Ratlos

mein "kluges Kind" macht mich fertig: negative Erfahrungen und Erlebnisse
Chiara
Dauergast
Beiträge: 51
Registriert: Mi 16. Jun 2010, 17:29

Re: Ratlos

Beitrag von Chiara »

Liebe Milli Meter

Auch wenn unsere Kinder total verschieden sind, so kommen mir gewisse Schilderungen von Dir sehr bekannt vor! ;) Kinder, die unter Stress leiden, können sich nicht so entfalten, wie sie eigentlich sollten/könnten. Das was Du von Deiner Tochter schreibst, hatten/haben wir ja in ähnlicher Form auch. Bei uns laufen gewisse Dinge (ärztlich attestiert) unter "Stresssymptomen" und "psychosomatischen Beschwerden". Mein Sohn nässt auch nur zu Hause ein. Bei "Sekundärer Enuresis" ist etwas mit dem Kind los, was es sehr beschäftigt. Vielleicht ist es die Eifersucht? Vielleicht etwas Anderes! Ich kann nur erzählen, was bei uns so abgeht und was wir in diesem Zusammenhang schon herausgefunden haben; Mein Sohn hat auch oft seine Schwester geplagt, doch bei UNS war es nie Eifersucht. Wir mussten alle den "Kopf hinhalten", da es ihm einfach so schlecht ging. Am Wochenende und in den Ferien hat er weniger eingenässt und war viel ausgeglichener.
Hat Deine Tochter Mühe damit, wenn Du nur mit Deinem Sohn etwas machst? Man muss einfach die Situation gut beobachten. Bei uns war irgendwann klar, dass es mit dem Kiga-Altag zu tun haben muss. Ihm wurden auch Zusatzaufgaben angeboten, welche er natürlich nicht machen wollte. Er hat einfach realisiert, dass er viele Dinge kann, die sonst niemand von den anderen Kindern kann. Also muss etwas mit ihm nicht stimmen und er hat sich angepasst. Das war ein RIESEN Stress für ihn. Dazu kommt sein Perfektionismus im Kopf. Ausführend hat er selten perfektionistischen Züge. Er kann lange Wörter und kurze Sätze lesen, wobei er fast nie etwas liest, da er realisiert, dass ich viel flüssiger lesen kann wie er! (Wir sind jetzt schon seit 3 Jahren dran, in dem er alle paar Monate 1, 2 Wörter liesst oder schreibt, und dann ist auch wieder schluss! :lol: )
Wenn Deine Tochter mit 4,5 Jahren lesen kann, dann ist sie ihren Altersgenossen voraus. Es ist doch egal, ob sie im HB-Bereich liegt oder nicht. Sie hat in bestimmten Gebieten einen Vorsprung, den sie bewusst oder unbewusst vielleicht mitbekommt. Mit meinem Beitrag wollte ich nicht sagen, dass Deine Tochter unterfordert oder extrem angepasst ist. Ich wollte nur schildern, dass wir ähnliche Probleme hatten/haben und bei uns wirklich etwas im Busch war.
Bevor wir uns Hilfe geholt haben, war ich mir sicher, dass es noch zu früh für eine Abklärung ist. Die Psychologin hat uns aber angeboten, dass sie ihn mit verschiedenen Testverfahren gründlich durchcheckt, damit wir sehen können, in welche Richtung es geht. Dass er einen grossen Entwicklungsvorsprung hat, ist vor allem unserem Kinderarzt aufgefallen. Wir wollten es zu dem Zeitpunkt noch nicht ganz wahrhaben. Es ging nie um eine HB-Bestätigung! Er wurde in gewissen Testsituationen auch bewusst unter Druck gesetzt, um zu schauen, wie er in Stresssituationen reagiert; In diesen Untertests hatte er viel höhere Werte, war aber am ganzen Körper sichtlich angespannt.

So, nun habe ich wieder viel zu viel geschrieben und eigentlich wollte ich ja gar keine Beiträge mehr posten!!! :D

Ganz liebe Grüsse
mamanegra
Beiträge: 3
Registriert: Sa 31. Mär 2012, 18:16

Re: Ratlos

Beitrag von mamanegra »

Hallo,

ich habe den Thread gelesen und ein paar Dinge sind mir aufgefallen, ich hoffe, Du nimmst mir nicht übel, dass ich sie so direkt anspreche.

Bist Du (gerne) Vollzeit-mutter? Kannst Du Dich zwischendurch mal für längere Zeit aus dem Thema Muttersein ausklinken und etwas ganz anderes machen? Die Belastung für Dich kann ja kaum größer sein...wenn sich an der Situation mit Deiner Tochter so schnell nichts ändern will, dann wären Zeiten ohne Deine Tochter (und überhaupt ohne Mutter-Sein) vielleicht eine gute Überbrückungshilfe. Irgendwie Zeit gewinnen, etwas zu tun, was Dir einfach Freude macht. Eltern, Schwiegereltern, Freunde könnten aufpassen, wenn das eben möglich ist. Irgendwie las sich alles so, alles müsstest Du allein irgendwie das Problem lösen, dass es Deinem Kind besser geht, und als würdest Du Dir diese Verantwortung auch zu 100% anziehen. Wieso?

