Asynchrone Entwicklung?! - wie fördern?

mein "kluges Kind" macht mich fertig: negative Erfahrungen und Erlebnisse
Rabaukenmama
Dauergast
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Re: Asynchrone Entwicklung?! - wie fördern?

Beitrag von Rabaukenmama »

Katze_keine_Ahnung hat geschrieben: Ob dagegen eine Therapie helfen kann? Hängt davon ab, was die Ursache ist. Wenn das "nur" ADHS ist, kann Ritalin die Lage des Kindes massiv verbessern, so dass erlernen der "richtigen" Strategien ein Stück einfacher wird.
MPH-Medikamente verträgt nicht jeder ADHS-Kind. Bei länger dauerndem Leidensdruck (bei Kind, Umgebung oder beidem) macht es Sinn, Ritalin & Co mal auszuprobieren. Aber z.B. mein Sohn hat auf unretardiertes Ritalin gar nicht angesprochen und auf retardiertes mit extremen Nebenwirkungen (Appetitlosigkeit, Teilnahmslosigkeit, wie ferngesteuert rumlaufen, Gedanken ans sterben,...) :cry: , so dass wir es sehr schnell wieder (in Absprache mit unserem KJP) abgesetzt haben.

Selbst habe ich (als erwachsene ADHSlerin) jetzt mal Strattera probiert, weil MPH-Medikamente ja bei Erwachsenen unters Suchtmittelgesetz fallen. Ich habe aber keine positive Wirkung bemerkt, nur ein paar unangenehme Nebenwirkungen (Appetitlosigkeit, leichter Schwindel, das Gefühl, in Watte gepackt zu sein), daher habe ich es nach 3 Wochen wieder abgesetzt.

Ich lehne Medikamante für ADHS-Kinder absolut nicht, und kenne auch Kinder, die sehr gut darauf ansprechen, aber Allheilmittel sind sie keines. Wenn man sich für Medikamente entscheidet muss einem bewusst sein, dass man eine längere Zeit benötigt, um sie auszuprobieren. Durch Versuch und Irrtum muss man erst mal das passende Medikament und die richtige Dosierung herausfinden. Das ist am besten möglich, wenn das Kind in einer halbwegs stabilen, sicheren Umgebung und Situation ist. Wenn man direkt in einer Krise (z.B. bei Schwierigkeiten nach einem Schulwechsel) erst mit den Ausprobierten von Medis BEGINNT dann kann das für Kind und Umgebung in einer Katastrophe enden.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Katze_keine_Ahnung
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Re: Asynchrone Entwicklung?! - wie fördern?

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

@Rabaukenmama

natürlich hast du Recht, dass es nicht jedem hllft. Aber leider kann dies erst durch try und error rausfinden. Genau da treffen zwei Welten aufeinander: die Ärzte, die es zu leicht verschreiben und die Eltern die es auch gern annehmen auf einer Seite und die Gegner, die es für einen absoluten Übel halten auf der anderen.
2Cats2Kids
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Re: Asynchrone Entwicklung?! - wie fördern?

Beitrag von 2Cats2Kids »

Ich habe mich und meinen Sohn noch nicht vorgestellt und bin hauptsächlich Konsument der vielen Beiträge hier. Trotzdem will ich mich kurz zu Wort melden, da die Problematik sehr an die unsere mit meinem 7jährigen Sohn erinnert. Eins unserer Themen ist auch eine akute Anforderungsvermeidung, gepaart mit geringer Frustrationstoleranz etc.. Die Diagnose einer Konzentrationsstörung ist bisher nicht erfolgt, da die Psychologin vorsichtig mit der Vergabe von "Labels" ist, aber es deutet vieles darauf hin. Wir haben für unseren Sohn seit November einen Einzeltherapieplatz zur Behandlung psychisch-funktioneller Störungen. Eine Gruppentherapie soll noch folgen, da er insbesondere in Gruppensituationen störendes Verhalten zeigt, auf Signale anderer nicht adäquat reagiert und die Interpretation sozialer Interaktion irgendwie aus dem Rahmen fällt, insbesondere was den Handlungsteil angeht. Autismus wurde bisher ausgeschlossen.

