Frage zum Verhalten bzw. frühzeitiger Einschulung

Probleme und Lösungen für den Kindergartenalltag
Momo
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Re: Frage zum Verhalten bzw. frühzeitiger Einschulung

Beitrag von Momo »

Alibaba, ich gebe Dir recht. Es sei denn, Ihr habt das große Glück, eine Schule zu finden, in der Kinder frei und spielerisch lernen dürfen. Für meine Tochter war ihre selbstbestimmte Früheinschulung optimal, aus heutiger Sicht glaube ich, dass sie ein weiteres Jahr im Kindergarten schier verzeifelt wäre. Endlich hat sie nun die Möglichkeit, mit vielen unterschiedlichen und vor allem auch älteren Kinder zusammen zu sein. Das ist es, was sie dringend braucht und was sie wirklich glücklich macht. Es hängt jedoch sehr sehr stark von der Schule ab, hier ist der Knackpunkt!

Liebe Grüße von Momo
"Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht." Mark Aurel (121-180)
Rabaukenmama
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Re: Frage zum Verhalten bzw. frühzeitiger Einschulung

Beitrag von Rabaukenmama »

Momo hat geschrieben:Alibaba, ich gebe Dir recht. Es sei denn, Ihr habt das große Glück, eine Schule zu finden, in der Kinder frei und spielerisch lernen dürfen. Für meine Tochter war ihre selbstbestimmte Früheinschulung optimal, aus heutiger Sicht glaube ich, dass sie ein weiteres Jahr im Kindergarten schier verzeifelt wäre. Endlich hat sie nun die Möglichkeit, mit vielen unterschiedlichen und vor allem auch älteren Kinder zusammen zu sein. Das ist es, was sie dringend braucht und was sie wirklich glücklich macht. Es hängt jedoch sehr sehr stark von der Schule ab, hier ist der Knackpunkt!

Liebe Grüße von Momo
Es kommt ganz darauf an wie die Instituation (egal ob Schule oder Kiga) und das Kind "zusammenpassen". Mein regulär eingeschulter Sohn hätte sich vermutlich auch dieses Jahr in seinem "alten" Kindergarten viel wohler gefühlt als er es zur Zeit in Schule und Hort tut :cry: . Im Moment habe ich fast täglich Anrufe oder Gespräche mit LehrerInnen, Direktorin, HortbetreuerInnen und Hortleiterin. Mein Sohn benimmt sich unmöglich, geht fast grundlos (also wegen Banalitäten) auf andere Kinder los, zerstört mutwillig Gegenstände, schwankt zwischen Verweigerung aus Langeweile und gespielter Überforderung - und das, obwohl ich nach wie vor vor allem von den beiden Lehrerinnen und deren Umgang mit der ganzen Situation voll überzeugt bin. Er ist kognitiv nach wie vor meilenweit voraus, hat also keinerlei Druck, verweigert aber oft die Mitarbeit (obwohl er großteils selbst aussuchen könnte, was er machen will) und bricht in Tränen aus wenn er mal Aufgaben bekommt, die etwas herausforderndert (aber für ihn durchaus lösbar) sind.

Dabei ist das so ziemlich die "freiste" Schule weit und breit. Ich weiß nicht, ob sie ihn an einer normalen Regelschule überhaupt noch behalten würden. Himmel, das war doch im Kindergarten nicht so! Da gab´s auch mal schwierigere Phasen, aber auf seiner letzten KIGA-Geburtstagsfeier wußte er ad hoc 11 Kinder einzuladen von denen 10 gekommen sind. Und mein Sohn war zwar auch damals temperamentvoll, aber längst nicht so dauer-agressiv wie gerade jetzt! Dieses Jahr hat er zur Geburtstagsfeier 6 Kinder eingeladen (aus Schule und Hort) und es sind 2 gekommen. Bei den anderen bin ich mir ziemlich sicher, dass die Kinder bzw. die Eltern so ein unmögliches, aggressives Kind, gar nicht besuchen wollen.

