Was tun wenn die Nerven blank liegen?

mein "kluges Kind" macht mich fertig: negative Erfahrungen und Erlebnisse
orangenminze
Dauergast
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Re: Was tun wenn die Nerven blank liegen?

Beitrag von orangenminze »

Liebe Rabaukenmama,

oha, da wäre ich an Deiner Stelle auch an meinen Grenzen; da bekomme ich ja schon Herpesbläschen beim Lesen ;) Wenn Dein Sohn jünger wäre, würde ich sagen, gut, das Kind hat das Bedürfnis mit schmierigen, schleimigen, matschigen Materialien zu hantieren. Gib ihm die Möglichkeit ausgiebig mit Ersatzmaterialien zu hantieren, dann muss er nicht mehr in´s Klo greifen... Allerdings ist Dein Sohn fast sechs, oder? Natürlich weiss ich nicht, wieviel Aufmerksamkeit gerade ihm zukommt und wieviel seinem Bruder. Wobei ich glaube, dass es mehr um die gefühlte Aufmerksamkeit gehen könnte, falls es wirklich ein Eifersuchtsreaktion ist (die sehr heftig ausfallen können und sich nicht immer auf den Konkurrenten richten, in dem Fall zum Glück gegen die Wand, nicht gegen den Bruder). Dagegen spricht, dass er es auch im Kindergarten schon gemacht hat. Puuh, schwierig. Ich kenne Dich nicht persönlich, aber so wie Du schreibst, reagierst Du ja schon authentisch wütend, wenn so etwas passiert, aber vielleicht spürt Sohnemann, dass es einen Teil Deiner Persönlichkeit gibt, der noch wütender sein kann und den er eben noch nicht kennengelernt hat. Bei uns habe ich manchmal das Gefühl Großsohn reizt genau diese Seite an mir (mit der ich SChwierigkeiten habe und die ich oft versuche zu verstecken), bis ich eben doch mal loslege und zum Teil Reaktionen zeige, die mir danach zum Teil unangenehm sind, bzw. ich immer denke, "jetzt ist es passiert, jetzt habe ich mein Kind herabgesetzt und habe ihm einen irreversiblen Schaden zugefügt". Letztlich ist Großsohn aber nach solchen Reaktionen immer sehr zufrieden, weiss woran er bei mir ist und respektiert mich wieder ein Stück mehr. Solche Situationen sind bisher nicht oft vorgekommen, aber wenn, hatte ich den Eindruck, machen sie mir mehr zu schaffen als Sohn, der sich wieder sicherer fühlen kann, weil er mich mehr kennengelernt hat weiss, er hat eine "starke" Mutter, die ihn aushalten kann.
Und ich glaube ich würde es auch so machen, wie wenn hier Spielereien mit Wasser, Matsch, Sand an dafür nicht vorgesehenen Orten passieren: Selber wegmachen lassen. Und vielleicht gemeinsam überlegen, wie jetzt mit der Wand umgegangen wird. Vielleicht kommt er ja darauf, selbst ein Bild zu malen und hängt dann wieder mit etwas Positivem in Deinem Blick ;)
Aber Rabaukenmama, hut ab auch von mir, das sind wirklich keine leichten Herausforderungen und ich finde es bewundernswert, dass Du diesen Schritt zurücktreten kannst, um nachzudenken und zu überlegen, was ist los.

lg orangenminze
Ramona
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Re: Was tun wenn die Nerven blank liegen?

Beitrag von Ramona »

Hallo Rabaukenmama! :fahne:

Dein Beitrag ist wirklich krass. :o
Warum dein Sohn das macht, weiß ich nicht. Aber eins ist wohl klar: es ist kein normales Verhalten. Das würde ich definitiv abklären und mir Hilfe holen.
Ich habe überlegt, was ich machen würde... Zum einen hätte ich in keinem Fall seinen Dreck weg geputzt! Das hätte mein Sohn weg machen müssen. Und da wäre ich sowas von streng. Das hätte für meinen Sohn richtig Arbeit bedeutet. Da wäre ich wie ein General neben ihm und hätte Kommandos gegeben, bis ihm die Ohren platzen. :twisted:
Dann hätte ich ihn erstmal nicht mehr alleine auf Toilette gelassen. Für meinen Sohn , auch 6, wäre das alleine schon ne Strafe. (Für mich auch, aber das hätte ich mir nicht anmerken lassen :mrgreen: )

