Verhaltensauffällig in der Krippe

Probleme und Lösungen für den Kindergartenalltag
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Lella
Beiträge: 2
Registriert: Mo 11. Mär 2013, 17:00

Verhaltensauffällig in der Krippe

Beitrag von Lella »

Hallo,

ich bin neu hier und hoffe auf Hilfe und Erfahrungen, da ich mit meinem Latein am Ende bin. Ich bin Mutter einer Tochter, die vor kurzem drei Jahre alt geworden ist. Von Beginn ihres Lebens an, war sie anders, als ihre Altersgenossen. Mit 4 Monaten ist sie das erste Mal aufgestanden (da hieß es noch Stecktendenz), mit 7 Monaten dann gelaufen. Als sie ca. 15 Monaten alt war, hat sie Dreiwortsätze gesprochen und sich selbst als Person benannt, mit 18 Monaten fing sie an ihre Finger zu zählen und mit rund 2,5 Jahren Männchen zu gemalt. Vor 2 Wochen schrieb sie nun das erste Mal OMA, wobei uns Eltern gar nicht klar war, dass sie die Buchstaben kennt, geschweige denn, sie diese sinnvoll aneinandersetzten kann (nur ihren Namen hat sie schon ab- bzw. geschrieben). Natürlich sind dies nur die besonders auffälligen Entwicklungsvorsprünge anhand derer auch wir als betriebsblinde Eltern eines Einzelkindes erkannt haben, dass unsere Tochter „weiter“ ist.

Aber nicht ihr Entwicklungsvorsprung macht uns Sorgen sondern ihr ungewöhnliches und nunmehr besorgniserregendes Verhalten. Ungewöhnlich, insbesondere im Umgang mit Anderen, war ihr Verhalten schon früh. So mussten wir, als sie 8 Monate alt war, den von uns bis dahin besuchten Delfi-Kurs verlassen, weil meine Tochter nach Aussage der Kursleiterin „nicht mehr in die Gruppe passte“. Sie hat angefangen die anderen Kinder zu "tyrannisieren", ihnen das Spielzeug zu klauen oder einfach anderweitig die „Gruppe“ zu durchbrechen. Tatsächlich war ich mehr damit beschäftig meine zu der Zeit ja bereits laufende Tochter im Zaum zu halten, als das wir etwas von dem eigentlichen Kurs gehabt hätten. Ähnlich verhielt es sich mit einer Krabbelgruppe, jedoch war hier die Gruppengröße und Alterszusammensetzung eine Andere. So konnte sie hier die Turngeräte für sich nutzen und während sie im Alter von rund einem Jahr an den Sing- und Tanzspielen viel Spaß hatte, verweigerte sie mit 1,5 Jahren jegliches Mitmachen. Diese Verweigerungshaltung ist leider bis heute geblieben und stellt eines unserer Probleme dar.

Es ist schwer, die Schwierigkeiten wirklich verständlich zu machen ohne ins „labern“ zu kommen … ich bitte also um Entschuldigung und komme in die Gegenwart.

Letzte Woche Montag wurde ich zum außerplanmäßigen Gespräch in die Kippe gebeten, die meine Tochter seit nicht ganz einem Jahr besucht. Die Erzieherin zeigte sich sehr besorgt. Meine Tochter würde sich nach wie vor nicht in die Gruppe integrieren lassen, ließe sich ausschließlich auf die Erzieherinnen ein, hätte keine Freunde dafür jedoch zahlreiche emotionale Ausbrüche, die sich kaum noch nachvollziehen ließen. Diese Schwierigkeiten sind schon seit längerem bekannt und ich bin mit den Erzieherinnen diesbezüglich im Gespräch. Neu und wirklich besorgniserregend ist, dass unsere Tochter nun ihre Aufmerksamkeit durch autoaggressives Verhalten einzufordern versucht. So hat sie sich nach einem Konflikt mit einer Erzieherin z.B. mit Absicht Sand in die Augen gedrückt.