Ich bin mir mittlerweile ziemlich sicher, dass mein Sohn, wäre er vorzeitig eingeschult worden, einfach ein Jahr früher exakt dieselben Probleme gemacht und gehabt hätte. So gesehen bin ich froh, mich seinerzeit gegen vorzeitige Einschulung entschieden zu haben, auch wenn uns das in der momentanen Situation auch nicht weiterhilft. Es geht ihm definitiv nicht gut, nach über einem Monat ohne "Unfälle", näßt er auch seit ein paar Tagen wieder ein :( . Und ich stehe daneben, sehe zu, und kann rein gar nichts tun (außer immer wieder reden, aktiv zuhören, raushören wollen, was dahinter steckt,...).

Es ist schwer im Moment. Wir suchen nach Lösungen, Therapie, was-auch-immer, für uns und für ihn :schwitz: .
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Momo
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Re: Frage zum Verhalten bzw. frühzeitiger Einschulung

Beitrag von Momo »

Liebe Rabaukenmama,
es tut mir sehr leid zu lesen, wie es Deinem Sohn derzeit geht! Ich hoffe und wünsche Euch sehr, dass Ihr bald eine Lösung findet!
Sein Verhalten schreit: "Schaut her, mir geht es nicht gut!" Er braucht Hilfe und auf keinen Fall Bestrafung etc. Wie wird in der Schule mit seinem Verhalten umgegangen?

Gerade gestern habe ich wieder ein Interview mit Jesper Juul gehört, in welchem er sagte, dass das Deutsche und auch Österreichische Schulsystem perfekt geeignet ist- jedoch nur für ca. 10% der Kinder. Und diese Kinder sind überwiegend die braven, angepassten Mädchen. Diese Kinder kommen gut klar, alle anderen fallen durchs Raster und die Folge sind mehr oder weniger große Schwierigkeiten- die Konsequenzen daraus (Krankheiten, Auffälligkeiten etc.) kennen wir alle.

Nach Deiner Beschreibung lehrt Eure Schule zwar freier als übliche Regelschulen, doch es gibt einen immensen Unterschied zu den Schulen, in denen die Schüler wirklich aus sich heraus und selbstbestimmt lernen dürfen.
Gerade habe ich mal kurz geschaut und bin auf eine Seite gestoßen: http://www.unsereschulen.at/schulen/german/index.htm
Vielleicht hilft Dir dies weiter, um erstmal den Unterschied zu verstehen und vielleicht wäre es eine Lösung für Deinen Sohn. In unserer Schule gibt es einige Quereinsteiger, die sich, je länger sie an ihrer vorherigen Regelschule "gelitten" (im Falle dieser Kinder war es wirklich so) haben, immer deutlicher von den anderen Kindern unterscheiden, die von Anfang an frei lernen durften. Sie schleppen ihr Päckchen mit unangenehmen bis furchtbaren (Lern-) Erfahrungen immer mit, auch wenn sie sich dort toll entwickeln und aufgefangen werden. Ich würde nicht zu lange warten und zusehen sondern schauen, ob es nicht doch eine komplett andere Alternative gibt.

Alles Liebe wünscht Momo
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Rabaukenmama
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Re: Frage zum Verhalten bzw. frühzeitiger Einschulung

Beitrag von Rabaukenmama »

Momo hat geschrieben:Liebe Rabaukenmama,
es tut mir sehr leid zu lesen, wie es Deinem Sohn derzeit geht! Ich hoffe und wünsche Euch sehr, dass Ihr bald eine Lösung findet!
Sein Verhalten schreit: "Schaut her, mir geht es nicht gut!" Er braucht Hilfe und auf keinen Fall Bestrafung etc. Wie wird in der Schule mit seinem Verhalten umgegangen?

Gerade gestern habe ich wieder ein Interview mit Jesper Juul gehört, in welchem er sagte, dass das Deutsche und auch Österreichische Schulsystem perfekt geeignet ist- jedoch nur für ca. 10% der Kinder. Und diese Kinder sind überwiegend die braven, angepassten Mädchen. Diese Kinder kommen gut klar, alle anderen fallen durchs Raster und die Folge sind mehr oder weniger große Schwierigkeiten- die Konsequenzen daraus (Krankheiten, Auffälligkeiten etc.) kennen wir alle.

