eingreifen oder laufen lassen?

Probleme und Lösungen für den Kindergartenalltag
Rabaukenmama
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Re: eingreifen oder laufen lassen?

Beitrag von Rabaukenmama »

@Schlafpflicht im Kindergarten: Hier sehe ich riesige Unterschiede zwischen Deutschland und Österreich. Wie es z.B. in Tirol aussieht, weiß ich nicht, aber in Wien wären sofort etliche Eltern auf den Barrikaden, würde man ihre Kinder im Kindergarten zum schlafen zwingen :twisted: . Ich kenne keinen einzigen Wiener Kindergarten mit Schlafpflicht und auch die Kindergärten, die ich in Niederösterreich kenne, haben sowohl Schlaf- als auch Wachgruppen. Das schlimmste, was sich einige wenige Wiener Kindergärten "erlauben" ist, die Schlaf- und Wachgruppen nach dem Alter einzuteilen. Also dass z.B. alle Kinder bis zum 3. Geburtstag in der Schlafgruppe sein "müssen" (wobei ich keinen Fall kenne, wo sich da jemand beschwert hat, weil die meisten Kinder in dem Alter ohnehin noch einen Mittagsschlaf brauchen).

Als mein älterer Sohn mit 2,3 Jahren in seinen Kindergarten kam hat es ihm dort so gut gefallen, dass er partout nicht schlafen wollte. Seine Aussage dazu: "Im Kindergarten bin ich, um zu spielen, nicht um zu schlafen!" Also hat er die ersten 3 Monate keinen Mittagsschlaf gehalten und ist dafür auf dem Heimweg im Buggy "weggekippt" und hat dann mindestens 2 Stunden geschlafen, was natürlich für den Nachtschlaf nicht gerade förderlich war (es war die Phase, wo wir täglich einschlaffahren mussten) :schwitz: . Mit 2 1/2 Jahren war er so weit im Kindergarten eingewöhnt, dass er doch bereit war, dort zu schlafen, abends aber trotzdem nicht einschlafen konnte. Und wieder 3 Monate später haben wir den Tagschlaf dann ersatzlos gestrichen und mein Sohn war ab da immer in der Wachgruppe. Ein Mädchen in seinem Kindergarten brauchte hingegen bis zum Schuleintritt 2 Stunden fixen Mittagsschlaf und das war auch kein Problem. Er wurde immer auf die Bedürfnisse der Kinder geschaut.

Beim jüngeren Sohn (I-Kindergarten für gehörlose und hörende Kinder) gab es ebenfalls Schlaf- und Wachgruppen. Der Großteil der Kinder war in der Wachgruppe, geschlafen haben dort hauptsächlich die "Kleinen"; also Kinder unter 3 Jahren. Einmal meinte eine neue Erzieherin in der Mittagszeit zu den Kindern der Wachgruppe "Seid nicht so laut, sonst weckt ihr die Kleinen auf, die daneben schlafen!". Dieser Erzieherin wurde dann im Brustton der Überzeugung von den Kindern erkärt, es wäre egal, wie laut sie sind, weil alle Kinder der Schlafgruppe ohnehin gehörlos sind und man sie daher mit Lärm gar nicht stören kann :mrgreen: .

Ich finde echt erschreckend, dass sich die deutschen Eltern, deren Kinder täglich zum schlafen gezwungen werden, nicht wehren :x . Die Begründung mit Personalmangel ist echt schockierend. Was ist das für eine Gesellschaft? Die Schwester meiner Oma lebte in Nordrhein-Westfahlen und als ihr hochbetagter Mann ins Pflegeheim kam fuhr sie täglich 200km um ihm Mittag- und Abendessen zu geben, weil sie dort aus Personalmangel angeblich keine Zeit zum füttern hatten. Hallo, geht´s noch? So was schimpft sich Sozialstaat??? Ich finde wir sollten unsere Gesellschaft daran messen, wie mit den Jungen und den Alten umgegangen wird!

Sorry, ist jetzt etwas OT, aber das musste mal raus :fahne: !
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sinus
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Re: eingreifen oder laufen lassen?

