Reaktionen anderer Eltern/Kinder - Misfit
Verfasst: Sa 8. Aug 2020, 10:17
Hallo,
immer wieder erwische ich mich im Alltag dabei, unsicher zu sein, wie ich selbst mit der "Andersartigkeit" meiner Kinder umgehen soll.
Im alten Kindergarten, als wir noch in der Stadt gelebt haben, sind die Kinder nicht so extrem aufgefallen, da der Kindergarten eine Elterninitiative war, die meisten waren Akademiker, also gut gebildet, viele vermutlich selbst überdurchschnittlich intelligent. Auch die meisten Kinder waren sehr pfiffig. Hier wurden wir als Familie akzeptiert und angenommen. Sohnemann fiel zwar auf (auch die Mittlere), aber es wurde nicht "mistrauisch" beäugt. Es wurde einfach als gegeben angenommen.
HIer auf dem Dorf mit Eintritt in den neuen Kindergarten hat sich für uns vieles verändert. Angefangen damit, dass die kognitiven Fähigkeiten unserer Kinder zum "Problem" wurden und mit Sohnemann die Verhaltensauffälligkeiten und Diagnostik begann.
Anfangs bin ich ganz offen mit dem Thema umgegangen. Da ich selbst kein neidischer Mensch bin, ist es mir tatsächlich schwer gefallen zu verstehen, dass Menschen mit Misgunst darauf reagieren, wenn man bejaht, dass das Kind "fit" ist, obwohl es ja von außen immer wieder festgestellt wurde.
Irgendwann habe ich angefangen, die Fähigkeiten "klein zu machen"... Das funktionierte auch nicht und ich fand diesen Ansatz eigentlich auch falsch. Es ist ja nichts wofür man sich schämen muss.
Mittlerweile reagiere ich kaum noch auf "Sprüche" von Außen (sprich ich lasse die Aussagen unkommentiert und lächle höflich), das funktioniert so weit ganz gut.
Jetzt ist es aber so, dass Sohnemann ja eine Klasse überspringt und das im Dorf grade die Runde macht. Sogar die Eltern vom besten Freund sind "pikiert", dabei haben sie selbst schon oft genug festgestellt, dass mein Sohn "anders" tickt als ihrer. In vielerlei Hinsicht. Man spürt richtig, dass sie sehr versuchen "normal" damit umzugehen, aber es gelingt ihnen nicht sonderlich gut.
Sohnemann selbst beschäftigt der Sprung natürlich und da er sehr mitteilungsbedürftig und ein sehr offenes Kind ist, dass schnell Kontakte knüpft, gab es in den letzten Tagen und Wochen wieder einige ungemütliche Situationen...
Die seltsamste Situation fand am letzten Schultag statt. Wir waren am Nachmittag auf dem Spielplatz. Sohnemann nahm Kontakt zu zwei deutlich älteren Jungs auf (4. Klasse, wie sich später rausstellte, der eine kommt auf die Hauptschule, der andere aufs Gymnasium) und als sie ihn fragten in welche Klasse er gehe, sagte er wahrheitsgemäß, dass er in der 1. Klasse ist, aber jetzt dann in die 3. Klasse springt. Ich saß ein Stück abseits und konnte die Szene gut mit verfolgen. Als dann kamen skeptische Blicke und entsprechende Aussagen ("ja klar!!") sie fingen an, ihn zu "testen", in dem sie ihm Malaufgaben stellten. Anfangs machte er noch mit, er drehte den Spieß aber schnell um und stellte ihnen Fragen, bzw. fing an von Harry Potter zu erzählen und fragte ob sie auf die Insel gehen (im Bach am Spielplatz ist eine Insel). Ihm war die Situation plötzlich sichtlich unangenehm. Die Jungs wandten sich dann ab und gingen weg. Wenig später kamen die Jungs zu mir (Sohnemann war woanders unterwegs) und fragten mich, ob das stimmt mit dem KLassensprung. Ich bejahte dies. Der eine meinte dann:" das ist aber doch voll stressig!" Ich erklärte dann, dass für meinen Sohn Langeweile schlimmer sei als "Stress" und dass das nicht heißt, dass er alles weiß, dass ihm einiges fehlen würde und er das dann halt aufholen muss, dass das für ihn aber besser sei, als sich viel zu langweilen.
