ist Intelligenz peinlich?

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Gast_Nena

ist Intelligenz peinlich?

Beitrag von Gast_Nena »

Warum wird man mit einem Kind, das sehr weit ist, oft so schräg angeguckt? Ist es Neid, muß so ein Kind peinlich sein?
Auf dem Spielplatz werden meine Tochter und ich als Kuriosum betrachtet mit gewissem Unterhaltungswert. Eine wildfremde Frau sagte zu mir "Ach, das ist M., die schon so gut spricht, ich habe ja schon von ihr gehört." Gleichzeitig findet ein schreckliches Vergleichen statt: So, das kann sie noch nicht, das kann meiner schon seit... Ich kann damit ganz schlecht umgehen und sage nicht mehr, was sie macht, jetzt redet sie aber schon selber und kriegt die negative Reaktion sicher irgendwann mit.
Kennt ihr das?, wie geht man damit um?
aenneli
Dauergast
Beiträge: 54
Registriert: Mo 1. Dez 2003, 01:00

Re: ist Intelligenz peinlich?

Beitrag von aenneli »

Hallo,
solche Situationen sind wohl hier in dem Forum niemandem fremd.
Bei uns ging es soweit, dass wir uns häufig von Ansamlungen von Müttern/Vätern mit Kindern ferngehalten haben.
Bei uns gibt es ein (lustiger weise) von der Kirche angeregtes Eltern/Kind Frühstück. In einem grossen Gemeindesaal, wo Spiele, Rutscheautos, ... und für die Eltern und Kinder ein Frühstück stehen. Völlig zwanglos sollten diese Treffen sein.
Dort erlebte ich unglaubliches. Meine Tochter war damals gerade 2 und super schüchtern. Wenn sie sich überhaupt in die Nähe der anderen Kinder traute, wurde sie geschubst, geschlagen.... Die Reaktion der (heiligen)Mütter war, dass sie es ignorierten oder meinten: Hey Kleine! Jetzt musst Du aber mal zurückschlagen! Auge un Auge mal anders interpretiert.
Meine Tochter habdelte eher nach der Deviese: halte noch die andere Wange hin und kam dann mit einem Buch zu mir.
Da sie zu dem Zeitpunkt schon alle Buchstaben kannte, buchstabierte sie einfach still vor sich hin.
OHHHHHH WIE SCHRECKLICH!!
Dann tuschelten plötzlich alle über diese ANDERE Kind und rieten mir dringend einen Psychologen aufzusuchen.
Das war unser letzter Besuch dort.;-)
Im Mutter Kind Singen erging es uns ähnlich. Wenn andere Eltern blicken, was andere Kinder für Begabungen haben, wird der Überlebungsneid herausgeholt.
Ich sage dann meist, dass jeder Mensch seine Stärken und Schwächen hat und nur so die Gesellschaft existent bleiben kann.
Was wäre die Welt mit nur Ärzten, nur Physikern, nur Bäckern... .
Jeder findet seine Bestimmung. Und ob er dafür vor 4 lesen konnte oder nicht ist doch ziemlich egal.
Meist aber reagierte ich so, dass ich Schwächen meiner Tochter erwähnte. (nie vor IHR, aber ich hatte ein schlechtes Gefühl dabei)
Das finde ich im Nachhinein die schlechteste Lösung.
Neid wird es immer geben. Aber ich hoffe die Kinder lernen damit umzugehen und dazu ermuntere ich sie.
Gast_Oliver

Re: ist Intelligenz peinlich?

Beitrag von Gast_Oliver »

Ist Intelligenz peinlich? Na ja, eher für die, die zu wenig davon haben. Durch eine gnädige Laune der Natur merken es aber gerade die Betroffenen nicht so deutlich, weshalb ihr Leid nicht allzu groß wird.

Intelligenz schließt aber katastrophale Dummheit nicht aus, nicht einmal bei ein und demselben Menschen. Ein Mensch mit IQ 150 kann sich zu seinem eigenen Schaden auch ohne weiteres völlig unpassend und wie der größte Idiot verhalten, z. B. gegenüber seinen weniger intelligenten Mitmenschen.
Mary
Beiträge: 34
Registriert: Mi 12. Mai 2004, 19:25

Re: ist Intelligenz peinlich?

