Soziale Kompetenz?

mein Kind verhält sich anders als die anderen - ist es hochbegabt?
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Anne
Beiträge: 1
Registriert: Fr 8. Aug 2008, 15:56

Soziale Kompetenz?

Beitrag von Anne »

Hallo Zusammen,

nach langen Suchen bin ich auf dieses Forum gesuchten und hoffe, dass Ihr einen Rat wisst.

Mein Sohn ist jetzt 7 Jahre, geht in die 2. Klasse und ich weiß langsam nicht mehr weiter.

Als Baby und Kleinkind war er zwar immer sehr wach, aber eher ein "Spätzünder". Er ist sehr spät gelaufen, hat spät gesprochen, spät radgefahren. Allerdings konnte er es dann sofort auf Anhieb. Es war also eher so, als ob er sich nicht mit endlosen Versuchen abgemüht hätte, sondern einfach gewartet hat, bis er es konnte.

Inzwischen ist er weit voraus. Er kann z.B. in 50er Schritten bis 10.000 und in 1er Schritten mehrere Hundert weit rechnen und erfasst diese Zahlen auch. - In der Schule haben sie sich gerade "den Rechenraum bis 20 erschlossen", wie die Lehrerin stolz berichtete. Mit seiner Oma löst er "Killer Sodokus" für Erwachsene, von denen ich keine einzige Zahl finden würde. Lesen, Schreiben, aber auch Sport, alles fliegt ihm nahezu zu. Wir spielen mit ihm ausschließlich Gesellschaftsspiele für Erwachsene. Er hat ein enormes naturwissenschaftliches Verständnis, zieht Querverbindungen, bei denen ich oft nur staunen kann.

Er ist auf jeden Fall sehr begabt. Meine beiden Eltern und ich haben alle einen IQ um die 130, welcher offensichtlich an meinen Sohn weitergegeben worden ist. Daher halte ich einen Test zur Zeit auch nicht wirklich sinnvoll, der ja eh nur das Offensichtliche bestätigen würde. Auch möchte ich ihn ganz normal die Schule durchlaufen lassen, solange es dort keine Probleme gibt. Ihm macht Schule spaß. Warum er sich nicht langweilt, ist mir ein Rätsel, aber zur Zeit geht er einfach gerne dahin und freut sich auf die Pausen.

So weit, so gut.

Sozial ist er mehr oder weniger auf dem Entwicklungsstand eines Kleinkindes. Alles dreht sich nur um ihn, er kann sich überhaupt nicht in andere hinein versetzen. Er merkt gar nicht, wenn er die Grenzen anderer überschreitet, andere verletzt. Gefühle wie Mitleid oder Anteilnahme, Einfühlungsvermögen scheinen bei ihm nicht vorhanden zu sein.

Sämtliche "Erziehungsversuche" schlagen fehl. Strafen prallen an ihm ab, er diskutiert bei jeder Kleinigkeit. Bei jeder! Er macht _nie_ etwas beim 1. mal. Das war schon immer so und ich habe mich daran gewöhnt, obwohl es unendlich anstrengend ist. Inzwischen ist mir auch klar, dass das bei sehr intelligenten Kindern eher normal ist, weil sie eben alles "durchschauen". Aber was ich verstehe, versteht seine restliche Umwelt noch lange nicht. Wie auch?

Er ist schon bei einigen gleichaltrigen Kindern, bzw. deren Eltern "in Ungnade" gefallen, weil er sich dort einfach nicht benimmt. Er ist schlicht und einfach unerzogen. Er grüßt z.B. nicht. Ich habe ihm 1000 mal erklärt, dass und warum man guten Tag und auf Wiedersehen sagt. Er begreift dieses soziale Verhalten einfach nicht. Es ist für ihn nicht nachvollziehbar. Erklär ihm, wie eine Glühbirne funktioniert. Das versteht er. Erklär ihm, dass er grüßen soll. Das versteht er einfach nicht. Das kann er nicht anfassen, sehen. "Bitte" und "Danke" Sagen? Fehlanzeige. Erklären, vorleben, nichts kommt bei ihm an.

