Sorgenkinder

Fragen aus dem Alltag, Tipps und gute Ratschläge
Meine3
Dauergast
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Sorgenkinder

Beitrag von Meine3 »

Hallo ihr Lieben,

ich muss mich einfach mal auskotzen... :oops:... Lasse hier also meinen Gedankenwust los ohne konkrete Fragestellung :mrgreen:.

Meine Tochter (5;4 Jahre jetzt) hat in den letzten 3 Wochen 4 mal ins Bett gemacht nachts. Sie ist seit sie 2 3/4 trocken, auch nachts. Zu ihren eh schon vorhandenen Problemen ( sehr häufiges weinen, schnelle Wut, große Kindergartenunlust) kommt jetzt noch Bettnässen :gruebel: ? Wir merken immer wieder, dass sie ihren Bruder in einigen Bereichen mittlerweile fast überholt :o in vielen Dingen oder zumindest gleich weit ist. Sie sind 1,5 Jahre auseinander und mein Sohn ist ja auch ein "schneller", während mein Sohn jedoch sein Wissen gern präsentiert und viel Lob und Anerkennung braucht und einfordert, macht sie immer alles "heimlich" und nebenher. Sie prahlt nicht damit, zeigt überhaupt nicht, was sie alles kann. Ein Beispiel: sie wollte beim Abendbrot aus heiterem Himmel eine Geteilt-Aufgabe gestellt bekommen. Wir waren ganz verwundert, weil wir gar nicht wussten, dass sie das schon kann. Auf die Aufgabe 6:2=?antwortete sie wie aus der Pistole geschossen "3!". Ich war perplex und fragte sie, woher sie das weiß und wie sie das so schnell ausgerechnet hat. Sie erklärte mir, dass sie einen Würfel im Kopf hat und die 6 auf dem Würfel wäre ja in zwei Reihen geteilt und in jeder Reihe seien 3 Punkte : 8-)...Verwundert hat mich hier vor allem die enorme Schnelligkeit ihrer Antwort, unter Rücksichtnahme, dass sie ja ein vorhandenes Bild in ihrem Kopf benutzt hat, um sich die Aufgabe zu erklären. Solcherlei Beispiele gibt es natürlich einige im Alltag, aber das war das letzte und einprägendste in den letzten Tagen.

Gleichzeitig geht es ihr immer schlechter. Sie weint extrem oft, hat Einschlafprobleme, jammert viel ist oft mismutig... Ich bin derzeit auf der Suche nach einem anderen Kindergartenplatz für sie, da ihr Hauptproblem ja zu sein scheint, dass sie sich dort einfach fehl am Platz fühlt (sowohl kognitiv als auch sozial). Typischer Misfit eben. Gleichzeitig habe ich die Hospitation angefragt, welche die Schule erstmal rundweg abgelehnt hat, ebenso die Einschulung zum Halbjahr. Ich bin so ein wenig mit meinem Latein am Ende. Ich bin ja überhaupt nicht überzeugt, dass eine Quereinschulung die richtige Lösung wäre, aber mangels noch übrig bleibender Alternativen, habe ich eben auch das in Erwägung gezogen. Mein Mann sieht die Probleme zwar, reguliert sie aber immer wieder und argumentiert, dass doch viele Kinder in der Vorschule nicht mehr gern in den Kindergarten gehen, viele Mädchen in dem Alter oft weinen, "mal" ins Bett machen doch "normal" wäre... :gruebel: . Klar, einzeln betrachtet hat er sicher recht. Aber wenn man alles zusammen nimmt, so sehe ich ein Kind, dass wirklich grade unglücklich ist...

Bei meinem Sohnemann läuft es seit den Herbstferien etwas besser mit der Schule (1. Klasse, 7;0 Jahre alt). Er geht ganz gern, nur Mathe wird immer noch "gehasst", allerdings lediglich in der Schule. Er erzählt, dass er im Unterricht fast einschläft, weil es SOOOOO langweilig ist und beklagt sich sehr oft über Unterforderung (obwohl er mittlerweile Einrichment erhält, da die Lehrerin gemerkt hat, warum Sohnemann manchmal so unkonzentiert oder verträumt ist), aber die ständigen Wiederholungen und leichten Aufgaben (Mengen bestimmen, indem man sie einkringelt, etc.) quälen ihn richtiggehend. Zu Hause teilt er dann einen halben Knödel in vier gleichgroße Teile und verkündet so nebenbei, dass, wenn er das mit der anderen Hälfte vom Knödel noch macht, nochmal 4/8 hätte oder wenn man den ganzen Knödel betrachtet er 8/8 hat (wir haben ihm Bruchrechnen lediglich an einem Stück Kuchen vor über einem Jahr kurz erklärt, so nach dem Motto, ganzer Kuchen, zwei halbe Kuchen ist auch ein ganzer Kuchen :lol: ...). Er fragt mich nach Wurzelziehen und Quadratzahlen und nach einem Satz von mir als Erklärung zählt er Beispiele auf, die alle richtig sind 8-). Das passt halt auch nicht so ganz mit Mengen einkringeln zusammen :? ... Ich bin am überlegen, ob ich nicht doch mal ein Gespräch mit der Lehrerin erbitten sollte? :gruebel:


Einen Elternabend hatten wir seit Schulbeginn nicht, viele Bekannte erzählen von ihren 1.klässlern an anderen Schulen und dass schon der 1. Elternabend statt gefunden hätte... :?:

Lesen tut Sohnemann zwischenzeitlich ganze Wörter und einzelne Sätze (konnte vor Schulbeginn OFFZIELL ;) nicht lesen und hat sich im letzten Jahr regelrecht selbst gebremst in diesem Bereich, da ihm ja von den Erziehern suggeriert wurde, dass lesen und rechnen "schlecht" sei), und liest mit Vorliebe Straßenschilder (Durchfahrt verboten - Landschaftsschutzgebiet, Einfahrt, etc), Verpackungen und Reklame, sowie Überschriften von Büchern. Es strengt ihn aber oft an (visuell), die Augen tränen schnell oder " es verschwimmt alles". Beim Augenarzt waren wir bereits, er ist weitsichtig, aber nicht so stark, dass er zum jetzigen Zeitpunkt eine Brille bräuchte. Der Arzt meinte, er könne das als Kind sehr gut kompensieren und seine Probleme können nicht daher rühren. Da er ja auch nie Puzzles mochte und da wirklich auffällig "abfällt" im Gegensatz zu seinen restlichen kognitiven Fähigkeiten und auch Probleme mit dem Erkennen von Gesichtern hat, könnte ich mir vorstellen, dass er eventuell zusätzlich zu dem "vielleicht" ADHS auch eine visuelle Wahrnehmungsstörung hat :gruebel:. Kennt sich damit jemand aus? Gehe ich mit der Problematik erst einmal zum Kinderarzt und der sagt mir dann wie es weitergeht? Er liest übrigens lange und komplizierte Wörter problemloser als die kurzen Silben, die derzeit in der Schule dran sind. Da verdreht er oft die Buchstaben (aus Ma wird dann Am oder ähnliches) :gruebel: :gruebel: Er verdreht auch oft 2- oder 3 stellige Zahlen, wohingegen er beim kopfrechnen überhaupt keine Probleme in diesem Zahlenbereich hat.

In seinem Verhalten ist er derzeit leider aber wieder enorm anstrengend. Er ist zur Zeit wieder schnell (aus objektiver Sicht: grundlos) aggressiv, so wie zu Kita-Wechsel- Zeiten, was Auslöser damals für die Diagnostik war. Beispielsweise habe ich ihm letztens seine Armbanduhr vor dem Sport ausgezogen (was er ohne Murren akzeptiert hat) und sie dann in seinen Schulranzen gepackt. Er war zwischenzeitlich auf der Toilette. Als er zurück kam, hat er mich ohne Vorwarnung angebrüllt und ist ausgerastet, wo ich seine Uhr "versteckt" hätte, er bräuchte sie jetzt! Ich kam nicht mal zum antworten, weil er immer weiter gebrüllt hat...

Er fragt uns Löcher in den Bauch, zweifelt aber JEDE Antwort an, mit den Worten:" du lügst!" oder " das glaube ich dir nicht." Ich habe schon gar keine Lust mehr, ihm zu antworten :geek:. Es ist auch nicht so, als würde ich ständig behaupten, ich habe Recht. Ich antworte immer wahrheitsgemäß, sprich, wenn ich etwas nicht weiß, dann teile ich das mit und biete an, es nachzuschlagen (Buch, Internet...). Diese neue Art bringt mich zur Weißglut :oops: und macht mich oft sehr ungehalten ihm gegenüber. Auch mit seinen Wutausbrüchen oder seinem überschnell beleidigt sein, komme ich derzeit nicht gut zurecht und reagiere oft ungeduldig oder ebenfalls wütend. Das wiederum führt natürlich zu Selbstzweifel und hinterfragen meiner Erziehungsmethoden :gruebel:...