Ich hatte mit meinem Sohn auch viele "Baustellen" und mir Hilfe gesucht. Habe unserem Kinderarzt einen Brief geschrieben mit unseren Problemen. Und er hat mir dann eine ganz tolle Psychotherapeutin empfohlen. Das war für uns als Familie die absolute Rettung. Unser Sohn ist seitdem klasse drauf. Wir als Eltern haben wertvolle Tips erhalten und fühlen uns sehr viel sicherer im Umgang mit ihm. Und das spürt wiederrum unser Sohn. Wir strahlen jetzt Sicherheit aus und das brauchen Kinder einfach.
Man landet manchmal in so einer Spirale aus Frust, Wut und Abgenervtheit. Das merken die Kids und drehen dann weiter am Rad. Und dann sind wir noch wütender, noch frustrierter und noch genervter. Und das spüren unsere Kinder wieder und drehen noch mehr am Rad. USw. usw. :schwitz:
Sich Hilfe zu suchen ist keine Schande. In unserem Fall waren wir 6 Monate mit ihm in Therapie und nun ist, erstmal auf Probe, schluss mit Therapie. Und es läuft gut. So gut wie noch nie.
Deswegen durchforste das Netz nach einem GUTEN Therapeuten, mach nen Termin und lasst euch helfen. :fahne:
Rabaukenmama
Dauergast
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Re: Was tun wenn die Nerven blank liegen?

Beitrag von Rabaukenmama »

@Ramona: Mein Mann und ich waren ein halbes Jahr bei einer Psychotherapeutin, wo WIR uns austauschen (und oft auch ausjammern) konnten. Das war im Vorjahr zwischen Sommerurlaub und Weihnachten. Großsohn war damals auch sehr schwierig, vor allem weil er immer wieder körperlichen Streit mit anderen Kindern gesucht hat. Und ich war absolut überfordert damit, zuzusehen, wie mein damsl 5jähriger Sohn einen etwa 2jährigen Buben mit einem Fußtritt von der Rutsche befördert oder auf 3 ältere Buben im Bad losgeht die zu gut erzogen waren um sich angemessen zu wehren...Nicht mal die Tatsache dass durchaus mal zurückgeschlagen wurde hat ihn damals gebremst (unsere diesbezüglichen Gespräche sowieso nicht), da kam er sich dann als Opfer vor und wollte noch getröstet werden.

Lange Rede kurzer Sinn, ich habe dann diese Psychologin (vom Kinderschutzzentrum) gefunden und dachte erst, sie würde sich unseren Sohn ansehen und was mit ihm machen bzw. uns Tipps geben wie wir damit umgehen sollen. Statt dessen hat sie sich unsere Probleme angehört und uns einfach nur bestärkt, sonst nichts. Indirekt hat das auch unserem Sohn sehr gut getan, das andere-Kinder-schlagen wurde jedenfalls von selbst besser und hat bald ganz aufgehört.

Mein Mann und ich wollen jetzt wieder Kontakt zu dieser Psychologin aufnehmen, aber ich fürchte dass das allein zu wenig sein wird. Vielleicht kann sie im Kinderschutzzentrum einen Kinderpsychologen empfehlen der sich unseren Sohn mal ansieht um draufzukommen, was wirklich dahinter steckt.

@orangeminze: Natürlcih könnte ich noch wütender und authentischer sein. Aber ich hatte - wie schon geschrieben - damit als Kind und Jugendliche immer massive Probleme und bin froh, endlich Wege gefunden zu haben, mit meinen Emotionen angemessen umzugehen. Als Kind habe ich z.B. mal einen kleinen Buben gebissen nachdem mich ein anderer, gleichaltriger Bub sekkiert hatte. Der Kleine war mir einfach ungünstig in den Weg gestolpert als ich dem anderen Buben (auf den ich stinkwütend war) nachgelaufen bin. In meiner Rage habe ich erst zu spät mitbekommen dass das ja "der Falsche" war und es tat mir danach auch sehr leid. Da hatte der Kleine aber schon meinen Zahnabdruck am Arm und in den nächsten Tagen wurde ein heftiger Bluterguss daraus. Ein anderes Mal habe ich als Jugendliche nach einem Streit mit meiner Freundin deren Eingangstür (in einem Altbau) so fest zugeknallt dass ein Teil vom Verputz runtergkommen ist und ihre Eltern einen Mauerer kommen lassen mußten, der das reparierte. Und im Billardcenter bekam ich keinen Leih-Köö mehr weil ich immer damit herumgeschlagen habe wenn ein Stoß daneben gegangen ist. Das sind nur ein paar Sachen, die mir einfallen. Aber insgesamt war ich extrem emotional und habe bestimmt oft unangemessen reagiert.

