Ja oder nein oder wie oder was?

mein Kind verhält sich anders als die anderen - ist es hochbegabt?
sinus
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Ja oder nein oder wie oder was?

Beitrag von sinus »

Als meine Tochter (fast 7) noch klein war (etwa ab einem Jahr) habe ich viel hier gelesen und geschrieben. Sie entwickelte sich schon ab Geburt augenfällig ungewöhnlich schnell. (Körperlich, motorisch, sprachlich, kognitiv)
Im Laufe der Zeit nivelierte sich dieser anfangs wirklich überdeutliche Entwicklungsvorsprung immer weiter, fand ich.
Also ich fand sie in den letzten 2 Jahren kaum noch so herausstechend in der Altersgruppe.

Damals hatte ich mir irgendwann Aiga Stapf "Hochbegabte Kinder: Persönlichkeit, Entwicklung, Förderung" gekauft, es aber nicht sonderlich gründlich gelesen, da das Kind noch zu klein war.
In dem Buch werden vor allem Studien ausgewertet, die hochbegabte Kinder betreffen. Über Charaktermerkmale, bestimmtes Verhalten, einige Zusammenhänge...

Ich habe es jetzt, wo das Kind eben eingeschult wurde, einfach mal wieder zur Hand genommen.
Und es ist unglaublich - die Frau kennt meine Tochter! Wirklich ungewöhnlich viele Parallelen sind da zu finden...
Viele Dinge, die ich eigentlich eher ihrem Charakter zugeschrieben habe werden da als "statistisch signifant häufiger" bei hochbegabten Kindern beschrieben.
Große Ausnahmen sind das "fehlende" Frühlesen (sie konnte lange vor der Schule auf Wortebene lesen, zeigte aber kein weiteres Interesse und liest erst jetzt mit Schuleintritt "richtig") und der "unstillbare Wissendurst", den ich bei ihr auch nicht so erlebe.
Diese beiden Dinge waren für mich immer ganz wesentliche Hinweise auf eine Hochbegabung...
Aber jetzt komme ich doch wieder ins Grübeln, da ich wirklich in großen Teilen genau meine Tochter im Buch beschrieben fand!

Im Grunde habe ich übrigens keinen Anlass, drüber nachzudenken, außer persönlicher Neugier.
Sie mag bisher die Schule ganz gern, obwohl sie schon manchmal sagt (nicht klagt!), es sei langweilig, weil sie immer schnell fertig wäre mit ihren Aufgaben. Sie gehört wohl auch zu den besten Lesern der Klasse momentan (liest nicht flüssig vor, kann aber geschriebene Aufgabenstellungen lesen und verstehen) und es fällt ihr aktuell alles leicht. (Sie kann problemlos die Aufgaben im hintersten Teil der Deutsch- und Mathe Aufgabenhefte lösen. Ich glaube aber, die gehen nur bis zum Halbjahr, dann gibts neue Arbeitshefte.)
Aber das geht sicher noch mehreren anderen in der Klasse ebenso, denk ich mal... Der Stoff der erste Klasse ist doch nun auch nicht wirklich schwierig...

Ich schwanke zwischen: "du bildest dir alles nur ein, die ist klug, aber doch nicht "besonders begabt" & "Vielleicht hast du einfach nur hohe Ansprüche und Anforderungen und hältst Vieles für normal, was gar nichtmal so normal ist in dem Alter..."
Wir sind hier auch umgeben von Akademikerfamilien, also die Freunde von Tochter kommen mir eigentlich alle sehr schlau vor.

Gibts hier noch andere, deren Kinder keine "typisches Hb-Kind" schien, was offensichtliche, zu erwartende Sonder-Fähigkeiten betraf, die dann aber doch hochbegabt getestet wurden?
Und wo zeigte sich das in Alltag/Schule & Co dann vielleicht doch noch?
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(Herbstgedicht der 6jährigen)
Momo
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Re: Ja oder nein oder wie oder was?

