Späteinschulung in Österreich

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Rabaukenmama
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Späteinschulung in Österreich

Beitrag von Rabaukenmama »

Hallo, ich hoffe ihr wisst in dieser Hinsicht mehr als ich bzw. die Infos, die ich erhalten haben, waren falsch.

Es geht um meinen gehörlosen Kleinen. Da er ja jetzt schon begeistert zählen und buchstabieren kann wünsche ich mir für ihn eine Schule, wo er nach "normalem" Volksschul-Lehrplan unterrichtet wird. Die Schule, die ich bisher favorisiert habe, arbeitet bei gehörlosen Kindern nämlich mit Sonderschullehrplan :x .

Da die Schule, in die mein Großer hoffentlich nächstes Jahr eingeschult wird, einen sprachheilpädagogischen Schwerpunkt hat und außerdem alle Klassen Integrationsklassen sind würde sich diese Schule gut anbieten. Laut Gespräch mit der Direktorin hatten sie auch schon Kinder mit Hörimplantaten in der Schule und das hat gut geklappt.

Da die Sprachentwicklung aber trotz der Horchis noch sehr langsam ist (aktuell ist er bei einem aktiven Wortschatz von 7 Wörtern) habe ich überlegt, meinen im Juli geborenen Kleinen einfach noch ein Extrajahr im (sehr guten) Kindergarten zu geben falls er mit 6 Jahren sprachlich noch nicht fit genug für eine reguläre VS-Klasse sein sollte.

Jetzt habe ich aber von den KIGA-Leiterin des Kleinen die Info bekommen dass es in Österreich gar nicht mehr möglich sein soll, ein Kind späteinschulen zu lassen. Angeblich müssen ALLE Kinder, die bis zum Stichtag 6 Jahre alt geworden sind, eingeschult werden.

Weiß wer von Euch ob das stimmt? Irgendwie will ich es gar nicht wahrhaben weil diese Option (in normaler VS später einschulen) immer in meinem Hinterkopf war wenn ich über die Zukunft des Kleinen nachgedacht habe :( .
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Rabaukenmama
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Re: Späteinschulung in Österreich

Beitrag von Rabaukenmama »

Hallo Koschka,

ja, mein Kleiner ist erst 3. Nur sind bei ihm aufgrund der Behinderung die Möglichkeiten ohnehin stark eingeschränkt und daher bin ich einfach enttäuscht weil eine der Optionen, die ich bisher im Hinterkopf hatte, wegfällt.

Wie es aussieht ist es gar nicht einfach, dass ein 80% behindertes Kind dieselben Chancen bekommt wie ein gesundes. Wie sich der Kleine in den nächsten 3 Jahren entwickeln wird kann ich ohnehin nicht vorhersehen. Aber wenn ich es realistisch betrachte ist die Chance, dass er in der Zeit alles aufholt und mit anderen Gleichaltrigen gleichzieht, zwar gegeben, aber ich kann nicht davon ausgehen. Daher war für mich die Option, ihn einfach ein Jahr später einzuschulen, immer beruhigend.

Meines Wissens nach gibt es "sitzenbleiben" in Österreich nach wie vor. Aber warum sollte ich meinem Kind das zumuten (vor allem wenn ich schon von vornherein vermute, dass es darauf hinausläuft)? Ist ja nicht gerade lustig für ein Kind wenn es mitbekommt dass ihm die anderen weit voraus sind.

Meine Gedanken gehen ja noch weiter: wenn mein Sohn in der VS nach Sonderschullehrplan unterrichtet wird hat er nach 4 Jahren gar nicht die Chance auf einen Gymnasiumplatz. Natürlich kann ich auch noch nicht wissen ob er dazu überhaupt imstande wäre. Aber dann kann ich auch noch damit leben wenn er 9 oder 10 Jahre alt ist und sein Weg ist nicht schon mit 6 Jahren vorbestimmt.

Daher bin ich für den Fall "mit 6 Jahren noch nicht wirklich schulreif" von beiden Optionen (Einschulung in Integrationsklasse mit sitzenbleiben-Option oder Sonderschule) nicht gerade begeistert.

Natürlich dauert es noch 2,5 Jahre bis diese Entscheidung ansteht und bis dahin kann sich noch viel ändern. Aber es ist immer frustrierend, einer bisher in Erwägung gezogenen Möglichkeit beraubt zu werden.
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Bliss
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Re: Späteinschulung in Österreich

Beitrag von Bliss »

Es gibt bestimmt einige Kinder, für diese Option eine gute Sache wäre, aber ich denke bei dem Sohn ist der Einschulungszeitpunkt eh nicht das, was über eine erfolgreiche Regelschulkarriere entscheidet. Wenn er es mit 7 auf der Regelschule schafft, dann hätte er es mit 6 bestimmt auch schon gekonnt. Bei dem was du über ihn schreibst, hätte er auch normal eingeschult noch Gelegenheit in manchen Dinge nachzureifen, da er in anderen wiederum weit vorraus ist.

Ich würde ausnutzen, dass er sich schon für Buchstaben interessiert. Wenn er früh lesen lernt, dann wird er vieles aufholen können.
Rabaukenmama
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Re: Späteinschulung in Österreich

Beitrag von Rabaukenmama »

@Koschka:
Ja, damit hast du sicher recht. Ich höre auch immer wieder dass etliche hörende 3jährige Kinder Fragen noch nicht verstehen. Das kann ich mir irgendwie gar nicht vorstellen weil mein Großer in dem Alter schon alles verstanden hat und sogar einen echten Begriff von Zeit (vorgestern, morgen, nächste Woche, im Herbst,...) hatte.