Heute bin ich meistens ruhig und gelassen. Normale Situationen mit meinen Kindern (wenn z.B. ein Glas umgestoßen wird oder einer meiner Buben trödelt) bringen mich nicht aus der Ruhe. Ich habe einige wirklich gute Freunde, bin in meiner Firma anerkannt und kann meinen Standpunkt ruhig und selbstbewusst vertreten. Ich will absolut nicht rumexperimentieren was passiert wenn ich noch authentischer oder emotionaler werde. Ehrlich gesagt habe ich heute auch Angst davor, mich wirklich gehen zu lassen, weil ich dann befürchte meine Kinder (körperlich oder psychisch) ernsthaft zu verletzen. Da, wo bei anderen eine natürliche Grenze ist, war bei mir so lange Zeit keine. Wie soll ich wissen was passiert, wenn ich mich wirklich gehen lasse?

Mir ist zwar schon passiert dass ich meinen älteren Sohn geschlagen habe, aber das war insgesamt 3x und ist lange her. Und es war jedes Mal nur EIN Schlag im Affekt (zweimal hat er mich davor gebissen und einmal hat er sich mit vollem Gewicht auf seinen kleinen Bruder werfen wollen, als der noch ein Baby war). Vielleicht habe ich auch einmal vergessen bzw. verdrängt, aber viel mehr war es wirklich nicht. Wenn ich mich unter Kontrolle habe schlage ich nicht zu. Und so, wie ich zuschlagen würde, wenn ich mich nicht unter Kontrolle habe, WILL ich absolut nicht zuschlagen! Mit schimpfen oder runtermachen ist es dasselbe: es ist mir zwar schon passiert, aber selten und in Ausnahmesituationen. Würde ich da alles rauslassen was mir so einfällt könnte ich nicht mehr in den Spiegel schauen.

@lissy74: Ja, um die professionelle Hilfe werden wir nicht herumkommen. Ich habe auch keine Schuldgefühle weil mir nicht bewusst ist, grob was "falsch" gemacht zu haben. Was du von deinen Kindern beschreibst beobachte ich auch bei meinen. Mein 3jähriger Sohn ist in vielen Belangen sozial kompetenter als sein 6jähriger Bruder. Dafür hat der Kleine immer wieder fürchterliche Wutanfälle und trägt immer wieder Machtkämpfe aus. Bei Großsohn kenne ich so ein Verhalten gar nicht. Der kann wegen einer Kleinigkeit eine halbe Stunde rumjammern, aber auf biegen und brechen streiten ist gar nicht seine Art.

@LiLaLaunebär: das mit dem popeln kenne ich von mir selbst. Ich habe als Kind aber nicht mit meinen Popeln rumgeschmiert sondern diese genüßlich verspeist - und das nicht nur zu Hause :mrgreen: .

@Willow77: Ja, stimmt! Eine Familienkonferenz ist angesagt. Im Moment geht´s gerade nicht weil Sohnemann für 3 Tage bei Oma und Opa ist während ich mit seinem Bruder in die Klinik nach Innsbruck zum Horchi-einstellen fahre. Aber am Samstag kommt er heim und da wird das Ganze dann noch mal besprochen.

@Koschka: Du hast sicher recht, mein Großer ist eifersüchtig auf seinen Bruder. Ich weiß nur nicht, was ich dagegen tun könnte. Durch seine Behinderung und vor allem durch das, was diese nach sich zieht (intensive Betreuung und Förerung in verschienden Bereichen) bekommt der Bruder natürlich viel Aufmerksamkeit. Sowohl mein Mann als auch ich versuchen das immer wieder mit Exklusiv-Zeit für den Großen auszugleichen, aber das gelingt natürlich nicht immer. Mein Großer genießt auch immer die Zeiten, wo er bei Oma und Opa ist, weil er dort das verwöhnte Einzelkind sein kann :mrgreen: . Aber zu Hause ist natürlich auch der kleine Bruder da, da hilft nichts. Abgesehen davon vertragen sich die beiden die meiste Zeit recht gut und mittlerweile kommt es immer öfter vor dass sie zusammen spielen, Videos schauen oder auch rangeln. Zumindest augenscheinlich ist die Eifersucht nicht so riesengroß.

