Einem Kind malen beibringen? Gibt es eine Malentwicklung?

Probleme und Lösungen für den Kindergartenalltag
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EinfachLeben
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Einem Kind malen beibringen? Gibt es eine Malentwicklung?

Beitrag von EinfachLeben »

Mein Sohn wurde im August 5 und er "bastelt" sehr gerne. Die Ergebnisse scheinen ihm dabei nicht so wichtig zu sein. So bastelt er beispielsweise 40 Minuten mit Papier herum und es schaut aus, als ob ein Kleber über einer Küchenrolle ausgelaufen wäre (dies ist nur ein wenig übertrieben) und er erzählt von der Rakete Ariane V mit ihren Boostern etc. Malen lehnt er völlig ab. Im Hinblick auf die Einschulung und auch auf die Schulwahl wäre es jedoch wichtig, dass er sich darin übt... (Ich denke, dass dies gut wäre, weil er selbst sehr sensibel ist und ich auch merke, dass er sich mit anderen vergleicht und sich selbst dadurch "gering schätzt"...)
In letzter Zeit hat er mir gegenüber so ganz nebenbei ein paar Äußerungen zum Malen ausgelassen:
"Wie macht man das eigentlich, dass etwas ausschaut, als sei es näher da oder weiter weg?"
"Die anderen Kinder sagen eigentlich nur, dass sie ... gemalen haben - dabei kritzeln die auch nur rum..."

Würdet ihr euch mit ihm hinsetzen und ganz konkret malen lernen? Oder würdet ihr da einfach abwarten? Gibt es so etwas wie eine "natürliche" Malentwicklung?
(In unserem Kindergarten wird dem Malen ein extrem hoher Stellenwert eingeräumt. Sie malen täglich und ein Mal in der Woche wird auch Aquarell gemalt.)

Habt ihr da auch Erfahrungen? Wie war das bei euch?

Für eure Erfahrungen und Hinweise bedanke ich mich bereits im Voraus!
Einen schönen Abend noch
EinfachLeben
Willow77
Dauergast
Beiträge: 154
Registriert: Fr 29. Jan 2016, 15:28

Re: Einem Kind malen beibringen? Gibt es eine Malentwicklung?

Beitrag von Willow77 »

Hallo,

kurz von meiner Erfahrung:

Malen scheint auch bei uns im Kindergarten seeeeehr wichtig zu sein. Besonders ausmalen. Wer es nicht kann oder nicht mag, von dem wird auch nicht geglaubt, dass sich eine größere Intelligenz dahinter verstecken könnte. Wer nicht malen/ausmalen kann bekommt oft genug Nachhilfe, oder wird zur Psychomotorik geschickt.

An sich gibt es eine "allgemeine" Entwicklung beim Malen lernen. Vom Kritzeln/Striche und Zackenmalen beim Kleinkind über Kreise malen, über irgendwas kritzeln und behaupten, es wäre ein xxx, dann Kopffüßler, dann "richtige" Männchen mit allem drum und dran usw... Ich glaube da gibt oder gab es auch mal so was wie das Haus-Männchen-Baum-Bild, anhand dessen man erkennen konnte, ob das Kind sich weiterentwickelt, indem man es in bestimmen Abständen, also alle paar Monate oder so ein solches Bild frei malen lässt. Bei einem 3,5 jährigen sieht das Bild dann anders aus als bei nem 4,6 Jährigen.
Dann glaube ich noch, dass gesagt wird, dass junge Kinder normalerweise automatisch gerne und viel malen, und nicht merken, dass das was sie malen nicht so auassieht wie in der Realität. Und dann mit (?) 7? 8? 9? Ich weiss das Alter nicht mehr - kommt dann eine Phase in der viele Kinder das Malen aufgeben, oder zumindest merken, dass sie sich anders anlegen müssen, da malen diejenigen die gut malen können dann gerne weiter, und diejenigen, die das tatsächlich nicht so hinbekommen, malen dann fast nicht mehr.
So zumindest habe ich das Ganze aus meinem Studium vor 20 Jahren in Erinnerung, ohne dass ich noch irgendwelche Quellen nennen könnte.

Im konkreten Leben denke ich, dass es Ausnahmen gibt. Vom Kind das nicht ausmalt, weil es seine zur Verfügung stehenden Farbstifte nicht mag, über das Kind das erst dann malt, wenn es sicher kann dass es gut aussehen wird, weil es sehr wohl merkt, dass Kleinkind-Gekritzel eben nur Gekritzel ist. Bis hin zum Kind das schon sehr früh sehr gut malen kann, oder sehr spät plötzlich sehr viel und gut malt.

