Reaktionen anderer Eltern/Kinder - Misfit

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Meine3
Dauergast
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Re: Reaktionen anderer Eltern/Kinder - Misfit

Beitrag von Meine3 »

Rabaukenmama hat geschrieben:Da mein Sohn nie gesprungen ist kann ich die 1:1 Situation nicht wirklich beurteilen. Andererseits sind wir ziemlich isoliert, die Jungs hatten nie Freunde, die sie eingeladen oder besucht haben und wir haben auch keine anderen Eltern, mit denen wir in regelmäßigen Kontakt sind. Mein jüngerer Sohn hat im Internat einen Freund, aber in der Freizeit hat er keinen Kontakt zu ihm und vermisst ihn auch nicht. Da mein älterer Sohn eine Mehrstufenklasse besucht sind in seiner Klasse nur 3 Mitschüler seiner Schulstufe (früher waren es 4, einer hat die Schule aber nach 2 Jahren verlassen). Bleiben zwei Jungs und ein Mädchen, mit denen Sohnemann allesamt halbwegs gut auskommt (sie werden auch von ihm aus zu seinen Geburtstagen eingeladen). Für eine Freundschaft reicht es aber nicht. Ich kenne die Eltern der beiden Jungs und wir sind die 4 Grundschuljahre gut miteinander ausgekommen.

Einer der Jungs aus der Klasse meines Sohnes hat mal gemeint, er fände es ungerecht, dass mein Sohn in Deutsch eine 1 bekommt, weil er doch nie was lernt. Das ist auch so und es ist tatsächlich ungerecht. Der Junge kommt aus einer liebevollen, fördernden Familie und ist durchaus klug, aber es fliegt ihm eben nicht alles so zu wie meinem Sohn. Er muss immer wieder Rechtschreibung üben, kann nicht so aus dem ff Aufsätze aus dem Ärmel schütteln, und musste für seine eigene 1 in Deutsch wirklich deutlich mehr "arbeiten" als mein Sohn. Mein Sohn sieht es übrigens so, dass dieser Junge und das Mädchen (aus seiner Schulstufe) in Deutsch "besser" sind als er, weil sie "viel mehr Hausübung machen". Ja, stimmt auch! Denn mein Sohn hat ja nie die "Fleißaufgaben" gemacht, welche sie bekommen haben, und er brauchte auch nie was üben oder wiederholen. Daher war sein Fazit - die anderen arbeiten mehr, also sind sie auch besser!

Ich bin mir übrigens sicher, dass die Mutter des Jungen, der die Deutsch-1 für meinen Sohn ungerecht fand, ihm erklärt hat, dass es eben so ist dass mein Sohn da von Haus schon viel mehr kann und weiß als andere Kinder. Vor dem Hintergrund der sozial-emotionalen Defizite meines Sohnes ist es auch relativ leicht zu erklären: "Der xxx ist bei manchen Dingen (kognitiv) eben 2 Jahre voraus und bei anderen Dingen (sozial-emotional) 2 Jahre hintennach!". Mit so einer Erklärung habe ich auch kein Problem, denn sie trifft die Sache sehr gut.

Die meisten Misfits habe ich tatsächlich im Kindergarten erlebt, als die anderen Eltern bemerkt haben, dass mein Sohn mit 4 1/2 Jahren schon flüssig und sinnerfassend lesen konnte. Da gab es wirklich einige (Gott sei Dank nicht so viele), die geglaubt haben, ich hätte ständig zu Hause mit ihm geübt. Und es gab auch einen Vater (selbst sehr ehrgeizig, was seinen Sohn betraf), der mir gar nicht glaubte, dass mein Sohn (1 Jahr jünger als seiner) wirklich schon liest. Aber das waren alles Eltern, mit denen ich ohnehin nicht unbedingt was zu tun haben wollte, darum hat es mich nicht weiter tangiert.
Das mit dem früh lesen fällt eben einfach extrem auf. Meine Mittlere hat ja erst mit 4 mit lesen und schreiben angefangen (kurz vor dem 4. Geburtstag fing sie an mehr als nur ihren Namen zu schreiben), aber auch das war schon auffallend genug :roll:. Ich wurde da auch mehrmals drauf angesprochen, aber meistens von Erzieherinnen, die wiederum beunruhigt waren, wo das mit ihr noch hinführen soll (selbe Diskussion wie beim Großen, die haben auch nichts gelernt). Von Eltern tatsächlich eher bewundernd. Das liegt vielleicht daran, dass meine Tochter sonst so "lieb" und unauffällig daherkommt. Ihr nimmt man das dann wohl mehr ab, dass sie sich das selbst erarbeitet hat und nicht Mutti im dunklen Kämmerlein dem Kind die Buchstaben eingebleut hat.