Beitrag von Momo »

Hallo liebe Sinus,
ich freue mich total, mal wieder von Dir zu hören! Wie geht es Deiner Tochter in der Schule? Du hast schon etwas geschrieben, doch vielleicht kannst Du noch mehr berichten ;) Für welche Schule habt Ihr Euch entschieden? Wir beschäftigen uns zur Zeit sehr intensiv mit dem Schulthema. Meine Tochter hat sich gestern ein kleines "Arbeitsbuch" gebastelt, in welches sie hineinschreibt. Ich habe die ehrenvolle Aufgabe, ihr zusätzlich auch Rechenaufgaben und Leseaufgaben hineinzuschreiben, die sie dann löst. Es macht ihr gerade unglaublich viel Spaß und deshalb hat sie dieses Heft heute mit in den Kindergarten genommen. Natürlich wurde ich mittags darauf angesprochen auch mit dem Hinweis, dass sie auf jeden Fall im nächsten Jahr zur Schule gehen sollte... mal schauen...
Mich überzeugt derzeit die Montessoripädagogik sehr, der Umgang mit den Kindern und die Möglichkeit, dort lernend einzusteigen, wo man individuell als Kind steht. Natürlich steht und fällt trotzdem alles mit den Lehrern.

Ich bin wirklich gespannt, was Du weiterhin berichtest!
Wir denken übrigens derzeit ganz vorsichtig darüber nach, unsere Tochter evt. testen zu lassen, um z.B. die Schulwahl besser entscheiden zu können. Schwierig, doch vielleicht wäre es hilfreich und man könnte die ganze Situation einfach besser einschätzen. Machmal würde ich auch gerne "schwarz auf weiß" wissen, woran ich bin. Ob das allerdings etwas ändern oder wirklich helfen würde, weiß ich nicht...

Ganz liebe Grüße von Momo
"Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht." Mark Aurel (121-180)
Momo
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Re: Ja oder nein oder wie oder was?

Beitrag von Momo »

Nun hast Du mich auch auf dieses Buch neugierig gemacht. Worin kannst Du denn Parallelen sehen?

Sinus hat geschrieben:
Viele Dinge, die ich eigentlich eher ihrem Charakter zugeschrieben habe werden da als "statistisch signifant häufiger" bei hochbegabten Kindern beschrieben.
Kannst Du dazu Beispiele nennen? Spannend!

Liebe Grüße von Momo
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sinus
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Re: Ja oder nein oder wie oder was?

Beitrag von sinus »

Hallo Momo, ach, ich könnt dir ganz viel berichten...
War viel los hier diesen Sommer...

Sie geht auf die normale Sprengelschule, hat aber eine besonders nette Lehrerin (bekannt für viel Engagement) und diese Schule ist eher klein und übersichtlich. (2zügig)
Das Kind erzählt aber nicht sonderlich viel von der Schule bzw den schulischen Inhalten, dafür kriege ich immer ausführliche Berichte von Hort und den neuen (Spiel-)Freunden.
("Ich habe so viele neue Freunde jetzt - so viele kann ich eigentlich gar nicht gebrauchen" - gegenüber ihrer Aussage noch vor Kurzem: "ich habe gar keine so RICHTIGEN Freunde". Vermutlich gilt beides, aber ihre Sichtweise dazu ist aktuell offensichtlich recht positiv.)

Dass es manchmal langweilig ist, war die Antwort auf meine Frage, was ich zum ersten Elterngespräch thematisieren solle aus ihrer Sicht.
Das ist nun nächste Woche und ich bin sehr gespannt, was die Lehrerin sagt.

Sie geht immernoch recht spät schlafen, das ist auch ein Unterschied zu vielen anderen Kindern, deren Eltern mir eher berichten, dass ihre Erstklässler ganz schön geschafft wären vom Schulalltag. Tochter nicht die Bohne.
Sie ist jetzt neuerdings viel interessierter an zusätzlicher Freizeitbeschäftigung, bisher wollte sie ja meist lieber daheim ihre Ruhe haben und nachmittags möglichst kein aushäusiges "Programm". Jetzt geht sie 2x die Woche zum Turnen und total gerne dahin. Eigentlich das erste Mal, dass sie sich so richtig freut auf die "verplanten Nachmittage" (Sie sollte da sogar in die Leistungsgruppe, wir haben uns aber dagegen entschieden)

Außerdem lernt sie jetzt ein Instrument, was auch gut läuft. (Ich glaube nicht, dass sie besonders musikalisch ist, ich staune aber, wie schnell sie das Drumherum begreift.)
Allerdings ist ihr da oft ihr Perfektionsimus bzw. die hohen Ansprüche an sich selbst im Weg. Sie glaubt, sie müsse das alles gleich können und ist tw extrem frustriert, wenns - naturgemäß - nicht gleich klappt. Aber da hat sie auch schon deutliche Lernfortschritte gemacht im Sinne der Erkenntnis von "üben wirkt" und auch in Selbstbeherrschung.