Wie ihr sicher schon gelesen habt, überlege ich, meinen Sohn nochmal von einem Spezialisten für HB und AD(H)S vorzustellen, wovon mein Mann so überhaupt nicht begeistert ist. Er hält weder von Ärzten noch von Psychologen, Therapeuten und anderen "Quacksalbern" (O-Ton Ehemann) etwas, hat selbst meiner Meinung nach eine Arztphobie. Er möchte die Verhaltensweisen und Wesenszüge seiner Kinder nicht pathologisieren, während ich mittlerweile denke, dass es für mich einfach nur noch eine Erleichterung wäre, wenn ich einen Grund für viele Dinge, die unsere Kinder tun oder nicht tun, hätte :roll:.

Irgendwie drehe ich mich im Kreis und ich empfinde es momentan als Last, mir ständig einzureden, dass das nur Phasen sind, nur weil mein Mann keine Hilfe von außen in Anspruch nehmen möchte.

Unsere Kleinste macht grade die wenigsten Probleme und das, obwohl sie VOLL in der Trotzphase ist :schwitz: und das ist auch oft recht mühsam...



Ich entschuldige mich schon im Voraus für den verbalen Durchfall, den ich hier abgelassen habe. Ich musste mir einfach mal Luft machen, bei Menschen, die mich wahrscheinlich verstehen... :fahne:
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
sinus
Dauergast
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Re: Sorgenkinder

Beitrag von sinus »

Uh, das ist zu viel, um auf alles einzugehen.
Zu deiner 5jährigen: da würde ich unbedingt aktiv werden. Ich kenne das von der Großen aus dem Vorschuljahr und habe es damals auf "Zahnlückenpubertät" und Entthronung durch die Schwester geschoben.
Ich glaube inzwischen, dass es vor allem Unterforderung/Misfit war.
Wobei Unterforderung ....Sie hatte in der Freizeit eigentlich viele Anregungen und war damals nur bis zum Mittag im Kindergarten.
Hat leider nicht gereicht. Ich denke, es war vor allem, dass sie sich im Kindergarten nicht wohl gefühlt hat.

Hat dein Tochter Freunde/einen Freund, der gut passt?
Da den Kontakt unbedingt fördern. Das hält meine 5jährige grad "bei der Stange".

Ich wollte übrigens grad selbst ein Thema eröffnen, das mich umtreibt: ich habe den Eindruck, dass Unterforderung/Misfit dazu führt, dass die Kinder eher weniger offen für Neues sind. Das würde die zusätzliche Förderung in der Freizeit natürlich sehr erschweren...
Meine Große war da richtig extrem - sie wollte fast gar nichts annehmen vom dem, was wir ihr anboten. Nicht ins Puppentheater, nicht mit ins Konzert, irgendwelche Sportangebote waren auch doof, Chor war doof. Alles war doof, nichts wollte sie. In der Grundschule war es ähnlich.
Jetzt, wo sie grad etwas aufblüht an der weiterführenden Schule, wird sie offener und will jetzt von sich aus wieder einen Sport machen. (Leider ist es Schwimmen und alle Plätze grad belegt, Mist!)

Die Kleine fängt jetzt auch manchmal schon so an, dass sie so Angebote doof findet. Und das, wo sie bis vor Kurzem sich über Angebote immer total gefreut hat und alles ausprobieren wollte --- jetzt wird sie ablehnender.
Vielleicht ist es aber auch einfach ein Stück weit typisch für das Alter, wer weiß...
(Besser) Lesen lernen will sie grad auch nicht mehr, was sie ein halbes Jahr lang ja immer unbedingt wollte.
Ihren Schwimmkurs fand sie erst auch immer ganz toll, jetzt mag sie nicht mehr hin.
Aber wenigstens freut sie sich immer sehr auf den Instrumentalunterricht und übt recht gern Geige.
Die Geige ist übrigens eine tolle Herausforderung für sie, denn es erfordert Geduld, Durchhaltevermögen, motorisches Geschick, Rhythmusgefühl, kognitive Leistung (Notenlesen), Gehör...

Abgesehen vom Misfit im Kindergarten würde ich dafür sorgen, dass deine Tochter genug "für die Seele" tut.
Bei meiner großen Tochter war und ist es im Winter übrigens am Schlimmsten, generell hatte sie jedes Jahr im November/Dezember/Januar ihre schwerste Zeit.
(Darum hab ich eben heute nach einer Tageslichtlampe geschaut, die wir mal gegen ihre "Winterdepressionen" testen wollen. Plus Vitamin D - das brauchen die Kinder im Winter ebenfalls verstärkt. Meine besonders, da sie durch ihren asiatischen Vater ja eher dunkle Typen sind.)

Was tut deiner Tochter denn gut? Was macht sie gern, was bringt sie ins innere Gleichgewicht/macht sie glücklich?
Davon würde ich so viel wie möglich versuchen zu bieten.
Richtig gut taten und tun bis heute meiner Großen das Malen und Draußensein/Naturerlebnisse.
Und Vorlesen, vorlesen, vorlesen.

Um ihre Sorgen loszuwerden, haben wir mit der Großen im Vorschuljahr, als sie abends regelmäßig grundlos weinte und Sachen sagte wie "ich wär am Liebsten gar nicht da", ein Sorgentagebuch angefangen. Dazu haben wir uns abends zusammen aufs Sofa gekuschelt und sie hat mir alles erzählt, was bedrückt und beschäftigt. Ich habe es für sie aufgeschrieben (ohne groß zu kommentieren, das wollte sie nämlich nicht)
Ursprünglich wollte ich, dass sie mir alles Schöne des Tages nennt, um sie von ihrem negativen Sichtweise abzubringen, aber letzten Endes war es ihr wichtiger, sich alles von der Seele reden zu können und darum habe ich im Buch dann zwei Seiten gemacht: eine für die Sorgen und eine für das Schöne des Tages.
Ich hatte den Eindruck, dass ihr da wirklich geholfen hat, vor allem auch, dass sich jemand ganz bewusst die Zeit genommen hat, ihr zuzuhören. (War ja auch Exklusivzeit für sie!)
Bis heute braucht sie das und erzählt mir (und nur mir) abends vor dem Schlafen oft ganz viel von dem, was sie so umtreibt und bedrückt.
Im meine. Online-Einkaufskorb heute ist für sie für diese Gelegenheiten dieses Buch gelandet:
https://www.amazon.de/dp/3981845005?aax ... 0Notizbuch

Vielleicht ist sowas in der Art ja auch was für euch? ...

Weiß deine Tochter, dass sie mehr kann als andere in dem Alter?
Ich habe meiner Kleinen nach dem Test direkt gesagt und tu es auch regelmäßig, dass ihr Kopf schon längst 6 ist und sie darum dies und jenes schon kann/darf. (Heut ist sie daheim und grad eben malt sie ein Malen-nach-Zahlen-Bild, was mir 9+ angegeben ist. Hast sie übrigens selbst bemerkt, die Altersangabe.)
Ich versuche nach den Erfahrungen mit der Schwester bewusst, ihr Selbstbewusstsein zu stärken.
Vielleicht auch Typfrage/Frage des Charakters, aber bisher funktioniert es scheints ganz gut.

Ach ja - sie hat hier mehrere ältere Freunde im Umfeld, mit denen sie regelmäßig (mehrmals die Woche) ausgiebig spielt. Das tut ihr auch erkennbar gut.
Und in meinen Malkurs für Grundschulkinder darf sie ab und an mit.
Kannst du deine Tochter evtl auch in Kurse mit/für ältere Kinder unterbringen?
Hier gibts bspw noch Schach, das wird zwar im Schulhort durchgeführt, ist aber ein externes Angebot und darum kann da theoretisch auch ein "fremdes" Kind mitmachen.
(hatte ich für die Kleine überlegt, ist aber aktuell nicht machbar terminlich)
Die Blätter sind bunt
nun bellt der Hund
nun lacht der Mund
Raureif liegt auf dem Gras.
Der Has`
friert um die Nas.