Die Therapeutin ist sich sicher, dass er ADHS hat. Aufgrund seiner Intelligenz kann er allerdings viel kompensieren. Mir hat ADHSpedia (z.B. zum Thema Freundschaft) die Augen geöffnet, da mir nicht bewusst war, welch obskures Sozialverhalten aus den Einschränkungen entstehen kann. Ich hatte in dem Zusammenhang eher in Richtung Autismus recherchiert, aber ADHS trifft wohl eher zu.
Wegen der vorsichtigen Diagnostik und weil wir uns ganz gut auf die Besonderheiten eingestellt haben, sind wir noch weit von einer medikamentösen Behandlung entfernt, wobei ich dem grundsätzlich nicht entgegenstehe. Ich merke aber, wie sehr die Verhaltenstherapie/ Ergotherapie meinem Sohn hilft, planvolles Verhalten und Durchhaltevermögen zu trainieren. Vielleicht wäre eine Ergotherapie auch für Euch ein guter Schritt, egal ob diagnostische Schritte unternommen werden.
Meine3
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Re: Asynchrone Entwicklung?! - wie fördern?

Beitrag von Meine3 »

mama_sohn_2012 hat geschrieben:Hallo, ich hoffe, es ist nicht voll daneben, so alte Threads wieder aufzunehmen. Aber ich lese ihn zum wiederholten Mal und da ist so viel Erfahrung mit dem, was bei uns auch abläuft. Drum möchte ich euch fragen, wie sich eure Themen entwickelt haben!

Und zwar insbesondere weil wir in so einer Art Warteschleife hängen. Lange haben wir gedacht: Gut, er ist emotional das eine oder andere Jährchen unter seinem eigentlichen Alter, aber es ist mal noch nichts "aus der Zeit", verlangen wir mal nicht zu viel von ihm, nur weil er geistig-analytisch schon so weit ist. Auch eine Psychologin sagte uns erst heuer, dass das, was wir beschreiben, noch altersgerecht ist. Aber mir scheint, wir warten zu und warten zu, leiden dabei und übersehen vielleicht Entscheidendes.

Zu uns:
Mein Sohn ist jetzt 9, kann sehr charmant sein, ist lebhaft, bewegungsfreudig, geistig immens aktiv und sehr verschmust.
Aber auch sehr impulsiv, wir sind auch an allem schuld, was ihm misslingt, Jähzornsschübe meist mehrmals täglich. Als ich las, dass Kinder damit ihr fragiles Selbstbild schützen, kam mir das sehr stimmig vor. Braucht es eine Therapie, um das zu stärken? Wir Eltern können es offenbar nicht.
Wir wollten ihm immer das Gefühl geben, es sei auf alle Fälle gut genug, was immer er macht, weil es seins ist, aber gegen seine eigenen hohen Ansprüche kamen wir nicht an. (Vielleicht auch, weil ich die bei mir selber auch habe und nicht so gut in den Griff kriege ...) So zeichnet er z. B. überhaupt nicht und schreibt nur höchst ungern Texte. Er wird fuchsteufelswild, wenn z. B. in einer Lernplattform ein Programmierfehler steckt, der ihm nicht ermöglicht, eine richtige Antwort zu geben.
Ich quäle mich auch immer wieder mit der Frage, ob er unser Verständnis ausnutzt, um Tyrann zu sein, oder ob er manches einfach nicht KANN (Rücksicht nehmen z. B.). Dann wieder, wenn ich seine Verweigerung nicht akzeptieren will, weil sonst seine Misserfolgsangst überhand nehmen und er immer mehr vermeiden würde, kommt es zu lautstarken Auseinandersetzungen, nach denen er heult, weil ich am Ende die lautere war, und ich mich zu entschuldigen habe. So eine Mama wollte ich echt nie sein!
Verheultes Einschlafen, Schlafstörungen mit Gedanken an Antidepressiva meinerseits (und meinem Mann geht es ähnlich).

Am auffälligsten scheint mir, dass ihm irgendwie das "Sinnesorgan Einfühlungsvermögen" großteils zu fehlen scheint, drum habe ich schon ein bisschen Richtung Asperger gelesen, aber so ganz geklingelt hat es dann doch nicht. Das kann aber daran liegen, dass halt eindeutige Fälle beschrieben sind und die Grenzen aber fließend. Und dass eben auch so oberflächliche Vorurteile dazukommen: Dass er ungemein gern kuschelt und sich an Körperkontakt regelrecht labt (seit der Stillzeit, die bei uns lang war), mich auch gern und recht gut massiert, schließt Asperger offenbar nicht aus.
Und das nächste, dass er eben seine Emotionen kaum regulieren kann. Man liest, dass die Frontallappen sich bei allen erst spät entwickeln und man daher Geduld haben muss. Aber verzögerte Frontallappenentwicklung gehört eben auch zu ADHS. Da wurde ich in einem anderen Thread schon drauf aufmerksam gemacht.

Daher bitte um eure Erfahrungen und sorry, falls das alles furchtbar durcheinander ist!
Hallo,

mein Sohn ist ein ganz ähnlicher Kandidat.