Beitrag von Mary »

Ja, es gibt diese geistreichen Kommentare und dummen Blicke... davon kann ich auch ein Liedchen singen. Es ist manchmal wirklich schwer damit umzugehen. Mittlerweile bin ich (16) selbst betroffen und meine Eltern nicht mehr so sehr stark. Als ich in der Schule eine Klasse übersprang und mir dachte, es wäre eine gute Lösung, offen mit dem Thema umzugehen und bei Fragen das Thema Hochbegabung nicht ausschwieg oder krampfhaft versuchte zu umgehen, wurde das Mobbing von Seiten der Mitschüler und besonders auch von Seiten der Lehrer (!!!) so unerträglich, dass ich ein Jahr auf die Sonderschule gehen musste, bevor ich mich wieder fing. Dabei war es mit dem Mobbing auf der Sonderschule noch schlimmer, weil die Lehrer dort mein Problem anscheinend noch weniger verstanden. Nach dem Jahr dort dachte ich, es könnte ja nur besser werden und habe dann trotz des zerstörten Selbstbildes und Selbstwertgefühls den Sprung ans Gymnasium gewagt.
Jetzt wissen nur meine besten Freunde vom Überspringen, das Thema Hochbegabung umgehe ich strikt und stelle mich manchmal absichtlich ein bisschen schwer von Verstand. Dann gibt es kaum Probleme.
Rosa
Beiträge: 13
Registriert: Mi 27. Jul 2005, 15:41

Re: ist Intelligenz peinlich?

Beitrag von Rosa »

Das ist leider wahr. Als ich klein war, sagte mir meine Mutter, dass ich bitte nicht immer auf alles antworten sollte, denn ich würde mich unbeliebt machen. Ich habe gelernt erst, wenn niemand eine Antwort wusste, mich zu melden. Ich habe mich mein Leben lang immer wieder doof angestellt.

Jetzt zu dem Thema Kinder: leider ist es auch so, dass viel Neid zu spüren ist. Wieder hat mich meine Mutter gebeten, so gut wie nichts zu sagen, wenn meine 2 Kinder zu viel können. Wenn die Leute etwas gutes über sie sagen, dann "vermindere" ich diese Begabung. Leider ist es so. Bei Alexander haben unsere Bekannte IMMER ein anderes Kind gefunden, dass "sogar noch besser als Alexander" gesprochen hat. Dann haben die Mütter ihren Kindern die gleichen Bücher, die ich Alexander vorgelesen habe oder sie berichten mir IMMERNOCH über das Können ihrer Kinder. Ich kann nichts dafür und meine Kinder auch nicht. :(
Axel
Dauergast
Beiträge: 82
Registriert: Di 16. Aug 2005, 12:51

Re: ist Intelligenz peinlich?

Beitrag von Axel »

[quote=Gast (Nena),02.02.2004 , 14:20]
Warum wird man mit einem Kind, das sehr weit ist, oft so schräg angeguckt? Ist es Neid, muß so ein Kind peinlich sein?
Auf dem Spielplatz werden meine Tochter und ich als Kuriosum betrachtet mit gewissem Unterhaltungswert. Eine wildfremde Frau sagte zu mir "Ach, das ist M., die schon so gut spricht, ich habe ja schon von ihr gehört." Gleichzeitig findet ein schreckliches Vergleichen statt: So, das kann sie noch nicht, das kann meiner schon seit... Ich kann damit ganz schlecht umgehen und sage nicht mehr, was sie macht, jetzt redet sie aber schon selber und kriegt die negative Reaktion sicher irgendwann mit.
Kennt ihr das?, wie geht man damit um?
[/quote]

Naja, dazu zwei Antworten:
(1) Man kann sich dumm stellen - aber nicht schlau stellen.
Die die sich (oder ihr Kind) für schlauer, besser, toller halten punkten damit nicht im Bereich soziale Anerkennung.

(2) Zur Kommunikation gehören immer zwei Seiten. Wie kommen die Leute denn darauf, dass Dein Kind etwas "besonderes" ist - gar besser als all die anderen Kinder?
sylvia
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Beiträge: 181
Registriert: Do 1. Mai 2003, 00:00

Re: ist Intelligenz peinlich?

Beitrag von sylvia »

Alexander, hast Du Kinder?
Einfach nur eine neugierige Frage meinerseits


Sylvia
Axel
Dauergast
Beiträge: 82
Registriert: Di 16. Aug 2005, 12:51

Re: Re: ist Intelligenz peinlich?