Auch zu Hause fängt sie an, derartige Tendenzen zu zeigen. Beispielsweise hat sie fast zwei Wochen lang das Essen verweigert, als sie mit einer Situation nicht zurechtkam oder ihren Kopf an die Wand geschlagen um Kopfschmerzen zu provozieren, damit ich eine getroffene Verabredung nicht wahrnehme. Auf die Kopfschmerzaktion habe ich reagiert, indem ich ihr gesagt habe, dass sie dann eben ohne mich mit ihren Kopfschmerzen klar kommen müsse und bin trotzdem gegangen. Ein derartiges Verhalten kam seither nicht wieder vor. Die Essverweigerung war da schon schwieriger, denn es war lange nicht erkennbar, dass sie bewusst das Essen lässt. Ich hielt ihr Nichtessen zunächst für die Auswirkung eines Infektes. Erst einige Zeit später erzählte sie beiläufig, dass sie aufgrund von Sorgen nichts essen konnte.

Damit wäre ich beim nächsten und vermutlich eigentlichen Thema. Die Sorgen! Meine Tochter macht sich über alles und um jeden Sorgen! Doch während sie im Grunde ein kleines Plappermaul ist, spricht sie über ihre Sorgen nicht oder erst, wenn sie diese für sich gelöst zu haben scheint. Mit viel Glück kommen beiläufig Fragen, die Rückschlüsse auf ihre sorgenvollen Gedanken schließen lassen. Aber auch dann fühle ich mich hilflos und überfordert, denn Rückfragen und Hilfestellungen geht sie aus dem Weg.

Auch die Erzieherinnen sehen sich kaum noch in der Lage, auf das Verhalten meiner Tochter adäquat zu reagieren. Geplant ist, dass sie zum Kindergartenjahrwechsel in eine Integrationsgruppe kommt. Aber auch da, so sagt die Erzieherin, wird es schwierig werden, wenn sich nichts ändert.
Aber wie kann ich etwas ändern und meiner Tochter helfen??? Hat jemand Erfahrungen mit solch einem Verhalten??? Ist es möglich und sinnvoll bereits in diesem jungen Alter einen Psychologen aufzusuchen??? Oder handelt es sich vielleicht doch nur um eine „schwierige Phase“?

Sämtliche Hilfsangebote in unserer Umgebung sind für ältere Kinder bestimmt, viele fordern einen IQ-Test, der ja auch frühestens ab 5 Jahren aussagekräftig ist und für uns gerade nicht zielführend scheint.

Ich würde mich sehr über Erfahrungen, Anregungen, Tipp oder einfach Antworten freuen!!
Vielen Dank!
patchanka
Dauergast
Beiträge: 58
Registriert: Mo 9. Jan 2012, 12:09

Re: Verhaltensauffällig in der Krippe

Beitrag von patchanka »

ich bin keine Expertin, aber meiner Meinung nach scheinst du eine sehr schnelle und auch emotional intensive Tochter zu haben!
(mir ist einiges davon von meinen beiden nicht ganz fremd!)

aber:
das Kinder mit 3 noch keine Freunde haben ist im allgemeinen z.B. nichts auffälliges. Viele Kinder spielen in diesem Alter eher nebeneinander und nicht miteinander...

auch mit Situationen mit denen sie nicht zurechkommen reagieren viele Kinder in diesem Alter sehr emotional...


ich frage mich also, ob die Pädagoginnen eurer Krippe einfach etwas inkompetent sind und mit dem Tempo und der Intensität eures Mädchens überfordert (das kommt leider immer wieder vor!) oder ob deine Tochter prinzipiell eine andere Betreuung/einen anderen Umgang bräuchte um ihre Potentiale zu enfalten!

Wenn ihr euch unsicher seit ist eine gute entwicklungsdiagnostische Abklärung oder eine gute psychologische Abklärung inkl. Beratung vielleicht wirklich angebracht damit ihr eine Sicht von außen habt?

Krippenpädagoginnen sind nicht immer die wahren Expertinnen...

alles Liebe
Lella
Beiträge: 2
Registriert: Mo 11. Mär 2013, 17:00

Re: Verhaltensauffällig in der Krippe

Beitrag von Lella »

Hallo Patchanka!