MIch stören am meisten die Kommentare von Menschenm die ich mag, die zu meinen Bekannten oder der Verwandtschaft zählen und da gab es schon einige "Seitenhiebe". Auch Andeutungen, dass es unser "Fehler" sei, dass die Kinder so sind. Zum Beispiel von der Schwieger-Stiefmutter, die meinte wir sollen unseren Sohn doch noch krabbeln lassen, das sei nicht gut, dass er so früh läuft. Als hätte ich ihm das krabbeln sowie das laufen irgendwie aufzwingen können...Oder auch das sprechen. Auch hier viele Kommentare von der Verwandtschaft (immer von Sieten meines Mannes), was wir denn "machen" würden, dass die Kinder so früh so gut sprechen? Äh, garnichts? Mit ihnen reden?

Und am meisten enttäuscht bin ich von meinem Bruder, der selbst hb ist, der selbst ein höchstbegabtes Kind hat. Der von seinem Kind auf meins schließt und damit beschließt:" der ist nicht "normal", das kann nicht nur an der hb liegen. Mein Sohn war nie so...." Aber ADHS hat er auf keinen Fall, er kenne ja Kinder mit ADHS, die wären viel unruhiger und könnten sich ja garnicht länger mit einer Sache beschäftigen und das könne mein Sohn ja... Mein Bruder sieht meinen Sohn 1-3 mal im Jahr für ca. 5-6 Stunden. Zu den Besuchen oder an den Familienfesten ist mein Sohn immer sehr aufgedreht und zeigt sein auffälligstes Verhalten (reinrufen, rumrasen, Witze machen, wenn es nicht angebracht ist, unruhig rumzappeln, "nerven"). Meistens. Dass er bei weitem nicht immer so ist, hat mein Bruder weder erfragt noch vermutet. Für ihn war klar, dass Sohnemann immer so drauf und deswegen nicht neurotypisch ist. Ich fand es auf der einen Seite "beruhigend", dass es jemand sieht, was ich meine, auf der anderen Seite fand ich seine Sicht zu einseitig und zu vorschnell getroffen. Außerdem vernachlässigt er völlig, dass er selbst zwar als Kind sehr ruhig und schüchtern und in sich gekehrt war, aber ab dem Jugendalter im Verhalten auch auffällig war (Spielsucht, Drogenkonsum, oppositionelles Verhalten in der Schule, mehrere Schul- und Ausbildungsabbrüche...). Ich rede seither kaum noch mit meinem Bruder über meinen Sohn. MEin Bruder und meine Schwägerin betrachten eine "echte" Hochbegabung erst ab IQ 140, alles andere sei ja noch normal (dann wäre mein Bruder auch nicht hb :lol:) und auffälliges Verhalten habe NICHTS mit der Hochbegabung zu tun, das müsse man unbedingt isoliert betrachten. Ich wiederum denke, man darf nicht jede Verhaltensauffälligkeit auf die HB schieben, man darf sie aber im Umkehrschluss auch auf keinen Fall aussparen, wenn es um die Diagnostik geht.

Wie auch immer: verletzen oder treffen tun mich nur die Aussagen oder Verhaltensweisen von Menschen, die mir nahe stehen und VErwandschaft kann man sich nicht aussuchen :?. Sonstige blöde oder unfundierte Kommentare, Skepsis, Augenrollen und co von Bekannten oder fremden Personen ärgert mich einfach nur, das kann ich aber auch nicht gut ignorieren bislang. Bei richtigen Freunden gibt es derlei Aussagen oder Reaktionen auch nicht, da sind wir auch wählerisch und haben uns die richtigen Menschen ausgesucht :fahne:
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
Meine3
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Re: Reaktionen anderer Eltern/Kinder - Misfit

Beitrag von Meine3 »

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Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
koala27
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Re: Reaktionen anderer Eltern/Kinder - Misfit

Beitrag von koala27 »

