit einem Leihinstrument beginnen. Die Kinder wachsen da ja auch bald aus der jeweiligen Geigengröße raus.
Man soll übrigens tendenziell lieber die kleinere Geige nehmen, als eine, in die das Kind noch reinwachsen muss. Aber da solltet ihr euch wirklich vom Fachmann beraten lassen.
Meine eigene, ganze Geige (4/4), die ich aktuell spiele habe ich zwar nahezu geschenkt bekommen, von jemanden, der froh war, dass sie überhaupt wieder gespielt wird, aber wir haben sie vom Geigenbauer richten und schätzen lassen und er meinte, es wäre eine recht gute Geige und sie habe etwa einen Wert von ca. 700 Euro. Ich bin sehr zufrieden mit der Geige, habe noch eine zweite da und zeitweise noch auf 2 anderen gespielt, die ich alle deutlich schlechter fand.
Also für unter 1000 Euro kann man später ein gutes Instrument fürs Leben haben. (Wenn man damit nicht gerade Karriere als Solist machen möchte natürlich)
Geige gehört damit auch nicht unbedingt zu den teuersten Instrumenten, würde ich sagen. (Im Vergleich zum Saxophon - mit 1000 Euro aufwärts oder einem Cello mit 2000+ Euro bspw)
Mit der Geige kann man übrigens heutzutage auch nach kurzer Zeit schon schöne Sachen spielen. Zu meiner Kindheit war das bisschen eingeschränkt auf Klassik, aber heutzutage gibts sehr viel drumherum, bspw aus dem Folk. Die Stücke sind oft leicht und melodisch und man kann sie schön mehrstimmig spielen. (Da gibts bspw eine "Fiddler"-Reihe mit zahlreichen Heften, mit Begleitstimmen für Klavier und /oder Gitarre und 1-2 Begleitstimmen zur Melodie auf der Violine. Das geht von Irisch Folk über Tango bis Klezmer und weiter... Ich habe davon ca 10-15 Hefte da. Da gibt es immer auch eine "easy violin" Begleit-Stimme, die ist wirklich leicht und die wird meine Kleine sicher bald schon bei einige Stücke, vor allem aus dem Bereich irish Folk, mitspielen können)
Man kann das oft auch mit der Flöte spielen, also entweder Melodie oder Begleitstimme, so dass man da auch zu zweit Flöte+Geige mehrstimmig spielen kann. (Richtig schön wird's dann aber erst mit Gitarre)
Auch Filmmusiken (Harry Potter, Herr der Ringe & Co) gibts viele, mit Playback CDs, zu denen man spielen kann. (die sind aber sicher meist erst nach 3-5 Jahren spielbar)
Ich selbst hab übrigens nicht lange Geige gelernt - nur etwas über 5 Jahre. Dann gut 25 Jahre gar nicht mehr gespielt und jetzt spiele ich seit ein paar Jahren wieder zusammen mit Freunden in einer kleinen Folk-Gruppe. Zum eigenen Vergnügen und ab und an auch vor anderen.
Ich war damals selbst überrascht, auf wie viel ich nach den vielen Jahren noch zurückgreifen konnte.
Ich bin so dankbar, dass ich das als Kind gelernt habe, obwohl ich DAMALS keine Freude dran hatte.
(5 Lehrerwechsel in 5 Jahren, einer davon sehr eingeizig mit mir, dazu sehr cholerisch, so dass ich als 7jährige vor jeder Stunde vor Angst geweint habe, einer davon das Gegenteil und so desinteressiert, dass ich indem Jahr bei ihm bei ihm quasi gar nichts gelernt habe und dann total zurückgefallen bin und eine Prüfung, die damals jährliche Pflicht waren, erst verpasst (er hatte es versiebt) und dann nicht bestanden habe... nur im Orchester hat es Spaß gemacht und bei dem einen Lehrer, der dann leider zur Armee musste. Also Augen auf bei der Lehrerwahl
)
Ich finde jedenfalls, heutzutage macht so ein Instrument viel mehr Spaß, als noch in meiner eigenen Kindheit...
Also insofern: Legt los - es lohnt sich!!!!