Nach Deiner Beschreibung lehrt Eure Schule zwar freier als übliche Regelschulen, doch es gibt einen immensen Unterschied zu den Schulen, in denen die Schüler wirklich aus sich heraus und selbstbestimmt lernen dürfen.
Gerade habe ich mal kurz geschaut und bin auf eine Seite gestoßen: http://www.unsereschulen.at/schulen/german/index.htm
Vielleicht hilft Dir dies weiter, um erstmal den Unterschied zu verstehen und vielleicht wäre es eine Lösung für Deinen Sohn. In unserer Schule gibt es einige Quereinsteiger, die sich, je länger sie an ihrer vorherigen Regelschule "gelitten" (im Falle dieser Kinder war es wirklich so) haben, immer deutlicher von den anderen Kindern unterscheiden, die von Anfang an frei lernen durften. Sie schleppen ihr Päckchen mit unangenehmen bis furchtbaren (Lern-) Erfahrungen immer mit, auch wenn sie sich dort toll entwickeln und aufgefangen werden. Ich würde nicht zu lange warten und zusehen sondern schauen, ob es nicht doch eine komplett andere Alternative gibt.

Alles Liebe wünscht Momo
Ach Momo, es geht leider um viel mehr als nur um lernen. Lernen an sich ist überhaupt nicht die Sache. Das Problem meines Sohnes ist sein Sozialverhalten. Und ich kenne keine Schule, die zuschaut, wenn ein Kind mutwillig körperlich auf andere Kinder losgeht und absichtlich Mobilar zerstört (abgesehen davon, dass ich selbst damit natürlich auch absolut nicht einverstanden bin)! Im Kindergarten kommt es einfach noch häufiger vor, dass Kinder ihre Gefühle nicht unter Kontrolle haben, andere schlagen oder beißen oder mal in einem Wutanfall was kaputt machen. In der Schule kann man da einfach nicht mehr zuschauen, was ich auch verstehe. Vor allem, wenn es immer EIN Kind ist, das solche Sachen macht. Ich bin selbst als Kind von anderen Kindern geschlagen worden und aus der ehemaligen Opferrolle gesehen kann ich nur sagen, dass ich allein der Kinder wegen, die daruten leiden, nicht mehr zuschauen will :cry: !

Ach, früher dachte ich immer, Kinder die sich so auffällig verhalten, kommen aus assozialen oder irgendwie disfunktionalen Familien und kopieren in der Schule einfach das, was sie zu Hause täglich erleben. Mittlerweile sehe ich meine absolute Machtlosigkeit diesem tun gegenüber. Und mittlerweile ich mir auch völlig egal, dass andere Eltern vielleicht dieselben Vorurteile haben, die ich früher hatte.

Das "Astrid Lindgren Zentrum" (auch in deinem Link) ist übrigens die einzige Schule in unserer Nähe, die noch "freier" ist als unsere Schule. Leider etwas ungünstig gelegen (mit Öffis ca. 40min pro Strecke) und mit Auto in der Früh allein vom Verkehrsaufkommen her kaum zu erreichen. Und dann ist noch der Preis! Euro 7120,- pro Jahr (mit Mittagessen und Nachmittagsbetreuung) ist für uns auf Dauer leider nicht leistbar. Dabei hört die Nachmittagsbetreuung um 16h30 auf und sowohl mein Mann als auch ich arbeiten bis17h. Und es gibt keine Lösung für die Ferien (wo aktuell unser Hort auch offen hat).

Sorry, aber bevor ich so ein Experiment eingehe gebe ich lieber meine Arbeit auf, nehme meinen Sohn aus der Schule raus und unterrichte ihn zu Hause. Geht ja in Österreich auch. Im Moment scheint er absolut nicht schul-kompatibel zu sein.