Im Großen und Ganzen wirkt sie derzeit ausgeglichen und es läuft alles rund hier. Sie ist auch nach wie vor eine tolle große Schwester.
Berichte aus befreundeten Familien, wo von Konkurrenz, Eifersucht, häufigem Streit und Provokationen und gegenseitigem Ärgern die Rede ist, sind mir (bisher?) fremd.

Und die Kleine - hachja - die ist zum anbeißen. (Jetzt 19 Monate)
Die redet nicht ganz so perfekt wie die Große in dem Alter, aber auch schon in ersten Sätzen und das ist einfach nur wunderbar!
(Die Große hat schon richtige grammatikalische Konstruktionen benutzt, die Kleine redet eher "Steno", also mehere einzelne Worte aneinandergereiht. Aber auch so kann man sich toll verständigen. Wo die Große "Finger sieht ganz rot aus" gesagt hat beim Malen mit Fingermalfarbe, würde die Kleine sowas sagen wie: "Finger! Farbe! N.(Kurzform eigener Name) malt!" sagen)
Sie ist soeben in der Krippe eingewöhnt - was nicht so leicht war, aber jetzt gelungen ist. (Sie geht aber auch nur 4 Tage die Woche für knapp drei Stunden am Vormittag)
Und sie ist so "bedacht" wie die Große. Wenn die Große was aufbaut und man ihr sagt, sie solle es nicht zerstören, tänzelt sie regelrecht drumerum und fasst es auch wirklich kaum an, so dass nichts kaputt geht. Da ist zu meiner Freude ganz viel an gegenseitigem Respekt zu beobachten.

Einer der Großen (unserer) Freunde geht übrigens auf eine freie/Montessorischule. meine Freundin hat damit schon das dritte Kind auf einer freien Schule. Sie könnte dir sicher viel dazu sagen...
Vielleicht solltet ihr doch mal kommen!
Zuletzt geändert von sinus am Di 10. Nov 2015, 13:46, insgesamt 7-mal geändert.
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sinus
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Re: Ja oder nein oder wie oder was?

Beitrag von sinus »

Momo hat geschrieben:Nun hast Du mich auch auf dieses Buch neugierig gemacht. Worin kannst Du denn Parallelen sehen?

Sinus hat geschrieben:
Viele Dinge, die ich eigentlich eher ihrem Charakter zugeschrieben habe werden da als "statistisch signifant häufiger" bei hochbegabten Kindern beschrieben.
Kannst Du dazu Beispiele nennen? Spannend!

Liebe Grüße von Momo

Ich würde es dir jederzeit ausborgen. Es ist zu viel, als dass ich hier jetzt alles aufschreiben mag/kann.
Ich fand das Buch jetzt auch nicht soo erhellend, was den Inhalt an sich betrifft. Wie gesagt sind das im Grunde nur aneinander gereihte Studienergebnisse, welche Dinge bei Hochbegabten so beobachtet/nachgewiesen wurden.

Nur mal ein paar willkürlich herausgegriffene Sachen: nicht so mädchentypische Interessen, bestimmtes Verhalten in der Gruppe, überraschend heftige/jähzornige Ausbrüche von ansonsten tendentiell ausgeglichenen, vernünftigen Kindern wenn sie etwas, was sie im Kopf haben, physisch nicht gleich umsetzen können (haben wir beim Instrument), wenig schlafen, allgemein wenig Ermüdungserscheinungen, das Sich-selbst-genügen (wird zurückgeführt auf ein vermutlich reiches Innenleben), hohe moralische Ansprüche/Regelkonfomiität, ... Auch so eine Aussage/Wahrnehmung wie das Gefühl, "keine RICHTIGEN Freunde" zu haben kam vor.

Ach es ist nicht DIES oder DAS eine, auch nichts weltbewegendes Neues dabei, was ich so noch nicht wusste. Es ist eher die große Summe der Kleinigkeiten, die da zusammenkommen und die eine "Persönlichkeit" zeichnen, die ich schlicht wiedererkenne. Gerade eben auch so Dinge, die ich an sich eher mit der Persönlichkeit und nicht so sehr mit Intelligenz in Verbindung gebracht habe.
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Bliss
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Re: Ja oder nein oder wie oder was?

