Hochbegabung als Tabuthema?

mein "kluges Kind" macht mich fertig: negative Erfahrungen und Erlebnisse
Maca
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Re: Hochbegabung als Tabuthema?

Beitrag von Maca »

Bayern ist halt konservativer und noch viel mehr dem preußisch geprägten Bildungsideal verpflichtet——>
Nutzbarmachung des Individuums für die Gesellschaft.

Das Kind hat sich den Lernstrukturen anzupassen und es muss sehr viel Leistung und Anstrengungsbereitschaft zeigen, bevor es auch nur annähernd möglich ist, über individuell angepasste Fördermöglichkeiten nachzudenken.
Es besteht eine eindeutige Bringschuld seitens des Schülers.

In den Bundesländern mit eher reformpädagogischen Ansätzen, ist der durchschnittliche Leistungsoutput zwar geringer, dafür besteht aber sehr viel mehr Gestaltungsspielraum für Schüler und auch Lehrer.
Hier geht die Tendenz eher in die Richtung
-Schule und Schüler treffen sich irgendwo in der Mitte-.
alibaba

Re: Hochbegabung als Tabuthema?

Beitrag von alibaba »

g
Zuletzt geändert von alibaba am Fr 26. Apr 2019, 11:12, insgesamt 1-mal geändert.
Rabaukenmama
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Re: Hochbegabung als Tabuthema?

Beitrag von Rabaukenmama »

Rabaukenmama hat geschrieben:
Maca hat geschrieben:

Auf die Idee, mit meinem Sohn aktiv englisch zu üben, wäre ich nie gekommen. ABER - mein Kind schaut englisch untertitelte youtube Videos und schließt aus dem gesehenen oft korrekt auf die Bedeutung der Wörter. Erklär das mal einem Lehrer, der das IQ-Testergebnis von Gesamt-IQ 85 in Händen hält!
Das ist noch mal ne ganz andere Nummer, weil in deinem Fall die grundsätzliche Begabung als zu gering eingeschätzt wird, als das eigenständiger Wissenserwerb vollumfänglich und freiwillig überhaupt möglich wäre.

Das bedeutet mehr als eine falsche Wahrnehmung deines Kindes, das ist eine massive Fehleinschätzung seiner mentalen Möglichkeiten.
Der Pädagoge meint es gut, da er ein vermeintlich knapp durchschnittlich begabtes Kind vor der Überforderung durch die Mutter schützen möchte.
Siehst du, genau diese Beispiel zeigt doch, was für fatale Folgen IQ- Werte anrichten können, die (eigentlich) nicht erhoben werden konnten , aber dennoch als Gesamtwert herausgegeben wurden.

Dein Sohn ist nun mit diesem IQ-Wert völlig unpassend kategorisiert und ihr als Familie müsst es ausbaden.

lG
Naja, auch wenn IQ 85 erst mal wenig klingt, ist es noch "Durchschnitt". 2/3 der Kinder haben einen IQ zwischen 85 und 114. Da sollte man doch vom eigenständigen Wissenserwerb ausgehen.

Ja, du hast schon recht, es ist die Kehrseite der IQ-Medaille. Testergebnis ist nun mal Testergebnis und leider werden damit auch "Stempel" verteilt, wenn du weißt, was ich meine. Ich möchte dabei nichts schönreden. Mein Sohn hat so viele Defizite, dass ich davon ausgehe, dass er weder einen Schulabschluss schaffen wird, noch jemals einen Job am ersten Arbeitsmarkt bekommt.

Heute hat mein Sohn mit seiner Integrationshelferin 3 Stunden Prozentrechnen geübt - auf SEINEN ausdrücklichen Wunsch. Dabei ist mein Sohn Autodidakt und holt sich Unterstützung nur dann, wenn er sie braucht. Vor einigen Wochen habe ich zufällig bemerkt, dass mein Sohn in Schreibschrift schreiben kann und den Lehrer angeregt, das auch in der Schule aufzugreifen. Antwort "Neeeeein, auf gar keinen Fall! Er mag jetzt schon nur noch sehr ungern schreiben und wir müssen daran arbeiten, dass er seine Lernsätze (sein 6 Monaten die gleichen!) wieder ordentlich schön schreibt!".