Es ist leicht zu sagen, du würdest "nicht so lange warten". Egal, für welche Lösung wir uns entscheiden, es hängen immer 4 Personen drin. Ein Schulwechsel (jetzt unter dem Schuljahr ohnehin fast unmöglich) wäre nur dann eine Lösung, wenn zumindest die Chance besteht, dass es nachher BESSER ist als jetzt. Und eine Schule ohne Nachmittagsbetreuung ist zeittechnisch nicht von jetzt auf gleich umzusetzen.

Ich sehe, wie einfühlsam ihm vor allem die älteren Mädchen in seiner Klasse zu erklären versuchen, was er in der Schule machen darf, und was eben absolut nicht. Ich sehe, wie gelassen, liebevoll und bemüht die Lehrerinnen sind (die übrigens auch von allen Elternvertretern ihrer Wesensart wegen hoch geschätzt werden). Und ich sehe, dass mein Sohn wirklich wegen der kleinsten Kleinigkeit total überreagiert. Es kann aggressives Verahlten sein, er kann in Tränen ausbrechen oder einen Schreianfall kriegen, man weiß nie, was als nächstes kommt! In all dem, was sich jetzt täglich rund um meinen Sohn abspielt, nur die Schule als schuldig, im Sinne von "nicht frei genug" zu sehen, scheint mir nicht plausibel.

Leider setzt es sich das Verhalten zu Hause fort. Ich halte nichts von Strafen, das weißt du. Aber als mein Sohn gestern AUF NICHTS HINAUF seinen kleinen Bruder von der Hängehöhle aus absichtlich und mit voller Wucht gegen das Schienbein getreten hat, habe ich ihm im Reflex das volle Colaglas, das ich gerade in der Hand hatte, ins Gesicht geschüttet :twisted: . Darauf bin ich absolut nicht stolz, aber es war immer noch besser als schlagen oder strafen. Mit einem Gramm Hirn mehr hätte ich es nicht gemacht, nicht weil mir in dem Moment so leid um sein Seelchen war, sondern weil der kleine Bruder danaben gestanden ist und der ohnehin jeden Blödsinn nachmacht :schwitz: .

Morgen und übermorgen werde ich mal einfach mit ihm ab und raus und mein älterer Sohn und ich fahren irgendwo hin, damit ich ihn möglichst nah in 1:1 Situation bei mir habe um vielleicht ein bißchen beruhigend auf ihn einwirken zu können oder eine Ahnung zu bekommen, was da dahinter steckt.
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Maca
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Re: Frage zum Verhalten bzw. frühzeitiger Einschulung

Beitrag von Maca »

Oh je rabaukenmama,
das tut mir auch unheimlich leid, klingt wirklich mies, da gibt es nichts zu beschönigen.

Die Diskrepanz bei deinem Sohn zwischen kognitiver Begabung und emotionaler Reife ist so außergewöhnlich groß, dass ich mir vorstellen kann, wie ihr alle auf dem Zahnfleisch geht.
Auch dein Sohn!

Bist du denn dabei, nochmal zu schauen, warum das so ist?

Vielleicht doch Asperger?

Was kompensiert er denn nur mit seiner Wut?

Das Problem ist ja auch, dass er aufgrund seiner außergewöhnlich hohen Begabung (er verfügt bestimmt mindestens über das Potential meines Sohnes und dessen IQ liegt bei über 150) nicht adäquat beschult werden kann.

Kein Schulsystem (HBInternate mal ausgenommen) kann solchen Kindern gerecht werden, sie stoßen nie an ihre Grenzen, bleiben immer unbefriedigt

Das eine Kind mit solcher Veranlagung ist zurückhaltend und fällt kaum auf, das andere macht "Dauerrambazamba" !!!! :geek:
Und gerade weil dein Sohn emotional noch nachreifen muss, hat er keine Strategien entwickelt, das besser aushalten zu können, ohne ständig anzuecken.

Sowas ist halt auch so selten, dass man leider kaum Leidensgenossen finden wird.

Die Schule ist da schuld-und machtlos , ihr aber auch!

