Welche Förderung kann man im KiGa "erwarten"?

Probleme und Lösungen für den Kindergartenalltag
Goldfisch
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Welche Förderung kann man im KiGa "erwarten"?

Beitrag von Goldfisch »

Mein Kind ist im vorletzten KiGa-Jahr, langweilt sich und ist unterfordert. Eine Variante ist eine vorzeitige Einschulung nächsten Herbst. Lieber wäre mir aber, mein Kind würde im KiGa bleiben, allerdings nur, wenn es dort kognitiv und sozial passt. Das ist fraglich.

Die aktuelle Pädagogin meint, mein Kind bekäme nicht das, was es brauche (an Hirnnahrung), gehe unter/würde übersehen werden. Die Vorschulaufgaben, die es heuer bereits zum zweiten Mal mitmachen darf, macht es teilweise, aber eher nur halbherzig, weil sie halt nicht (mehr) interessant sind. Bereitschaft, meinem Kind halt bitte andere Aufgaben zu geben, sehe ich leider nicht. (Zum Beispiel eine Aussage der Pädagogin: "Der KiGa hat nur die Aufgabe, den Zahlenraum bis 10 abzudecken". Aaaaaha.)

Diese Pädagogin verlässt allerdings mit Ende des Jahres den KiGa. Wer nachkommt, ist fraglich. Grundsätzlich sehe ich das aber als Chance, die Situation für mein Kind zu verbessern. Nun endlich meine Frage:

Aus Eurer Erfahrung, welches Maß an individueller Förderung in einem KiGa kann man "erwarten" oder "einfordern" (keine sehr schönen Wörter, aber ich weiß gerade nicht, wie ich es formulieren soll)? Wie ist das bei Euch, bzgl. Förderung im KiGa? Bekommen Eure Kinder einfach schwierigere oder andere Aufgaben als andere? Wird das aus PädagogInnensicht selbstverständlich gemacht oder habt Ihr darum kämpfen müssen? Stellt Ihr vielleicht sogar diese Aufgaben dem KiGa zur Verfügung?

Es geht einfach nur "klassisch" um Rechnen, Schreiben, Lesen und nicht darum, dass mein Kind gerne jeden Tag 3 Stunden lang ein Musikinstrument spielen oder einen Sport machen möchte oder so. In meiner Vorstellung ist das also ziemlich leicht abzudecken, im KiGa! (Und natürlich geht es nicht nur um Vorschulblätter, sondern auch darum, dass vielleicht mein Kind auch zwischendurch dort abgeholt wird, wo es steht, mit kleinen Aufgaben zwischendurch. ("Kannst Du mal bitte am Speiseplan nachschauen, was es heute gibt?" oder so.) Aber ich verstehe, dass das bei über 20 Kindern schwierig ist, und mit interessanten Vorschulaufgaben wären mein Kind und ich schon mal sehr froh.)

Bin auf Eure Erzählungen gespannt!
Rabaukenmama
Dauergast
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Re: Welche Förderung kann man im KiGa "erwarten"?

Beitrag von Rabaukenmama »

Erwarten oder einfordern kannst du gar nichts, nicht mal leichte Vorschulaufgaben! Je nach Personalsituation und persönlichem Engagement der PädagogInnen findet Förderung statt oder eben nicht.

Du schreibst, es geht "klassisch" um lesen, schreiben, rechnen. Wenn eine Pädagogin mit einer Helferin für 25 Kinder verantwortlich ist, kann ich mir gut vorstellen, dass sogar bei gutem Willen einfach keine Kapazitäten da sind, EINEM Kind mehr beizubringen als den anderen, nur weil es kognitiv fitter ist.

Mein Sohn konnte mit 3 Jahren und 9 Monaten nach Gehör schreiben und mit 4 Jahren und 6 Monaten sinnerfassend lesen. Er war bis er 6 1/2 Jahre alt war in seinem (privaten) Kindergarten. Dort hat er dieselben Vorschulaufgaben mit gemacht, wie alle anderen Kinder, und keine spezielle Förderung bekommen. Es gab noch zusätzliche Kurse (Fussball, Tanzen, Englisch, Basteln, Kochen), die aber extra bezahlt werden mussten. Mein Sohn hat da bei Englisch und Kochen mitgemacht.