Die Jungs trollten sich. Ich wusste nicht so recht, was ich damit anfangen soll. Später sprach mich mein Sohn darauf an, dass er nicht versteht, warum die Jungs ihm nicht geglaubt haben und dann nicht mehr mit ihm spielen wollten. Ich habe ihm erklärt, dass es auf sie wahrscheinlich wie "angeben" gewirkt haben muss und dass er verstehen muss, dass es zwar einige Kinder gibt, die eine Klasse überspringen, aber dass es eben eher ungewöhnlich ist und die meisten Kinder das weder empfohlen bekommen noch auf die Idee kämen das selbst zu wollen. Er war sehr traurig und meinte, dass er doch garnicht angeben wollte. Dass doch heute der letzte Schultag sei, sie ihn gefragt haben in welche Klasse er geht und er darauf doch nur geantwortet habe. Außerdem beschäftige ihn das Thema heute sehr... Ich sagte ihm, dass das okay wäre und er nichts falsch gemacht hat, aber dass er vielleicht vorher überlegt, ob er das jetzt erzählen "muss", weil es viele Kinder nicht verstehen werden. Er meinte dann könnten sie doch fragen .
Mein Sohn kommt durch seine redselige Art schnell als Angeber rüber und das tut mir leid für ihn, weil er es wirklich nicht so meint und speziell in dieser Situation lediglich auf Fragen geantwortet hat.
Eine nette Familie mit ebenfalls 4 Kindern saß bei uns in der Nähe, wir waren vorher schon ins quatschen gekommen und die Mutter mischte sich jetz ein und meinte zum Sohn, dass er das doch alles richtig gemacht habe und es nunmal Menschen gibt, die das nicht verstehen können oder neidisch werden und zu uns meinte sie, dass wir da ganz offen mit umgehen sollen. Es wäre nichts, wofür man sich schämen muss und es sei nunmal nicht für jeden das Gleiche richtig und verheimlichen kann man einen Sprung ohnehin nicht.
Das hat mir gut getan, dass es auch Menschen gibt, die da ganz "normal" mit umgehen. Denn ich kann es grade nicht mehr wirklich. Früher war das kein Problem aber durch die ganzen negativen Erlebnisse in den letzten beiden Jahren (seit Kitawechsel) bin ich selbst irgendwie verkrampft, was das Thema angeht. Das finde ich sehr schade für meine Kinder. Ich will ihnen nicht vorleben, dass ihre Begabung etwas ist, was sie verheimlichen, verstecken oder negieren sollen oder müssen.
Mittlerweile halte ich mich dennoch eher bedeckt und spreche von mir aus da garnicht mehr drüber. Nichtmal mein Bruder (der mit dem höchstbegabten Kind) weiß, dass unser Sohn eine Klasse überspringt. Da ihr Kind nie gesprungen ist und sie nichts von "Sonderbehandlung" halten, trotz sehr hohem IQ, würden sie das nicht gut finden und ich habe keinen Bock mich erklären zu müssen. Durch den KLassensprung, der ja etwas ist, was man nicht einfach für sich behalten kann, kommen aber jetzt doch immer wieder Gespräche mit Bekannten oder Freunden auf, die es mitbekommen haben und ich habe ehrlich gesagt grade gar keinen Bock, mich und mein Kind immer wieder zu "erklären" oder das verteidigen zu müssen. Auf der anderen Seite möchte ich auch nicht als "Eislaufmutti" dastehen, die das dem Kind "antut" und erkläre dann halt doch, dass die Initiative von der Lehrerin kam.
Ich finde diese Gradwanderung schwierig. Ich versuche einfach nichts drauf zu geben, was die anderen über uns denken und das gelingt mir mittlerweile auch gut bei Menschen, die für mich nicht relevant sind. Aber wenn es um Menschen geht, mit denen wir in näherem Kontakt stehen, trifft es mich dann doch, wenn sie "komisch" reagieren. .
Außerdem tut es mir leid, dass mein Sohn nun noch mehr zum Exoten wird. Denn eigentlich findet er immer sehr schnell Kontakt und Freunde, vergrault sie dann aber teilweise auch schnell wieder weil er eben "anders" ist... Mit der Tochter verhält es sich anders. Sie verhält sich ganz anders, gibt ihr Wissen nicht preis, zeigt sich nicht, ist dadurch viel beliebter, da angepasster. Problematisch ist es trotzdem, da sie sich selbst sehr stark als anders erlebt und es nicht versteht... Sie spürt den Misfit sehr intensiv, ich glaube sehr viel mehr als der Sohn.
