Meine3 hat geschrieben:Mit der Zeit bin ich draufgekommen dass es mir bei meinen Überlegungen, wie ich korrekt mit der Hochbegabung meines Sohnes umgehe, in erster Linie darum gegangen ist, wie ICH SELBST (also Mutter) gesehen werde. Wie ich das bemerkt habe (dass es mir ums eigene Ego ging, nicht ums Kind) habe ich mir plötzlich viel leichter getan, das Ganze locker zu sehen.
leider, leider ist es mir nicht schnurz, wenn man mir vorwirft, ich würde meine Kinder in irgendeiner Art "dressieren". Das liegt aber wohl eher daran, dass ich selbst kein selbstsicherer Mensch bin. Ich habe oft das Gefühl, ich mache was falsch. Mache ich bestimmt auch, keine Mutter ist perfekt! DAMIT kann ich auch leben
. Aber wenn ich dann auch noch bei den Themen wo ich nichts falsch mache , gesagt bekomme, ich würde was falsch machen, dann nervt mich das sehr
... Da bist du dann einfach schon weiter als ich, eventuell auch, weil deine Kinder schon größer sind und du die Erfahrungen, die ich grade mache, schon zu genüge gemacht hast... .
Das blöde daran ist: je mehr du beteuerst, dein Kind NICHT zu dressieren, desto weniger wird dir geglaubt. Das ist wie bei einer Verschwörungstheorie. Je mehr Beweise man vorbringt, dass es so nicht stimmt, desto überzeugter sind die Verfechter. Die sicherste Methode, falsche Vorwürfe (und das damit verbundene Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen) zu vermeiden ist, sich mit Menschen zu umgeben, die einem wohlgesonnen sind.
Ich war mit meinem Großen als er ein Kleinkind war öfter auf einem Spielplatz, wo sich auch eine Mütter-Clique von 3-5 Müttern mit Kindern immer traf. Da war dann immer diejenige Mutter Thema Nr. 1, die gerade nicht anwesend war. Die anderen haben sich darüber ausgelassen, was diese Mutter alles falsch macht . Am nächsten Tag war diese Mutter dann wieder dabei und Thema war wieder eine andere, gerade abwesende Mutter. Ganz ehrlich - bevor ich solche "Freunde" habe, bin ich lieber allein! Meine ECHTEN Freunde nehmen mich sogar dann so an, wie ich bin, wenn sie glauben, dass ich was falsch mache. Da geht es nicht um runtermachen oder besser-wissen oder sich-selbst-erhöhen indem man andere schlechtredet!
Meine3 hat geschrieben:
Mittlerweile gehe ich selbst auch selbstbewusster mit meiner Hochbegabung um. Nicht, dass ich sie jedem auf die Nase binde. Aber wenn mich wer lobt oder erstaunt ist, weil ich was gut kann/weiß/mache, kann ich das Kompliment jetzt ehrlich annehmen und muss nicht künstlich "geziert" rumtun
.
Mir ist meine eigene Hochbegabung NIE wichtig gewesen, ich habe sie eher immer negiert und beschäftige mich erst jetzt zunehmend damit... Und da ich kein beruflicher Überflieger bin und nie war, werde ich auch nicht sooo oft auf meinen Intellekt angesprochen, zumindest nicht von Menschen, die mich nur oberflächlich kennen. Menschen, die mich gut kennen oder auch meine damaligen Mitschüler auf dem zweiten Bildungsweg, denen ist das schon aufgefallen. Aber ich habe nie gesagt:" haha, ich habe ja auch einen superhohen IQ!"
Ich wurde z.B. oft gefragt ob ich Nachhilfe oder so geben kann und hab das gern gemacht. Punkt. Jetzt treibt es mich aber um (eher bezogen auf meine Kindheit und Jugend und so) und ich hab das Gefühl, ich kann darüber nicht sprechen.
Na, ich sage auch nicht "Hey, ich kann das alles so toll, weil ich so hochbegabt bin"
. Aber wenn mein Vorgesetzter z.B. zu mir meinte "Also, das haben Sie wirklich toll gemacht" kann ich freudig antworten "Ja, das ist mir wirklich gut gelungen!". Ich muss nicht geziert sein und meine eigene Leistung schmälern.
Die meisten Menschen, die ich kenne, können mit Lob nicht richtig umgehen. Ich selbst musste es ja auch erst lernen. Wenn ich z.B. einer Freundin sage, dass mir ihr Pullover gefällt, kommt meistens eine Antwort wie "Auch, das alte Ding habe ich doch schon mindestens 10 Jahre!" oder "...der Pullover ist vom Flohmarkt". Wenn mir auffällt, dass wer z.B. gut Kopfrechnen kann, kommt von der anderen Seite sofort die Relativierung "Aber dafür bin ich in Deutsch grottenschlecht!".
Da finde ich einfach schade, dass es den Menschen so schwer fällt, ein Lob einfach mal stehen zu lassen und sich darüber zu freuen. Daher wird mMn auch heute wenig gelobt und anerkannt. Bei Kindern gibt es ja sogar schon Erziehungstheorien, wonach Lob schadet. Ich finde das Quatsch! Solange das Lob ehrlich ist hat es auch seine Berechtigung. Ich brauche ein Kind nicht über den grünen Klee für eine Kleinigkeit loben. Aber wenn es was geschafft hat, was nicht selbstverständlich war, dann soll es auch merken, dass mir das aufgefallen ist.
So gehe ich auch mit unseren Lehrlingen um. Wenn einer was weiß oder kann, was ich ihm nicht zugetraut habe, sage ich das auch frei heraus. Die meisten Kollegen haben bei Lehrlingen eher den Fokus auf dem, was sie NICHT können. Dabei hat beides seine Berechtigung, Lob und konstruktive Kritik.