Er ist 8,5 Jahre alt und besucht (jetzt wieder) die 2. Klasse einer Regelgrundschule.

Wir haben bei ihm Diagnose-Drama seit er 6 ist. Im Vorschulalter fing es an, dass er im neuen Kindergarten "auffiel". Zum einen positiv in Bezug auf die kognitive Entwicklung und leider auch negativ in Hinblick auf die sozial-emotionale Entwicklung. Ich tippte auf ADHS, die Erzieherinnen auf Hochbegabung.

Mein Sohn war schon immer ein schneller, ist geistig unheimlich aufnahmefähig (sofern es interessant ist!!!), besticht durch seinen Charme, seinen offenen und kontaktfreudigen Charakter, sein (im Grunde) fröhliches und ausgelassenes Wesen. Er hat tolle Einfälle und sein Gehirn scheint nie Ruhe zu geben. Er ist auch motorisch eher unruhig, aber nicht pausenlos. Einschlafprobleme haben wir hier auch. Wir lassen ihn jetzt länger lesen, das klappt ganz gut. Offensichtlich braucht er einfach nicht so viel Schlaf :schwitz: .

Wir sind jetzt nach einem Diagnose-Versuch bei einer Psychologin im Vorschulalter (Teilhochbegabt, Gesamt-IQ überdurchschnittlich um die 120 (nicht ermittelt) bei stark wechselnder Motivation, grenzwertig KEIN ADHS), bei einem Begabungsdiagnostiker (IQ128 mit Spitzen im Sprachverständnis 155IQ Punkte und "Tiefen" Verarbeitungsgeschwindigkeit um die 100 (also eigentlich durchschnittlich, aber im Vergleich zu seinen Begabungsspitzen halt "niedrig"), der ADHS rundweg ausschloss, obwohl er die motorische und geistige Unruhe sehr wohl bemerkte bis hin zu einer leider recht unfähigen KJP, die mündlich sicher bei ADHS ist, das auch schon mehrmals mündlich bestätigt hat und ständig Medis andrehen will, aber gleichzeitig nicht gewillt ist einen schriftlichen Bericht zu verfassen, offiziell eine Diagnose zu stellen oder ähnliches und sich schriftlich sich aber so garnicht festlegen will (wir aber eine schriftliche Diagnose für die Beantragung etwaiger Hilfen brauchen!), nicht aus dem Quark kommt und nach jeder Sitzung mit ihr ist mein Sohn völlig daneben :roll: , sprich wir wechseln, weil uns DAS einfach nicht weiter bringt.

Was ist eigentlich das "Problem" mit unserem Sohn? Nun, wenn die Schule nicht wäre, hätten wir vermutlich keine großen Probleme mit ihm. Er ist sehr, ich sage mal unangepasst :mrgreen: und ungeduldig. Er ist im Grunde ein sehr verständiges und kooperatives Kind, hat aber Phasen (die leider manchmal über Wochen gehen), in denen er sehr oppositionell daherkommt und alles doof findet. Er ist Spätzahner und wir mussten feststellen, dass viel seines oppositionellen Verhaltens mit dem Verlust einiger Milchzähne erheblich geschrumpft ist :P.

Übrig bleiben ein Kind, dass sehr "bei sich" ist. Er versucht gerne argumentativ seinen Willen durchzusetzen und passt sich ungern an, kann es aber und tut es auch oft, zumindest im Familienleben, seit die Zähne ausfallen :lol:. Er ist unheimlich wissbegierig und schnell im Kopf, aber auch gleichzeitig enorm schnell gelangweilt, hasst Wiederholungen, ist ungeduldig und dann auch schnell in einer beginnenden Verweigerungshaltung, wenn sich ihm der Sinn der Wiederholungen oder Übungen nicht erschließt oder schlicht keinen Spaß machen. Er hat eine sehr schlechte Impulskontrolle, aber nicht in Hinsicht auf Aggression, eher auf "fass das nicht an, das ist gefährlich". Was tut der Sohn zielstrebig? Natürlich genau DA hinfassen. Oder aber, dass er mit den Antworten im Unterricht rausplatzt, es nicht schafft abzuwarten bis er "dran" ist (auch zu Hause nicht), und er eben einfach immer erst handelt und DANN nachdenkt, was auch oft gefährlich ist.