Bei der Großen gab es besonders in der Grundschule einige Situationen, wo es schon Neid und blöde Kommentare gab, weil sie in Klasse 1 einfach sehr fix war.
Allerdings war das für uns normal, da wir ja nichts über ihre HB wussten. Besonders auffällig war das bei - eigentlich- Freunden von uns-- die Mutter hat immer ganz viel Wert darauf gelegt, wie fit ihr Sohn doch motorisch sei und uns das gerne mal unter die Nase gerieben. " xx fährt schon Fahrrad und Eure? Wie sieht es aus?" ( der Junge ist 9 Monate jünger)
Als die dann mitbekam, dass unsere Große im Lesen viel schneller war und alle Heft schon durch hatte und in Mathe auch einfach so mitgekommen ist--kam da gar nicht gut-- es kamen immer mal spitze Bemerkungen und Nebensätze, dass es ja bei ihrem Sohn an der Lehrerin lag etc.
Zum Glück waren sie nicht in einer Klasse- das wäre böse ausgegangen.
Wir fanden das total blöd, wir konnte ja weder was dafür, dass unsere Tochter so fix war noch das der Sohn so langsam war. Darüber reden ging gar nicht--allerdings betraf das nur die Mutter- der Vater war da lockerer drauf. Er hat uns auch mal erzählt, dass der Sohn wohl eine Dyskalkulie hat und Therapie bekommt.
Seitdem die Kids die Schule gewechselt haben ist der Kontakt sehr eingeschlafen-- scheinbar kann die Mutter nicht akzeptieren, dass unsere- motorisch ja früher langsamere Tochter--auf einem Gym ist und der Sohn auf der OBS ( Oberschule).


Das unsere Kids beide HB sind weiß so richtig kaum einer-- wir reden darüber nicht groß darüber. Die Großeltern wissen es und die Großtante mit Großonkel. Denen kann man dann auch erklären, warum die Kids so reagieren, wie sie es tun.
Die, die es wissen haben selber HB Kids--die aber alle älter sind als unsere Kinder, von daher ist zwischen den Kids auch kein Kontakt.

Andere Freunde von uns wissen es nicht-- da gibt es teilweise schon Neid wegen dem privaten Gym der Großen und wir wollen das nicht noch mehr vertiefen. Über die Kids wird allgemin geredet- bei Notenfragen weichen wir immer aus ( "wir und die Große sind zufrieden")

Die Große selber erzählt es auch nicht- sie hatte in der GS genug Ärger/ Stress wegen guter Noten, darauf kann sie verzichten.


Ich denke schon, dass das eigentlich nicht gut ist, dass wir alle auch dazu stehen sollten, aber es würde uns nichts bringen und in einer Kleinstadt geht das rund wie nichts.
Selbst der Kollege von meinem Mann - der eigentlich alles und jedes erzählt und ganz locker mit allen Themen umgeht-- hat nie groß erzählt, dass seine Kids HB sind---das war eher Zufall, weil der Sohn zum Halbjahr eingeschult wurde, dass das raus kam. Auch sonst redet der nicht darüber.
Auguste
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Re: Reaktionen anderer Eltern/Kinder - Misfit

Beitrag von Auguste »

Ich finde es echt traurig, dass man die HB besser "versteckt" und nicht offen drüber reden kann. :(

Sportlern, Musikern und Künstlern bringt man Respekt entgegen, freut sich, staunt, was die so drauf haben. Wenn das Kind "Nur" intelligent ist, dann kommt oft nur Neid, Missgunst und als Eltern steht man ganz schnell in der "Eislauf-Ecke" und "nimmt seinem Kind die Kindheit". :evil:

Bei uns ist es ganz unterschiedlich. Als unser Sohn die massiven Schulprobleme hatte, habe ich auch mit Freunden und Kollegen gesprochen. Bei vielen kam relativ schnell: "Kann es sein, dass er in der Schule unterfordert ist? Habt ihr schon mal einen IQ-Test gemacht?". Die haben dann auch später ganz normal reagiert, wenn man das Ergebnis angedeutet hat "Ja, hast schon recht gehabt, er ist schlauer als der Durchschnitt". Den genauen IQ wissen übrigens nur wir und meine Schwester ;) Aber das sind auch überwiegend Leute mit akademischem Hintergrund.

Hier im Dorf weiß es niemand und da reden wir auch nicht drüber. Genauso wenig wie wir über seine AVWS reden. Davon weiß nur eine andere Mama, die auch ein AVWS-Kind hat.