Ich sehe das Hauptproblem des Kleinen in seiner Sprachentwicklung und seinem (Laut-)Sprachverständnis. In der Schule mit Sonderschullehrplan ist der Unterricht zweisprachig und optimal auf hörbeeinträchtige Kinder abgestimmt. "Normale" Sonderschule ist sowieso keine Option.

Vielleicht bin ich auch einfach entmutigt weil der Kleine nach 16 Monaten mit Hörimplantaten noch immer kaum spricht und kaum gesprochenes versteht. Er verweigert immer noch meistens, seine Horchis zu tragen. Und trotz Frühförderung, Logopädie und viel "üben" zu Hause tut sich sprachlich einfach nichts. In den letzten 3 Monaten hat er genau EIN Wort dazugelernt: "tinkn" für trinken. Wenn es in der Geschwindigkeit weitergeht kann ich mir rein von der sprachlichen Entwicklung her keine normale Schule für ihn vorstellen. Aber wahrscheinlich liegst du ganz richtig mit der Vermutung dass es ein Jahr später auch nicht viel besser sein wird (oder ohnehin mit 6 Jahren schon ausreichend gut ist).

Wir wechseln jetzt mit der Horchi-Nachstellung vom AKH Wien nach Innsbruck weil die dort bessere Methoden zur Einstellung haben. Denn irgendeinen Grund muss es ja haben dass der Kleine die Teile so partout nicht tragen will. Kann ja sein dass ihm dann (mit guter Einstellung) endlich der Knopf aufgeht dass hören auch was schönes sein kann.
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patchanka
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Re: Späteinschulung in Österreich

Beitrag von patchanka »

Liebe Rabaukenmama!

Prinzipiell sind in Ö Kinder die bis zum 31.8. 6 Jahre geworden sind schulpflichtig. Sollten sie zu diesem Zeitpunkt nicht die notwendige Schulreife haben, müssen sie eine Vorschulklasse besuchen (die je nach Schule innerhalb der 1. Klasse oder auch als eigene Klasse geführt wird.)

Manchen Kinder tut es aber gut, dieses Vorschuljahr im gewohnten Umfeld d.h. Kindergarten/Kindergruppe zu verbringen. Die Stadt Wien z.b. zahlt aber in diesem Fall keine Kindergartenförderung mehr, der Besuch eines MA10 Kindergartens ist auch nicht möglich. Private Einrichtungen können jedoch besucht werden, wenn es eine finanzielle Lösung gibt, z.B. die Eltern den MA10 Beitrag übernehmen. Formell werden diese Kinder dann für die Vorschule in den "häuslichen Unterricht" abgemeldet und starten dann mit 7 Jahren mit der ersten Klasse in einer VS.

Ich hoffe das hilft dir, aber lass die Dinge mal auf euch zukommen, erfreue dich an deinen Kinder und lass sie einfach mal ihren Weg gehen....

alles liebe
patchanka
Rabaukenmama
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Re: Späteinschulung in Österreich

Beitrag von Rabaukenmama »

@koschka: Vielen Dank für Deine Beitrag! Ich bin ganz erstaunt wie gut du die Situation bei uns einschätzt :) .

Ja, du hast bestimmt recht, der Kleine wird seinen Weg schon machen und sein Dickschädel wird ihm dabei nochmal helfen. Außerdem ist die Gehörlosencommunity eine Gemeinschaft mit sehr starkem Zusammenhalt und da ist er jetzt schon voll drin. Ich brauche mir daher keine großen Gedanken machen wegen "Freunde" und "jemanden zum reden" - das wird vielleicht, wie du richtig einschätzt, eher bei meinem Großen schwierig werden.

Mein Großer ist so ähnlich wie du deinen beschreibst: sehr geringe Frusttoleranz, alles was nicht sofort klappt wird gleich mal aufgegeben. Schade, bei so vielen Fähigkeiten. Der Kleine tut sich viel schwerer, hat aber wirklich eine Eseslgeduld wenn er was erreichen will. Und dann ist bei meinem Großen da noch das jammern wegen jeder Kleinigkeit - und sei es weil ich ihm neue Hosen gekauft habe und er sich eigentlich neues Spielzeug gewünscht hat :roll: . Ich versuche dann durch aktives zuhören seine Situation zu verstehen und meistens klappt das ganz gut. Aber 5 Minuten später ist wieder ein anderer Grund zum jammern da :? .

@patchanka: Danke für die Info, sie deckt sich mit dem, was ich auch gehört habe.

Leider gibt es im Kindergarten des Kleinen keine Vorschule und außerdem ist es ein KIGA der MA10 - daher keine Möglichkeit für meinen Sohn, mit 6 Jahren noch für ein Jahr dort zu bleiben (auch wenn wir es finanzieren könnten) :( .

In der Vorschulklasse der Volksschule, die ich mir für meinen Sohn wünsche, wird natürlich rein lautsprachlich unterrichtet. Und DARIN liegt das Problem: im sprechen und im Lautsprachverständnis. Sprich: entweder versteht und spricht mein Kleiner mit 6 Jahren ausreichend gut Lautsprache, dass er eingeschult werden kann ODER es ist auch zu wenig für die Vorschule.

Ich mache mir keinerlei Sorgen dass mein Sohn den Lernstoff nicht VERSTEHT wenn er ihm in ÖGS vermittelt wird. Aber ÖGS gibt´s eben nur in dem Kindergarten bzw. der Schule, wo nach Sonderschullehrplan unterrichtet wird.
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