Beitrag von Bliss »

sinus hat geschrieben: Gibts hier noch andere, deren Kinder keine "typisches Hb-Kind" schien, was offensichtliche, zu erwartende Sonder-Fähigkeiten betraf, die dann aber doch hochbegabt getestet wurden?
Und wo zeigte sich das in Alltag/Schule & Co dann vielleicht doch noch?
Also zum Zeitpunkt der Testung (7 Jahre) war ich mir eigentlich schon sicher, aber vieles von dem, womit man HB verbindet und von dem ich auch oft hier lese kenne ich von meinem Sohn nicht.

Erstens mal deutete in den ersten 18 Monaten außer dem wachen Blick und dem wenigen Schlaf absolut nichts auf eine HB hin. Er war sogar sehr spät dran mit laufen und sprechen, so ziemlich als letzter in unserem Umfeld. Dann zeigte sich zwar schon, dass er sehr intelligent sein muss, da er z.B mit 3 Jahren lesen konnte, ohne dass er da viel vorher gefragt hätte. Das ist jetzt auch mit der auffallendeste Unterschied den ich zwischen ihm und vielen anderen Kinder hier sehe: er hat keinen ausgeprägten Wissensdurst, er stellt kaum Fragen, er hat sich nie im KiGa nie gelangweilt, er hat viele gleichaltrige Freunde.

Wenn er nicht eben so viele Dinge trotzdem können und verstehen würde, obwohl er sich damit allenfalls in Gedanken beschäftigt hat, hätte ich nie eine HB bei ihm vermutet.
sinus
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Re: Ja oder nein oder wie oder was?

Beitrag von sinus »

Bliss hat geschrieben:
Also zum Zeitpunkt der Testung (7 Jahre) war ich mir eigentlich schon sicher, aber vieles von dem, womit man HB verbindet und von dem ich auch oft hier lese kenne ich von meinem Sohn nicht.

Erstens mal deutete in den ersten 18 Monaten außer dem wachen Blick und dem wenigen Schlaf absolut nichts auf eine HB hin. Er war sogar sehr spät dran mit laufen und sprechen, so ziemlich als letzter in unserem Umfeld. Dann zeigte sich zwar schon, dass er sehr intelligent sein muss, da er z.B mit 3 Jahren lesen konnte, ohne dass er da viel vorher gefragt hätte. Das ist jetzt auch mit der auffallendeste Unterschied den ich zwischen ihm und vielen anderen Kinder hier sehe: er hat keinen ausgeprägten Wissensdurst, er stellt kaum Fragen, er hat sich nie im KiGa nie gelangweilt, er hat viele gleichaltrige Freunde.

Wenn er nicht eben so viele Dinge trotzdem können und verstehen würde, obwohl er sich damit allenfalls in Gedanken beschäftigt hat, hätte ich nie eine HB bei ihm vermutet.
Das klingt ja erstmal alles wirklich schön!
Wie kommt er in der Schule klar? Ist er früheingeschult/gesprungen, besucht er eine besondere Schulform?
Was für Dinge sind es denn, die er "trotzdem kann & versteht"?