Warum hat der Vater nicht am Wochenende Zeit? Wenn ihr relativ arm seid und auf seine wenige Kohle durch einen schweren Job angewiesen, ok. Aber wenn er einen Karriereberuf hat und am WE arbeiten muss, "nur" um einen hohen lebensstandard zu finanzieren und beruflich nicht doof dazustehen, dann hat das Problempotential. Erstens, weil Eure Lebensbereiche auseinanderdriften, zweitens, weil er sich seine Nische gebaut hat oder reingerutscht ist.... Arbeiten, Arbeiten. Ob er damit zufrieden ist?? Wollt ihr beiden das so? Nichts ist schöner als den vater mit Kind(ern) am Samstag nachmittag an der Tür zu verabschieden mit den Worten: "bis vieeeeel später". Nach mehreren Stunden wohligen Nichtstuns in der Badewanne oder über einem Roman hat man wieder richtig viel Lust und Kraft für seine Lieben, auch wenn sie nörgeln.

Deiner Tochter scheint es echt nicht gut zu gehen, jedenfalls manchmal. Ist das an sich schlimm? darf das nicht sein, mit ihren negativen Gefühlen ist sie bei Dir doch bestimmt gut aufgehoben. Deine Tochter will die Erste-Beste-Schnellste sein? Sie ist bestimmt auch tatsächlich weit vorne und nimmt das genauso wahr. Vielleicht bleibt sie "besser" als andere und muss einen Weg finden, auch damit Freunde zu finden. Das ist schon schwierig für sie, aber erst recht, wenn sie mal nicht gewinnt tut es ihr weh. Da kommen die Emotionen hoch, der Frust, alles. Und da ist sie bei Dir genau an der richtigen Adresse mit, finde ich: Frust ablassen, wütend sein. Sie scheint ja so schlau zu sein, dass sie weiß, dass sie woanders damit anecken würde. Und Du hast ihr vollstes Vertrauen, Mama nimmt mich auch als böses wütendes Mädchen. Klingt, als hättest Du da eine Menge richtig gemacht!

Konsequenz: Ja klar, wenn Dir etwas wichtig ist, und wenn es wirklich wichtig ist. Die Schnittmenge beider scheint mir oft kleiner als das, was man wirklich mit Konsequenz ahndet. Einiges an Erziehung, vor allem als soziales Wesen, kann doch der Kindergarten machen. Man muss nicht jede wichtige Grenze und jedes wichtige Verhalten selber ausrichten, zu Hause ist es halt anders als draußen in der Welt, Mama erlaubt dies, Papa das, KiGa jenes. Konsequenz ist anstrengend, man erleichtert sich das zusammenleben mit Kindern damit nur bedingt, gerade schlaue Kinder sind bestimmt auch empfänglich für ein bisschen alltagserleichternde Inkonsequenz, vor allem, wenn jeder über sich selbt lachen kann und darf.

Kurzfassung: Mir scheint, als hätte Deine Tochter vollstes Vertrauen zu dir, sich fallenzulassen, zu zeigen, was sie fühlt, nur ist das eben furchtbar anstrengend, alleine zu tragen. Außer Dir scheint da ja keiner zu sein, der das mitträgt, vielleicht liegt da ein Knackpunkt?
Milli Meter
Beiträge: 48
Registriert: Fr 4. Nov 2011, 10:32

Re: Ratlos

Beitrag von Milli Meter »

kurze rückmeldung:

nach nunmehr 3 wochen ohne kindi ist mein kind wie ausgewechselt. die erste ferienwoche war noch schlimm, aber ab der zweiten woche war sie auffallend ruhig, zufrieden, fröhlich, ausgeglichen, liebevoll. alles hat geklappt vom anziehen bis zum schlafen gehen. nicht ein einziger auszucker. nicht einmal pipi in die hose. kein gebrüll, kein rumgezicke und das obwohl der kleine nach wie vor an mir klebt wie eine klette. sie hat sich wunderbar mit sich selbst beschäftigt: gebadet, grashüpfer gefangen, gelesen, geomag gespielt, gemalt, geschrieben..sie hat sich wundervoll mit dem kleinen beschäftigt, zusammen wimmelbuch gekuckt usw. so friedlich wars schon lange nicht mehr.
entweder ist die phase jetzt endlich vorbei, oder sie ist doch irgendwie gestresst vom kindi-alltag. :gruebel: mal sehen, wies läuft wenn der kindi wieder los geht....

mamanegra: du sprichst viel wahres an, und ich habe lange über deinen post nachgedacht... danke dafür.
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