(Herbstgedicht der 6jährigen)
Meine3
Dauergast
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Registriert: Mo 11. Mär 2019, 10:55

Re: Sorgenkinder

Beitrag von Meine3 »

Hallo Sinus,

Hat dein Tochter Freunde/einen Freund, der gut passt?
Da den Kontakt unbedingt fördern. Das hält meine 5jährige grad "bei der Stange".
Leider nein :cry: . Sie hatte viele Freunde im alten Kindergarten, die melden sich aber nicht mehr zurück, es kommt da kein Kontakt zustande. Ihre "beste" Freundin ist im Sommer mit ihrer Familie zurück nach Spanien gezogen. Im neuen Kindergarten fand sie sehr schnell Anschluss, aber wie zu erwarten eben nur an die Vorschulkinder, die nun alle weg sind. Sie hat genau noch 1 Spielpartner im Kindergarten, mit dem sie sich aber auch oft streitet, da er ziemlich manipulativ ist und ihr das mittlerweile auf den Geist geht, sie sich nicht mehr davon einschüchtern lässt und dann lieber allein spielt. Die Eltern dieses Kindes sind auch terminlich sehr eingebunden, Spieleverabredungen sind schwierig. Die Vorschulkinder sieht sie einmal wöchentlich beim Sport, das hält sie auch so ein wenig aufrecht, ihren neuen besten Freund (jetz auch 1.Klässler, übrigens der "vielleicht"-Autist), sieht sie aber kaum noch, da er sie jetzt meidet, weil sie (O-Ton):" noch ein Kindergartenkind ist" :cry:. Ich habe sie nun zum Ballett angemeldet und erhoffe mir davon, dass sie dort zum einen etwas findet (sie tanzt sehr gern und reagiert sehr stark auf klassische Musik), was ihr Spaß macht und sie ausfüllt und zum anderen eventuell mehr Anschluss findet. Es ist wirklich schade, dass sich die soziale Situation so schwierig darstellt grade, ändern kann ich es nicht großartig. Sie ist auch sehr beliebt, ein Kind das jeder mag auf Anhieb. Letztes Jahr konnte sie sich vor Geburtstagseinladungen kaum retten. Sie selbst steht sich oft eben im Weg, da sie wie deine Tochter auch grade in so einer "null Bock"-Phase ist, alles und jeden doof findet und auch nicht einsieht, dass eventuell die anderen Vorschüler im Kiga garnicht so verkehrt sind. :roll:
Ich wollte übrigens grad selbst ein Thema eröffnen, das mich umtreibt: ich habe den Eindruck, dass Unterforderung/Misfit dazu führt, dass die Kinder eher weniger offen für Neues sind. Das würde die zusätzliche Förderung in der Freizeit natürlich sehr erschweren...
Ja, den Eindruck habe ich auch, wie oben schon beschrieben, wird sie immer lustloser...


Vielleicht ist es aber auch einfach ein Stück weit typisch für das Alter, wer weiß...
Kann auch sein, ich hoffe es fast, denn das würde bedeuten, dass es bald vorbei ist :lol: :|.
(Besser) Lesen lernen will sie grad auch nicht mehr, was sie ein halbes Jahr lang ja immer unbedingt wollte.
Bei meiner ist es so, dass sie da weiterhin Fortschritte macht, aber das ganz für sich tut und uns nicht mehr teilhaben lässt... Plötzlich steht sie dann da und fragt? " Mama warum steht an der Wand Anna f Floh? (das f war kein f sondern ein + :lol: ) und man merkt, dass sie jetzt richtig lesen kann und das auch noch leise :o...

Aber wenigstens freut sie sich immer sehr auf den Instrumentalunterricht und übt recht gern Geige.
Die Geige ist übrigens eine tolle Herausforderung für sie, denn es erfordert Geduld, Durchhaltevermögen, motorisches Geschick, Rhythmusgefühl, kognitive Leistung (Notenlesen), Gehör...
Sie mag auch gern Musik, zeigt aber wenig Interesse an Instrumenten. Da wir uns zu Weihnachten ein Klavier anschaffen wollen, bin ich gespannt, wie sie darauf reagiert :mrgreen:. Leider gibt es bei uns sowas wie "Musikkarussell" nicht. Nur recht teure Musikkurse, in denen die Kinder dann die verschiedenen Instrumentengruppen kennen lernen. Vielleicht sollte ich ihr das mal vorschlagen. Das ist nur in einem anderen Stadtteil und ich komme so langsam auch organisatorisch an meine Grenzen...
Abgesehen vom Misfit im Kindergarten würde ich dafür sorgen, dass deine Tochter genug "für die Seele" tut.
Bei meiner großen Tochter war und ist es im Winter übrigens am Schlimmsten, generell hatte sie jedes Jahr im November/Dezember/Januar ihre schwerste Zeit.
(Darum hab ich eben heute nach einer Tageslichtlampe geschaut, die wir mal gegen ihre "Winterdepressionen" testen wollen. Plus Vitamin D - das brauchen die Kinder im Winter ebenfalls verstärkt. Meine besonders, da sie durch ihren asiatischen Vater ja eher dunkle Typen sind.)
Meine Tochter bekommt bereits Vitamin D im Winter, wir sind SEHR viel draußen, ich denke einen wirklichen Mangel hat sie nicht, aber eventuell lasse ich sie einfach mal vom Arzt durchchecken...
Was tut deiner Tochter denn gut? Was macht sie gern, was bringt sie ins innere Gleichgewicht/macht sie glücklich?
malen, malen, malen. Und das wird natürlich voll unterstützt ;). Ich male auch viel mit ihr zusammen und auch verschiedene Mittel (Aquarell, Wachs, Holzstifte, etc.pp.)


Um ihre Sorgen loszuwerden, haben wir mit der Großen im Vorschuljahr, als sie abends regelmäßig grundlos weinte und Sachen sagte wie "ich wär am Liebsten gar nicht da", ein Sorgentagebuch angefangen. Dazu haben wir uns abends zusammen aufs Sofa gekuschelt und sie hat mir alles erzählt, was bedrückt und beschäftigt. Ich habe es für sie aufgeschrieben (ohne groß zu kommentieren, das wollte sie nämlich nicht)
Bei meiner Tochter hilft auch am meisten, wenn man sie wortlos in den Arm nimmt und fest drückt und sie erzählt und man NICHTS sagt, jegliche Versuche zu beschwichtigen, motivieren oder schön zu reden, erzeugen nur einen noch schlimmeren Weinkrampf :roll:. Wir haben so ein Buch angefangen (aber nicht so ein "schickes", sondern einfach ein Notizbuch), jedoch will sie es dann doch nicht so oft nutzen.
Ursprünglich wollte ich, dass sie mir alles Schöne des Tages nennt, um sie von ihrem negativen Sichtweise abzubringen, aber letzten Endes war es ihr wichtiger, sich alles von der Seele reden zu können und darum habe ich im Buch dann zwei Seiten gemacht: eine für die Sorgen und eine für das Schöne des Tages.
Ich versuche auch, sie auf die schönen Dinge aufmerksam zu machen, aber das bewirkt bei ihr meist eine Art "Abwehrhaltung". Daher mache ich das nicht mehr.

Danke, ich werde das bestellen, vielleicht klappt es damit besser als mit einem normalen Notizbuch.


Weiß deine Tochter, dass sie mehr kann als andere in dem Alter?
Ja und nein. Sie bekommt von uns natürlich Anerkennung und Lob und wir melden ihr zurück, wenn sie etwas besonders tolles gesagt und getan hat. Und wir erkären ihr auch, wenn sie zu Verstehen gibt, dass sie nicht begreifen kann warum andere Kinder das und das noch nicht können, das sei doch leicht (schreiben zum Beispiel), dass nicht alle Kinder gleich "schnell" sind und sie eben schneller denkt. Aber wir melden ihr auch zurück, dass sie toll und liebenswert ist, GRADE in Situatuationen, wo es vielleicht grade schwierig ist (weil sie weint oder bockig ist). Das Problem ist, dass sie sich in Sachen kognitiver Leistung klar mit ihrem Bruder vergleicht. Sie sind ja nur 19 Monate auseinander. Sie stehen immer irgendwie in Konkurrenz miteinander, lieben sich aber auch sehr und kommen sehr gut miteinander aus. Sie hat schon oft anmerken lassen, dass sie ihren Bruder für klüger hält und wir haben ihr stets versichert, dass sie ebenso klug ist, sie es eben nur weniger zeigt und Sohnemann eben mehr damit "angibt"...
Ich habe meiner Kleinen nach dem Test direkt gesagt und tu es auch regelmäßig, dass ihr Kopf schon längst 6 ist und sie darum dies und jenes schon kann/darf. (Heut ist sie daheim und grad eben malt sie ein Malen-nach-Zahlen-Bild, was mir 9+ angegeben ist. Hast sie übrigens selbst bemerkt, die Altersangabe.)
Ich habe nicht vor sie testen zu lassen. Ich behandle sie wie ein hochebabtes Kind, da sie wie ein hochbegabtes Kind wirkt :mrgreen: und so agiert und brauche dafür nicht zwingend einen (vielleicht ebenso nicht aussagekräftigen) Test (wie beim Sohn). Sie spielt gern Reversi. Altersempfehlung ab 12 :lol: . Kann ich aber nicht so ganz ernst nehmen, selbst unsere Kleinste (2 3/4) hat die Regeln schon verstanden und spielt es...