Was habt ihr schon in der Richtung erlebt? Hattet/habt ihr auch diese Probleme "natürlich" mit dem Thema umzugehen? Welcher Weg ist für euch der, der am besten funktioniert?
immer wieder erwische ich mich im Alltag dabei, unsicher zu sein, wie ich selbst mit der "Andersartigkeit" meiner Kinder umgehen soll.
Im alten Kindergarten, als wir noch in der Stadt gelebt haben, sind die Kinder nicht so extrem aufgefallen, da der Kindergarten eine Elterninitiative war, die meisten waren Akademiker, also gut gebildet, viele vermutlich selbst überdurchschnittlich intelligent. Auch die meisten Kinder waren sehr pfiffig. Hier wurden wir als Familie akzeptiert und angenommen. Sohnemann fiel zwar auf (auch die Mittlere), aber es wurde nicht "mistrauisch" beäugt. Es wurde einfach als gegeben angenommen.
HIer auf dem Dorf mit Eintritt in den neuen Kindergarten hat sich für uns vieles verändert. Angefangen damit, dass die kognitiven Fähigkeiten unserer Kinder zum "Problem" wurden und mit Sohnemann die Verhaltensauffälligkeiten und Diagnostik begann.
Anfangs bin ich ganz offen mit dem Thema umgegangen. Da ich selbst kein neidischer Mensch bin, ist es mir tatsächlich schwer gefallen zu verstehen, dass Menschen mit Misgunst darauf reagieren, wenn man bejaht, dass das Kind "fit" ist, obwohl es ja von außen immer wieder festgestellt wurde.
Irgendwann habe ich angefangen, die Fähigkeiten "klein zu machen"... Das funktionierte auch nicht und ich fand diesen Ansatz eigentlich auch falsch. Es ist ja nichts wofür man sich schämen muss.
Mittlerweile reagiere ich kaum noch auf "Sprüche" von Außen (sprich ich lasse die Aussagen unkommentiert und lächle höflich), das funktioniert so weit ganz gut.
Jetzt ist es aber so, dass Sohnemann ja eine Klasse überspringt und das im Dorf grade die Runde macht. Sogar die Eltern vom besten Freund sind "pikiert", dabei haben sie selbst schon oft genug festgestellt, dass mein Sohn "anders" tickt als ihrer. In vielerlei Hinsicht. Man spürt richtig, dass sie sehr versuchen "normal" damit umzugehen, aber es gelingt ihnen nicht sonderlich gut.
Sohnemann selbst beschäftigt der Sprung natürlich und da er sehr mitteilungsbedürftig und ein sehr offenes Kind ist, dass schnell Kontakte knüpft, gab es in den letzten Tagen und Wochen wieder einige ungemütliche Situationen...
Die seltsamste Situation fand am letzten Schultag statt. Wir waren am Nachmittag auf dem Spielplatz. Sohnemann nahm Kontakt zu zwei deutlich älteren Jungs auf (4. Klasse, wie sich später rausstellte, der eine kommt auf die Hauptschule, der andere aufs Gymnasium) und als sie ihn fragten in welche Klasse er gehe, sagte er wahrheitsgemäß, dass er in der 1. Klasse ist, aber jetzt dann in die 3. Klasse springt. Ich saß ein Stück abseits und konnte die Szene gut mit verfolgen. Als dann kamen skeptische Blicke und entsprechende Aussagen ("ja klar!!") sie fingen an, ihn zu "testen", in dem sie ihm Malaufgaben stellten. Anfangs machte er noch mit, er drehte den Spieß aber schnell um und stellte ihnen Fragen, bzw. fing an von Harry Potter zu erzählen und fragte ob sie auf die Insel gehen (im Bach am Spielplatz ist eine Insel). Ihm war die Situation plötzlich sichtlich unangenehm. Die Jungs wandten sich dann ab und gingen weg. Wenig später kamen die Jungs zu mir (Sohnemann war woanders unterwegs) und fragten mich, ob das stimmt mit dem KLassensprung. Ich bejahte dies. Der eine meinte dann:" das ist aber doch voll stressig!" Ich erklärte dann, dass für meinen Sohn Langeweile schlimmer sei als "Stress" und dass das nicht heißt, dass er alles weiß, dass ihm einiges fehlen würde und er das dann halt aufholen muss, dass das für ihn aber besser sei, als sich viel zu langweilen.