Ich war sehr zufrieden mit diesem Kindergarten, obwohl es keine spezielle Förderung gab. Mein Sohn wurde dort nie "ausgebremst", sprich, es hat ihm nie jemand gesagt, er sei zu klein oder zu jung für etwas, was er von sich aus machen wollte. Im Laufe der letzten 2 Kindergartenjahre hat er z.B. etliche Bücher aus dem Fundus des Kindergartens selbst gelesen. Auch als er mal einen "Preis" bei einem Gruppenspiel gewonnen hat, hat er ein Buch bekommen (so eines, was es mal gratis bei McDonalds gab), das hat mich sehr gefreut, weil da bei der Wahl der Preise einfach auf die echten Interessen der Kinder eingegangen wurde.

Du schreibst, bei euch würde die aktuelle Pädagogin meinen, dein Kind bekäme nicht das, was es an "Hirnnahrung" braucht. Äußert sich das auch in Unzufriedenheit deines Kindes, oder merkst du davon nichts? Allein die Tatsache, dass ein Kind mehr KÖNNTE bedeutet ja noch nicht, dass es mit dem aktuellen Angebot unglücklich oder unzufrieden ist.

Bei meinem Sohn war es so, dass er sich bis zum letzten Tag in seinem Kindergarten sehr wohl gefühlt hat, obwohl er dort keine spezielle Förderung bekommen hat. Das war auch einer der Gründe (neben den damals schon beginnenden sozial-emotionalen Schwierigkeiten und dem Problem mit dem einnässen) dass ich mich gegen eine vorzeitige Einschulung entschieden habe, obwohl mein Sohn in seinen letzten beiden Kindergartenjahren definitiv das kognitiv fitteste Kind in seinem Kindergarten war. Never change an running system ;) !

Wir haben halt in der Freizeit viel gemacht, was meinem Sohn "Hirnfutter" gegeben hat. So habe ich öfter bei Aktivitäten für Grundschulkinder nachgefragt, ob ein jüngeres, kognitiv sehr fittes Kind teilnehmen darf. Das war nach Absprache nie ein Problem. Daher hat mein Sohn z.B. schon mit 5 Jahren die Besuchertour am Flughafen mitgemacht, die eigentlich für 8-10jährige konzipiert war. Auch im Planetarium hat er mit 5 Jahren den Vortrag für 6-10jährige mitgemacht. Und wir haben zu Hause Spiele für ältere Kinder gespielt.

Bei einem kognitiv sehr fitten Kind kann man leider NIE erwarten, dass es von Einrichtungen dort abgeholt wird, wo es steht. Es ist schon super, wenn es nicht ausgebremst wird. In der Grundschule selbst steht und fällt dann alles mit der Lehrperson. Es gibt Lehrpersonen, die trotz großer Klassen super differenzieren können, und andere, die es eben nicht können (oder wollen). Aber auch wenn nicht gut differenziert wird, ist meistens der bessere Weg, das Kind in der Klasse zu belassen, wo es sich wohl fühlt. Die meisten Kinder gehen ja nicht wegen dem Lernen oder der "Förderung" in die Schule, sondern weil sie dort ihre Freunde treffen.

Meine Jungs sind beide Autisten, daher war das bei ihnen (leider) nie so ein Kriterium, wie es das bei neurotypischen (klugen) Kindern ist.

In deinem konkreten Fall würde ich mal die Punkte zusammenschreiben, die für bzw. gegen eine vorzeitige Einschulung sprechen. Meine Erfahrung ist, dass sich viele Eltern von klugen Kindern deshalb gegen eine vorzeitige Einschulung aussprechen, weil sie von ihrem Umfeld das entsprechende Feedback bekommen. Da ist dann viel die Rede von "Kinder Kinder sein lassen" und "nicht überfordern" und man wird schnell als Eislaufeltern hingestellt, wenn man eine vorzeitige Einschulung nur andenkt.