Ich versuche nach den Erfahrungen mit der Schwester bewusst, ihr Selbstbewusstsein zu stärken.
Vielleicht auch Typfrage/Frage des Charakters, aber bisher funktioniert es scheints ganz gut.

Kannst du deine Tochter evtl auch in Kurse mit/für ältere Kinder unterbringen?
Das ist eher ein zeitmanagment-Problem... :oops: Sie ist schon im Selbstverteidigungskurs, der eigentlich erst für 1.Klässler ist und fällt da NULL auf (bis auf die Tatsache, dass sie einen Kopf kleiner als alle anderen ist und viel zarter). Der ist hier im Ort. Malkurse und ähnliches von der Volkshochschule sind bei uns eher schwieriger zu bekommen. Ehe schon meist Wartelisten und wenn das Alter dann nicht passt, ist es schwierig.
Hier gibts bspw noch Schach, das wird zwar im Schulhort durchgeführt, ist aber ein externes Angebot und darum kann da theoretisch auch ein "fremdes" Kind mitmachen.

Danke dir, Sinus, für deine Antwort!

Sei lieb gegrüßt :fahne:
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
Penumbra
Beiträge: 14
Registriert: Mo 23. Jun 2014, 19:41

Re: Sorgenkinder

Beitrag von Penumbra »

Liebe Meine 3

vieles was du schreibst kommt mir bekannt vor...
Meine Tochter (5;4 Jahre jetzt) hat in den letzten 3 Wochen 4 mal ins Bett gemacht nachts. Sie ist seit sie 2 3/4 trocken, auch nachts. Zu ihren eh schon vorhandenen Problemen ( sehr häufiges weinen, schnelle Wut, große Kindergartenunlust) kommt jetzt noch Bettnässen :gruebel: ?
...
Gleichzeitig geht es ihr immer schlechter. Sie weint extrem oft, hat Einschlafprobleme, jammert viel ist oft mismutig... Ich bin derzeit auf der Suche nach einem anderen Kindergartenplatz für sie, da ihr Hauptproblem ja zu sein scheint, dass sie sich dort einfach fehl am Platz fühlt (sowohl kognitiv als auch sozial). Typischer Misfit eben.
Genau diese Probleme hatten wir letztes Jahr im Kindergarten mit unserer Tochter. Dazu kamen noch unerklärte Schmerzen, die zunächst mit 18x Physiotherapie behandelt aber nicht gebessert wurden. Die "Übellaunigkeit", ständiges Weinen oder Wutanfälle wegen jeder Kleinigkeit, Unlust zu allem und Geschwistereifersucht blieben trotz der Physiotherapie. Wir vermuteten einen "misfit" durch Unterforderung (sie konnte im KiGa schreiben und lesen, hat es dort jedoch niemals gemacht/gezeigt) und sich sehr gut angepasst (im KiGa Vorzeige-Kind, ohne Weinen, Wutanfälle, bockigem Verhalten...).
Wir hofften auf Besserung in den Ferien (und Schulstart). Unsere Hoffnung verzögerte den Beginn der Abklärungen. In den Ferien wurde es nicht besser, die Diagnostik zeigte ein ADS mit visuomotorischer Störung, bei (in einigen Bereichen), weit überdurchschnittlicher Begabung. Es soll also eher ein "innerer misfit" als die Unterforderung ursächlich für die Probleme sein. Dennoch wurde es mit der Einschulung zum Glück etwas besser.
Lesen tut Sohnemann zwischenzeitlich ganze Wörter und einzelne Sätze (konnte vor Schulbeginn OFFZIELL ;) nicht lesen und hat sich im letzten Jahr regelrecht selbst gebremst in diesem Bereich, da ihm ja von den Erziehern suggeriert wurde, dass lesen und rechnen "schlecht" sei), und liest mit Vorliebe Straßenschilder (Durchfahrt verboten - Landschaftsschutzgebiet, Einfahrt, etc), Verpackungen und Reklame, sowie Überschriften von Büchern. Es strengt ihn aber oft an (visuell), die Augen tränen schnell oder " es verschwimmt alles". Beim Augenarzt waren wir bereits, er ist weitsichtig, aber nicht so stark, dass er zum jetzigen Zeitpunkt eine Brille bräuchte. Der Arzt meinte, er könne das als Kind sehr gut kompensieren und seine Probleme können nicht daher rühren. Da er ja auch nie Puzzles mochte und da wirklich auffällig "abfällt" im Gegensatz zu seinen restlichen kognitiven Fähigkeiten und auch Probleme mit dem Erkennen von Gesichtern hat, könnte ich mir vorstellen, dass er eventuell zusätzlich zu dem "vielleicht" ADHS auch eine visuelle Wahrnehmungsstörung hat :gruebel:. Kennt sich damit jemand aus? Gehe ich mit der Problematik erst einmal zum Kinderarzt und der sagt mir dann wie es weitergeht? Er liest übrigens lange und komplizierte Wörter problemloser als die kurzen Silben, die derzeit in der Schule dran sind. Da verdreht er oft die Buchstaben (aus Ma wird dann Am oder ähnliches) :gruebel: :gruebel: Er verdreht auch oft 2- oder 3 stellige Zahlen, wohingegen er beim kopfrechnen überhaupt keine Probleme in diesem Zahlenbereich hat.
Unsere Tochte (1.Klasse) liest sinnerfassend Lesebücher für die 1./2. Klasse, zwar langsam und max. 1-2 Seiten aufs mal, aber sie weis was sie gelesen hat. Lange, komplizierte Wörter kann sie viel besser lesen als kurze. Bei kurzen Wörtern verdreht sie auch oft die Buchstaben. Zweistellige Zahlen lesen hat die gleiche Trefferquote wie Münzen werfen, obwohl, wie bei euch, zumindest Addition/Substraktion bis 20 im Kopf gehen. Puzzle hat unsere Tochter gehasst bis vor ca. 2 Jahren, jetzt macht sie Puzzle sehr gerne (wenn auch eher diejenigen für etwas jüngere Kinder).
Auffallend ist bei ihr, dass sie Mühe hat bei der Schlaufenbildung (z.B. viel kleine e zusammengehängt am Stück schreiben) und mit dem Abzeichnen von Figuren (insb. wenn diese Diagonalen enthalten). Sie kann schlecht Bälle abfangen und schlecht etwas in ein Ziel werfen. Sie kann Handbewegungen und Bewegungsabläufe (z.B. nach Vorzeigen beim Tanzen) schlecht nachmachen.
Sie soll nun Ergotherapie erhalten, diese wird voraussichtlich im Dezember beginnen.
In seinem Verhalten ist er derzeit leider aber wieder enorm anstrengend. Er ist zur Zeit wieder schnell (aus objektiver Sicht: grundlos) aggressiv, so wie zu Kita-Wechsel- Zeiten, was Auslöser damals für die Diagnostik war. Beispielsweise habe ich ihm letztens seine Armbanduhr vor dem Sport ausgezogen (was er ohne Murren akzeptiert hat) und sie dann in seinen Schulranzen gepackt. Er war zwischenzeitlich auf der Toilette. Als er zurück kam, hat er mich ohne Vorwarnung angebrüllt und ist ausgerastet, wo ich seine Uhr "versteckt" hätte, er bräuchte sie jetzt! Ich kam nicht mal zum antworten, weil er immer weiter gebrüllt hat...
Das könnte auch von uns stammen... An "guten" Tagen kommt soetwas bei uns nicht vor, Tochter wüsste wo die Uhr ist, oder käme angelaufen und würde sagen "du hast mir doch vorhin die Uhr ausgezogen, ich möchte sie doch anziehen, wohin hast du sie getan?" an "schlechten" Tagen kann es zu brüllen oder auch zu (unverhältnismässigem) Weinen über längere Zeit und danach schmollen "jetzt will ich die Uhr aber auch nicht mehr" kommen.
Das ist sooo anstrengend, weil man genau weis das Kind reagiert nicht immer so und man findet nicht heraus woher diese überschäumende Emotion kommt...
Wie ihr sicher schon gelesen habt, überlege ich, meinen Sohn nochmal von einem Spezialisten für HB und AD(H)S vorzustellen, wovon mein Mann so überhaupt nicht begeistert ist. Er hält weder von Ärzten noch von Psychologen, Therapeuten und anderen "Quacksalbern" (O-Ton Ehemann) etwas, hat selbst meiner Meinung nach eine Arztphobie. Er möchte die Verhaltensweisen und Wesenszüge seiner Kinder nicht pathologisieren, während ich mittlerweile denke, dass es für mich einfach nur noch eine Erleichterung wäre, wenn ich einen Grund für viele Dinge, die unsere Kinder tun oder nicht tun, hätte :roll:.
Vor gut einem Jahr war ich bei einem Vortrag mit dem Titel "wie Kinder lernen". Es ging dabei auch um Neuromotorik, ADHS und Wahrnehmungsstörungen. Unsere Tochter war damals gerade in der Physiotherapie. Die Referentin meine nach einem kurzen Gespräch, sie würde eine Abklärung unserer Tochter vorschlagen, wir liessen es uns durch den Kopf gehen, mein Ehemann meinte "die Kinder haben halt ihre Phasen, schau die anderen an, die können halt nicht lesen und schreiben, dafür besser Ball spielen, das kommt schon noch..." Ich habe mich beruhigt mit "ich möchte mein Kind ja nicht pathologisieren, nicht von einer Abklärung zur nächsten, von einem Therapeuten zum nächsten schleppen, whs. bin ich nur überängstlich und lese zuviel im Internet, das wird sich schon geben...".
Die psychische Verfassung unserer Tochter hat in der Zwischenzeit sehr gelitten, jetzt, im nachhinein würde ich sie früher abklären lassen und nicht alles auf den misfit Kognition-Kindergarten/Schule schieben.
Meine3
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Re: Sorgenkinder

