vielleicht kennt das ja hier wer (wahrscheinlich sogar, nach einigen älteren Beiträgen zu schließen): mein Kleinsohn hat extreme Wutanfälle und verweigert häufig jegliche Kommunikation.
Wir (mein Mann und ich) stehen dem ziemlich machtlos gegenüber. An manchen Tagen klappt es gut und er hat keine oder nur kurze Wutanfälle. Dann aber wieder kann ihn eine Kleinigkeit total in Rage bringen, so dass stundenlang kein friedvolles zusammensein mehr möglich ist.
Auslöser solcher Mega-Wutanfälle kann z.B. sein wenn ich ihn wickeln will weil er eingekotet hat. In "Normalzustand" fordere ich meinen Sohn dann auf, zum Wickelplatz zu kommen. Manchmal kommt er wirklich, manchmal muß ich ihn holen (und er darf natürlich das Spielzeug, mit dem er sich gerade beschäftigt, mitnehmen) und das wickeln ist ruck-zuck erledigt.
Nicht aber in einer Wut-Phase! Dann läuft er schon davon wenn er mitbekommt dass er gewickelt werden soll, läßt sich nur unter kreischendem Protest zum Wickelplatz tragen, schlägt um sich, tritt (am liebsten in mein Gesicht), wehrt sich mit aller Kraft gegen das ausziehen von Hose, Strumpfhose und Windel und wenn er´s schafft schaut er noch, dass er mit seinem angekackten Popo möglichst viel vollschmiert. Ich komme mir dabei vor wie ein Soldat im Nahkampf und es dauert bis zu 15 Minuten bis er endlich fertig gewickelt ist. Danach ist er erst recht böse auf mich, straft mich mit Verachtung oder wirft absichtlich Gegenstände durch die Gegend.
Ein anderer Auslöser für einen Wutanfall kann z.B. sein, wenn einer von uns abends weggeht (ich in meinen Sprachkurs oder mein Mann zum Vereinsabend) und er nicht mitdarf. Dasselbe wie vorhin: meistens paßt ihm zwar nicht, dass er zu Hause bleiben muss, aber er akzepiert es und manchmal wird man sogar noch mit einem winken oder einem Bussi verabschiedet. Nicht aber an den Wut-Tagen. Da muß einer von uns Kleinsohn festhalten (sonst klemmt ihn der, der geht, aus Versehen bei der Tür ein oder der Kleine entwischt ins Stiegenhaus, von wo er erst recht nur mit Gewalt wegzubringen ist). Die Tür muß natürlich versperrt und alle Schlüssel müssen außer Reichweite gebracht werden (JA, mein 2,8jähriger kann allein ein Zylinderschloß aufsperren!).
Nächstes Drama ist dann oft abends. Kleinsohn will nicht schlafen, klettert im dunkeln aus dem Bett, tastet sich zu einer unserer Nachttischlampen und dreht das Licht wieder auf oder spielt Licht-aus-Licht-an-Spiele. Das Ganze natürlich gegen 22h, wenn auch für uns längst Schlafenszeit ist (mein Mann muß um 5h morgens raus und ich mit dem Kleinen um 6h15). Großsohn ist aber ebenfalls im Familien-Schlafzimmer und der kann nicht einschlafen, solange Licht brennt oder jemand mit dem Licht spielt. Also den Kleinen von der Lampe weggeholt und wieder rein ins (Familien-)Bett. Dort geht´s dann erst recht los mit Protestgebrüll und treten, so dass uns nichts anderes übrig bleibt, als den kleinen Wutbürger möglichst sanft festzuhalten und gleichzeitig um dunkeln darauf zu achten dass er seinen Bruder nicht ins Gesicht tritt....

Es ist so anstrengend! Vor allem kannte ich so extreme Wutanfälle bisher nur aus Erzählungen, der große Bruder war nicht annähernd so emotional.
Auch unsere Frühförderin (die den Kleinen kennt seit er 6 Monate alt ist und die einmal die Woche bei ihm ist) meint, dass er eines der extremsten Kinder ist, das ihr in ihrer Laufbahn (als Sonder-Kindergartenpädagogin und Frühförderin) untergekommen ist.
Die Logopädin kommt etwas besser mit ihm zurecht, wobei das mMn etwas einfacher ist, weil die Logopädie-Stunden nicht zu Hause stattfinden und sich Kleinsohn hauptsächlich in den eigenen 4 Wänden austobt. Aber auch ihr (der Logopädin) ist aufgefallen, dass die Aufmerksam meines kleinen Sohnes nur dann beim jeweiligen Gegenüber ist, wenn ER das will. Es ist sehr, sehr schwer, ihm einen eigenen Standpunkt überhaupt rüberzubringen. Dabei ist die Sprachbarriere (er ist ja gehörlos und versteht nur Gebärdensprache) auch zu breücksichtigen, denn während ein hörendes Kind sich zumindest manchmal anhören muss, was ihm wer sagt, kann er sich durch stures wegschauen jeglicher Kommunikation einfach entziehen.
Im Kindergarten klappt es dagegen erstaunlich gut. Natürlich ist dort auch schon aufgefallen dass mein Sohn ein kleiner Dickkopf ist, aber die sehen das eher gelassen und positiv. Seine Gruppenleiterin sprach jedenfalls von "einer ausgeprägten Persönlichkeit mit starkem Willen" - sehr positiv ausgedrückt für das, was wir täglich zu tragen haben

Heute findet im Kindergarten ein Gespräch zwischen Pädagoginnen, Frühförderin und Logopädin statt mit dem Ziel, einen besseren Zugang zu meinem kleinen Sohn und einen vernünftigen Umgang mit seinen Wutanfällen zu finden. Ich hoffe sehr, dass es etwas bringt und wir irgendwelche Ideen bekommen, wie es besser werden kann.
Wer von euch kennt das? Was macht man mit so einem kleinen Wutbürger?