An ein Trauma glaube ich nach wie vor nicht. Die Psychologin meinte seinerzeit das Trauma wäre durch seine Unfälle als Kleinkind ausgelöst. Da ich aber bei den Unfällen immer dabei war kann ich sagen dass er schon nach sehr kurzer Zeit wieder fit und lustig war und absolut nicht traumatisiert gewirkt hat. Dieselbe Psychologin hat bei ihm übrigens F93,1 diagnostiert, eine übermäßige soziale Ängstlichkeit, vor allem fremden Personen gegenüber. Und das ist einfach absoluter Unsinn. Mein Sohn sucht immer wieder zu wildfremden Personen Kontakt, verwickelt sie in Gespräche und hat keinerlei Problem, z.B. bei einer neuen Babysitterin oder in der Kinderbetreuung in einem Hotel mit lauter unbekannten Personen allein zu sein.

@all: Sohnemann hat heute unter Papas Aufsicht die Wand gereinigt. Leider sind (wie befürchtet) jetzt einige Schmierflecken an der Wand. Ich hoffe dass wir es noch halbwegs hinkriegen denn heuer will ich dieses Zimmer eigentlich nicht mehr streichen (wir haben mit der Renovierung von Küche, Vorzimmer und WC genug zu tun).

Vom Taschengeld abziehen geht übrigens nicht weil mein Sohn noch kein Taschengeld bekommt. Vor längerer Zeit habe ich hier mal nachgefragt ab wann andere Eltern Kindern Taschengeld geben und wie viel. Nachdem ich die Antworten gelesen hatte bin ich für mich zu dem Schluss gekommen, frühestens mit Schulbeginn damit anzufangen.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Momo
Dauergast
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Re: Was tun wenn die Nerven blank liegen?

Beitrag von Momo »

Liebe Rabaukenmama,
ich habe vorhin meine Tochter folgendes gefragt: "Was meinst Du, warum ein Kind Kaka an Wände schmiert? Meinst Du, das Kind tut dies aus langer Weile? Was will es damit sagen?" Sie sagte darauf "Wenn ein Kind Kaka an die Wände schmiert, tut es dies nicht aus Langeweile sondern aus Wut oder Ärger. Das Kind möchte, dass seine Mama genau hinschaut, es möchte gesehen werden." Ich finde die Antwort meiner Tochter sehr spannend, denn sie zeigt die Emotionen aus Kindersicht auf. Auf Eure Situation übertragen, liebe Rabaukenmama, kann es genau das heißen "Ich bin wütend, schau mich an, mein Bruder benötigt seeehr viel Aufmerksamkeit durch seine ganzen Herausforderungen, doch ich bin auch da!" Gerade im Hinblick darauf, dass Ihr aktuell mit Eurem jüngeren Sohn so viele neue Ungewissheiten habt, die Euch/Dich sicherlich sehr beschäftigen, hat das Verhalten Deines älteren Sohnes sicherlich verstärkt. Ich würde nicht mit Wut oder Strafe reagieren (auch wenn ich diese Emotionen bei Euch Erwachsenen im ersten Moment sehr gut nachvollziehen kann) sondern ich würde das Gespräch mit Deinem Großen suchen. In ruhigen Momenten findest Du vielleicht die Möglichkeit, ganz ehrlich mit ihm zu sprechen. Nicht über seine "Tat", sondern über die Situation. Du kannst z.B. feststellen, dass Du Dich im Moment sehr viel um seinen jüngeren Bruder kümmerst (als freundliche Feststellung, völlig ohne Erklärung) und dann einfach mal abwarten, ob er anfängt über seine Wut oder Trauer zu erzählen. Ich glaube, hier liegt das Problem und mit Strafen und Härte würdet Ihr genau das Gegenteil erreichen (Stichwort "negative Aufmerksamkeit"). Er würde sich noch mehr abgewiesen fühlen und würde sich noch krassere Dinge suchen, um auf sich aufmerksam zu machen. Ich weiß, wie schwierig Eure Situation ist und wie wichtig es Dir ist, beiden Söhnen gerecht zu werden, bzw. Dir auch bewusst Zeit für Deinen Großen zu nehmen. Doch Fakt ist wahrscheinlich im Moment, dass Dein (emotionaler) Fokus sehr auf Deinem jüngeren Sohn liegt, oder? Ich denke, hier wäre die Überlegung für Dich und Deinen Mann, wie Ihr die Situation wieder ins Gleichgewicht bringen könnt. Dafür braucht Ihr vielleicht Hilfe oder Ratschläge von außen. Ein Gleichgewicht oder Ungleichgewicht werdet Ihr spätestens am Verhalten Eures älteren Sohnes erkennen können.