Beitrag von Meine3 »

Vielen Dank Penumbra für deinen Bericht und deine Erfahrungswerte. Ich würde auch gern JETZT tätig werden, bevor das Kind sozusagen in den Brunnen gefallen ist und zwar bei beiden Kindern (der großen Tochter und dem Sohn), aber mein Mann zieht halt nicht so richtig mit :cry:...

Ich denke, es werden noch einige Diskussionen und Auseinandersetzungen interfamiliär stattfinden, bis wir handeln.

Das schwierige ist ja, so wie du und auch Maca erzählen, dass sich Phasen, in denen die Kinder ganz "normal" und unauffällig agieren mit Phasen abwechseln, wo es einfach nur noch nervenaufreibend, anstrengend und frustrierend ist. Und bei jeder "guten Phase", denkt man sich aufs Neue:" hast dir das ja nur eingebildet. So anstrengende ist er/sie ja gar nicht. Im Gegenteil: unsere Kinder sind toll!" Und ja: unsere Kinder SIND toll und liebenswert und einzigeartig. Aber eben vielleicht auch hilfebedürftig...

Danke nochmal fürs lesen und für dein Feedback

Meine3
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sinus
Dauergast
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Re: Sorgenkinder

Beitrag von sinus »

Oh ja, das mit den Phasen und den zugehörigen Zweifeln zwischendrin kenne ich auch so.

Eine Psychologin sagte mir dazu mal, dass immer bei Entwicklungssprüngen und in Phasen größerer Veränderungen (Einschulung, Schulwechsel, Pubertät, Umzug etc pp, und auch im Erwachsenenalter dann bei Umbrüchen noch) unbewältigte Entwicklungsaufgaben wieder zum Vorschein kommen.
Im Sinne von: "Guck mal, da, hier ist noch was, das ist noch nicht gelöst, da muss ich noch was bewältigen."
Man solle das eher als Chance sehen.
Und natürlich git dann auch: wenn die Aufgabe dann nicht bewältigt wird, kommt das Thema vermutlich dann beim nächsten Umbruch wieder.
Also wenn immer immer wieder, selbst phasenweise, dieselben Probleme in ähnlicher Art auftauchen, ist da immer noch irgendwas "ungelöstes", wo man besser dran arbeiten sollte.
Die Blätter sind bunt
nun bellt der Hund
nun lacht der Mund
Raureif liegt auf dem Gras.
Der Has`
friert um die Nas.

(Herbstgedicht der 6jährigen)
Rabaukenmama
Dauergast
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Re: Sorgenkinder

Beitrag von Rabaukenmama »

Was mich immer wieder wundert ist, dass Mütter, die schon längere Zeit merken, dass es dem eigenen Kind schlecht geht, und die schon ein Gefühl in eine bestimmte Richtung haben, dem NICHT nachgehen, weil sie glauben, zuerst die Einwilligung des Kindsvaters "einholen" zu müssen. Dann werden Verdachtsdiagnosen über Wochen, Monate und teilweise sogar Jahre "verschleppt" weil die Mutter erst Überzeugungsarbeit leisten muss, dass es notwendig ist. Sie ist doch am nächsten beim Kind "dran" und sieht als erstes, wenn es leidet. Der Vater betrachtet hingegen das Kind aus ganz anderem Blickwinkel, weil er es in bestimmten (belastenden) Situationen gar nicht ERLEBT, oder diese relativiert. Wenn er dann der Ansicht ist, es sei doch alles in bester Ordnung, bleibt die Sache weiter in der Warteschleife - leider oft zu Lasten des Kindes!

Dabei meine ich erst mal Abklärung (noch lange nicht von Therapie, Medikation, Sonderbehandlung o.ä!), wo doch dann klar rauskommt ob das Kind eine mehr oder weniger ausgeprägte Wahrnehmungsbesonderheit hat, oder ob sich alles noch im neurotypischen Rahmen bewegt. Ich vermute ehrlich gesagt viele unausgesprochene Ängste der Väter, auch wenn die das nie zugeben würden. Immer wieder kommt das Thema "Stigma" auf den Tisch, was ich einerseits (als Mutter von zwei Autisten, einer davon zusätzlich mit ADHS) verstehen kann, andererseits aber gar nicht. Denn nur durch die Abklärung gibt es kein Stigma!

Wenn das Kind in den Einrichtungen (Kindergarten, Schule, Nachmittagsbetreuung) keine gröberen Schwierigkeiten macht (auch, wenn es welche HAT) kann man immer noch entscheiden, wie offen man mit einer etwaigen Diagnose umgeht. Man muss auch nicht sofort therapieren, Medikamente geben, Sonderbehandlungen einfordern oder sonst-was. Vorteil ist aber: man KANN! Und für mich persönlich war der größte Vorteil es SELBST zu wissen und vor allem in der Familie DURCH DIESES WISSEN ein Umfeld zu schaffen, welches meinen Jungs das Leben etwas erleichtert.

Wie schon an anderer Stelle mal beschrieben bin ich vor allem bei meinem älteren Sohn (der seine Diagnosen erst mit 7 bzw. 8 Jahren bekommen hat) abwechselnd geglaubt, seine Schwierigkeiten wären Folge von Erziehungsfehlern oder von Charakterschwäche. Das habe ich zwar nie offen gezeigt, es kam aber ganz bestimmt immer wieder in meiner Haltung zu ihm zum Ausdruck. Seit den Diagnosen hat sich unser Verhältnis wesentlich verbessert, und zwar durch MEIN besseres Wissen, nicht weil ER sich so geändert hätte. Vor allem aber erscheint er mir jetzt psychisch längst nicht mehr so belastet, wie z.B. noch vor 2 Jahren.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Meine3
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Re: Sorgenkinder

Beitrag von Meine3 »

Rabaukenmama hat geschrieben:Was mich immer wieder wundert ist, dass Mütter, die schon längere Zeit merken, dass es dem eigenen Kind schlecht geht, und die schon ein Gefühl in eine bestimmte Richtung haben, dem NICHT nachgehen, weil sie glauben, zuerst die Einwilligung des Kindsvaters "einholen" zu müssen. Dann werden Verdachtsdiagnosen über Wochen, Monate und teilweise sogar Jahre "verschleppt" weil die Mutter erst Überzeugungsarbeit leisten muss, dass es notwendig ist. Sie ist doch am nächsten beim Kind "dran" und sieht als erstes, wenn es leidet. Der Vater betrachtet hingegen das Kind aus ganz anderem Blickwinkel, weil er es in bestimmten (belastenden) Situationen gar nicht ERLEBT, oder diese relativiert. Wenn er dann der Ansicht ist, es sei doch alles in bester Ordnung, bleibt die Sache weiter in der Warteschleife - leider oft zu Lasten des Kindes!
Liebe Rabaukenmama,

ich muss gestehen, dass es mich stört, dass du so um den heißen Brei herumredest :fahne: . Wenn du MICH mit dieser Mutter meinst (was ja wohl offensichtlich ist?!), dann schreib es doch auch so? Wenn nicht, dann formuliere es anders :gruebel:...