Daher würde ich diese Entscheidung wirklich vom Wohlbefinden des Kindes im Kindergarten, von der sozial-emotionalen Reife, und von der Verfügbarkeit einer guten Schule abhängig machen. Das sind bessere Entscheidungskriterien als Vorurteile von Personen, für die eine vorzeitige Einschulung eine furchtbar gefährliche und riskante Sache ist ;) .
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Goldfisch
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Re: Welche Förderung kann man im KiGa "erwarten"?

Beitrag von Goldfisch »

Vielen Dank für Deine Erfahrungen und Überlegungen, Rabaukenmama!

Ja, ich habe bereits viele Pro und Contra gesammelt, komme damit aber nicht weiter, weil es so viele Faktoren und so viele Unbekannte gibt. (Was eh normal ist, ich weiß.) Es fällt mir daher sehr schwer, eine Entscheidung zu treffen. Seufz.

Ich habe den Eindruck, mich für das geringere Übel entscheiden zu müssen, und das finde ich nicht gut. Ich hätte lieber eine gute (Kindergarten-)situation, bei der es nur darum geht, zu schauen, ob sie sich weiter optimieren lässt - im KiGa oder durch eine vorzeitige Einschulung. Aber das ist es halt nicht. Zusätzlich habe ich Zeitdruck: Dass es im KiGa nicht optimal läuft, ahne ich seit Oktober, glaube ich, und hat mir der KiGa Mitte November in einem Gespräch bestätigt. Nun habe ich mit meiner Entscheidung bis Mitte Jänner Zeit, und dazwischen gibt es einen Personalwechsel (sprich, ich kann mich mit der bisherigen Pädagogin nicht mehr austauschen und weiß nicht, wie der/die Neue sein wird). Puh.

Ich glaube auch, dass alles oder zumindest vieles mit der Pädagogin oder dem Pädagogen steht und fällt (sowohl im KiGa als auch in der Schule). Vor einem Jahr hatte meine Tochter für ein paar Monate den für sie perfekten Pädagogen. Wäre er geblieben, würde ich keine Sekunde an eine vorzeitige Einschulung denken (auch wenn er es als erster überhaupt angesprochen hat). Er hat sie so toll dort abgeholt, wo sie steht, dass es aus meiner Sicht gar keinen Handlungsbedarf geben würde. Dass auch die letzten Freundinnen nächsten Herbst in die Schule kommen und es fraglich ist, mit wem meine Tochter dann spielt, würde ich dann auch nicht überbewerten, wenn es kognitiv, emotional etc. im KiGa passt. Da wäre ich optimistisch, dass meine Tochter das schon hinbekommen würde. Aber ob der nächste Pädagoge oder die nächste Pädagogin wohl auch so sein wird? Oder wird meine Tochter tatsächlich "kognitiv verhungern und sozial verdursten", aufgrund von Unterforderung und Langeweile die Freude am Lernen verlieren, bei der Arbeitshaltung in die Verweigerung gehen etc. (alles Worte des KiGa)?

Aber ich schweife ab. Die Frage, ob vorzeitige Einschulung ja oder nein würde ja in ein anderes Forum gehören. Eigentlich geht es mir hier wirklich darum, herauszufinden, wie das Vorschuljahr im KiGa gestaltet werden könnte, damit es für mein Kind gut passt, im KiGa zu bleiben.
Rabaukenmama
Dauergast
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Re: Welche Förderung kann man im KiGa "erwarten"?

Beitrag von Rabaukenmama »

Hallo Goldfisch!

Vorhersehen, wie die neue Pädagogin im Kindergarten sein wird, kann man genauso wenig wie vorhersehen, wie die Grundschullehrperson wäre. Entweder es "passt" oder eben nicht.

Aber eines ist ganz klar: es gehört zu den Aufgaben, der Grundschullehrperson, den Kindern lesen, schreiben und rechnen beizubringen. Zu den Aufgaben der Kindergartenpädagogen gehört es nun mal nicht bzw. nur sehr eingeschränkt.

