Bei uns hat der Kindergarten-Wechsel einiges bewirkt. Da unser Kindergarten auch mit einem Hochbegabten-Verein zusammenarbeitet, sind wir nun auch nicht mehr in der Verlegenheit, dass Amelie das einzige anderswo gescheiterte Kind in der Gruppe ist und auch nicht das einzige Kind mit besonderen Begabungen. Es gibt dort Kinder, wo sich die Begabungen ganz offensichtlich zeigen und welche, bei denen es sehr selten mal zum Vorschein kommt, weil diese Kinder schon so wenig Selbstvertrauen haben, dass sie nur mit ganz viel Zuspruch wieder Angebote annehmen und dann lange brauchen, bis sie sich dann voll entfalten können.
Es ist im Übrigen auch mehr als traurig, dass in der Gruppe auch noch ein anderes Mädchen ist, welches von den Erzieherinnen des anderen Kindergartens als entwicklungsverzögert eingestuft wurde. Da sie auch sehr unruhig war, wurden ihr auch wahlweise Diagnosen wie ADHS und psychomotische Unruhe durch Eheprobleme der Eltern untergeschoben. Erst durch eine umfassende Diagnostik wurde dann all dies ausgeschlossen und es wurde festgestellt, dass sie hochbegabt ist, soweit man das mit knapp vier Jahren sagen kann.
Im Übrigen durfte ich mir nach dem Kindergarten ansehen, wie zwei hochbegabte Mädchen im Schnee spielen. Beide haben im Schnee gekniet und mit ihrer Zunge versucht, herauszufinden, ob Schnee einen unterschiedlichen Geschmack haben kann. Wir Mütter haben dann protestiert:"iiih, ekelig, lasst das mal lieber bleiben! Ihr wisst ja gar nicht, ob da vielleicht jemand mit dreckigen Schuhe durchgelaufen ist oder ob ein Hund dahin gepinkel hat." Darauf die eine:"Nein, da hat kein Hund hingepinkelt, dann wäre der Schnee ja gelb. Der ist aber weiß, also kann das nur gefrorenes Regenwasser sein." Und die andere:"Komm, wir müssen nur eine Stelle suchen, wo es keine Fußspuren im Schnee gibt. Nur so können wir sicher sein, dass der Schnee auch wirklich sauber ist." Nahmen sich an der Hand und verschwanden im Tiefschnee.
Unter anderen Umständen hätte ich mich geschämt oder versucht durch besonders energisches Durchgreifen davon abzuhalten, aber hier kam die Idee ja gleichermaßen von beiden Mädchen. Und ich war einfach nur erleichtert, weil ich jetzt mal gesehen habe, dass es auch noch andere von der Sorte gibt.
So blöd das auch klingt, aber vielleicht wäre die beste Strategie, sich mit einem örtlichen Hochbegabten-Verein in Verbindung zu setzen und zu schauen, ob dort jemand mit einem Kindergarten besonders gute Erfahrungen gemacht hat. Und dann würde ich das Kind einfach auf die Warteliste setzen lassen, nach dem Motto: Gut Ding will Weile haben.
Ich habe außerdem noch die Erfahrung gemacht, dass ein Kindergarten mit offenen Angeboten in Kleingruppen den Bedürfnissen der Kinder sehr gut entgegen kommt, vor allem wenn sie sehr lärmempfindlich sind. Im alten Kindergarten hat Amelie fast nie gebastelt und nun ist sie meistens in einer Gruppe von 5 - 6 Kindern in der Bastelecke und hat freie Wahl, was und womit sie basteln möchte. Sie hantiert mit Papier, Stoff, Schere, Kleber, Wollresten usw., also ob sie nie was anderes gemacht hätte.
Mittlerweile schreibt sie auch stolz und mit Überzeugung überall ihren Namen drauf, obwohl sie vor ein paar Monaten noch eindringlich darum gebeten hatte, dass es niemand im Kindergarten wissen darf, dass sie überhaupt ihren Namen schreiben kann. Sie ist jetzt bald 5 und ich bin der festen Überzeugung, dass sie besser nicht im Sommer eingeschult werden sollte, weil sie nie wieder derartige Möglichkeiten haben wird. Ich bin nämlich nicht überzeugt, dass das für die Kinder so förderlich ist, dass sie gut nach Anweisungen vorgegebene Aufgaben lösen können. Ich glaube nicht daran, dass Disziplin (oder in diesem Zusammenhang auch gerne soziale Reife genannt) ein Wert an sich ist. Es lediglich ein Mittel zum Zweck. Und in unserem Kindergarten hat sie die Möglichkeit, individuell gefördert zu werden. Ich halte wenig davon, die Fähigkeiten sofort wieder zu beschränken, bevor sie überhaupt entdeckt werden können.
... und es geht weiter :-(
Re: ... und es geht weiter :-(
"Entschuldigung, ich habe nur kurz fantasiert." meine große Tochter, 4 Jahre alt (inzwischen 9 geworden)