Dein Sohn wird sich entwickeln, er hat ja den besten Rückhalt, stell ihn dir mal in einer total instabilen Familie vor, die absolut überfordert wäre.
Wie sähe es dann wohl bei ihm aus ?

Ich weiß,doofer Trost!
Momo
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Re: Frage zum Verhalten bzw. frühzeitiger Einschulung

Beitrag von Momo »

Liebe Rabaukenmama,
ich möchte der Schule nicht die alleinige Schuld geben, doch ein wichtiger Faktor scheint sie für die Verhaltensänderung Deines Sohnes zu sein. Du schreibst doch, dass er sich im Kindergarten recht wohl gefühlt hat und dass er sich heute, nach einem halben Jahr Schule, stark verändert hat. Siehst Du keinen Zusammenhang?

Ich weiß, dass es bei Deinem Sohn nicht um das Lernen an sich geht, was ihm im Grunde sehr leicht fällt. Es geht bei ihm um den Lernweg und das Lernumfeld, was für ihn in der jetzigen Situation scheinbar nicht gut ist. Ja, es geht um soziale Kompetenz und gerade diese wird an erster Stelle in einer Schule mit freiem Lernansatz gelernt. Die Kinder müssen sich rund um die Uhr miteinander auseinandersetzen- besseres Sozialverhalten kann man gar nicht lernen. In Regelschulen wird andererseits eher das Konkurenzdenken geschult, schon in der ersten Klasse werden Bücher und Federmappen so aufgestellt, dass der nachbar bloß nicht abschreiben kann- um nur ein kleines Beispiel zu nennen.
Natürlich ist es leicht gesagt, wartet nicht zu lange, doch ich meine es genau so. Denn ich sehe die Kinder, die letztendlich sehr verhaltensauffällig geworden sind und dann Jahre brauchen, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Wenn Du es realisieren kannst, aufzuhören zu arbeiten und Deinen Sohn zu Hause zu unterrichten, wäre es für ihn sicherlich eine große Hilfe und Chance. Wobei ihm dann leider die Sozialkontakte zu anderen Kindern fehlen werden, die wahrscheinlich gerade für ihn auch wichtig wären, weil er in diesem Bereich viel lernen kann.

Alles Gute wünscht Momo
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Rabaukenmama
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Re: Frage zum Verhalten bzw. frühzeitiger Einschulung

Beitrag von Rabaukenmama »