"Wenn noch der frühere Pädagoge wäre, dann würde ich..." hilft dir nichts. Die Situation ist jetzt nun mal so, wie sie ist. Wenn sich deine Tochter sowohl kognitiv als auch sozial-emotional fit ist, sich im Kindergarten langweilt, ihre letzten Freundinnen im Herbst in die Schule kommen, stellt sich zumindest für mich als Außenstehende die Situation sehr eindeutig dar. Da darauf zu hoffen, dass die neue Pädagogin die Super-Förderung aus dem Ärmel zaubert, die deiner Tochter noch 18 Monate Kindergarten erträglich machen, halte ich für ziemlich naiv.

Es ist halt bei so Entscheidungen leider immer so, dass es einen Weg gibt, wo man nichts aktiv tun muss (in deinem Fall ist es der, deine Tochter weiter im Kindergarten zu belassen), und einen, wo man aktiv werden muss (in deinem Fall: vorzeitige Einschulung). Wenn du mal ein Gedankenexperiment machst, wonach es genau umgekehrt wäre. Sprich: stell dir vor, der "normale" Weg wäre, dass deine Tochter nächsten Herbst eingeschult wird. Wenn du das nicht wolltest, müsstest du aktiv werden und ihre Rückstellung beantragen: würdest du das tun?

Mir haben solche Gedankenexperimente immer zu mehr Klarheit verholfen, wenn ich instinktiv vor lauter Angst, was "falsch" zu machen, den Weg wählen wollte, wo ich nicht aktiv werden hätte müssen. Mittlerweile habe ich schon so viele Entscheidungen für meine Jungs getroffen, die meine Aktivität gefordert haben, dass ich keine Angst mehr davor habe.

Auch dir haben die Worte von der Kindergartenpädagogin Angst gemacht - davor, dass deine Tochter kognitiv verhungern und sozial verdursten wird, wenn sie weiter im Kindergarten bleibt. Aber Angst ist ein schlechter Ratgeber. Sich aus Angst für das zu entscheiden, was man subjektiv für "das kleinere Übel" hält, ist insofern gefährlich, weil man den Blick nicht auf den positiven Aspekten der eigenen Entscheidungen hat.Imm

In deinem Fall wären die postiven Aspekte bei einer vorzeitigen Einschulung, dass du erwarten kannst, dass deine Tochter im nächsten (Schul-)Jahr lesen, schreiben und rechnen lernen wird. Ein weiterer positiver Aspekt wäre, dass sie mir ihren Freundinnen zusammen bleiben könnte.

Was wären die positiven Aspekte wenn sie weiter im Kindergarten bleibt? Außer der vagen Hoffnung, dass mit der neunen Pädagogin "alles anders" wird, sehe zumindest ich keine. Aber vielleicht fallen dir noch positive Aspekte ein, die ich nicht kennen kann.
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Goldfisch
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Re: Welche Förderung kann man im KiGa "erwarten"?

Beitrag von Goldfisch »

Liebe Raubaukenmama,

vielen, vielen Dank für Deinen sehr wertvollen Input! Es ist total nett von Dir, dass Du Dir die Zeit nimmst, mir (bzw. im Hintergrund natürlich auch meinem Mann) bei der Entscheidungsfindung zu helfen!

Ja, Du hast Recht, was die "aktiven" und die "passiven" Entscheidungen betrifft. Passiv zu bleiben ist wohl leichter und daher für mich (in vielen Situationen, nicht unbedingt nur auf das Schulthema bezogen) verlockend - aber deswegen nicht unbedingt immer die bessere Variante!

Ich finde folgendes interessant:
- Würde es im Kindergarten gut laufen, würde ich überhaupt nicht an eine vorzeitige Einschulung denken! Dann würde KiGa einfach passen!
- Wäre meine Tochter zwei Monate älter und somit bereits 2023 schulpflichtig, würde ich zwar vermutlich kurz den Freiheiten des KiGa nachtrauern, aber mehr an Gedanken hätte ich wohl nicht. (Und den Freiheiten nachtrauern werde ich sowieso, egal, wann sie eingeschult wird ;-).) Dann würde Schule einfach passen!

Für mich zeigt das die Ambivalenz, die ich habe und die mich selbst nervt. Aber vielleicht muss ich das einfach positiver sehen: Beide Varianten können gut sein! Egal, welche Variante es wird, wir werden sie so gut wie möglich gestalten! (Und ich weiß eh nie, was gewesen wäre, wenn...)

