Sohn ist „respektlos“ und demotiviert

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Amyyma
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Sohn ist „respektlos“ und demotiviert

Beitrag von Amyyma »

Hallo,

ich bin neu hier und Mutter. Ich schreibe kurz etwas zu mir selbst, da das Teil des Problems ist. Ich war eine fleißige Schülerin und gut in der Schule, Einser-Abi, danach Einser-Diplom und ich mache zur Zeit etwas, das mir überhaupt keinen Spaß macht, weil sie für mich als Mutter keine anderen Möglichkeiten boten.

Mein Mann hingegen hat einen mittelmäßigen Realschulabschluss, Lehre, Meister gemacht und hat einen Job, der ihm Spaß macht und verdient auch noch sehr gut.

Der älteste unserer Söhne wird nächstes Jahr auf die weiterführende Schule kommen und ich mache mir große Sorgen. Im Kindergarten fiel er auf, weil er sich selbst das Lesen beigebracht hatte. Er wurde damals von einer Beratungsstelle als Hochbegabte getestet, aber wir haben es nicht weiter verfolgt, da wir bei der Beratungsstelle ein schlechtes Gefühl hatten und er keine Probleme gehabt hat.

In der Grundschule nun hat er gute Noten, aber er macht nie mehr für die Schule als das allernötigste und hat auch keinerlei Lernstrategien, da er nicht lernt. Er weigert sich Zusatzaufgaben zu machen, die ihm die Lehrerin gibt, da seine Klassenkameraden diese nicht machen müssen. Er fühlt sich unfair benachteiligt.

Er wurde deswegen respektlos gegenüber der Lehrerin und beschimpfte sie frauenfeindlich. Das hat er nicht von zuhause.

Er ist ein herzlicher und einnehmender Junge, der leicht Freunde findet und sich für Fairness und Gerechtigkeit (oder das, was er darunter versteht,) einsetzt. Doch stellt er sich in letzter Zeit immer öfter quer.

Auch hat er sich geweigert bestimmte Aufgaben in der Schule zu erledigen, weil er „das schon konnte“ und „nicht weiß wozu es gut sein soll“.

Zuhause zeigt er Interesse an seinem Hobby, einer Sportart und an Sport insgesamt. Er zeigt auch Interesse an sehr speziellen Sach-Themen (anderen wieder gar nicht), aber er interessiert sich überhaupt nicht für Dinge wie Schreibschrift, die Themen des Unterrichts und so weiter. Er hat kein Interesse an Museen oder ähnlichem.

Früher war er leicht zu lenken. Inzwischen wird er immer öfter rebellisch. Er beschimpfte mich als dumm, weil ich eine spezielle Regel seiner ausgeübten Sportart nicht kenne und verachtetet diejenigen, die sich damit nicht auskennen. Seine Idole sind Sportler dieser Sportart. Von einem Profi-Sportler hat er sogar die Frisur kopiert und weigert sich die Haare anders zu tragen. Leider jedoch ist dieser Sportler ein recht zwielichtiger Typ und kein gutes Vorbild (bis auf seine sportlichen Leistungen). Jede Kritik an diesem Sportler jedoch blockt er ab.

Ich denke immer wieder darüber nach, wie das mit ihm auf der weiterführenden Schule weitergehen soll. Von den Leistungen her ist er ein Kind für Gymnasium. Er hat ohne sich zu bemühen nur Einsen und Zweien, aber er ist demotiviert, faul und hat auch ein Hang dazu sich für den Grössten zu halten. Er hat oft ein sehr schlimme Ausdrucksweise. Das hat er nicht von uns, sondern von anderen Kindern gelernt. Er kann jedoch auch ein fröhliches, herzliches, freundliches, einfühlsames Kind sein.
An der Gesamtschule wäre er wahrscheinlich unterfordert, doch kommen die vielleicht besser mit seiner Art zurecht. Auch wäre er dort vermutlich nicht der einer von wenigen Schülern mit Migrationshintergrund am nächsten Gymnasium aber schon.