In der Schule gab es bisher keine Probleme mit Neidern, aber meine Kinder sind ja notentechnisch keine Überflieger und halten sich in punkto Mitarbeit auch gern mal zurück. Sie fallen deswegen auch nicht als "Streber" auf. Wie faul sie hier zu Hause sind, sieht ja keiner und dass sie z.B. ein Gedicht in 5-10 Minuten auswendig können oder noch nie Vokabeln gelernt haben, binden sie niemandem auf die Nase ;)
sinus
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Re: Reaktionen anderer Eltern/Kinder - Misfit

Beitrag von sinus »

Auguste hat geschrieben:Ich finde es echt traurig, dass man die HB besser "versteckt" und nicht offen drüber reden kann. :(

Sportlern, Musikern und Künstlern bringt man Respekt entgegen, freut sich, staunt, was die so drauf haben. Wenn das Kind "Nur" intelligent ist, dann kommt oft nur Neid, Missgunst und als Eltern steht man ganz schnell in der "Eislauf-Ecke" und "nimmt seinem Kind die Kindheit". :evil:
...na so ein bisschen haben wir auch selbst die Verantwortung dafür. Keiner zwingt einen, aus dem Thema ein "Tabuthema " zu machen bzw da mitzuspielen.
Wenn keiner den Mut hat, das "normal" zu behandeln, wird es auch immer ein eher unsichtbares Phänomen & Tabu bleiben.
Die Blätter sind bunt
nun bellt der Hund
nun lacht der Mund
Raureif liegt auf dem Gras.
Der Has`
friert um die Nas.

(Herbstgedicht der 6jährigen)
Katze_keine_Ahnung
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Re: Reaktionen anderer Eltern/Kinder - Misfit

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

@sinus

es liegt in menschlicher Natur Gruppen zu bilden und die Andersartigen dabei auszuschließen. Das fängt ganz früh an, und begleitet einen bis zum Tod. Um Fremde in jeder Hinsicht zu integrieren, braucht man eine Anstrengung, die einen über seine Grenzen hinaus führt. Das ist ein willentlicher Akt. Wer dazu nicht bereit ist, wird sich kein Zentimenter bewegen, egal was du ihm erzählst. Das Problem ist nicht die Begabung. Das Problem ist das Messen. Solange das Messen nicht aufhört, werden die Begabten ihr Problem behalten. Koala hat ein ganz praktisches Beispiel beschrieben. Wäre der Junge der Freundin nicht in der Schule gemessen, dass er in Mathe schlecht ist, wäre der Bruch mit der Freundin nicht zustande gekommen. Auch Raubaukenmama hat schon beschrieben, dass ihr Sohn es ungerecht findet, dass er für wenig tun gute Noten bekommt und die meisten für wesentlich mehr Anstrengung schlechter bewertet werden. Die Dänen haben die Bewertung glaub ich bis zur 8. Klasse abgeschafft und das Schulsystem funktioniert trotzdem, nichts ist zusammengebrochen nur weil es nicht bewertet wird.

In Asien wird Leistung, und somit auch die Begabung hoch geschätzt. Macht das das Leben einfacher? Die chinesische Art miteinander umzugehen zeigt dass die Situation für alle damit nur schlimmer wird. Musiker und Sportler werden hier oft als Beispiele erwähnt, dass es dort möglich sei, seine Begabung zu zeigen und auszuleben. Um auf diesen Gebieten Pfofi zu werden und davon leben zu können, muss man spätestens mit 6 alles andere aufgegeben haben, unter anderem häufig die eigene Familie. Die Konkurenz in Musik ist unerträglich. Es gibt zu viele, die ihre Instrumente perfekt beherrschen und zu wenige Stellen für die Musiker. Kinder kommen schon spätestens mit 12 bei großen Werken von Beethoven und Mozart an. Und weiter? Es füllt sich wie ein überdimentioniertes Hamsterrad an.

Der WIderspruch liegt im System. Auf einer Seite versucht der Privatsektor jedes Tröpfchen der Iniffizienz aus den Unternehmen auszuwringen. Auf der anderen Seite stellen sich die dadurch überflüssig gewordene Arbeiter bei der Verteilung der Almosen beim Staat an. Die Eltern haben Angst, dass ihre Kinder in dieser perfekt effizienten Welt überflüssig werden und versuchen dagegen zu arbeiten. Dabei rutschen wir ganz unauffällig aber stetig in die asiatische Richtung: das Kind muss entweder ein Artz oder ein Jurist werden.