Ähhhhm, ich glaube, die Sätze hängen ihm mittlerweile zum Hals raus! Jedenfalls schreibt er zu Hause immer noch gerne und einwandfrei (freie Texte und Nachrichten) und mit seiner Integrationshelferin verständigt er sich NUR schriftlich. Klar, mit den üblichen Grammatikfehlern der Gehörlose, also z.B. "Gestern war ich in die Schule". Aber da kann ich reden, was ich will, ich beiße auf Granit :( !

Naja, als neuen "Brocken" haben ich jetzt mal zur Abwechslung den anderen Lehrer angeregt, als "unverbindliche Übung" Englisch in den Lehrplan aufzunehmen - allein schon damit mein Sohn lernt, es von deutsch zu unterscheiden und nicht immer englische-deutsche Mischtexte schreibt! Dabei ist nach allgemeinem Sonderschullehrplan gar kein Englisch vorgesehen. Ich komme immer wieder als Eislaufmutter rüber, die das Kind total überfordert! Aber da geht es mir echt um mein Kind, nicht um mein Ego. Sollen die Lehrer von mir halten, was sie wollen!
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Maca
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Re: Hochbegabung als Tabuthema?

Beitrag von Maca »

alibaba hat geschrieben:Naja, reformpädagogisches BL haben nun auch nicht so das Gelbe vom Ei. Ich bin mir nicht sicher, was ich besser finde. Etwas preußisches Ideal oder Probleme beim nennen des BL, wenn ich mich bei der Uni eintragen will. :mrgreen:
Also für mein Bundesland kann ich nur sagen, dass es sich kontinuierlich weiterentwickelt und das Schulsystem sehr viel besser ist als sein Ruf.
Einmal gefällte Urteile lassen sich leider langsamer verändern als positive Entwicklungen voranschreiten.

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/ ... 28637.html

Mal abgesehen davon, dass es bei der Bewerbung um einen Studienplatz an einer staatlichen Universität immer noch irrelavant ist, wo man die allgemeine Hochschulreife erworben hat, haben viele der hanseatischen Gymnasien einen sehr guten Ruf.

Ausserdem sind sie bei der Begabtenförderung recht engagiert und aufgeschlossen, ohne auf Separierung zurückzugreifen.
Maca
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Re: Hochbegabung als Tabuthema?

Beitrag von Maca »

irrelEvant mein ich
Rabaukenmama
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Re: Hochbegabung als Tabuthema?

Beitrag von Rabaukenmama »

Meine3 hat geschrieben:
Mit der Zeit bin ich draufgekommen dass es mir bei meinen Überlegungen, wie ich korrekt mit der Hochbegabung meines Sohnes umgehe, in erster Linie darum gegangen ist, wie ICH SELBST (also Mutter) gesehen werde. Wie ich das bemerkt habe (dass es mir ums eigene Ego ging, nicht ums Kind) habe ich mir plötzlich viel leichter getan, das Ganze locker zu sehen.
leider, leider ist es mir nicht schnurz, wenn man mir vorwirft, ich würde meine Kinder in irgendeiner Art "dressieren". Das liegt aber wohl eher daran, dass ich selbst kein selbstsicherer Mensch bin. Ich habe oft das Gefühl, ich mache was falsch. Mache ich bestimmt auch, keine Mutter ist perfekt! DAMIT kann ich auch leben ;) . Aber wenn ich dann auch noch bei den Themen wo ich nichts falsch mache , gesagt bekomme, ich würde was falsch machen, dann nervt mich das sehr :oops: ... Da bist du dann einfach schon weiter als ich, eventuell auch, weil deine Kinder schon größer sind und du die Erfahrungen, die ich grade mache, schon zu genüge gemacht hast... .
Das blöde daran ist: je mehr du beteuerst, dein Kind NICHT zu dressieren, desto weniger wird dir geglaubt. Das ist wie bei einer Verschwörungstheorie. Je mehr Beweise man vorbringt, dass es so nicht stimmt, desto überzeugter sind die Verfechter. Die sicherste Methode, falsche Vorwürfe (und das damit verbundene Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen) zu vermeiden ist, sich mit Menschen zu umgeben, die einem wohlgesonnen sind.