Wenn er aufs Gymnasium ginge müssten wir uns auch etwas einfallen lassen, um ihn zum lernen zu bewegen. Ich weiß aber selber nicht, wozu ich eigentlich für die Schule gelernt habe, denke inzwischen oft mit Realschulabschluss und Lehre, stände ich auch nicht schlechter da.

Ich komme mir wie eine Lügnerin vor, wenn ich ihm sage er soll gut in der Schule sein, damit er Abi machen kann, studieren und dann die Früchte ernten. Ich weiß inzwischen selbst nicht mehr, wozu ich das gemacht habe.
Katze_keine_Ahnung
Dauergast
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Registriert: Do 23. Jan 2020, 09:33

Re: Sohn ist „respektlos“ und demotiviert

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Dein Kind gehört auf jeden Fall ins Gymnasium. Gib ihm eine Chance und zweifele nicht so stark daran. Die Zeiten haben sich geändert. Viele Schüler sind selbst in der Oberstufe nicht wirklich motiviert und wissen nicht wozu das alles gut wäre. Ich habe in der ganzen langen Beschreibung nichts gelesen, was das Alter auffallend wäre. Zum Ende der Grundschule beginnen sich Kinder nach Außen zu orientieren, draußen nach Vorbildern zu suchen und sich von den Eltern zu distanzieren. Wenn dein Sohn ein MInimalist ist, wird er in der Real oder Gesamtschule genauso mittelmäßige Leistung wie ins Gymnasium bringen, nur halt auf dem niedrigeren Niveau. Wozu wäre das gut? Jetzt ist es noch definitiv zu früh, um sich Gedanken über Lehrer vs Studium zu machen.
Amyyma
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Registriert: Di 6. Sep 2022, 08:54

Re: Sohn ist „respektlos“ und demotiviert

Beitrag von Amyyma »

Danke für deine Antwort.

Gründe, die gegen das Gymnasium sprechen:

- er hat kein Interesse am Lernen. Reicht es am Gymnasium aus, „klug zu sein“?
- ich habe keine Ahnung, wie ich ihn zum Lernen motivieren soll
- er sieht sich in Zukunft nicht als Akademiker sondern als Sportler
- er hat keinen Respekt für die Institution Schule oder seine Lehrerinnen. Im Gegenteil er erzählt uns, dass diese „dumm“ wären und Idioten im Vergleich zu seinem Trainer
- er wiederseht sich absichtlich Schulregeln zum Beispiel Bekleidungsvorschriften
- er wäre außerdem eines von wenigen Kindern mit Migrationshintergrund. Am nächsten Gymnasium gibt es kaum Kinder mit Migrationshintergrund. Ich befürchte aber, dass er mit der Kombination aus Migrationshintergrund und manchmal unglaublich frech und respektlos dort zum Außenseiter bei den Lehrern am Gymnasium werden könnte
Katze_keine_Ahnung
Dauergast
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Re: Sohn ist „respektlos“ und demotiviert

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Migrationshintergrund würde ich aus der Liste ganz streichen. An dem Gymnasium meiner Kinder hatte gefühlt die Hälfte der Klasse einen Migrationshintergrund. Mein blonder Sohn wurde als Almann betitelt.

Kluge Jungs sind nicht selten rebellisch und vorlaut. Sie fühlen sich in der Frauen/Mädchenwelten nicht wirklich repräsentiert. Die Lehrer haben keine disziplinäre Maßnahmen, die wirklich durchgreifen. Mehr als ein Verweis für eine verbale Äußerung kriegt man nicht, und selbst dafür muss man sich ins Zeug legen.

Ob es an Gymnasium reicht, klug zu sein, ist von exekutiven Fähigkeiten abhängig. Bei ausreichender Intelligenz, gutem Gedächtnis und aktiven Miterleben vom Unterricht kann man in 3er-4er Bereich problemlos weiter kommen.

Was Bekleidungs- und Sonstwas- vorschriften angeht, würde ich sagen, dass das Gymnasium da am flexibelsten ist. Sie betrachten die Kinder eher von der Warte der Leistung. Eine Joggingshose ist dort ein wesentlich kleineres Problem als ein Lerndefizit.