Ganz lieben Dank für deine Antwort!!!

Ja auch ich habe mir zunächst gedacht, dass ihr eher isoliertes Spielen nichts Ungewöhnliches ist und ihre Emotionalität passt durchaus in die Trotzphase.
Dennoch scheint ihr Verhalten außerhalb der Norm zu liegen, denn die Erzieherinnen sind seit 20 Jahren in ihrem Beruf und haben „das“ in der Form noch nicht erlebt.

Nun kann ich aber durchaus auch bestätigen, dass Erzieherinnen nicht allwissend sind!!! So hat mich eine der Erzieherinnen total verunsichert, als sie meinte, dass jedes Kind im Alter von damals nicht ganz 2 Jahren Mittagschlaf machen müsse und es sonst zu Gehirnentwicklungsverzögerungen kommen könnte. Ich müsse sie ggf. dann auch einfach zu ihrem „Glück“ zwingen. :shock: Häää, ein Kind zum Schlafen zwingen? Wie das denn und warum? :gruebel: Meine Tochter hatte aber noch nie einen besonders hohen Schlafbedarf… was wir uns als Eltern sicher auch anders gewünscht hätten :D

Nun wurde ich erneut in die Kita gebeten. Nächste Woche wird das Gespräch stattfinden. Ich berichte gern … .

Ein psychologisches Fachgespräch erscheint mir, wenn es keine Wende gibt, als nächster Schritt auch sehr sinnvoll.

Vielen Dank nochmal und alles Liebe!
amaria
Beiträge: 11
Registriert: Mo 14. Okt 2013, 12:33

Re: Verhaltensauffällig in der Krippe

Beitrag von amaria »

Hallo Lella!

Wie geht es deiner Tochter ud dir jetzt? Es ist generell schwierig, etwas zum Seelenleben eines anderen Menschen zu sagen - und aus der Ferne erst recht. Was mir spontan einfällt: Solange deine Tochter auf ihre Art rebelliert, hat sie noch nicht resigniert. Das wäre für sie schlimmer und dass sie stattdessen anderen Schwierigkeiten bereitet ist wichtig und richtig, damit ihre Mitmenschen lernen können, besser auf sie einzugehen.

Bei Kleinkindern achte ich immer sehr auf den Geruch. Ein Wonneproppen duftet, während ein zutiefst unglückliches Kind einen Geruch ausströmt, der dem ähnelt, den Sterbende vor ihrem Tod ausströmen. Natürlich kann nicht jeder diese Gerüche wahrnehmen, aber Mütter haben meist eine feine Nase, wenn es um ihr eigenes Kind geht.

Wie verhält sich deine Tochter im Umgang mit älteren Kindern? Würde sie sich außerhalb der Krippe vielleicht wohler fühlen? Der Wechsel in einen integrativen Kindergarten könnte vor allem deswegen vorteilhaft sein, weil sich die Erzieherinnen dort immer wieder auf Kinder einstellen müssen, die ein stärker "von der Norm" anweichen. Das macht flexibler und so könnte es den Erzieherinnen leichter fallen auf kreative Weise einen besseren Zugang zu deiner Tochter zu finden. Ich selbst habe es im integrativen Kindergarten erlebt, dass ein sehr intelligentes Kind jeden Tag mindestens einmal zu einem stark geistig behinderten Jungen lief, in einfach nur herzlich umarmte und dabei seinen Namen rief, um dann schnell zu wenden und unbelastet weiterzuspielen. Es ist manchmal verblüffend, zu wem Kinder eine besondere Vorliebe entwickeln.

Vermutlich wird es für deine Tochter vorerst noch schwierig sein, zu begreifen, dass andere nicht das können, was ihr leicht fällt und was auch ihre nächsten Angehörigen können. Das aber wird sich irgendwann ändern und ich kann mir vorstellen, dass sie dann auch lernt, anders auf andere Kinder einzugehen und weniger von ihnen zu erwarten.

Freundliche Grüße

Angelika
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