Herzliche Grüße und alles Liebe
von Momo
"Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht." Mark Aurel (121-180)
Ramona
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Re: Was tun wenn die Nerven blank liegen?

Beitrag von Ramona »

Liebe Rabaukenmama,
ich wünsche Euch, dass Ihr einen Therapeuten findet, der Euch wirklich helfen kann!
Aus eigener Erfahrung kann ich nur empfehlen, alles mögliche an Vorfällen schriftlich festzuhalten und das dann den Ärzten in die Hand zu drücken. Irgendwie verstehen einen dann die Ärzte, Therapeuten etc. besser bzw. können einem besser helfen. Ich hatte schon oft das Gefühl,dass sie ansonsten viel zu früh abschalten und nicht kapieren, wie heftig manche Situationen sind. Aber das nur by the way.

Alles Liebe und hoffentlich baldigen Erfolg
orangenminze
Dauergast
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Re: Was tun wenn die Nerven blank liegen?

Beitrag von orangenminze »

Hallo Rabaukenmama,

so wie Du es beschreibst kann ich nachvollziehen, dass Du diese (impulsive) Seite von Dir so ungefiltert nicht zeigen möchtest und ich lese aber auch heraus, dass da nichts Unterdrücktes ist oder krampfhaft zurückgehaltenes, so dass Du stimmig für Dich und somit auch für Deinen Sohn reagierst. Und sicher ist es es nicht so, dass sämtliche Verhaltensweisen unserer Kinder immer nur Reaktionen auf Verhalten unsererseits sind. Allerdings denke ich schon, dass Kinder auf Stimmungen von uns oder in der Familie auch mit Daneben Benehmen reagieren können oder eben wenn Geschwisterrivalitäten sich Bahn brechen. Es kann schon sein, wenn es ein Kind besondere Bedürfnisse hat, also mit Bedürfnissen, deren Herausforderungen von den Eltern viel Nachdenken, Informieren, evtl. auch sich mit Zweifel und Unsicherheiten auseinander setzen fordern, dann ist es gefühlt für das andere Kind immer die Angst, zu kurz zu kommen nicht gesehen zu werden. Klar, ist das real nicht so, es geht mir gerade um die Wahrnehmung der kinder. Bei uns stelle ich auch immer wieder fest; sowohl bei Großsohn als auch bei Kleinsohn (je nach dem, wer gerade dran ist, mit sich benachteiligt fühlen...) äußert sich das auch meist in ziemlich unmöglichem Verhalten. Ebenso ist es, wenn mein Partner und ich nicht gut miteinander auskommen, Krisen in der Partnerschaft haben oder ich angespannt bin, wenn wir bei meiner Schwiegerfamilie sind...
Sich Hilfe von Außen suchen und schauen, was ist es gerade macht auf jeden Fall Sinn, sowohl für Euer Wohlbefinden als auch für das Wohlbefinden von Eurem Sohn, denn dass er sich gut fühlt damit, kann ich mir eigentlich auch nicht vorstellen.

Liebe Grüße Orangenminze
Karen
Dauergast
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Re: Was tun wenn die Nerven blank liegen?

Beitrag von Karen »