Ich finde es toll, dass dein Sohn so sportbegeistert ist. Wenn er richtig gut ist, wäre es einer Überlegung wert ihn in ein passendes Internat zu schicken. Denn egal in welche Schule du ihn weiter einschreibst, die Auseinandersetzungen zum Thema Schule werden in den nächsten Jahren deutlich zunehmen. Vor allem dann, wenn ihr erwartet, dass er sich ändert und Motivation und Leistung liefert. Die kann er wirklich ausgraben, aber erst dann wenn er selber versteht, dass man selbst im Sport, falls man kein Ronaldo ist, ein Abitur und ein Studium braucht, um später eine berufliche Zukunft auf dem Gebiet zu haben.

Du versuchst zu weit in die Zukunft zu blicken. Das ist eine ziemlich undankbare Aufgabe. Schick ihn ins Gymnasium, wähle Englisch als 1. Fremdsprache und dann kann er immer noch wechseln, falls es unüberwindbare Probleme gibt.
koala27
Dauergast
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Re: Sohn ist „respektlos“ und demotiviert

Beitrag von koala27 »

Wenn er seine Zukunft als Sportler sieht...

und er wirklich gut ist in seiner Sportart würde ich versuchen ihm den Weg zum Sportinternat aufzuzeigen....

dort muss er richtig was leisten... also Trainung vor und nach der Schule, Hausaufgaben abends....

es gibt einige richtig gute Dokus über das Leben dort....und über die Einschränkungen die damit verbunden sind....

vielleicht wäre das eher ein Weg für ihn.... Sportler auf Internaten die nicht gut in der Schule sind, dürfen nicht zu Wettkämpfen u.ä. fahren....



Kam erst kürzlich " Supertalent Josie--mit 12 schon Profisportler"----ARD Mediathek
nosupermum
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Re: Sohn ist „respektlos“ und demotiviert

Beitrag von nosupermum »

Nicht jedes Hochbegabte Kind bringt sich Lesen und Schreiben alleine bei. Und nicht jedes frühlesende Kind ist hochbegabt.
Aber füttere dein Kind mit allem was es interessiert. Ob das Buchstaben, zahlen oder Musik ist. Wenn es dir möglich ist, biete ihm zu allen Themen gutes Spielzeug an, das auch für größere Kinder geeignet ist. Wer kein großers Puzzle in Reichweite hat, puzzelt auch keins. Geht in die Bücherei, ins Museum. Und lass andere reden… warum soll ein kleines Kind nichts spannendes dort entdecken, auch wenn es das Thema eigentlich noch nicht verstehen kann?
Amyyma
Beiträge: 3
Registriert: Di 6. Sep 2022, 08:54

Re: Sohn ist „respektlos“ und demotiviert

Beitrag von Amyyma »

Hallo,

im Sport ist er ganz gut, aber auch nicht überragend. Ein Sportinternat würde ihn gewiss nicht aufnehmen. Außerdem möchten wir ihn nicht auf ein Internet schicken. Sport ist seine große Leidenschaft und er sieht dort seine Zukunft. Durchdacht sind diese Zukunftsvorstellungen jedoch nicht.
Katze_keine_Ahnung
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Re: Sohn ist „respektlos“ und demotiviert

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Wenn schon jetzt klar ist, dass die Leistung nicht reicht, ist die Frage der Kariere als Profisportler eher erledigt. In der Mittelstufe wird er noch genug Zeit haben, um intensive Sportbeschäftigung auszuleben. Macht keine Plane für die entfernte Zukunft, schaut lieber, dass es dem Kind hier und jetzt gut geht. Wenn ich richtig verstehe, hat er aktuell die 4. Klasse angefangen. Schaut euch die Schulen beim Tag der offenen Türen an. Lasst ihn aktiv mitentscheidet und hört euch an, was er für Argumente und Meinungen hat. Irgendwas sagt mir in der Beschreibung, dass er schon jetzt gerne Konfrontation sucht, also haltet euch mit eurer echten Meinung hinter dem Berg bevor er seine kundtut.
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