Beitrag von sinus »

...das mit dem Schlafen ist eher ein ostdeutsches, kein gesamtdeutsches Phänomen.
Neu gegründete bzw neu konzipierte Kindergärten hier haben das auch nicht mehr. Aber noch viele der alten Einrichtungen, die nach der Wende mehr oder weniger genauso weiter liefen, wie vorher.
Und von wegen Gegenwehr der Eltern - ich habe es ja in unsere Kita ehrlich und mehrfach versucht und bin nicht zuletzt AN DEN ANDEREN ELTERN gescheitert.
Und da mir schon damals bewusst war, kein Durchschnittskind zu haben, das mitunter auch andere Bedürfnisse als das "Durchschnittskind" hat, bin ich dann zum Schluss gekommen, dass es vermessen ist, etwas durchdrücken zu wollen, was nicht dem allgemeinen Wunsch entspricht. (und habe meine Große dann eben über mittag heim geholt. Die Kleine jetzt schläft nachts so kurz, dass es mit dem Mittasgschlaf im Kiga schon hinhaut. Von der Vorstellung, dass meine Kinder vor 22 Uhr schlafen, habe ich mich inzwischen längst verabschiedet und es ist für mich auch ok.)
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Bliss
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Re: eingreifen oder laufen lassen?

Beitrag von Bliss »

Die Schlafpflicht gilt zum Glück nicht in ganz Deutschland. Bei uns gibt es sogar Kindergärten, wo baulich gar nicht möglich ist zu schlafen (z.B. Waldkindergärten)
Auguste
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Re: eingreifen oder laufen lassen?

Beitrag von Auguste »

Uns ging es mit dem Mittagsschlaf wie Sinus. Wir haben es mehrfach versucht - bei verschiedenen Erziehern, bei der Kita-Leitung. Andere Eltern wollten nicht mitziehen - auch wie bei Sinus ;). Eine "Extrawurst" für unser Kind war nicht durchsetzbar. Der einzig mögliche Kompromiss war, dass die Kinder sich mit den anderen hinlegen und ruhig sein müssen - auch wenn sie nicht schlafen. Nur sind meine beiden meist kurz vor Ende der Schlafenszeit vor lauter Langeweile doch eingepennt :roll:

Da wir grundsätzlich mit dem Kindergarten zufrieden waren, die Kinder sich da auch wohl fühlten und gern hingingen, haben wir den Mittagsschlaf halt hingenommen - denn es war so ziemlich das Einzige, was uns in der Kita gestört hat. Die Kinder selbst hatten damit ja auch kein Problem - nur wir als Eltern, weil die Kids abends ewig wach waren, während wir beim abendlichen Vorlesen eingeschlafen sind ;)
Rabaukenmama
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Re: eingreifen oder laufen lassen?

Beitrag von Rabaukenmama »

@Auguste & Sinus: Ich meinte nicht bei den Kindergärtnerinnen oder der KIGA-Leitung höflich anzufragen ob man bei der Schlafpflicht eine Ausnahme machen könnte, obwohl das allem anderen natürlich vorangeht. Aber dann wäre ich gaaaaanz schnell ein oder mehrere Instanzen höher, also beim der Gemeinde oder beim Landkreis, würde Petitionen verfassen bzw. Unterschriftenaktionen starten. Ich würde mir Mitstreiter suchen (in den vernetzten heutigen Zeiten kein Problem), würde mich an lokale Zeitungen wenden, ev. Kinderärzte als Verstärkung ins Boot holen, aktuelle welche die aktuellen Studien zum Schlafbedarf von 3-6jährigen parat haben (z.B. : https://www.kindergesundheit-info.de/th ... lafbedarf/), andere (Bundes-)Länder oder Gemeinden, wo es ohne Schlafpflicht funktioniert, als Beispiel anführen,...