Mein ältester Sohn hat malen und ausmalen immer gehasst, wurde im Kiga deswegen sogar zur Psychomotorik geschickt. Nun ist er 9. Ausmalen kann er einwandfrei, wenn er will, zeichnen liebt er über alles, und man merkt, wie er besser wird. Aber nur, wenn er malen kann, wann und was er will. Sein R2D2 sieht echt gut aus. Und die Monster und Superhelden, die er entwirft sind auch ganz in Ordnung. Sein erstes Männchen hat er mit 3 Jahren gemalt, mit allem drum und dran, die Phase vom Kopffüßler hat er übersprungen.

Vielleicht gehört dein Sohn auch zu der Sorte, die sehr wohl merken, dass das was er malen kann, nicht dem entspricht wie es in Wirklichkeit ist, oder was er im Kopf hat?
Ich saß mit meinem Großen viele Stunden zusammen am Tisch, und ICH habe ausgemalt, er hat mir die Farben gereicht und zugeschaut. Wäre das vielleicht ein Anfang?

LG,
Willow77
Rene
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Registriert: Fr 4. Aug 2017, 11:47

Re: Einem Kind malen beibringen? Gibt es eine Malentwicklung?

Beitrag von Rene »

Meiner ist fast 4 und malt mit Stift nicht gerne. Mit Farben schon (Pinsel). Wenn er mit Farben malt (Pinsel) lassen wir ihn machen wie er will. Aber manchmal ist richtig gutes dabei, da mehmen wir das Bild weg, bevor er drunter und drüber mal. Bei Stift sieht es etwas schwieriger aus, da er ihn immer mit der Faust halten will. Wir lassen ihn machen, weil das ergebnis "ausreichend" ist. Farbe malen (Pinsel) ist etwas sehr visuelles und vielleicht liegt ihm das nicht so.
Etwas nachmal verweigert er völlig, ebenso wie ausmalen.
In der Kita ist natürlich malen wichtig, aber nicht so ausgeprägt. Die Kinder in der Vorschule bekommen ein Bild - Pferd - und sollen es ausmal, oder mal ein Pferd malen. Man sieht sehr große Unterschiede ind der "Qualität". Deshalb gebe ich dem "malen" wie die Kita es möchte nicht so viel Wert. Was wichtig vielleicht ist, Linien mit Punkten nachmal als Vorschlag. Probieren. Vormalen klappt bei uns überhaupt nicht, weil wie er sich den Dino denkt, kann ich ihn nicht malen, egal wie ich mich anschtrenge. Es gibt immer gemekertes :)
Wir machen aber viele Experimente mit Farbe mischen und farben verlaufen usw - Farben im Licht usw in der Wanne usw. Vorgestern hatte er total schwarze Hände von den Wasserfarben für die Wanne, weil die ja ersteinmal in der Hand gerieben werden muss und dann in die Wanne kommt. :P
Basteln ist "Raumvorstellung" vielleicht ist das seine Stärke. Üben, probieren, nicht aufgeben!
Grüße René
Rabaukenmama
Dauergast
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Re: Einem Kind malen beibringen? Gibt es eine Malentwicklung?

Beitrag von Rabaukenmama »

Mein älterer Sohn hat immer schon gern gemalt. Lange Zeit hat man aber absolut nichts erkannt. Ich erinnere mich an ein Bild, wo er mit 3 verschiedenen Farbstiften jeweils einen Bereich einfach irgendwie überkritzelt hat. Damals war er ca. 4 jahre alt. Ein Teil des Blattes rot, einer grün, einer blau. Dann meinte er stolz, dass wären Bäume zu den verschiedenen Jahreszeiten: grün für Frühling und Sommer, rot für den Herbst, weil sich da ja die Blätter verfärben, und blau, weil man das weiß für den Winter ja nicht auf ein weißes Papier malen kann. Super-Erklärung, nur sah ich keine Bäume, also weder hatte das Krixelkraxel die Form eines Baumes noch war ein Stamm oder ein Ast gezeichnet.

Und dann, mit knapp 5 Jahren, konnte er plötzlich von einem Tag auf den anderen wirklich gut zeichnen und malen. Schreiben (also Buchstaben und Zahlen) konnte er übrigens deutlich früher, auch noch vor seinem ersten erkennbaren Männchen.

Mein jüngerer Sohn (gehörlos und autistisch) ist im Juli 5 geworden und zeichnet bzw. malt selten. Meistens erkennt man nicht, was es sein soll. Und manchmal malt er Bilder, die nur aus Zahlen bestehen (er liebt Zahlen). Aber neulich hat er mit einer erstaunlichen Treffsicherheit sein geliebtes 5-Meter-Maßband auf unsere Zaubertafel gezeichnet. Leider hat es es gelöscht, bevor ich die Tafel fotografieren konnte. Aber es war trotzdem ein Beweis für mich, dass er zeichnen KANN :) .