Die Jungs trollten sich. Ich wusste nicht so recht, was ich damit anfangen soll. Später sprach mich mein Sohn darauf an, dass er nicht versteht, warum die Jungs ihm nicht geglaubt haben und dann nicht mehr mit ihm spielen wollten. Ich habe ihm erklärt, dass es auf sie wahrscheinlich wie "angeben" gewirkt haben muss und dass er verstehen muss, dass es zwar einige Kinder gibt, die eine Klasse überspringen, aber dass es eben eher ungewöhnlich ist und die meisten Kinder das weder empfohlen bekommen noch auf die Idee kämen das selbst zu wollen. Er war sehr traurig und meinte, dass er doch garnicht angeben wollte. Dass doch heute der letzte Schultag sei, sie ihn gefragt haben in welche Klasse er geht und er darauf doch nur geantwortet habe. Außerdem beschäftige ihn das Thema heute sehr... Ich sagte ihm, dass das okay wäre und er nichts falsch gemacht hat, aber dass er vielleicht vorher überlegt, ob er das jetzt erzählen "muss", weil es viele Kinder nicht verstehen werden. Er meinte dann könnten sie doch fragen .
Mein Sohn kommt durch seine redselige Art schnell als Angeber rüber und das tut mir leid für ihn, weil er es wirklich nicht so meint und speziell in dieser Situation lediglich auf Fragen geantwortet hat.
Eine nette Familie mit ebenfalls 4 Kindern saß bei uns in der Nähe, wir waren vorher schon ins quatschen gekommen und die Mutter mischte sich jetz ein und meinte zum Sohn, dass er das doch alles richtig gemacht habe und es nunmal Menschen gibt, die das nicht verstehen können oder neidisch werden und zu uns meinte sie, dass wir da ganz offen mit umgehen sollen. Es wäre nichts, wofür man sich schämen muss und es sei nunmal nicht für jeden das Gleiche richtig und verheimlichen kann man einen Sprung ohnehin nicht.
Das hat mir gut getan, dass es auch Menschen gibt, die da ganz "normal" mit umgehen. Denn ich kann es grade nicht mehr wirklich. Früher war das kein Problem aber durch die ganzen negativen Erlebnisse in den letzten beiden Jahren (seit Kitawechsel) bin ich selbst irgendwie verkrampft, was das Thema angeht. Das finde ich sehr schade für meine Kinder. Ich will ihnen nicht vorleben, dass ihre Begabung etwas ist, was sie verheimlichen, verstecken oder negieren sollen oder müssen.
Mittlerweile halte ich mich dennoch eher bedeckt und spreche von mir aus da garnicht mehr drüber. Nichtmal mein Bruder (der mit dem höchstbegabten Kind) weiß, dass unser Sohn eine Klasse überspringt. Da ihr Kind nie gesprungen ist und sie nichts von "Sonderbehandlung" halten, trotz sehr hohem IQ, würden sie das nicht gut finden und ich habe keinen Bock mich erklären zu müssen. Durch den KLassensprung, der ja etwas ist, was man nicht einfach für sich behalten kann, kommen aber jetzt doch immer wieder Gespräche mit Bekannten oder Freunden auf, die es mitbekommen haben und ich habe ehrlich gesagt grade gar keinen Bock, mich und mein Kind immer wieder zu "erklären" oder das verteidigen zu müssen. Auf der anderen Seite möchte ich auch nicht als "Eislaufmutti" dastehen, die das dem Kind "antut" und erkläre dann halt doch, dass die Initiative von der Lehrerin kam.
Ich finde diese Gradwanderung schwierig. Ich versuche einfach nichts drauf zu geben, was die anderen über uns denken und das gelingt mir mittlerweile auch gut bei Menschen, die für mich nicht relevant sind. Aber wenn es um Menschen geht, mit denen wir in näherem Kontakt stehen, trifft es mich dann doch, wenn sie "komisch" reagieren. .
Außerdem tut es mir leid, dass mein Sohn nun noch mehr zum Exoten wird. Denn eigentlich findet er immer sehr schnell Kontakt und Freunde, vergrault sie dann aber teilweise auch schnell wieder weil er eben "anders" ist... Mit der Tochter verhält es sich anders. Sie verhält sich ganz anders, gibt ihr Wissen nicht preis, zeigt sich nicht, ist dadurch viel beliebter, da angepasster. Problematisch ist es trotzdem, da sie sich selbst sehr stark als anders erlebt und es nicht versteht... Sie spürt den Misfit sehr intensiv, ich glaube sehr viel mehr als der Sohn.
Was habt ihr schon in der Richtung erlebt? Hattet/habt ihr auch diese Probleme "natürlich" mit dem Thema umzugehen? Welcher Weg ist für euch der, der am besten funktioniert?