Mit den Eltern, welche sich gegen eine Abschaffung der Schlafpflicht wehren, würde ich gar nicht erst diskutieren, das ist vergebliche Liebesmüh. Denen kann man maximal 1x sagen, dass es nicht darum geht, den Mittagsschlaf für alle Kinder abzuschaffen, sondern die SchlafPFLICHT. Wie lange sind DDR-Zeiten bitteschön her? Der Mauerfall war vor 30 Jahren! Die Schlafpflicht jetzt noch damit zu rechtfertigen ist schlichtweg lächerlich!

Natürlich kann trotzdem sein, dass die Bemühungen kein Erfolg werden. Aber wenn alle immer kuschen wird sich nie was ändern. Als ich ein Kind war durfte ich nicht an Werkerziehung oder Geometrisch zeichnen teilnehmen, weil ich ein Mädchen war. Damals habe ich im Alleingang die Lehrer gefragt und bin abgeblitzt. Heute ist es für Mädchen kein Problem mehr, an den genannten Gegenständen teilzunehmen und Buben müssen genauso Kochen und Handarbeiten. Aber nur, weil es Menschen gab, die sich für die Rechte von Mädchen eingesetzt haben. Genau solche Menschen braucht es jetzt, sich für die Rechte von Kindern einzusetzen.
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sinus
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Re: eingreifen oder laufen lassen?

Beitrag von sinus »

...wenn eine Mehrheit der Eltern das Schlafen für so wichtig befindet und es ja für die anderen, die das anders sehen, auch Alternativen gibt (andere Kindergärten am Ort, wo es keine Schlafpflicht gibt), sehe ich keine wirklich überzeugenden Gründe und Argumente, das auf Teufel-komm-raus durchzudrücken.
Das wäre für mich dann ähnlich "extravagant", wie durchdrücken zu wollen, dass für eine Hand voll Kinder in der Einrichtung vegetarisches Essen als zusätzliches Angebot unbedingt eingeführt werden muss.
Wie gesagt - hier im Umfeld ist die überwiegende Mehrheit der Eltern der Meinung, der Mittagsschlaf wäre sinnvoll und richtig und offensichtlich brauchen es die meisten der Kinder auch.
Die Mehrzahl der Kinder ist von vor 8 Ur bis 15/16 Uhr in der Einrichtung und vielleicht brauchen sie die Auszeit ja wirklich dringender als vielleicht das durchschnittliche Kind in einer westdeutschen Einrichtung, was vielleicht nur von 9 bis 14 Uhr fremdbetreut wird...?
(Ähnlich wie bei Auguste wurde bei uns in der Einrichtung auch argumentiert, dass das Schlafen ja auch gar nicht Pflicht wie, sondern das Kind lediglich Ruhe halten müsse. Mangels Räumlichkeiten halt wie die anderen auf seiner Matratze im (verdunkelten) Zimmer mit den Schlafkindern.)
Ich selbst kann da nur von meinem Kind ausgehen und finde nicht, dass ich das Recht habe, daraus eine Forderung abzuleiten, die für alle gelten sollte. Ich kann das doof finden und sinnlos, aber das ist halt HIER offensichtlich eine Einzelmeinung.
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alibaba

Re: eingreifen oder laufen lassen?

Beitrag von alibaba »

Meine3 hat geschrieben:
Wir schwätzen gerade von zwei unterschiedlichen Dingen. Ich meine das Portfolio.
Ein Portfolio ist eine Dokumentation des Kindes mit Fotos und Dingen, die das Kind im Kindergartenalltag gemacht hat. Dieses Portfolio bekommt Kind am Ende des Kindergartens mit nach Hause (wenn es in einen "normalen" Kindergarten geht). Das was du meinst, das ist das Überprüfen der kognitiven und motorischen Entwicklung des Kindes, das anhand von Prüfbögen von den Erziehern dokumentiert wird und den Eltern nicht zwangsläufig offen gelegt wird und in vielen Kindergärten über "Entwicklungsgespräche" an die Eltern heran getragen wird....

Ja, diese "Entwicklungsdokumentation" findet in jedem "Regel"kindergarten statt (in unserem freien Kindergarten gab es das nicht, hab das auch ehrlich gesagt nicht gebraucht und mir hat es nicht gefehlt). Hat aber nichts damit zu tun, wie das im Kindergartenalltag "abgefragt" oder überprüft wird! DAS ist sehr unterschiedlich....