Ich habe die Einstellung, dass sich einfach nicht jedes Kind für jede Sache interessiert. Ob ein Kind nicht gern malt, weil es (für sich selbst) nicht gut genug malt, oder ob es nicht gut malt, weil es nicht gern malt, ähnelt der Frage, ob es die Henne oder das Ei früher gab ;) . Es gibt einfach Kinder, die NICHT gerne malen. Das ist ein Fakt. Die Erwartungshaltung der Erwachsenen (Eltern, Großeltern, Kindergartenpädagogen,...) ist eine andere Sache. Ich finde bei eine allgemein klugen, fitten Kind sollte man so Nebensächlichkeiten keine große Bedeutung zumessen bestehen.

Mein älterer Sohn malt gerne, bastelt gerne,klettert gerne, fährt gerne Rad, schwimmt gerne, spielt gerne Rollenspiele, liest gerne. All das kann er mindestens altersgemäßt gut (manches sogar deutlich besser). Er mag keine Ballspiele und ist darin auch schlechter als die meisten Gleichaltrigen. Außerdem mag er nicht spazieren gehen. Er mag keine Puzzles, dafür fehlt ihm die Geduld.

Mein jüngerer Sohn mag Puzzles und Gesellschaftsspiele. Er spielt auch gerne Ball und ist dabei geschickter als sein Bruder. Malen und basteln mag er nicht besonders. Dafür geht es gerne spazieren. Radfahren mag er nicht und kann er auch nicht (vermutlich hat er wegen der Gehörlosigkeit Gleichgewichtsprobleme).

Ich akzeptiere einfach die Vorlieben und Abneigungen meiner Kinder. Sie dürfen sich entwickeln, wie es für sie beide passt, und müssen keinem Klischee entsprechen ;) .
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Rene
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Re: Einem Kind malen beibringen? Gibt es eine Malentwicklung?

Beitrag von Rene »

Ich kann mich da Rabaukenmama anschließen mit der Beschreibung von gemalten Bäumen. Die Kinder haben das im Kopf und können es auch meist beschreiben was sie malen. Ich erkenne es oft nicht. Gestern haben wir ein Haus mit Fester Türen usw gebastelt aus einem alten Karton. Als es fertig war, stand er da wie ein Professor, rieb sich das Kin wirkte nachdenklich und sagte: "Hier fehlt noch etwas". Ich wusste es nicht und er sagte "Ein Vogel fehlt noch". :lol:
mamma42
Dauergast
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Registriert: Mi 12. Jan 2011, 23:56

Re: Einem Kind malen beibringen? Gibt es eine Malentwicklung?

Beitrag von mamma42 »

Du kannst ja mal seine Frage zum kleiner/grösser aufgreifen und ihm die Fluchtpunktmethode mit Bleistift und Lineal und Häusern zeigen. Vielleicht mal eine lange gerade Strasse entlangschauen oder auf Fotos und gleich hohen Häusern oder einem langezogenen Haus Herausarbeiten, was entscheidend ist. Oder zwei Geraden aufzeichnen /\ und eine kleine Figur (Quadrat) darauf aufsetzen undschauen, was passiert...
Mein Sohn hatte in diesem Alter viel Spass mit Lineal, Geodreieck und Zirkel und hat da schöne Bilder gemacht. Ausmalen hasste er auch, aber mit Wasserfarben hat er gerne gemalt (da geht ja ausmalen viel schneller). Zeichnen v.a. geometrisches tut er gern.
(und ansonsten gerne Jungsfiguren aus der Werbung oder technisches), er hat allerdings auch ein hervorragendes räumliches Verständnis.
Vielleicht kannst Du ja ihm ein Zeichenlernbuch für Kinder besorgen, bei dem Schritt für Schritt über einfache Formen erklärt wird, wie man zeichnet, vielleicht sogar schon perspektivisches Zeichnen.
EinfachLeben
Beiträge: 20
Registriert: So 17. Jan 2016, 00:17

Re: Einem Kind malen beibringen? Gibt es eine Malentwicklung?

Beitrag von EinfachLeben »

Habt vielen Dank für eure Antworten! Vielleicht wäre es tatsächlich auch ein Zugang für meinen Sohn, sich der Malerei von der "technischeren Seite" anzunähern. Bis jetzt hatte ich das immer vermieden, weil er dann das ganze Handwerkszeug interessant findet, aber das Zumalende an sich dabei aus den Augen verliert... Aber vermutlich wäre das dennoch ein Schritt in die (für mich ;) ) richtige Richtung...
Vielen Dank nochmals für die Anregungen,
EinfachLeben
Klara
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Registriert: Sa 14. Sep 2019, 19:13

Re: Einem Kind malen beibringen? Gibt es eine Malentwicklung?

Beitrag von Klara »

mamma42 hat geschrieben: Mein Sohn hatte in diesem Alter viel Spass mit Lineal, Geodreieck und Zirkel und hat da schöne Bilder gemacht.
Das ist wirklich eine tolle Idee! Mit Lineal, Dreieck und Zirkel kann man auch richtig gute Zeichnungen, Pläne, Roboter etc. entwerfen!
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