Beitrag von Axel »

[quote=sylvia,22.08.2005 , 02:11]
Alexander, hast Du Kinder?
Einfach nur eine neugierige Frage meinerseits


Sylvia
[/quote]

ja :-)
sylvia
Moderator
Beiträge: 181
Registriert: Do 1. Mai 2003, 00:00

Re: ist Intelligenz peinlich?

Beitrag von sylvia »

Und: sind die hochbegabt? Oder hast Du so einen Verdacht?
Das mit dem "besser" ist echt so eine Sache. Meinen Jungs habe ich das mit der HB so erklaert, dass sie ein Geschenk bekommen haben, das sie doch bitte gut bentzen sollen (so wie das Gleichnis mit den Talenten aus der Bibel) - ich glaube, dass die verbundenen Verantwortung sie mit dieser Grundeinstellung etwas vor Arroganz schuetzt.
Wenn ich allerdings ale Mutter immer nur leugne, dass mein Sohn irgendwas schneller kann, ist es auch nicht richtig - das Kind koennte daraus lesen, dass diese "besonderen Faehigkeiten" unerwuenscht sind. Also habe ich immer auf Fragen wahrheitsgemaess geantwortet. "Ist er trocken? "-"Nein" - "kann er lesen?" - "ja"... usw. und versucht, nicht zu "abern" - "er kann zwar schon rechnen, aber traegt noch Windeln". (War echt ein Thema bei meinem Aeltesten)
Ungefragte Infos gab es von mir nie - es sei denn an die jeweiligen Erzieher/Lehrer. Die jeweiligen Schulen bekommen von mir die volle Ladung Testergebnisse, einfach zur Info - was sie damit machen, ist dann unterschiedlich.
Aber dann gibt es die Geruechtekueche - da wird "Der kann schon lesen" in "der ist besser im Lesen" in "Der ist besser" umgewandelt, und das geht auch gerne OHNE elterliches Zutun.
Mein Aeltester war wohl das juengste Kind, was seine Grundschule je gesehen hat (und erinnert sich jetzt noch dran, wie er sich gelangweilt hat). Ich habe nur mit sehr selektierten Eltern darueber gesprochen (ein Teil von mir ist wohl auch introvertiert...)
Trotzdem kamen Leute bei uns im Wohngebiet vorbei, die unsere Nachbarn fragten, wo denn hier das Wunderkind wohnte.
Ich finde, es wird Eltern gerne unterstellt, mit ihren HBs anzugeben, oder sie als besnders rauszustellen, aber so viele HB-Eltern die ich kenne, wollen gar nicht auffallen, wollen eher "normal" (was auch immer das ist) sein.

Wie sieht das denn in Deiner Familie aus - sprecht Ihr ueber die Thematik (ausserhalb von Mensa)?

Liebe Gruesse von Sylvia
zwetschke
Beiträge: 10
Registriert: Mi 1. Mär 2006, 19:34

Re: ist Intelligenz peinlich?

Beitrag von zwetschke »

Hallo!

Ich hab gerade die Beiträge gelesen und war mehr oder minder schockiert. Liebe Mütter, BITTE schämt euch nicht für eure Kinder. Geht mal in euch und überlegt, warum euch die Umgebung so nervt. Was EUER Problem ist damit. Mit den Kindern hat das nämlich glaub ich wenig zu tun. Und ja, ich habe auch Kinder und ich habe auch besondere Kinder. Mich hat die Umgebung auch genervt, nur wie gesagt, sie hat MICH genervt. Es war MEIN Problem, mich nerven zu lassen. Mit meinen Kindern hatte das wirklich nichts zu tun. Und ich wäre niemals auf die Idee gekommen mich für meine Kinder zu entschuldigen oder irgendwas anders darzustellen, als es ist.

Im Gegenteil, ich habe es als meinen Fehler angesehen, daß ich mit der Umgebung nicht klar kam. Und ich habe mir helfen lassen.

Ich weiß, daß der Weg von keiner von euch einfach ist. Und wenn ich das alles so lese, bin ich fast dankbar, daß meine Kinder nicht soooo hochbegabt sind. Aber bitte liebe Mütter, vergeßt euch selber nicht. Und verwendet eure Kinder nicht als Ausrede.

Davon herausnehmen möchte ich jetzt Geschichten, so wie das "wo wohnt denn das Wunderkind". Da geht mir selbst beim Lesen alles hoch. Glücklich die Menschen ohne Probleme, denn nur solche schaffen solche Aktionen.
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