Während die Jugend komplizierte viel versprechende Berufe erlernt, suche ich seit Wochen handeringend einen Maler! Keinen, der ein Bild von Andy Warhol auf die Fasade aus dem Gedächtnis malt, sondern jemanden der Wände verputzt und streicht. Es ist keiner da... Diejenigen die in der Nachbarschaft arbeten sprechen auch kein Deutsch. Mir wäre selbst chinesisch sprechende Maler recht, hauptsache jedmand kümmert sich, aber es ist nichts zu machen. Die Nachfrage ist eine Ebene höher als das Angebot.

Unser Kindergarten sucht seit einem Jahr eine Erzieherin. In der ganzen Zeit ist trotz intensiver Suche eine (!) Bewerbung eingegangen. Von einer Frau ohne Auto die am anderen Ende des Landkreises wohnt. Mein Junge braucht Sport, ich würde ihn gerne ins Kinderturnen schicken. Aber es gibt in drei großen Gemeinden keine Turnengruppe für die Breite. Nur Leistungsturnen für die er nicht fit genug ist, und keine Möglichkeit fit zu werden. Die gleiche Situaiton herrscht beim Schwimmen. Während der Schwimmverein für sich zwei Dutzend Kinder auspickt und sie dann in der Fischhaut Meisterschaften gewinnen lässt, schwimmen bei DLRG 200 Kinder in einem überfüllten Bad, der aus allen Nähten platzt, und noch mehr stehen an, um überhaupt schwimmen lernen zu dürfen. Kein Bad, keine Turnhalle, dafür wird aber eine Surfwelle gebaut, um das Region turistisch attraktiver zu machen. So funktioniert die Effizienz. Die Surfwelle verspricht einen größeren Profit als die unsportlichen Jungen und Nichtschwimmer.
Maca
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Re: Reaktionen anderer Eltern/Kinder - Misfit

Beitrag von Maca »

Über die Probleme mit meinem ADS Kind konnte ich früher immer offen und überall sprechen, wir haben stets viel Verständnis und Unterstützung erhalten.
Bis zu dem Zeitpunkt als sie durch Therapie so stabilisiert wurde, dass ihr der Zugriff auf ihr Potential immer besser zur Verfügung stand und sie an den eigenen Kindern plötzlich vorbeizog. Da war es aus mit jedwedem Wohlwollen.


Mein Kleiner ist ein “Tabuthema“ über den rede ich nicht und lasse despektierliche Bemerkungen in Richtung Eislaufeltern an mir abprallen.
Meine3
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Re: Reaktionen anderer Eltern/Kinder - Misfit

Beitrag von Meine3 »

Maca hat geschrieben:Über die Probleme mit meinem ADS Kind konnte ich früher immer offen und überall sprechen, wir haben stets viel Verständnis und Unterstützung erhalten.
Bis zu dem Zeitpunkt als sie durch Therapie so stabilisiert wurde, dass ihr der Zugriff auf ihr Potential immer besser zur Verfügung stand und sie an den eigenen Kindern plötzlich vorbeizog. Da war es aus mit jedwedem Wohlwollen.


Mein Kleiner ist ein “Tabuthema“ über den rede ich nicht und lasse despektierliche Bemerkungen in Richtung Eislaufeltern an mir abprallen.

Das ist doch traurig :cry:. Mir ging es genau so. Über den ADHS-Verdacht kann ich ganz offen reden. DA gibt es keine komischen Blicke oder seltsame Reaktionen...Das "gönnen" einem die Menschen. Aber als ich dann einer Mutter gegenüber zustätzlich erwähnte, dass er nicht nur recht wahrscheinlich ADHS habe, sondern auch hochbegabt ist und diese Kombination sehr schwierig sei, da war es dann aus mit dem verständnisvollen Austausch (diesen "Fehler", die Verhaltensauffälligkeiten meines Sohnes vollständig erklären zu wollen, habe ich danach wieder gemacht).