Liebe Rabaukenmama, es wurde schon viel geschrieben und ich kann ich viel neues sagen. Ich wünsche euch viel kraft um ein weg für alles zu finden und hintergründe von diesem verhalten von deinem älterem sohn zu rausfinden. Ich finde das verhalten auch nicht mehr "normal", aber so aussergewöhnlich selten ist es leider nicht. Meine beide grosseltern (!) unabhängig von einander haben es gemacht. In eigenem schlafzimmer. (Lange geschichte, ein anderes land wo pflege von kranken alten leuete in familie stattfindet, die mit gehbehinderten verwandten hoffnungslos überforderet ist). Bei meinen grosseltern war auslöser vermutlich extremes inneren wut auf ihren zustand und machtlosigkeit (vermutlich war es nicht persönlich, ausser in ein paar fallen wo meine oma es speziell gemacht hat (wenn sie noch laufen konnte) um meine mutter zu ärgern). In den schulen in Afrika in denen wir sanitation und wasserprojekte durchführen, sehe ich es auchsehr oft: die latrinen sind teilweise voll geschmiert auch wenn papier (oder anderes) genug vorhanden ist. Gründe - keine ahnung, gibt es sicher genug da kinder oft dort massiv mishandelt sind und strafen durch schlagen gehört zu schulaltag... Übrigens, mit blut beschmieren habe ich schon auch viel gesehen. Warum machen leute es? Keine ahnung, aber körperausscheidungen und blut ist etwas extrem persönliches...
Ich hatte als kind überhaupt keine negative gefühle gegen fekalien und anderes eckligen zeug und habe immer noch nicht (habe ja auch beruflich damit zu tun). Ich habe als kind sie auch in hand genommen und genau angeschaut (aber nirgendwo geschmiert und niemand hat davon gewusst). Es war bei mir rein naturwissenschaftliche interesse... Bei deinem Sohn? Keine Ahnung -ich würde hilfe holen da ich genau so sprachlos wäre wie du wenn meine tochter so was gemacht hätte.
sinus
Dauergast
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Re: Was tun wenn die Nerven blank liegen?

Beitrag von sinus »

Hallo, ich habe nicht alles an Antworten gelesen...
Da hat sich dein Sohn ja etwas richtig Heftiges gesucht, um den Zustand seines Inneren nach außen zu tragen...
Ich denke, dass da unbedingt was unternommen werden muss, um dahinter zu kommen, was ihn so quält, dass er eine so extreme Art des Ausruckes wählt/zu wählen glauben muss, um in seinem Leid/Frust/was-auch-immer gesehen zu werden.

Eifersucht zeigt sich übrigens nicht unbedingt am "Konkurrenten", sehr oft (wohl sogar allermeistens) wird das anderswo ausgelebt.
Es kann natürlich auch ganz was anders sein. Vielleicht leidet er auch darunter, dass sein Bruder "krank"/anders ist, weil er mitfühlt.
Auch das Thema Trauma würde ich nicht komplett aus den Augen verlieren.
Es kann sonstwas sein, was ihn quält. Aber DASS es da etwas gibt, ist ja überdeutlich - er schreit ja nun überdeutlich um Hilfe.
Und wenn er schon so extreme Wege sucht, wird es höchste Zeit zu schaun, was da los ist.
Darum müsst ihr euch jetzt unbedingt kümmern, finde ich.
Wenn ihr schonmal in Therapie war und es trotzdem wieder so heftige Probleme gibt, habt ihr eventuell "des Pudels Kern" auch noch nicht ganz gefunden.

Zum Thema Trauma möchte ich dir dieses Buch empfehlen:

http://www.amazon.de/Verwundete-Kinders ... len+heilen

Das lese ich gerade, nachdem es mir eine Therapeutin empfohlen hat. (Wir haben auch noch an unserem schweren Verkehrsunfall im letzten Sommer zu knabbern...)
Ein Trauma kann übrigens auch ganz "geringfügige" Auslöser haben. Sogar welche, an die sich das Kind kaum bewusst erinnern kann. Auch die Ankunft eines Geschwisterkindes kann eines sein. Und bei euch kamen danach ja dann noch ganz besondere und unerwartete Herausforderungen auf euch zu...
Und natürlich können Traumata können auch nach Jahren "plötzlich" (wieder) auftauchen. Und auch an ganz andere, unerwarteter Stelle.
Ich würde das Thema also schon auch noch mal bei einem Fachmann beleuchten...
Die Blätter sind bunt
nun bellt der Hund
nun lacht der Mund
Raureif liegt auf dem Gras.
Der Has`
friert um die Nas.

(Herbstgedicht der 6jährigen)
patchanka
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Re: Was tun wenn die Nerven blank liegen?

Beitrag von patchanka »

Liebe Rabaukenmama!

die Siegmund Freud Uni bietet gemeinsam mit der Wiener Gebietskrankenkassa Psychotherapie für Kinder und Jugendliche an. In meinem Bekanntenkreis gibt es gute Erfahrungen, (auch wenn die Problematik da eine andere war). Vielleicht wäre das was für euch.

http://sfu.ac.at/index.php?article=79

mit lieben Grüßen
patchanka
Rabaukenmama
Dauergast
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Registriert: So 8. Dez 2013, 21:24

Re: Was tun wenn die Nerven blank liegen?