Etwas muss ich vielleicht korrigieren oder das Bild dahingehend vervollständigen, weil Du es als positive Aspekte einer vorzeitigen Einschulung erwähnt hast:

- Die Freundinnen gehen 2023 in die Schule, aber in andere Schulen als meine Tochter gehen würde. (Das ist also kein direkter Anreiz bzgl. vorzeitige Einschulung. Eher ein Negativpunkt bei der Variante KiGa: Wer bleibt übrig zum Spielen?)

- Das Lesen-, Schreiben- und Rechnenlehren erwarte ich nicht vom KiGa; das hat sich meine Tochter eh selbst beigebracht bzw. bringt sie sich weiter bei. (Rechnenlernen ist ja nie "abgeschlossen", und sie schreibt auch "nur" nach Gehör.) Das ist also nichts, was sie endlich nächstes Jahr nur in der Schule (und sonst nicht) lernen würde. (Auch wenn sie es dort natürlich intensiv üben würde, keine Frage.) Mir geht es auch weniger darum, was sie in diesen Bereichen schon kann und ob sie durch die Stunden im KiGa darin besser wird oder nicht, sondern wie sehr sie sich dafür interessiert und ob dafür Platz ist. Das "Mathefenster" bei ihren Interessen ist gerade total weit offen - aber im KiGa ist dafür kein Platz, sofern es über die ganzen Zahlen von 1 bis 10 hinausgeht. Bzgl. Schriftsprache sehe ich auch für nichts Platz im KiGa, was über das Schreiben des eigenen Vornamens hinausgeht. Meine Tochter findet das total schade. Natürlich decken wir das außerhalb des KiGa ab; sie fordert es ja ein. Aber das ändert nichts an dem, wie sie den KiGa erlebt.
Neben dem Thema, ob für ihre Interessen Platz ist, geht es auch um das Zugehörigkeitsgefühl. Sie sagt, es geht im KiGa darum, wie groß man ist (sie ist klein), wie alt man ist (sie ist mittendrin) und wie schnell man laufen kann (sie tut sich grobmotorisch eher schwer). Aber Lesen, Schreiben, Rechnen zählen nicht, sagt sie. Nachdem sie von zwei älteren Kindern als Lügnerin bezeichnet wurde, weil jemand, der so jung ist, wie sie damals war, ja nicht lesen können kann, versteckte sie ihre Fähigkeiten ganz stark. Niemand im KiGa sollte es wissen, aber gleichzeitig hat sie mir schon mehrmals gesagt: "Aber wenn ich dann in die Schule komme, sag dem Lehrer bitte, was ich schon kann!" Mittlerweile wissen es die Pädagogin und die Assistentin, aber es hilft meiner Tochter nicht wirklich weiter, weil es nicht aufgegriffen wird. Also ja, es wäre schon ein positiver Aspekt bzgl. vorzeitige Einschulung, dass sie sich gut mit ihren Interessen beschäftigen könnte und dass sie merken würde, dass sie damit keine Exotin ist, sondern dass auch andere Kinder sich damit beschäftigen (manche gerne, manche weniger gern ;-)). Ihrem Selbstwert und auch Selbstvertrauen täte das gut. Das Buchstabenschreiben und der Zahlenraum bis 30 an sich wären jetzt nicht so der Anreiz für sie.

Danke für die Anregung, nur mal auf die pro-Seite zu schauen! Ich merke, dass mir das schwer fällt. Ja, ich bin wohl risikoscheu (und empfinde KiGa als weniger riskant als Schule) und bin angstgetrieben. Ich werde die nächsten Tage ganz bewusst nur die positiven Aspekte (oder das, was ich halt als positiv annehme) betrachten. (Wenn ich dazukomme, schreibe ich sie vielleicht auch.)

Ganz liebe Grüße!
Goldfisch
Edainwen
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Re: Welche Förderung kann man im KiGa "erwarten"?