Momo hat geschrieben:Liebe Rabaukenmama,
ich möchte der Schule nicht die alleinige Schuld geben, doch ein wichtiger Faktor scheint sie für die Verhaltensänderung Deines Sohnes zu sein. Du schreibst doch, dass er sich im Kindergarten recht wohl gefühlt hat und dass er sich heute, nach einem halben Jahr Schule, stark verändert hat. Siehst Du keinen Zusammenhang?
Nicht zwangsläufig. Grundsätzlich sind die Probleme dieselben wie im Kindergarten, nur wiegen sie in der Schule einfach schwerer. Im Kindergarten bekommen die Kinder z.B. keine schweren Hämmer zum basteln, womit sie in der Wut dann was zerstören können. Und wie gesagt - in einem altersgemischten Kindergarten (wie der unsere war) mit Kindern von 1,6 bis 10 Jahre (am Nachmittag ist der Kindergarten gleichzeitig Hort für ältere Kinder) kommt halt immer wieder mal vor dass ein Kind grob wird. Und die Pädagoginnen sind liebevoll und erfahren genug, damit umzugehen. Ihre Arbeit liegt ja hauptsächlich im vermitteln von sozialer Kompetenz, es geht nicht so um Wissensvermittlung wie in der Schule. Der Betreuungsschlüssel ist ja auch ein anderer als in einer Kindergruppe, so dass auch nicht die Zeit da ist, so soziale Härtefälle 1:1 zu begleiten (das ist in den freien Schulen übrigens auch nicht anders). Ob ein Zusammenhang mit der Zuspitzung der Situation und der Schule besteht kann ich wirklich nicht sagen.
Momo hat geschrieben:Ich weiß, dass es bei Deinem Sohn nicht um das Lernen an sich geht, was ihm im Grunde sehr leicht fällt. Es geht bei ihm um den Lernweg und das Lernumfeld, was für ihn in der jetzigen Situation scheinbar nicht gut ist. Ja, es geht um soziale Kompetenz und gerade diese wird an erster Stelle in einer Schule mit freiem Lernansatz gelernt. Die Kinder müssen sich rund um die Uhr miteinander auseinandersetzen- besseres Sozialverhalten kann man gar nicht lernen.
Und wenn es tatsächlich um ganz was anderes geht, z.B. Geschwistereifersucht. Wie lebt man, wenn man eine Bruder hat, der autistisch, gehörlos und kurzsichtig ist, Senkspreizknickfüße und Exzeme hat und trotzdem ganz nebenbei die Herzen im Sturm erobert? Der gaaaaanz viel Aufmerksamkeit bekommt (Ergo, Logo, Frühförderung,...) obwohl er gar nicht darauf erpicht ist und selbst steht man irgendwie daneben und muss damit umgehen...? Das frage ich mich schon manchmal?
Momo hat geschrieben: In Regelschulen wird andererseits eher das Konkurenzdenken geschult, schon in der ersten Klasse werden Bücher und Federmappen so aufgestellt, dass der nachbar bloß nicht abschreiben kann- um nur ein kleines Beispiel zu nennen.
Ich kenne keine Schule wo das so ist. Nicht mal in meiner Kindheit war das so und das war eine total konservative Regelschule in einer Kleinstadt in den 1970er Jahren! In der Schule meines Sohnes ist das definitiv nicht der Fall. Ich habe eher das Gefühl dass dort wirklich jeder so genommen wird, wie er ist - mit allen Stärken und Schwächen - und dass es eine sehr gute Klassengemeinschaft gibt, die sich ehrlich darum bemüht, dass mein Sohn auch dazu gehören kann.

Momo hat geschrieben:Natürlich ist es leicht gesagt, wartet nicht zu lange, doch ich meine es genau so. Denn ich sehe die Kinder, die letztendlich sehr verhaltensauffällig geworden sind und dann Jahre brauchen, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Wenn Du es realisieren kannst, aufzuhören zu arbeiten und Deinen Sohn zu Hause zu unterrichten, wäre es für ihn sicherlich eine große Hilfe und Chance. Wobei ihm dann leider die Sozialkontakte zu anderen Kindern fehlen werden, die wahrscheinlich gerade für ihn auch wichtig wären, weil er in diesem Bereich viel lernen kann.

Alles Gute wünscht Momo
Danke für die guten Wünsche. Bin im Moment sehr hin- und hergerissen. Heute kam noch die Hortleiterin auf mich zu weil mein Sohn anscheinend auch im Hort sehr auffällig ist. Da steht demnächst wieder ein Gespräch mit der Hortpsychologin auf dem Programm. Insgesamt kann ich absolut nicht sagen was wirklich Ursache für die momentane Situation ist. Ich hoffe, in den nächsten 2 Tagen mehr heraus zu bekommen.
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Re: Frage zum Verhalten bzw. frühzeitiger Einschulung

Beitrag von Bliss »

Momo hat geschrieben:Liebe Rabaukenmama,
ich möchte der Schule nicht die alleinige Schuld geben, doch ein wichtiger Faktor scheint sie für die Verhaltensänderung Deines Sohnes zu sein. Du schreibst doch, dass er sich im Kindergarten recht wohl gefühlt hat und dass er sich heute, nach einem halben Jahr Schule, stark verändert hat. Siehst Du keinen Zusammenhang?
Aber er zeigt doch schon viel länger ein problematisches Sozialverhalten, ich erinnere mich da an Urlaubserlebnisse, wo er unvermittelt fremde Leute geschlagen hat. Da war er auch schon lange keine Kleinkind mehr.

Auch wenn Über- oder Unterforderung auch Verhaltensänderungen auslösen können, denke ich in dem Fall nicht, dass das für das Verhalten in der Schule ursächlich ist.