Beitrag von Rabaukenmama »

@patchanka: Vielen lieben Dank für den Link, ich werde mich nach den Feiertagen mal schlau machen wie das dort abläuft und ob das was passendes sein könnte :) .

@sinus: Natürlich kann ich ein Trauma auch nicht ganz ausschließen. Aber irgendwie ist die Aussage , dass ein Trauma auch ganz geringfügige Auslöser haben, kann für mich nicht stimmig. Kommt mir vor wie die Stecknadel im Heuhaufen suchen. Wo soll man anfangen? Wie leicht kann man (auch ein "Profi") sich irren und was als Ursache hinstellen, was es gar nicht ist?

Vielleicht bin ich durch meine eigenen Kindheitserinnerungen befangen, aber mich hat immer wieder fasziniert auf welche anstrusen Ideen manche Psychologen gekommen sind, als ich als Kind verhaltensauffällig war. Da waren wirklich an den Haaren herbeigezogene Begründungen dabei die meinen Eltern dann hochwissenschaftlich ausformuliert wurden, so dass sie erst recht nichts verstanden haben. Ich erinnere mich an eine Aussage dass es für mich wahnsinnig schwer sein muß eine so attraktive Mutter zu haben wo ich doch selbst so unscheinbar bin. Als ich diese Aussage wahrnahm mußte ich mich echt zusammenreißen um keinen Lachkrampf zu bekommen. Mir war mein Aussehen immer so was von egal gewesen und ich hatte meine sehr auf ihr Äußeres bedachte Mutter in der Hinsicht nie verstanden. Aber es hatte mich auch nie gestört oder belastet, so wie es auf einmal hingestellt wurde. Wie dem auch sei, die Dame meinte jedenfalls darin den Hintergrund für mein mangelndes Selbstbewusstsein und meine sozialen Probleme gefunden zu haben.

Bitte nicht mißverstehen, ich bin gerne bereit mir bzw. meinem Sohn helfen zu lassen - auch von Profis! Aber ich habe selbst sowohl als Kind als auch als Mutter schon zu viel Dinge erlebt wo einfach IRGENDWAS behauptet wurde um eine Begründung für den IST-Zustand zu haben. Die größte "Baustelle" bei uns ist mMn nach wie vor die Eifersucht auf den kleinen Bruder. Ansonsten sehe ich absolut nichts, was ein Trauma hätte auslösen können. Oder eben ALLES, je nach Sichtweise: dass wir zu intensiv wegen der Schlafensgehenzeit gestritten haben, dass ihm sein Lieblingsfeind im Kindergarten die Zunge gezeigt hat, dass die Kinderbetreuerin im Hotel auf ihn sauer war weil er in den Pool gekackt hat, dass sein Lieblingspullover in der Wäsche war als er ihn unbedingt anziehen wollte, dass ich ihn mitgenommen habe aufs Familienwochenende wo hauptsächlich Gehörlose waren,...

@Karen: Ich hatte als Kind auch kein Ekelgefühl bei Fäkalien. Aber so wie du habe ich damit nicht rumgeschmiert. Gespielt habe ich damit nur, wenn mich sicher keiner gesehen hat weil ich gewußt habe, dass sich ANDERE davor ekeln. Später, als Jugendliche, habe ich mich selbst auch geekelt.

Was die Schule betrifft ist es ganz interessant. In der Zeit im Kloster-Internat waren die WC-Anlagen immer sauber. Da hat niemand rumgeschmiert, weder mit Gake noch mit Blut. Später, in der Berufsschule, waren die WCS ständig versaut, sowohl in der Schule als auch im Internat. Da waren sogar an die Wände der Duschkabinen Fäkalien geschmiert und Menstruationsblut klebte an etlichen Kloschüsseln (in großer Menge - also sicher kein "Versehen "). Damals habe ich oft überlegt wer so was wohl macht. Das Interessante daran ist: die Kinder im Klosterinternat waren viel strenger erzogen als meine Mitschülerinnen in der Berufsschule. Im Internat wurde zwar nicht geschlagen, aber durchaus unterdrückt und bei Vergehen streng bestraft (am häufigsten durch bloßstellen vor den anderen Kindern). Seltsam, trotzdem (oder deshalb?) hat dort niemand mit Fäkalien oder Blut rumgeschmiert. Nicht dass ich jetzt die Angst-Methode bevorzugen würde um dieses Verhalten abzustellen, aber rückblickend betrachtet ist es interessant, darüber nachzudenken, warum das so war.