Beitrag von Edainwen »

Unser Sohn war in einem KiGa, bei dem es eine Kooperation mit der Schule gab, d.h. ab der mittleren Gruppe durften die KiGa-Kinder an 4 Tagen in der Woche jeweils von 10 bis 12 Uhr ein "Wahlangebot" mitmachen, das auch die Grundschulkinder gemacht haben. Die Kinder konnten dann ihren eigenen Schwierigkeitsgrad wählen, also z.B. Thema "Urwaldtiere", ein Bild malen, Wörter zuordnen, einen eigenen Text schreiben .... "häkeln" eine Reihe Luftmaschen häkeln, einen Topflappen oder ein Stofftier ... unser Sohn konnte mit 3 Jahren bereits längere Texte lesen und mit ca. 3,5 Jahren hat er dann auch sehr viel geschrieben... er suchte sich, als er endlich so weit war, immer die schwierigsten Aufgaben aus (beim Häkeln nicht). Die Erzieherinnen waren erstaunt und meinten, da würde er erst richtig aufblühen.
Denn trotz dieses fortschrittlichen Konzepts war unsere KiGa genauso wie ihn eure Tochter beschreibt: es geht darum, wie groß man ist, wie alt man ist, und wie schnell man laufen kann.

Unser Sohn wurde dann auf Anraten der Erzieherinnen mit 5,3 Jahren vorzeitig eingeschult. Eine Entscheidung, die wir bisher (er ist jetzt 9. Klasse) nie bereut haben. Plötzlich zählten auch seine Fähigkeiten: Rechnen, Lesen, Schreiben. Und da er für die Schule ja auch nichts üben musste, hatte er noch genauso viel Kindheit wie die KiGa-Kinder. Auf die oft erwähnten Nachteile sind wir bisher noch nicht gestoßen. Allerdings besucht er seit der 5. Klasse nun auch einen Hochbegabtenzweig und das jüngste (und in jedem Fach beste) Kind der Klasse ist nochmals ein Jahr jünger als er, d.h. die Altersunterschiede interessieren dort auch niemanden.
Goldfisch
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Re: Welche Förderung kann man im KiGa "erwarten"?

Beitrag von Goldfisch »

@ Edainwen: Oh, bei Euch klingt sowohl der KiGa als auch die Schule so, als wäre beides ziemlich gut gelaufen! Das ist schön!

Ich wünschte, im KiGa gebe es auch mehr an Differenzierung und Förderung. Ich bin gespannt, wen meine Tochter als nächste Pädagogin oder nächsten Pädagogen bekommt und ob sich durch sie/ihn etwas zum Positiven entwickelt. Ich bin allerdings etwas skeptisch: Es wird wohl noch dauern, bis die neue Person da ist, und dann wird sie verständlicherweise brauchen, um mit der Gruppe zu arbeiten, bevor sie individueller auf Kinder eingehen können wird. Vor Spätfrühling wird sich da wohl nichts tun. Aber vielleicht täusche ich mich ja auch und werde überrascht! Der KiGa an sich verfolgt halt kein spezielles Konzept, sprich, Initiative in die Richtung wie bei Dir müsste wirklich von der Pädagogin oder dem Pädagogen kommen.

Wir haben diese Woche und nächste Woche jeweils ein (oder zwei) Gespräche mit Direktorinnen von Schulen, die in Frage kommen. Vielleicht klärt sich dadurch auch für uns das Thema vorzeitige Einschulung.
annalena
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Re: Welche Förderung kann man im KiGa "erwarten"?

Beitrag von annalena »

Hallo Goldfisch,
die Fragen, die Du in diesem Beitrag stellst, waren Fragen bei uns vor einem Jahr und auch nochmal vorkurzem.

Bei uns aber war etwas anders mit dem Kindergarten, da ist einiges schiefgelaufen.
Unser Sohn hat große Probleme im Kindergarten gehabt.
Er verweigerte den Kindergarten wegen "Unterforderung" das erste Mal mit 4 Jahren und jetzt vorkurzem wieder.
Das Thema Förderung im Kindergarten ist bei unseren Erziehern nicht gut angekommen. Sie sagten nur unser Sohn soll sich gefälligst anpassen.
Unser Sohn ist mathematisch begabt und konnte schon mit 2J in 50 Bereich rechnen und mit 3 schon multiplizieren und Quadratzahlen und Wurzelrechnung. Hat alles sich von alleine beigebracht (mit Lego Bausteinen).