Das Schlimme ist, dass die Kinder ja damit aufwachsen, mit dem Gefühl, dass ihr "anders sein" (in diesem Falle eben überdurchschnittlich klug zu sein) ein Tabu ist. Aber letztendlich versucht man ja sich und die Familie mit eben diesem Verhalten zu schützen.
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
Katze_keine_Ahnung
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Re: Reaktionen anderer Eltern/Kinder - Misfit

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

ADHS wird wird einem bis zu der Grenze gegönnt, dass das H die anderen nicht significant stört. Ab dann wird es noch schwieriger als mit der Begabung.
Meine3
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Re: Reaktionen anderer Eltern/Kinder - Misfit

Beitrag von Meine3 »

@Katze:

Das Problem ist tatsächlich die Gesellschaft, bzw. die gesellschaftlichen Systeme, in denen wir uns aufhalten. In China werden die Kinder tatsächlich zu Genies "heran gezüchtet" und da wird kein Hehl daraus gemacht. In den USA wird sich das Ergebnis des IQ-Tests an die Wand im Büro gehängt und damit geprahlt. Hier in Deutschland, sicherlich auch in Österreich und vielen der europäischen Nachbarländer wird dieses Thema sehr stiefmütterlich behandelt, man schämt sich fast ein hochbegabtes Kind zu haben oder selbst hochbegabt zu sein. Der Wunsch, der Norm zu entsprechen ist übergeordnet und es ist quasi das was anzustreben ist: Normal/Durchschnitt sein.

Es hilft leider nichts zu wissen, dass es in anderen Ländern anders gehandhabt wird, dass es vielleicht was mit unserer historischen Vergangenheit zu tun hat, dass es schlicht "dumm" ist und bedauerlich, da die Gesellschaft von klugen Köpfen durchaus profitieren könnte. Auch die Erkenntnis oder das Wissen, dass es letztendlich immer nur um das eine geht (Profit), hilft uns Eltern hochbegabter Kinder nicht weiter.

Die Frage ist eher wie man bestmöglich damit umgeht, wie man in seinem eigenen kleinen Kosmos das Thema enttabuisieren kann, ohne selbst dabei unter die Räder zu kommen. Weder verschweigen und verstecken finde ich richtig, noch offensiv damit umgehen scheint förderlich zu sein.

Was ich nun schon manchmal gemerkt habe, dass "Aufklärung" sehr hilft. Die meisten Menschen haben ein bestimmtes (falsches oder unvollständiges oder stark pauschalisiertes) Bild im Kopf, wenn sie das Wort "Hochbegabung" hören. Sie denken an Nerds mit Brille und Karo-Hemd, die mit 4 geniale mathematische Gleichungen lösen können, mit 10 Computerprogramme für Großkonzerne entwickeln oder 3 beim Buchstabier-Wettbewerb gewinnen und mit 15 studieren. Sie denken an Einstein, Steven Hawking, Mozart, Da Vinci, an die "Wunderkinder" aus dem Fernsehen....

Dann gibt es die neue "Modeerscheinung": der hochbegabte junge Mensch als armes, fehlgeleitetes, stark unterfordertes Kind, dass sozial auffällig ist und in der Schule nicht klar kommt, weil es so weit voraus ist. Weder das eine noch das andere Bild ist vollständig oder "korrekt".

Die wenigen guten Gespräche mit Eltern, die wir hatten zu diesem Thema waren immer mit Eltern, die offen und interessiert waren und aktiv zugehört haben, wie es uns als Eltern damit geht und wie es dem Kind geht, wo nachgefragt wurde (ohne Skepsis, sondern einfach aus Neugier oder Anteilnahme). Die dann hören durften, dass unser Kinder keinesfalls ein kleines Genie ist, das alles kann. Dass ein hochbegabtes Kind auch mit manchen Dingen überhaupt nicht klar kommt (subtrahieren zum Beispiel :mrgreen:). Dass so ein Kind partiell sowohl sozial auffällig (Sohn) als auch total unauffällig und angepasst daher kommen kann (unsere Töchter, mein Neffe, ich :mrgreen:, mein Bruder), sowohl Klassenbester als auch komplett durchschnittlich oder gar der typische Schulversager sein kann, dass es eben keine Checkliste gibt, auf der steht wie ein hochbegabtes Kind ist (oder nicht ist). Dass sich hohe intellektuelle Begabung sehr unterschiedlich manifestieren kann und je nach Charakter sehr unterschiedlich ERlebt und ausgelebt wird und dass wir alle einfach nur Menschen sind und im Grunde eben alle verschieden und jeder auf seine Weise besonders.
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
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