Wir reden also nicht von unterschiedlichen Dingen, sondern ich habe das Gefühl, dass du grade den Text nicht richtig gelesen hast... :gruebel:

Ich habe gestern auch gegoogelt - und sofort das gefunden was ich suchte. Sinn und Zweck der Dokumentation ist: "Wichtig ist, dass das Portfolio aussagekräftig ist und dass es die erreichten Meilensteine in der kindlichen Entwicklung aufgreift. Lina kann jetzt frei stehen. Marius malt jetzt keine Kopffüßer mehr. Darüber hinaus soll jedes Portfolio den individuellen Lernweg des Kindes dokumentieren. Wie hat das Kind diese Kompetenz erworben? Welchen Weg hat es dafür eingeschlagen?"

Weiter soll es: "Das Portfolio findet an verschiedenen Stellen seinen Einsatz. Im Gespräch und im gemeinsamen Betrachten mit den Kindern können sie ihre eigene Entwicklung bewusst wahrnehmen. Im Austausch mit den Eltern hilft es, gut über die Entwicklung des Kindes in der Kita informieren zu können und zu zeigen, dass Sie jedes Kind in seiner individuellen Entwicklung wahrnehmen und unterstützen. Und genau dabei unterstützt es Sie und Ihre Kolleginnen: Auf der Basis Ihrer Beobachtungen und Dokumentationen der einzelnen Kinder und der gesamten Gruppe können Sie Ihre pädagogischen Angebote passgenauer gestalten."

Oder:

Die Bildungs- und Lerngeschichten bilden ein Beobachtungskonzept, bei dem die ganzheitliche, wertschätzende Beobachtung des einzelnen Kindes im Zentrum steht. Die Beobachtungen werden protokolliert, im Team kommuniziert und interpretiert (vgl. ebd., S. 91 u. 164 f.)


Ich würde sagen, bei euch läuft es nicht richtig! Im ersten Kindergarten gab es das bei euch nicht ( ist aber in BW rechtlich verbindend) und wenn der zweite Kindergarten euch nur Bilder vorlegt, dann würde ich sagen - schlecht umgesetzt und sehr schade. Daneben finde ich es schade, dass es Dir nicht gefehlt hat. Ich interpretiere das jetzt mal als Schutzbehauptung. Hier: "Die Dokumentation soll keine bloße Ansammlung von Werken oder Fotos sein. Daher ist es wichtig, dass in der Mappe Aussagen über die Persönlichkeitsentwicklung sowie der Ausbildung von Fähigkeiten zu finden sind."

Ich war immer auf dem Stand der Dinge. Die Aufstellung war super gemacht. Wurde im Elterngespräch detailliert kommuniziert. Wenn mein Kind etwas nicht konnte, gab es eine Information oder dann die Dokumentation was unternommen wurde mit dem Ergebnis. Neben der Körpergröße über 5 Jahre sehe ich z.B. die Entwicklung der Malfähigkeit, der motorischen Fähigkeit, wie sich die Buchstaben entwickelt haben und was das Kind gezielt als Förderung erhalten hat. Mit Datum und Uhrzeit. Wenn also das Kind sowieso im Atelier stand, wurde es gebeten eben sich selber zu malen. Dieses Bild hing dann im Portfolio, ergänzt ob die Vorgaben der Entwicklung "erfüllt" sind. Ich habe hier ein genaues Datum wann meine Kinder das erste Mal ihren Namen auf ein Bild geschrieben haben, ob das sporadisch war oder immer gemacht wurde. Für jeden einzelnen Entwicklungsschritt oder Meilenstein oder eben, wenn etwas "Besonders" im Guten wie im Schlechten auffiel.
alibaba

Re: eingreifen oder laufen lassen?