Wo ich auch immer denke, dass sie das doch können müsste, wenn sie so klug wäre, ist die Uhr. Die konnte sie so etwa mit 5/Anfang 6 so halbwegs, also halbe und volle Stunden zumindest. An mehr war sie aber auch gar nicht interessiert, man konne es ihr halbwegs erklären, aber sie wollte das nicht wirklich lernen/wissen, darum kams einfach nicht an bzw wurde wieder vergessen. Sie hat schon ewig eine eigene Armbanduhr, benutzt die aber auch gar nicht.
Auch Addition und Subtraktion fiel ihr eher schwer (also so mit 5, 6), dafür konnte sie mit 4 Jahren bis ca. 25 multiplizieren.
("Wieviele Fischstäbchen müssen wir kaufen, wenn wir 5 Personen sind und jeder drei Stück isst?")
Gestern sagte sie mir, dass wenn jemand 7 Nüsse habe und ein anderer 5 der mit den mehr Nüssen nur eine abgeben müsse, dann hätten beide gleich viel. Das müsse also dann auch insgesamt eine gerade Zahl sein, da man sie ja durch zwei teilen könne.
Aber das ist mit fast 7 keine besondere Rechenleistung mehr, oder?
Auch sagte sie mir, dass die "Sprache auf Verpackungen so angeberisch sei".
Sie hatte auf der Milchverpackung gelesen.
Das fand ich wiederum eine Beobachtung, die ich für das Alter vielleicht bisschen ungewöhnlich finde. Also sowas überhaupt wahrzunehmen und zu hinterfragen...
Ihre Beobachtungen sind überhaupt oft recht präzise.
Sie malte neulich ein Eichenblatt "das gerade vom Baum fällt". Dabei war es so leicht zusammengefaltet, so halb zusammengerollt und war seitlich (also quasi im Profil) abgebildet.
Wie genau ein welkes Blatt im Fallen aussieht - darüber hab ich mir selbst jetzt noch keine Gedanken gemacht...
Die Größenverhältnisse und Proportionen der Dinge auf ihren Bildern stimmten auch sehr früh schon recht gut. (Sie malte mit 5/6 im Kiga z.B. verschiedene Pilze/Bäume/Pflanzen je im richtigen Größenverhältnis zueinander, was von der Erzieherin als "besonders" hervorgehoben wurde. Mir selbst kam das gar nicht ungewöhnlich vor.)
Dann gabs in dem Alter auch manchmal Bilder mit Flächen/Mustern, die wie miteinander verflochten waren. Also wo Flächen/Linien unter anderen Flächen verschwanden und dann an logischen Stellen wieder auftauchten. (Wie gewebt).
Das fand die Oma damals ungewöhnlich. (Das ist mir ebenfalls selbst gar nicht als "Leistung" aufgefallen)
Und im letzten Jahr erklärte sie mir den Unterschied von Froschlaich und Krötenlaich. (ich wusste den nicht.)
Das hatte sie - wie sie auf meine Frage hin, woher sie das wüsste, antwortete - selbst im Gartenteich beobachtet und sich anhand von Abbildungen in Büchern zusammengereimt, ohne dass ihr jemand was vorgelesen/gezeigt hätte.
Das sind so Sachen, die mitunter auffallen. Die jetzt aber auch nicht soooo besonders sind. Das sind halt Themen, die sie interessieren.
Aber sonst...?! :roll:
(Andere Mädchen in dem Alter können dafür halt die verschiedenen Tanzschritte der Eiskönigin alle imitieren oder wissen genau über das Design von Kleidern derFilmprinzessinnen bescheid... das sind ja auch "Leistungen".)
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(Herbstgedicht der 6jährigen)
Bliss
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Registriert: Fr 21. Okt 2011, 23:43

Re: Ja oder nein oder wie oder was?

Beitrag von Bliss »

sinus hat geschrieben: Das klingt ja erstmal alles wirklich schön!
Wie kommt er in der Schule klar? Ist er früheingeschult/gesprungen, besucht er eine besondere Schulform?
Er ist regulär eingeschult, aber kurz vor dem Stichtag geboren, wenn ich richtig informiert bin gibt es nur einen jüngeren Jungen in seiner Klasse. Er ging in die normale Sprengelgrundschule, die aber als ziemlich anspruchsvoll gilt. Beim Gymnasium hat er sich für das musische entschieden.

Wir hatten die Abmachung, dass ich mich wie von ihm gewünscht raushalte aus allen schulischen Sachen, wenn dafür im Gegenzug keine Beschwerden von Lehrerseite wegen Benehmen oder Leistungsverweigerung kommen. Das hat gut funktioniert, auch wenn er mir neulich gestanden hat, dass das Gymnasium jetzt viel angenehmer für ihn ist.
Was für Dinge sind es denn, die er "trotzdem kann & versteht"?
Eben z.B die Uhr. Die hat er einfach irgendwann gekonnt. Jetzt vielleicht nicht überragend früh, aber ohne dass ich oder sein Vater ihm was erklärt hätten. Vielleicht war es im KiGa mal Thema, aber dann sicher auch nicht ausführlich.
Rabaukenmama
Dauergast
Beiträge: 2953
Registriert: So 8. Dez 2013, 21:24

Re: Ja oder nein oder wie oder was?

Beitrag von Rabaukenmama »

hallo sinus,

schön, mal wieder von Euch zu lesen :) .