Ich weiß nicht, wie das bei euch gehandhabt wird, aber wir leben unsere Ehe als Partnerschaft und auch die Elternschaft ist bei uns kein Ein-Mann-Job. Natürlich hast du recht, ich BIN näher dran an meinen Kindern, vor allem im Alltag mit Schule und Kindergarten, aber mein Mann gehört nicht zu den Männern, die alles mir überlassen und am liebsten mit der Kindererziehung garnichts zu tun haben wollen. Im Gegenteil. Er ist ein sehr engagierter und liebevoller Vater. Er hat nur einfach eine andere (falsche?!) Einstellung zum Thema "Diagnostik", Hochbegabung und Wahrnehmungsstörungen, bzw. dem Umgang mit eben solchen.

Meine Kinder und ich haben nicht viel davon, wenn ich hier Sachen auf eigene Faust durchboxe, die eventuell dann mir helfen (mein Kind besser zu verstehen) oder auch dem Kind (wobei du ja selbst sagst: durch die Diagnose selbst ändert sich für das Kind ja erstmal nix, außer man nimmt Hilfe in Anspruch, wenn es nötig werden sollte und selbst dann: eine Aussicht auf "Heilung" bei ADHS ist ja wohl nicht in Sicht und merkliche Besserung erfahren die wenigsten Familien durch die angebotenen Therapien. Auch du schreibst, dass das wenigste bei deinem Großen bislang langfristig was "gebracht" hat). Mir ist daher vollkommen bewusst, dass die Diagnostik überwiegend für MICH um Klarheit zu haben und ggf. was in der Hand zu haben, statt fände und wahrscheinlich würde es dem Kind indirekt helfen, weil ICH damit dann anders/besser umgehen könnte (und eventuell auch mein Mann ein anderes Bewusstsein dafür bekäme mit der Zeit). Aber, wenn es zu einer Ehekrise kommt, weil man eigenmächtig relevante Dinge entscheidet, bei denen der Kindsvater ebenso ein Stimmrecht hat, dann ist auch nichts gewonnen. Mir ist unsere Familie, und dazu gehört AUCH mein Mann ;) sehr wichtig und manchmal gibt es keine einfache und schnelle oder perfekte Lösung für ein Problem.

Meinem Sohn geht es übrigens nicht "schlecht". Das habe ich auch hier nicht so geschrieben. Er ist sehr unausgeglichen. In der Schule lebt er sich immer mehr ein, er ist nur von Mathe ziemlich genervt. Seine Ausraster sind, glaube ich, belastender für die Umwelt als für ihn selbst, und haben sicher ihren Ursprung teils auch in der neuen Alltagssituation, dann vorher ging es ihm im Frühling und Sommer erstmal merklich besser. Wenn er so einen Wutanfall hat, ist er nach ein paar Minuten ja wieder gut drauf (er ist auch ein Kind, dass sich sehr schnell ablenken oder aufmuntern lässt und schnell wieder fröhlich ist, auch nach einem Streit oder ähnlichem), dem Rest, der das ab bekommen hat, geht das nicht so :roll:.

Wir haben auch ein sehr inniges Verhältnis. Er erzählt mir sehr viel und unsere Beziehung ist herzlich. Er hat Vertrauen zu mir, erzählt aber grundsätzlich eher wenig über soziale, zwischenmenschliche Probleme (das will er irgendwie immer allein hinbekommen), sondern mehr über den Rest, also was in der Schule dran kam, wann welche Veranstaltung statt findet, was er doof und was er gut fand, was er gespielt hat und mit wem, ob es Streit gab (das aber dann eben eher kurz und knapp :lol: ), etc..

Jedoch ist es in letzter Zeit halt so, dass ICH seine Ausraster oder Ungeduld nicht mehr so gut "ertrage" wie früher :oops: ... Sein Verhalten ist ein einziges Auf und Ab. An einem Tag ist er aggressiv und unausgeglichen, am nächsten ist er fröhlich und gut drauf :gruebel:. Tendenziell gibt es grade öfter wieder "schlechte Tage" und dann komme ich zeitweise auch an meine Geduldsgrenzen, deswegen ja auch mein Post.

Wem es schlecht geht, ist meine Tochter. Da bin ich aber grade dran (habe einen anderen Kita-Platz in Aussicht).

Wenn man sich einig ist, über die Vorgehensweise zu bestimmten Dingen, dann ist das super, aber oft ist es eben nicht so und auch wenn es mir grade "zu langsam" geht oder ich manchmal wünschte, ich könnte einfach alles so machen wie ICH will :lol:, ist es langfristig betrachtet sicher die bessere Lösung, wenn mein Mann damit einverstanden ist, bzw. wir uns einig werden.

Nichts für ungut.
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
Karen
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Re: Sorgenkinder

Beitrag von Karen »

Liebe Meine 3, erstens - möchte ich dir sehr viel Kraft wünschen um die schwierige Zeiten deine beiden Grossen durchzustehen. Du weisst ja schon dass ich nur eins Kind habe, aber wir hatten sehr schwierige Zeit hinter uns letztes Jahr und ich sehr gut verstehen kann wie anstrengend der alltag für dich ist.
ich habe schon hier mehrmals über meine Tochter geschrieben. Sie ist 6, die Krisen hatten wir schon immer mal wieder (übergang Krippe/Kindergarten mit knapp 4) und letztes Jahr wenn sie genau so wie deine 5 war und in letzten Kindergarten jahr war. Bei ihr war alles ziemlich genau so wie bei deiner Tochter - in Kindergarten war sie überangepasst, versteckte alle ihre Talente, kopierte nur andere Kinder in ihrem Verhalten in dem dass sie ihre Interesse als eigene "verkaufte". Zu hause hatte sie Kopf und Bauchschmerzen, hatte wieder eingenässt (während der tag, obwohl sie mit 2 trocken war, in der nacht war sie und ist sie immer noch nicht trocken). Da sie schon immer sehr anstrengend war (sie hatte in etseten Kiga jahr unud auch in Kita die Phasen der Verweigerung, aber damals eher Körperlich - nicht aufstehen wollen, sich nicht anziehen wollen, Schreianfälle usw.), haben wir am Anfang gedacht dass so eine Phase wieder ist. Da sie auch zu hause ein Entwicklungstop eingelegt hat (sie hatte besser mit 3.5-4 gelesen, geschrieben und gemalt als mit 5, nur rechnen hat sich damals weiter entwickelt), haben wir die Theorie geglaubt dass sie halt jetzt eher sozial am entwickeln ist, und nicht mehr so auf kognitive ebene. Das war ein Fehler. Wir hätten sie früher abklären sollen und mit 5 ins erste Klasse schicken. Es war aber damals für uns unvorstellbar, und in der Schweiz sind früh anschulung und queranschulung offiziel beinahe unmöglich.
Die Abkklärung hat bei uns die Berge bewegt - ich kann es immer noch nicht glauben was alles danach möglilch war. Wir hatten aber Glück dass wir eine sehr gute Abklärungsstelle gefunnden haben und die Psychologin hat meine Tochter sofort gesehen und abgeholt. Die Tochter hat trotz schlimmer Erkältung voll mitgemacht und in allen bereichen ausser Verarbeitungsgeschwiendigkeit war sie deutllich über 130, mit gesamtwert von 140. Wir haben sie aber auch teils unter Druck gesetzt dass sie mitmachen muss - das alles sehr viel Geld kostet, wir ihr helfen wollen und es alles bringt nichts wenn sie nicht mitmacht. Das hat bei ihr gut funkzioniert.
Was bei ihr auch sehr geholfen hat war das Moment wo sie angesehen hat das wir wissen das ihr ohne ende langweilig ist, dass wir es erst nehmen, nicht ok finden, und die Situation für sie verbessern wollen soweit es geht. Es hat die Situation für sie enspannt und wartung auf der testung war nicht mehr so schlimm. Wir hatten auch mit ihr zusammen mit Kindergartnerin gesprochen, wo sie auch selber agen konnte dass es für sie langweilig ist, und sie lieber "Schule" und Rechnen machen möchte.
Die Queranschulung war nur möglich weil die Psychologin selber den Schulleiter angerufen hat und auf ihm solange eingeredet bis er die Probezeit zugestimmt hat. Das war nicht einfach und als Eltern hätten wir das nie erreicht. Nach der Einschulung hat alles sich enspannt. Schmerzen waren weg, einnässen hat sich gebessert, aber so ganz weg ist es seit 3 Wochen. Die Kriese nach der Sommerferien hatten wir wieder (ich habe es hier geschrieben), es hat sich aber wieder deutlich verbessert. Mein Kind ist viel ausgeglilchener, sie hat gar keine Schreianfälle mehr, ist sehr selbständig, viel sicherer, selbstbewusster geworden. Sie hat immer noch selbstzweifel, das sie es nicht schafft, und schreiben so anstrnegend ist, aber es sind Phasen, und danach ist alles wieder ok. In Mathe überholt sie schon in 2 klässler, macht aber gerne kleine Fehler in tests bei einfachen aufgaben - ziemlich ein klassiker. Die Lehrerin ist sehr unuterstützend und passt gut auf sie auf.
Ich weiss dass bei euch das test bei deinem Sohn sehr frustrierend war. Ich würde trotzdem raten dir das mit der Tochter doch zu versuchen - aber dieses mal bei einer sehr guter Stelle, die viel Zeit nimmt, und euch auch wirklich beraten kann, was die Umsetzung angeht. Und auch das Kind sehr gut vorbeireten und ihre Zustimmunung einholen dass sie es machen will.Meine Tochter hat die Tests toll gefunden und es war das hightlight in der Praxis zu gehen. Sie würde es sofort wieder machen. Vielleicht findet ihr ein Ort dass auch so ist?
Ich hatte Glück das mein Mann das gleiche Meinung war, obwohl er viel weniger Ahnung hatte als ich was HB angeht. Für dich ist es viel schwieriger. Ich habe leider keine Ideen wie du das angehen kannst.
Arbeitet ihr beide vollzeit? Kannst du deine Tochter phasenwiese aus der Kiga nehmen?
Rabaukenmama
Dauergast
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Re: Sorgenkinder