Hoffentlich bringen die Gespräche einen Ansatzpunkt, was man ändern könnte, ich wäre da auch ideenlos, woran es liegen könnte.
Rabaukenmama
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Re: Frage zum Verhalten bzw. frühzeitiger Einschulung

Beitrag von Rabaukenmama »

Bliss hat geschrieben:
Momo hat geschrieben:Liebe Rabaukenmama,
ich möchte der Schule nicht die alleinige Schuld geben, doch ein wichtiger Faktor scheint sie für die Verhaltensänderung Deines Sohnes zu sein. Du schreibst doch, dass er sich im Kindergarten recht wohl gefühlt hat und dass er sich heute, nach einem halben Jahr Schule, stark verändert hat. Siehst Du keinen Zusammenhang?
Aber er zeigt doch schon viel länger ein problematisches Sozialverhalten, ich erinnere mich da an Urlaubserlebnisse, wo er unvermittelt fremde Leute geschlagen hat. Da war er auch schon lange keine Kleinkind mehr.

Auch wenn Über- oder Unterforderung auch Verhaltensänderungen auslösen können, denke ich in dem Fall nicht, dass das für das Verhalten in der Schule ursächlich ist.

Hoffentlich bringen die Gespräche einen Ansatzpunkt, was man ändern könnte, ich wäre da auch ideenlos, woran es liegen könnte.
Es ist ja nicht nur das Verhalten in der Schule, es ist überall :cry: . Und es stimmt - es gab immer wieder mal schlechtere Phasen. Am besten lief es noch im Kindergarten. Das war zwar auch nicht immer problemlos, aber es gab immer Lösungen.

Ich sehe das Verhalten meines Sohnes ja auch als Hilfeschrei. Aber nicht unbedingt als Hilfeschrei "Es geht mir schlecht, weil meine Schule nicht frei genug ist!", sondern vielleicht auch als Hilfeschrei "Hey, ich bin auch noch da, nicht nur mein Bruder!".

Ich sehe das auch "draussen" in der Welt. Wenn ich mit beiden Kindern unterwegs bin ist für andere Leute, die ich vielleicht irgendwo kennenlerne, in erste Linie der kleine Bruder interessant. Warum er nichts hört, was er kann, wie das mit der Gebärdensprache bei uns läuft, usw. Ihn gibt es gar nicht mehr, auch dann nicht, wenn ich bewusst versuche, das Gespräch (das er IMMER mitbekommt) auf ihn zu lenken. Es gibt sogar Bekannte, die immer fragen, wie es meinem Sohn geht, obwohl sie genau wissen, dass ich zwei Kinder habe. Es ist IMMER nur der jüngere Sohn mit der Frage gemeint. Sei es, weil man davon ausgeht, dass es einem gesunden Kind ohnehin gut gehen muss, oder aus Senstationsgier - keine Ahnung!

Und auch mit dieser Vermutung kann ich total daneben liegen, es kann auch ganz was anderes dahinter stecken.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Momo
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Re: Frage zum Verhalten bzw. frühzeitiger Einschulung

Beitrag von Momo »

Liebe Rabaukenmama,
das kann natürlich auch ein Grund sein, oder eine Kombination von Ursachen. Dass die Ursache jedoch an einem bestimmten Punkt liegt, die Wirkung jedoch überall zu sehen ist, verwundert doch nicht, oder? Wenn also die Ursache zum Beispiel in der Schule liegt, ist Dein Sohn auch zu Hause oder außerhalb der Schule aus dem Gleichgewicht, warum sollte sich dies nur in der Schule zeigen?
Ich würde es nicht räumlich begrenzen sondern zeitlich, also wann hat sich sein Verhalten verändert bzw. verstärkt? Was hatte sich zu diesem Zeitpunkt für ihn verändert?
Wie geht es ihm zum Beispiel in den Ferien? Was sagt er selbst zu seinem Verhalten? Kann er Gründe nennen? Was sagt er selbst, wie es ihm geht?

Momo
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