Wenn ich lese was du von deiner Tochter schreibst erinnert mich sehr viel an meinen älteren Sohn. Manches ist auch anders, vor allem dass mein Großer dem (Vorurteils-) Bild eher entspricht, welches die meisten Erwachsenen von hochbegabten Kindern haben. Die Fähigkeit sinnerfassen, schnell und flüssig zu lesen gehört bestimmt dazu. Auch vom Wissensdurst her ist er voll dabei. Er liest täglich (in Summe) mindestens eine Stunde, meistens noch länger, und das großteils in Sachbüchern zu verschiedenen Wissensgebieten und Lexika. Ich stufe seine Lesekompetenz mindestens im Bereich der 3. Klasse oder darüber ein. Neulich hatte ich ja am "Tag der Wiener Schulen" Gelegenheit, in verschiedene Schulen reinzuschauen und habe einige Zweitklässler lesen gehört - allesamt wesentlich langsamer und stockender als mein Sohn.

Aber die Uhr kennt er auch noch nicht. Es ist genau, wie du das von Deiner Tochter beschreibst: er hatte mal eine Phase, wo es ihn interessier hat, und mittlerweile kann er die vollen und die halben Stunden, aber im Moment besteht kaum Interesse, dieses Wissen weiter auszubauen. Mit rechnen ist es ähnlich. Mit 3,4 Jahren hat er mich ja mal mit seiner Rechenkompetenz total überrascht. Meine Mutter hatte mir gesagt, sie hätte 10 Unterhosen für ihn gekauft und da sie nicht so viel braucht würde sie mir 3 davon mitgeben. Da kam von meinem Sohn sofort "Dann bleiben der Oma noch 7!" Ohne Finger, ohne viel nachdenken!

Seitdem sind über 2 Jahre vergangen und wenn ich meinen Sohn heute fragen würde "Wie viel ist 10 minus 3?" würde er wahrscheinlich erst einmal umständlich an seinen Fingern herumzählen bevor er mir die (vermutlich korrekte) Lösung sagt - oder er würde gleich krähen "Das weiß ich nicht!".

Beim Unterschied von rechts und links ist es ganz genaus dasselbe. Mein Sohn kannte den Unterschied bereits mit 2 Jahren mit einer Trefferquote von praktisch 100% (kann mich nicht erinnern dass er jemals falsch lag) - und heute fragt er mich immer, wo denn rechts und wo links sei. Antworten wie "Die Hand, mit der du schreibst und zeichnest ist deine rechte Hand" versteht er zwar, kann sie aber nicht umsetzen.

Klar habe ich mich auch schon gefragt ob mein Sohn jetzt plötzlich alles verlernt hat bzw. ob er doch nicht so klug ist,wie ich immer dachte. Aber ich habe auch eine Antwort gefunden: früher, als er noch um einiges jünger war, hatte niemand irgendwelche Erwartungshaltungen an ihn und selbst wenn jemand welche gehabt hätte wäre es ihm (noch) egal gewesen. Jetzt ist ein gewisser innerer Druck da, es "richtig" zu machen - und dieser Druck verunsichert.

In Gebieten, wo er sattelfest ist (z.B. lesen) zeigt er stolz und gerne was er kann. Dort, wo er unsicher ist prüft er lieber noch 3x ob er mit seiner Vermutung richtig liegt oder sagt erst mal gar nichts um nichts falsches zu sagen. Dabei wäre ihm wirklich niemand böse wegen eines Fehlers. Aber mittlerweile hat er den Anspruch an sich selbst, auf alles was man ihn fragt die korrekte Antwort zu geben.

Mit seinen 5,8 Jahren weiß er mittlerweile dass es für jede Rechenaufgabe (zumindest jenen, denen er bisher begegnet ist) nur EINE richtige Lösung, für jedes Wort nur EINE richtige Schreibweise und für jede Quizfrage mit mehreren Lösungsmöglichkeiten nur EINE richtige Antwort gibt. Das erklärt sein Unsicherheit. Sie ist nicht etwa Zeichen einer Stagnation oder Rückentwicklung sondern ein Schritt auf dem Weg der Weiterentwicklung. Mein Sohn fragt jetzt häufig nach wie man ein Wort schreibt oder lässt sich Wörter, bei denen er unsicher ist, komplett buchstabieren. Dadurch macht er viel seltener Schreibfehler wie noch vor einem Jahr. Die Buchstaben sind seine Freunde (symbolisch natürlich) :mrgreen: .