Beitrag von Rabaukenmama »

Meine3 hat geschrieben: Liebe Rabaukenmama,

ich muss gestehen, dass es mich stört, dass du so um den heißen Brei herumredest :fahne: . Wenn du MICH mit dieser Mutter meinst (was ja wohl offensichtlich ist?!), dann schreib es doch auch so? Wenn nicht, dann formuliere es anders :gruebel:...
Hallo Meine3!

Sorry wenn das so rüberkommt als würde ich dich meinen, aber in der 3. Person schreiben. Und danke fürs aufmerksam-machen weil ich so was selbst nicht merke. Grund für diese "seltsame" Schreibweise ist vermutlich, dass ich seit Jahren in einer Selbsthilfegruppe bin, wo man auf das, was andere gesagt haben, nicht direkt eingehen soll. Andererseits habe ich wirklich nicht nur dich gemeint (sehr wohl aber AUCH dich), weil die Situation, dass der Mutter auffällt "Es stimmt was nicht mit dem Kind", der Vater aber meint, es sei alles in bester Ordnung, sehr verbreitet ist. Also nix für ungut :fahne: !
Meine3 hat geschrieben: Ich weiß nicht, wie das bei euch gehandhabt wird, aber wir leben unsere Ehe als Partnerschaft und auch die Elternschaft ist bei uns kein Ein-Mann-Job. Natürlich hast du recht, ich BIN näher dran an meinen Kindern, vor allem im Alltag mit Schule und Kindergarten, aber mein Mann gehört nicht zu den Männern, die alles mir überlassen und am liebsten mit der Kindererziehung garnichts zu tun haben wollen. Im Gegenteil. Er ist ein sehr engagierter und liebevoller Vater. Er hat nur einfach eine andere (falsche?!) Einstellung zum Thema "Diagnostik", Hochbegabung und Wahrnehmungsstörungen, bzw. dem Umgang mit eben solchen.
Mein Mann hat auch NIE zu den Männern gehört, die alles der Frau überlassen, im Gegenteil. Im Gegensatz zu bekannten Müttern konnte ich die Kinder IMMER ohne Vorbereitung mit ihm beliebig lang allein lassen. Er war auch bei beiden Jungs in Vater-Karenz (NACH meiner Mutter-Karenz) während ich arbeiten gegangen bin. Später, als die Probleme massiver wurden, waren wir gemeinsam bei einer Psychologin vom Kinderschutzzentrum und haben ein 5-teiliges Eltern-Seminar (vom damaligen Hort angeboten) besucht.


Beim jüngeren Sohn, der ohnehin 100% behindert ist, und außerdem damals (im Alter von 4 Jahren) der wesentlich auffälligere Autist war, war es nicht so schwer, ihn zu überzeugen. Aber gerade beim älteren waren wir BEIDE lange Zeit der Ansicht, "es" (das Auffällig, Andersartige) müsse "was anderes" sein. Aber die Autismus-Beauftragte im damaligen Hort, die meinen Sohn unter ca. 80 Kindern als einziges rausgesucht hat, hat zur Diagnostik geraten. Ich wollte mich nicht dagegen stellen, einfach weil ich Klarheit wollte (nicht so sehr, weil ich vom Autismus des Sohnes überzeugt war. Mein Mann hatte mehr Bedenken. Er hat irgendwie geglaubt hat, man würde den Kindern damit einen Stempel aufdrücken, der ihnen im Leben schadet.

Nach längerem nachdenken habe ich ihm dann das Beispiel Fehlsichtigkeit gebracht, welches ich hier auch öfter schon thematisiert habe. Da sowohl mein Mann als auch ich sehr schlecht sehen (auf allen 4 Augen über 40 Dioptrin :P ) hat das immerhin bewirkt, dass mein Mann mir nichts mehr dagegen gesagt hat, als ich die Diagnostik auf eigene Faust habe machen lassen. Wobei ich eher nicht geglaubt habe, dass die Diagnose tatsächlich gestellt wird. Und wenn, dachte ich, würde mein Sohn maximal "ein bißchen" autistisch sein oder halt einige autistische Züge haben. Ich hatte damals den Klischee-Autisten, der keinen Blickkontakt zulassen wollte, Tics und unerklärliche Wutanfälle hatte, und nur an Zahlen interessiert war, schon zu Hause.
Meine3 hat geschrieben: Meine Kinder und ich haben nicht viel davon, wenn ich hier Sachen auf eigene Faust durchboxe, die eventuell dann mir helfen (mein Kind besser zu verstehen) oder auch dem Kind (wobei du ja selbst sagst: durch die Diagnose selbst ändert sich für das Kind ja erstmal nix, außer man nimmt Hilfe in Anspruch, wenn es nötig werden sollte und selbst dann: eine Aussicht auf "Heilung" bei ADHS ist ja wohl nicht in Sicht und merkliche Besserung erfahren die wenigsten Familien durch die angebotenen Therapien. Auch du schreibst, dass das wenigste bei deinem Großen bislang langfristig was "gebracht" hat).
Für das Kind ändert sich durch die Diagnose, dass es anders (für mich "besser") verstanden wird. Und allein dafür, dass mein Sohn durch die Diagnose einen heilpädagogischen Hort besuchen darf, hat es sich zumindest für uns allemal ausgezahlt. In der Einrichtung, wo er davor war, hätte er laut Uhr "funktionieren" müssen, obwohl es für ihn damals sehr belastend gewesen sein muss, den Lärm und das Spiel von 25 anderen Kindern stundenlang auf engem Raum aushalten zu müssen. Seine "Auszucker", die rückblickend der Überforderung durch diese Situation geschuldet waren, wurden nach Bedarf auf Erziehungsfehler oder Charakterschwäche geschoben.

Ja, Heilung gibt es keine! Aber das heißt absolut nicht, dass man ohnehin nichts tun kann. Wenn es aus meinen Beiträgen so rübergekommen ist, dann habe ich es sicher falsch formuliert. Es gibt kein Wundermittel (auch kein Medikament), das aus einem Autisten einen neurotypischen Menschen macht. Aber es gibt Einrichtungen, die besser mit den Besonderheiten umgehen können, als andere. So, wie es für gehbehinderte Schüler barrierefreie Schulen gibt, gibt es auch Schule, wo man mit den autistischen Besonderheiten anders umgeht - einfach durch besseres Wissen um die verschiedenen Erscheinungsbilder dieser Störung.

Bei meinem Sohn, der ja außerdem noch eine ADHS-Diagnose hat (das hat er leider von mir :P ) haben z.B. Medikamenten entweder gar nichts bewirkt oder sie hatten furchtbare Nebenwirkungen. Kinder-Psychotherapie hat auch nichts gebracht, wobei das aber auch daran gelegen haben kann, dass die Psychologin und mein Sohn einfach nicht zusammen gepasst haben. Hingegen glaube ich schon jetzt, nach den ersten 7 Einheiten Neurofeedback, eine deutliche Besserung zu bemerken. Ob das anhält wird sich zeigen.