Er begreift nicht, dass sein Verhalten Konsequenzen hat. Er muss alles immer selber erfahren. Ein Beispiel: Seine Zähne putzt er erst vernünftig, seit dem der Zahnarzt 2 (zum Glück noch sehr kleine) Löcher festgestellt hat. Diese Löcher waren für ihn der Beweis, dass das mit dem Karies stimmte, was wir immer gesagt haben.

Um es auf den Punkt zu bringen: Er versteht die komplexesten mathematische, sprachlichen usw. Sachverhalte. Aber er begreift sein soziales Umfeld nicht.

Ich habe immer gehofft, dass sich das "auswächst" und war der Meinung, dass ein Kind ja nicht auf jedem Gebiet so weit sein könne. Inzwischen führt sein Verhalten aber zu Problemen und ich weiß einfach nicht mehr, was ich machen soll. Es ist so widersprüchlich. Er ist trotzdem ein sehr liebebedürftiges Kind, dass gerne in den Arm genommen wird, kuschelt und selber auch zum Kuscheln kommt. Er hat also durchaus ein Gefühlsleben. Aber das ist irgendwie total unter entwickelt, bzw. wieder nur auf sich bezogen. Kuscheln usw. ist gut für _ihn_. Z.B. Rücksichtnahme auf andere nützt ihm ja nicht direkt. Also macht er es nicht.

So stoisch, wie er anderen gegenüber ist, so ist er es auch mit ihm selbst. Wenn er von einem Kind nicht zum Geburtstag eingeladen wird, ist ihm das egal. Die meisten anderen Kinder wären traurig und würden sich abgelehnt fühlen. Er nicht. Er merkt so eine Ausgrenzung gar nicht. Genauso, wie er Gefühle wie Eifersucht etc. einfach nicht zu kennen scheint. Er nimmt alles einfach als gegeben hin und macht für sich das Beste draus, was ja eigentlich auch gut ist.

Er kann z.B. stundenlang alleine spielen, ist auch sehr geduldig und ruhig, wenn es für das Spiel erforderlich ist (z.B. lauter Dominosteine aufstellen, um Dominoday nachzuspielen usw.). Er agiert auch sozial, also schaut einem beim Reden ganz normal in die Augen usw., hat einen außerordentlich großen Wortschatz. Er macht also eigentlich einen ganz normalen Eindruck.

Aber es kann so nicht weitergehen, wie bisher. Er kommt jetzt in ein Alter, in dem Andere ihm sein Verhalten übel nehmen. Dieses "Ach, das macht nichts, der ist ja noch so klein" kommt einfach nicht mehr bei einem 7-Jährigen - und soll natürlich auch nicht kommen.

Ich möchte ihn aber auch nicht zum Psychologen schleppen. Das würde ihm wahrscheinlich nur das Gefühl geben, dass etwas mit ihm nicht stimmt. Das kenne ich aus meiner Kindheit und möchte das nicht mit meinem Kind wiederholen.

Nur: Wie kann ich ihm soziale Kompetenz "beibringen"? Das ist etwas, was "normale" Menschen intuitiv lernen. Wie kann ich meinem Kind nur helfen, ohne dass wir zum Psychologen müssen?

Viele Grüße und danke für's Durchhalten bis hier hin,
Anne
Cornelius
Beiträge: 14
Registriert: Mi 9. Jul 2008, 22:31
Wohnort: Edewecht

Re: Soziale Kompetenz?

Beitrag von Cornelius »

Hallo Anne,
auch ich denke, du solltest ruhig einen Psychologen um Rat fragen. Heite ist deren Ausbildung sicher viel umfangreicher asl früher. Ich selbst hatte die Möglichkeit als "Medium" :)) für ein Seminar über holoistische Psychologie zu fungieren und habe dabei viel über mich selbst gelernt.
Vielleicht gehst Du erst mal ohne dein Kind, nur für Dich ?!

Liebe Grüße
Anja
alibaba

Re: Soziale Kompetenz?

Beitrag von alibaba »

Hallo,

ich kann einen Buchtip hierzu beisteuern. "Mein Kind ist stark" von Kovacs und Kaltenthaler. Hierin geht es um die soziale und emotionale Kompetenz wie man diese vermittelt und beibringt. Ein Kleines Kapitel über hb ist auch darin - denn irgendwie gehört das alles so wunderbar zusammen.

Grüßle
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