Zahlen sind dagegen nicht so gute Freunde. Denn die schreibt er in letzter Zeit häufig spiegelverkehrt und das ärgert ihn selbst sehr. Durch das intensive lesen und schreiben war er in letzer Zeit viel mehr mit Buchstaben als mit Zahlen beschäftigt. Klar, dass da die Zahlen nicht mehr so geläufig sind und Fehler passieren können. Ich mache meinen Sohn übrigens (freundlich) darauf aufmerksam wenn er was falsch geschrieben hat weil ich nicht der Ansicht bin dass er besser schreiben lernt wenn man so tut als wäre alles richtig. Aber ich käme NIEMALS auf die Idee, ihm wegen eines Fehlers Vorwürfe zu machen oder versteckte Botschaften ("das solltest du aber schon wissen") mitzugeben. Der Ehrgeiz meines Sohnes, alles richtig machen zu wollen, kommt aus ihm selbst heraus.

Vielleicht ist es ja bei Deiner Tochter ähnlich. Ich glaube ohnehin dass es so viele Aspekte einer Persönlichkeit und vor allem des persönlichen Begabungsprofils gibt, dass Hochbegabung nicht rein anhand von Klischees "diagnostiziert" werden kann.

Wenn ein sprachlich hochbegabtes Kind in den anderen Bereichen durchschnittlich (oder sogar teilweise unterdurchschnittlich) abschneidet kommt rechnerisch ein IQ unter 130 raus und damit gilt das Kind offiziell nicht (oder nur partiell) als "hochbegabt". Dagegen kann ein kompett unscheinbar wirkendes Kind in Sachen logisches Denken und/oder räumliches Vorstellungsvermögen so gut sein, dass es auch einen Gesamt-IQ im HB-Bereich hat. Und dann kommt noch dazu dass Kinder unterschiedlich gut mit Test-Situationen zurechtkommen und daher durchaus möglich ist, dass ein IQ-Test nicht die tatsächlichen Fähigkeiten wiederspiegelt. Aber generell beobachte ich, dass sprachlich sehr fitte Kinder viel eher als "hochbegabt" eingeschätzt werden als z.B. Kinder mit sehr gutem räumlichen Vorstellungsvermögen.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
inessa73
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Re: Ja oder nein oder wie oder was?

Beitrag von inessa73 »

Rabaukenmama hat geschrieben:Klar habe ich mich auch schon gefragt ob mein Sohn jetzt plötzlich alles verlernt hat bzw. ob er doch nicht so klug ist,wie ich immer dachte. Aber ich habe auch eine Antwort gefunden: früher, als er noch um einiges jünger war, hatte niemand irgendwelche Erwartungshaltungen an ihn und selbst wenn jemand welche gehabt hätte wäre es ihm (noch) egal gewesen. Jetzt ist ein gewisser innerer Druck da, es "richtig" zu machen - und dieser Druck verunsichert.

In Gebieten, wo er sattelfest ist (z.B. lesen) zeigt er stolz und gerne was er kann. Dort, wo er unsicher ist prüft er lieber noch 3x ob er mit seiner Vermutung richtig liegt oder sagt erst mal gar nichts um nichts falsches zu sagen. Dabei wäre ihm wirklich niemand böse wegen eines Fehlers. Aber mittlerweile hat er den Anspruch an sich selbst, auf alles was man ihn fragt die korrekte Antwort zu geben.
Das ist ja krass - GENAU SO ist das bei meinem kleinen Sohn (inzwischen 6 Jahre). Der hat mich mit knapp 4 Jahren mit Sachen überrascht ..., aber sobald er sich abgefragt oder geprüft fühlt, wird er gleich unsicher und sagt, "das weiß ich nicht". Oder wenn halt doch mal eine Antwort falsch ist, geht gleich die Welt unter. Seine Erzieherinnen meinen, er sei sehr perfektionistisch, will halt keine Fehler machen.

Deine Erklärung macht für mich dann absolut Sinn und beruhigt mich etwas, weil auch ich dachte, er hätte sich "zurückentwickelt".

Danke für´s Augen öffnen, wobei ich natürlich nicht weiß, ob er wirklich so "schlau" ist, wie der große Bruder. Aber in Vielem erkenne ich ihn wieder und diese AHA-Effekte vom Großen gibt es auch oft bei den Kleinen (sind Zwillinge), auch wenn alle 3 Kinder doch sehr verschieden sind.
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