Es ist halt viel Versuch und Irrtum, das stimmt schon. Aber bei meinem jüngeren Sohn war und ist das ja auch so. Als er 20 Monate alt war haben wir ihm beidseitig Hörimplantate (CIs) einsetzen lassen, in der Hoffnung, ihm damit das hören und das verstehen und erlernen von Lautsprache zu ermöglichen. Gebracht hat das leider gar nicht. Er hört auch mit den Teilen nicht ausreichend und verweigert die meiste Zeit (vermutlich autismusbedingt) sie zu tragen. Wir haben viele Jahre versucht, ihm Kommunikation in Gebärdensprache zu ermöglichen. Lange Zeit ging das sehr schleppend, sein Wortschatz war klein, er hat immer dieselben Gebärden wiederholt, konnte mit 4 Jahren immer noch nicht in Sätzen gebärden. Wir haben alle Tagesabläufe visualisiert (mit Bildern und Symbolen) und als sich herausgestellt hat, dass unser Sohn mit 5 Jahren schon etwas lesen konnte, haben wir auch den schriftlichen Kommunikationskanal mit einbezogen. Als wir die Diagnose "komplett gehörlos" bekommen haben konnten wir unmöglich wissen, was von unseren Versuchen "was bringt" und was umsonst ist. Mittlerweile gebärdet mein Sohn in ganzen Sätzen, wir diskutieren über den Tod und über die Mondphasen und er kann nicht-gebärdensprachkompetenten Personen seine Wünsche aufschreiben. Hören und sprechen kann er immer noch nicht.

So ähnlich ist es auch bei Autismus. Es gibt viele Möglichkeiten, den Betroffenen das Leben zu erleichtern, aber keine Patentlösung. Man muss ausprobieren, was man manchmal ohne Diagnose genauso kann, in anderen Fällen (z.B. bei der Suche nach einem Hort für meinen Sohn) aber nicht.
Meine3 hat geschrieben: Mir ist daher vollkommen bewusst, dass die Diagnostik überwiegend für MICH um Klarheit zu haben und ggf. was in der Hand zu haben, statt fände und wahrscheinlich würde es dem Kind indirekt helfen, weil ICH damit dann anders/besser umgehen könnte (und eventuell auch mein Mann ein anderes Bewusstsein dafür bekäme mit der Zeit). Aber, wenn es zu einer Ehekrise kommt, weil man eigenmächtig relevante Dinge entscheidet, bei denen der Kindsvater ebenso ein Stimmrecht hat, dann ist auch nichts gewonnen. Mir ist unsere Familie, und dazu gehört AUCH mein Mann ;) sehr wichtig und manchmal gibt es keine einfache und schnelle oder perfekte Lösung für ein Problem.
Was meinst du mit einfacher, schneller, perfekter Lösung? Ich wollte dich mit meinem Beitrag bestimmt nicht aufstacheln, noch heute über den Kopf deines Mannes hinweg einen Diagnostiktermin zu vereinbaren. Zu was ich dich sehr wohl ermutigen will ist, dran zu bleiben und die Sache immer wieder mal zu thematisieren.

So, wie du deinen Mann beschreibst, wird keine eigenmächtige Entscheidung deinerseits notwendig sein. Wenn die Auffälligkeiten bestehen bleiben oder sich noch verstärken (sollte dein Sohn Autist sein, wird das der Fall sein), gehe ich davon aus, dass auch dein Mann einsehen wird, dass es abgeklärt gehört. Und wenn doch nicht dann kommt ihr um die Ehekrise ohnehin nicht rum, es sei denn, dein Harmoniebedürfnis ist so groß, dass du eben einfach zusiehst, wie es deinem Sohn zunehmend schlechter geht (wovon ich nicht ausgehe).

Abgesehen davon - so schnell geht das mit dem Diagnostiktermin ohnehin nicht. Wenn man nicht bereit ist, dafür viel Geld in die Hand zu nehmen, muss man mit 6-12 Monaten Wartezeit rechnen.
Meine3 hat geschrieben: Meinem Sohn geht es übrigens nicht "schlecht". Das habe ich auch hier nicht so geschrieben. Er ist sehr unausgeglichen. In der Schule lebt er sich immer mehr ein, er ist nur von Mathe ziemlich genervt. Seine Ausraster sind, glaube ich, belastender für die Umwelt als für ihn selbst, und haben sicher ihren Ursprung teils auch in der neuen Alltagssituation, dann vorher ging es ihm im Frühling und Sommer erstmal merklich besser. Wenn er so einen Wutanfall hat, ist er nach ein paar Minuten ja wieder gut drauf (er ist auch ein Kind, dass sich sehr schnell ablenken oder aufmuntern lässt und schnell wieder fröhlich ist, auch nach einem Streit oder ähnlichem), dem Rest, der das ab bekommen hat, geht das nicht so :roll:.
Diese Ausraster kenne ich nur zu gut, wenn auch in verschiedenen Versionen. Mein jüngerer Sohn hat autistische "Meltdowns", die man etwa mit einem normalen kleinkindlichen Wutanfall hoch 3 vergleichen kann - sowohl was Dauer als auch was Intensität betrifft! So 30-45 Minuten sind die durchschnittliche Dauer so eines Anfalles, der längste dauerte ganze 2 Stunden.
Meine3 hat geschrieben: Wir haben auch ein sehr inniges Verhältnis. Er erzählt mir sehr viel und unsere Beziehung ist herzlich. Er hat Vertrauen zu mir, erzählt aber grundsätzlich eher wenig über soziale, zwischenmenschliche Probleme (das will er irgendwie immer allein hinbekommen), sondern mehr über den Rest, also was in der Schule dran kam, wann welche Veranstaltung statt findet, was er doof und was er gut fand, was er gespielt hat und mit wem, ob es Streit gab (das aber dann eben eher kurz und knapp :lol: ), etc..

Jedoch ist es in letzter Zeit halt so, dass ICH seine Ausraster oder Ungeduld nicht mehr so gut "ertrage" wie früher :oops: ... Sein Verhalten ist ein einziges Auf und Ab. An einem Tag ist er aggressiv und unausgeglichen, am nächsten ist er fröhlich und gut drauf :gruebel:. Tendenziell gibt es grade öfter wieder "schlechte Tage" und dann komme ich zeitweise auch an meine Geduldsgrenzen, deswegen ja auch mein Post.
Beim älteren Sohn sind die Ausraster viel kürzer und schwächer als beim Bruder, aber dafür auch häufiger. Und es wird immer auffälliger, weil er eben kein Kleinkind mehr ist, sondern 9 Jahre alt. Da erwartet die Umwelt schon ein anderes, reiferes Verhalten. Seine Anfälle beginnen damit, dass er spontan laut quietschend aufschreit, was wirklich sehr unangenehm ist und in den Ohren weh tut. Oder er wirft sich, wie ein Kleinkind, kreischend auf den Boden.

Und auch mein Sohn hat gute und schlechte Phasen. Es ist nicht so, dass ein als Autist diagnostiziertes Kind jeden Tag gleich "schwierig" ist. Es gibt Tage, da benimmt er sich FAST wie ein neurotypisches Kind - aber eben nur FAST.

Ich habe keine Ahnung wie es bei dir sein würde, wenn du wüsstest, dass dein Sohn Autist ist. Zumindest bei mir ist es so, als hätte ich zur Diagnose einen Riesenportion Geduld "mitgeliefert" bekommen. Das heißt nicht, dass ich gar keine eigenen Auszucker mehr habe. Aber früher hatte ich diese eigenen Auszucker mehrmals pro Woche und jetzt ist es vielleicht 1x im Monat. Dadurch hat sich die Situation innerhalb der Familie deutlich entspannt.

Wobei ich zugeben muss, dass ich in Phasen, wo ich mit meiner eigenen Geduld Probleme habe, seit einem halben Jahr (ärztlich verordnete) Medikamente nehme. Es sind Seratonin-Wiederaufnahme-Blocker und da ich bisher nie Medis genommen habe, reicht eine verhältnismäßig niedrige Dosis. In bessere Phasen (meinerseits) setzte ich die Medis wieder eigenmächtig wieder ab - das ist so mit meiner Ärztin besprochen. So hatte ich jetzt z.B. eine 4wöchige, gute Phase ohne Medis, und seit 2 Wochen nehme ich sie wieder. Nebenwirkungen merkte ich übrigens (GsD) keine. Aber für diese Entscheidung (selbst Medis zu nehmen, um geduldiger sein zu können) musste ich auch über meinen eigenen Schatten springen.
Meine3 hat geschrieben:Wem es schlecht geht, ist meine Tochter. Da bin ich aber grade dran (habe einen anderen Kita-Platz in Aussicht).

Wenn man sich einig ist, über die Vorgehensweise zu bestimmten Dingen, dann ist das super, aber oft ist es eben nicht so und auch wenn es mir grade "zu langsam" geht oder ich manchmal wünschte, ich könnte einfach alles so machen wie ICH will :lol:, ist es langfristig betrachtet sicher die bessere Lösung, wenn mein Mann damit einverstanden ist, bzw. wir uns einig werden.

Nichts für ungut.
Ich drücke Dir fest die Daumen, dass du einen guten Kindergarten-Platz für deine Tochter findest!

Und ich hoffe, dass ich klären konnte, wie mein post gemeint war!
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
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