Er hat auch ziemliche Konzentrationsprobleme, die aber sehr schwanken. Mal ist er sehr gut konzentriert und erledigt seine Schularbeiten in null-komma-nix (wenn auch nicht superordentlich, dafür aber immer korrekt), mal zieht sich das homeschooling hin wie Kaugummi, weil er es einfach nicht schafft, sich zu motivieren. Das ist bei ihm komplett (!!) lustgebunden. Hat er Lust auf Schule, klappt alles ohne Probleme, hat er keine Lust (auch wenn ihm bewusst ist, dass es besser ist, schnell fertig zu werden, um dann Dinge tun zu können, die man mag), will es einfach nicht hinhauen und er lenkt sich die ganze Zeit bewusst und unbewusst ab, worunter er selbst SEHR leidet, weil er ja genau weiß, dass es das nicht besser macht. Das kann dann für alle Beteiligten zur Qual werden.

Schreiben hat er zeitweise auch extrem gemieden, mittlerweile tut er sich leichter damit, aber es wird wohl nie sein Steckenpferd, obwohl das schade ist. Denn er kann sich wunderbar ausdrücken. Er schreibt grade eine Geschichte über Drachen, aber eben auf dem PC, die handschriftlichen Notizen kann teilweise nicht mal er entziffern :lol:. Wir haben wegen des Schreibenlernens in der Schule einige Kämpfe und viel Tränen hinter uns. Es strengt ihn einfach sehr an. Er sagt immer:" meine Hand ist viel zu langsam für meinen Kopf!" Und vielleicht ist das auch das Problem. Seit er schneller schreibt, macht er kaum noch Rechtschreibfehler. Aber als er noch sehr langsam schrieb, standen mir manchmal die Haare zu Berge, weil ich ja wusste, dass er mir mündlich jedes Wort korrekt buchstabieren kann :roll: .

Wutausbrüche hatten wir phasenweise auch heftige (vor einem Jahr ca.). Das hat aber enorm nachgelassen, seit überwiegend Homeschooling ist 8-), mittlerweile wird halt rumgemault und dann doch kooperiert.

Das Hauptroblem ist aber der Umgang mit anderen Menschen. Er ist gesichtsblind, was schon zu den ein oder anderen unangenehmen Begebenheiten geführt hat und ihm natürlich das einfinden in einer neuen Gruppe erschwert und hört oft schlicht den Gong nicht. Er nimmt oft einfach die Bedürfnisse oder Gefühle anderer garnicht wahr, weil er so sehr von seinen eigenen Gefühlen hinweg getragen wird oder aber missinterpretiert die Reaktionen der anderen schlichtweg. Äußerlich betrachtet wirkt er manchmal rücksichtslos und wir haben auch lange gezweifelt ob nun Absicht dahintersteckt oder schlicht Unvermögen. Mittlerweile sind wir recht sicher es ist Unvermögen, denn mit mehr Verständnis und Unterstützung unsererseits klappt es sozial zumindest interfamiliär jetzt viel besser! Schulisch bleibt das Problem bestehen. Denn da wird er eben oft als "Bösewicht" hingestellt, bekommt schnell den schwarzen Peter zugeschoben. ERschwerend kommt hinzu, dass er NIEMALS jemanden verraten oder petzen würde. Das geht soweit, dass r dann lieber den verbalen Anschiss kassiert, obwohl er garnicht Schuld ist :roll:. Und wenn er dann MAL widerspricht und sagt, das war aber ganz anders, dann wird ihm nicht (mehr) gegblaubt.

Ich bin eher bei unserem Sohn bei Asperger mittlerweile (nach 2 Jahren Recherche und Austausch hier und in anderen Foren und mit Bekannten, die beruflich psychologischen und/oder pädagogischen Background haben) oder bei Asperger UND ADHS. Grade weil er einfach wirklich ein Problem hat, sich in das Gegenüber hineinzuversetzen. Hierbei geht es auch um so banale Dinge wie, dass er aufgeregt von seinem neuesten Buch erzählt, dass er grade liest und für Aussenstehende völlig zusammenhangloses Zeug faselt und dann sauer ist, weil wir nicht "checken" was er meint (aber wir haben das Buch ja nicht gelesen!)....

Wir sind sehr unzufrieden mit der KJP, weil sie bspw. nach rund 3 Monaten erst mit dem Fakt um die Ecke kam, dass sie überhaupt nicht in der Lage ist, Autismus zu diagnostizieren, weil sie a) die Ausbildung nicht hat und b) auch nicht das Equipment. Außerdem zockt sie uns mit IGEL-Leistungen ab, leistet nichts für ihr Geld und verunsichert meinen Sohn nur. Sie gibt Ratschläge, da stehen mir die Haare zu Berge und so weiter. Wir haben es lang (zu lang?!) probiert (6 Monate jetzt), und uns reicht es jetzt.
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
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