Mein Sohn ekelt sich übrigens auch nicht vor seinen (oder anderen) Fäkalien. Als der die Wand geputzt hat war er sehr sorgfältig und nach Ansicht meines Mannes sogar noch stolz. Er hat es sich nicht nehmen lassen alles ganz genau zu putzen (leider sind trotzdem noch Rückstände sichtbar) und dabei stolz zu sagen "Das ist MEINE Arbeit!". Das kam fast so rüber als sei er arbeitsmäßig nicht ausreichend ausgelastet. Werde mir demnächst mal überlegen welche Arbeiten im Haushalt er fix übernehmen könnte und dann mit ihm besprechen wie er das sieht und was er will.

@orangenminze: Ich bin mir sogar sicher dass sich mein Großer immer wieder mal benachteiligt gegenüber seinem Bruder fühlt. Aber mir fällt nichts ein, was ich dagegen tun kann, was ich nicht ohnehin schon tue.

@Momo: Aktives zuhören in Bezug auf den kleinen Bruder praktiziere ich schon lange. Habe mir von "Ich wünschte, ich wäre ein Einzelkind" bis "Warum kommt der lästige A... schon wieder heim?" schon so ziemlich alles angehört und tue es weiterhin. Ebenso habe ich - genau wie du vorschlägst - schon häufig eingestanden, viel für bzw. mit seinen Bruder zu tun. Ich versuche immer wieder meinen Sohn zu ermutigen über seine Gefühle zu sprechen. Und wenn er mal auf seinen Bruder sauer bzw. eifersüchtig ist dann bewerte ich das nicht sondern höre einfach nur zu. Bisher hatte ich da aber meistens den Eindruck dass ihm schon reicht, mal "Dampf abzulassen" und wenn er das mal wieder besprochen hat.

Aber es gibt auch Phasen, wo er seinen Bruder sehr mag. Meine Buben naschen beide gerne und jeder von ihnen hat seine eigene Nasch-Schachtel. Da Großsohn aber noch mehr nascht ist seine Schachtel oft schon leer wenn der Bruder noch was in seiner hat. Dann fragt er immer ob er ihm was abgibt und Kleinsohn ist da ziemlich großzügig. Da freut sich mein älterer Sohn dann immer sehr. Und ganz akutell hat die Oma (bei der Großsohn gerade auf Besuch ist) vor 2 Tagen gefragt wer denn sein bester Freund sei und da kam als Antwort sofort der Name des kleinen Bruders.

Konkret machen sowohl mein Mann als auch ich immer wieder was exklusiv mit unserem Großen. Das einzige, was ich sehe ist, dass er nicht BEIDE Elternteile gleichzeitig exklusiv haben kann. Großsohn ist sehr gerne bei Oma und Opa, weil die dann beide nur für ihn da sind. Das können wir zu Hause nicht bieten. Denn wenn ich mit meinem Sohn was exklusiv mache dann hat der Papa den Bruder und umgekehrt. Durch seine Gehörlosigkeit ist Fremdbetreuung bei Kleinsohn nur sehr kurzfristig möglich weil kaum ein Babysitter Gebärdensprache kann und sich auch Oma und Opa nicht zutrauen, mal Kleinsohn für ein, zwei Tage zu ihnen zu nehmen.

Ehrlich gesagt fällt mir nichts ein was wir in der Hinsicht deutlich besser machen können. Und dann ist für mich immer noch nicht sicher ob die Geschwistereifersucht wirklich die Ursache für die Fäkal-Schmierereien ist. Fakt ist, dass beides da ist: Geschwistereifersucht UND rumschmieren mit Fäkalien. Ob dazwischen tatsächlich ein Zusammenhang besteht weiß ich nicht. Kann durchaus sein, muß aber nicht. Da meinem Sohn, wie bereits beschrieben, nicht vor Fäkalien graust, kann für mich durchaus immer noch Langeweile dahinterstecken. Oder eben was anderes, was nicht so offensichtlich ist...
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
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