Und jetzt wieder zu deiner Frage: Wir haben 20h eine heilpädagogische individuelle eins zu eins Betreuung im Kindergarten und wir haben (laut Kita Leitung) kein Recht die I-Kraft oder Kindergarten um kognitive Förderung für unser Sohn zu bitten. Soviel zu Thema was man vom Kindergarten erwarten kann. Sogar mit 1 zu 1 Betreuung, wo eine extra Kraft da ist, kann man zumindestens bei uns nicht eine zusätzliche Förderung erwarten(trotz IQ 150). Habe viel versucht mit Erziehern zu reden. Da mein Kind Kindergarten verweigert, wäre eine Förderung eine Lösung, damit er gerne in die Kita geht. Aber Förderung von Hochbegabten Kindern im Kindergarten gibt es bei uns nicht.

Hochbegabung im Kindergarten ist bei uns in der Umgebung unbekanntes Thema und Eltern von hochbegabten Kindern werden als "Übereltern" abgestempelt. Wir haben jetzt die Lösung, dass er nur halbtags in die Kita geht und privat gefördert wird. Er ist sehr willenstark und verlangt danach.
Er wird in diesem Jahr 2023 in August eingeschult, bin gespannt welche Leherer er bekommt.
Goldfisch
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Re: Welche Förderung kann man im KiGa "erwarten"?

Beitrag von Goldfisch »

Oje, liebe annalena, Eure KiGa-Situation klingt auch nicht gut :-(. Verweigerung des KiGa wegen Unterforderung - so etwas sollte es einfach nicht geben!
Was macht denn die 1:1-Betreuung bei Euch?
Und wird Euer Sohn vorzeitig eingeschult?
Goldfisch
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Re: Welche Förderung kann man im KiGa "erwarten"?

Beitrag von Goldfisch »

Update: Meine Tochter war gestern bei unserer Plan-B-Schule zur Schulreifefeststellung. Sie wurde recht gründlich "getestet" (45 Min) und die Direktorin sah keinerlei Probleme. Unsere Tochter könnte im Herbst starten.

Aber ich will nicht. :-(
- Ich halte es wichtig für sie, dass sie ausschlafen darf. (Schlaf ist ein großes Thema bei uns.)
- Dass sie problemlos mal zu Hause bleiben und mit mir etwas unternehmen kann. (Ich bin das Schuljahr 23/24 zumindest im Herbst und Winter, eventuell auch im Frühling in Karenz und daher sehr flexibel.)
- Wir würden gerne als Familie reisen (und zwar nicht nur im Juli und August).
- Meine Tochter ist sehr feinfühlig; viele Dinge gehen ihr sehr nah, und wenn sie dann mit unterschiedlichen Themen aufgrund der vorzeitigen Einschulung ein Jahr früher als sonst konfrontiert wird, tut mir das sehr leid für sie, weil sie schwerer damit umgehen kann als ein Jahr später. (Habe ich bereits jetzt im KiGa-Alter gemerkt.)
- Ich wünsche ihr, dass sie vormittags phasenweise im Garten herumtollt und nicht nur in einem Klassenzimmer sitzt! (Wobei, sie setzt sich im Garten des KiGa oft lieber auf die Bank und bittet die Assistentin, ihr Matheaufgaben zu geben. Vor allem, wenn ihre FreundInnen nicht da sind. Und ab Herbst werden sie nicht mehr da sein.)
- Sie ist zierlich, und mir graut vor der Vorstellung, dass sie mit einer Schultasche, die halb so groß ist wie sie und ein Füntel (oder so) ihres Körpergewichts wiegt, in den dritten Stock rauf muss!
- etc
- etc

Ich will, dass sie im KiGa bleibt und dort eine tolle Zeit hat! Das sehe ich nur leider nicht :-(. Warum ist das im KiGa nur so schwierig?! Nachdem es noch keine neue Pädagogin gibt, kann ich das auch mit niemandem im KiGa besprechen! Ich ärgere mich gerade sehr und bin auch traurig.
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