Beitrag von alibaba »

sinus hat geschrieben:...bei uns gibts einen Entwicklungsbericht nur auf Anfrage. Wenn man nicht direkt darum bittet, gibts die ganzen 3-4 Jahre Kiga kein 1:1 Gespräch mit der Erzieherin zum Kind.
Das ist echt traurig und erschreckend. Ich kenne zwei Kindergärten, in beiden Kigas gab es das nicht, egal wie groß. Ganz oft gab es auch beim abholen noch kurze Hinweise. "Hat heute super geklappt mit dem Purzelbaumschlagen." "Hat heute das erste Mal alleine mit der Gabel gegessen." "Jetzt klappt das auf die Toilette gehen, wir lassen jetzt die Windel weg." …….
alibaba

Re: eingreifen oder laufen lassen?

Beitrag von alibaba »

Koschka hat geschrieben:Ich finde es sehr schade, wenn man den Erziehern, Ärzten und Lehrern eine bürokratische Arbeit aufbürdet auf Kosten der Kinder/Patienten. Es gibt schon U-Untersuchungen um festzustellen, wer rechtzeitig nicht steht. Die Erzieher haben auch Augen und Ohren und meistens spechen sie die Eltern an, wenn die Entwicklung nicht richtig läuft. 33 mal abzuhacken xy entwickelt sich normal in 55 Punkten verlangt ZEIT.
Klar kostet das Zeit. Aber auch in der Schule verlangt man ja, das genau hingeschaut wird und individuell differenziert wird. Jetzt übernehme ich mal deine Aussage: Ist alles eine Frage der Organisation. Wenn man das will, geht das auch. Wenn man das nicht will, geht es eben nicht.

Hier war der Betreuerschlüssel nicht 19:1 - ist auch nicht erlaubt.
Meine3
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Re: eingreifen oder laufen lassen?

Beitrag von Meine3 »

Ich würde sagen, bei euch läuft es nicht richtig! Im ersten Kindergarten gab es das bei euch nicht ( ist aber in BW rechtlich verbindend) und wenn der zweite Kindergarten euch nur Bilder vorlegt, dann würde ich sagen - schlecht umgesetzt und sehr schade. Daneben finde ich es schade, dass es Dir nicht gefehlt hat. Ich interpretiere das jetzt mal als Schutzbehauptung. Hier: "Die Dokumentation soll keine bloße Ansammlung von Werken oder Fotos sein. Daher ist es wichtig, dass in der Mappe Aussagen über die Persönlichkeitsentwicklung sowie der Ausbildung von Fähigkeiten zu finden sind."

Ich war immer auf dem Stand der Dinge. Die Aufstellung war super gemacht. Wurde im Elterngespräch detailliert kommuniziert. Wenn mein Kind etwas nicht konnte, gab es eine Information oder dann die Dokumentation was unternommen wurde mit dem Ergebnis. Neben der Körpergröße über 5 Jahre sehe ich z.B. die Entwicklung der Malfähigkeit, der motorischen Fähigkeit, wie sich die Buchstaben entwickelt haben und was das Kind gezielt als Förderung erhalten hat. Mit Datum und Uhrzeit. Wenn also das Kind sowieso im Atelier stand, wurde es gebeten eben sich selber zu malen. Dieses Bild hing dann im Portfolio, ergänzt ob die Vorgaben der Entwicklung "erfüllt" sind. Ich habe hier ein genaues Datum wann meine Kinder das erste Mal ihren Namen auf ein Bild geschrieben haben, ob das sporadisch war oder immer gemacht wurde. Für jeden einzelnen Entwicklungsschritt oder Meilenstein oder eben, wenn etwas "Besonders" im Guten wie im Schlechten auffiel.
Bei uns hier in der Region ist das einfach anders definiert. Ein Portfolio ist ein Sammelwerk an Fotos und Geschichten über den Kindergartenalltag. Eine Erinnerung an den Kindergarten. Dieses Portfolio erhalten die Kinder am Ende der Kindergartenzeit.

Das was bei dir oder dem zitierten als "Portfolio" bezeichnet wird, läuft hier bei uns unter "Entwicklungsbericht" (was ich auch weitaus treffender finde). Auch hier hast du wieder nicht richtig gelesen. Im neuen Kindergarten gibt es das sehr wohl!