Ich war mit meinem Großen als er ein Kleinkind war öfter auf einem Spielplatz, wo sich auch eine Mütter-Clique von 3-5 Müttern mit Kindern immer traf. Da war dann immer diejenige Mutter Thema Nr. 1, die gerade nicht anwesend war. Die anderen haben sich darüber ausgelassen, was diese Mutter alles falsch macht . Am nächsten Tag war diese Mutter dann wieder dabei und Thema war wieder eine andere, gerade abwesende Mutter. Ganz ehrlich - bevor ich solche "Freunde" habe, bin ich lieber allein! Meine ECHTEN Freunde nehmen mich sogar dann so an, wie ich bin, wenn sie glauben, dass ich was falsch mache. Da geht es nicht um runtermachen oder besser-wissen oder sich-selbst-erhöhen indem man andere schlechtredet!
Meine3 hat geschrieben:
Mittlerweile gehe ich selbst auch selbstbewusster mit meiner Hochbegabung um. Nicht, dass ich sie jedem auf die Nase binde. Aber wenn mich wer lobt oder erstaunt ist, weil ich was gut kann/weiß/mache, kann ich das Kompliment jetzt ehrlich annehmen und muss nicht künstlich "geziert" rumtun ;) .
Mir ist meine eigene Hochbegabung NIE wichtig gewesen, ich habe sie eher immer negiert und beschäftige mich erst jetzt zunehmend damit... Und da ich kein beruflicher Überflieger bin und nie war, werde ich auch nicht sooo oft auf meinen Intellekt angesprochen, zumindest nicht von Menschen, die mich nur oberflächlich kennen. Menschen, die mich gut kennen oder auch meine damaligen Mitschüler auf dem zweiten Bildungsweg, denen ist das schon aufgefallen. Aber ich habe nie gesagt:" haha, ich habe ja auch einen superhohen IQ!" :lol: Ich wurde z.B. oft gefragt ob ich Nachhilfe oder so geben kann und hab das gern gemacht. Punkt. Jetzt treibt es mich aber um (eher bezogen auf meine Kindheit und Jugend und so) und ich hab das Gefühl, ich kann darüber nicht sprechen.
Na, ich sage auch nicht "Hey, ich kann das alles so toll, weil ich so hochbegabt bin" :P . Aber wenn mein Vorgesetzter z.B. zu mir meinte "Also, das haben Sie wirklich toll gemacht" kann ich freudig antworten "Ja, das ist mir wirklich gut gelungen!". Ich muss nicht geziert sein und meine eigene Leistung schmälern.

Die meisten Menschen, die ich kenne, können mit Lob nicht richtig umgehen. Ich selbst musste es ja auch erst lernen. Wenn ich z.B. einer Freundin sage, dass mir ihr Pullover gefällt, kommt meistens eine Antwort wie "Auch, das alte Ding habe ich doch schon mindestens 10 Jahre!" oder "...der Pullover ist vom Flohmarkt". Wenn mir auffällt, dass wer z.B. gut Kopfrechnen kann, kommt von der anderen Seite sofort die Relativierung "Aber dafür bin ich in Deutsch grottenschlecht!".

Da finde ich einfach schade, dass es den Menschen so schwer fällt, ein Lob einfach mal stehen zu lassen und sich darüber zu freuen. Daher wird mMn auch heute wenig gelobt und anerkannt. Bei Kindern gibt es ja sogar schon Erziehungstheorien, wonach Lob schadet. Ich finde das Quatsch! Solange das Lob ehrlich ist hat es auch seine Berechtigung. Ich brauche ein Kind nicht über den grünen Klee für eine Kleinigkeit loben. Aber wenn es was geschafft hat, was nicht selbstverständlich war, dann soll es auch merken, dass mir das aufgefallen ist.

So gehe ich auch mit unseren Lehrlingen um. Wenn einer was weiß oder kann, was ich ihm nicht zugetraut habe, sage ich das auch frei heraus. Die meisten Kollegen haben bei Lehrlingen eher den Fokus auf dem, was sie NICHT können. Dabei hat beides seine Berechtigung, Lob und konstruktive Kritik.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
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