Im alten Kindergarten habe ich das überhaupt nicht vermisst, weil ich NIE und zu keinem Zeitpunkt das Gefühl hatte, dass meine Kinder "nicht gesehen" werden. Wir hatten einen überguten Erzieherschlüssel und wurden alle 4 Wochen auf einem Elternabend MIT den Erziehern über den aktuellen Stand der Kinder auf dem Laufenden gehalten. Wenn man es wollte, konnte man auch Einzelgespräche haben. Über meinen Sohn wurde im 1. Gespräch gesagt:" XY kann alles" :lol: ...Und dann wurde ausgeführt wie er motorisch und kognitiv entwickelt ist (alles eben weit überdurchschnittlich, bis auf die Feinmotorik, die "normal" entwickelt war). Ich habe tatsächlich nie was schriftliches erhalten, aber ich habe das auch nicht gebraucht.

Hier im jetzigen Kindergarten läuft das alles "geregelter" und standartisierter ab. Ich bekomme einen Entwicklungsgespräch und Entwicklungsbericht (sofern ich das wünsche), aber ich sehe und merke, dass sie einfach ihre Punkte abhaken und nicht wirklich hinschauen oder eben nicht die richtigen Schlüsse ziehen. Wenn unter allen Einzelpunkten steht, dass das Kind überdurchschnittlich weit entwickelt ist und "sehr begabt" im malen und in Sachen Vorschule, dann aber resümiert wird, dass das Kind "normal" entwickelt ist, dann passt was nicht. Ich habe oft das Gefühl, dass die Erzieher in den "normalen" Einrichtungen so sehr damit beschäftigt sind, alles zu dokumentieren, dass sie nicht mehr wirklich Zeit haben, individuell auf die Kinder einzugehen und hinzuschauen. In unserem jetzigen KIndergarten gibt es eine Tagesübersicht, es gibt den Klobericht (für Wickelkinder, aber auch für die Kinder, die allein gehen), es gibt ein Anmelde- und Abmeldeprogramm und das Portfolio, desweiteren dann noch den Entwicklungsbericht. Vor lauter dokumentieren, wo bleibt da Zeit mit dem Kind zu arbeiten?? DAS finde ICH schade. Mir ist wichtig, dass meine Kinder gesehen werden, dass auf sie eingegangen und mit ihnen gespielt wird. Wenn dies auf der Strecke bleibt, weil jeder Pups (sorry) in einem Heft dokumentiert werden muss, dann finde ich diese Entwicklung mehr als bedauerlich. Im alten Kindergarten hat man auf derlei Firlefanz verzichtet, dafür war er menschlich und pädagogisch so dermaßen großartig, dass ich es immer bereuen werde, die 30 Minuten Fahrzeit pro Weg nicht weiter in Kauf genommen zu haben.

Nachtrag: ich bin hier im Kindergarten im Elternbeirat. Die ERzieher bestätigen auch, dass sie vor lauter Dokumentationsarbeit garnicht mehr grade aus schauen können. Es wundert mich nicht, dass hier in diesem Kindergarten nicht gesehen wird, dass meine Tochter liest und schreibt und man versucht, sie mit 30er Puzzeln und Schwungübungen bei Laune zu halten, während das Kind dabei vor sich hin gähnt... Grade heute morgen hat meine Mittlere wieder verkündet. Dass man "hier garnichts lernt!". Ich habe dann angeregt, sie doch bitte mit mehr "anspruchsvollerem" Material zu versorgen, sie selbst hat sich leider nicht getraut sich zu beschweren :roll:... Natürlich wurde ich schräg angeschaut. Ich habe dann nochmal meine Tochter gebeten, in Zukunft auch selbst zu fragen, ob sie was anderes zum spielen haben kann oder ob die Erzieher mit ihr lesen können oder so. Dann würde das eher passieren, als wenn ich danach frage... Das Gespräch, dass ich seit 2 Wochen möchte, lässt auf sich warten. Alle sind beschäftigt (mit Portfolios und Entwicklungsberichten? :gruebel: )...
Zuletzt geändert von Meine3 am Mi 25. Sep 2019, 08:39, insgesamt 2-mal geändert.
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
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