Diskussionsthema Schule

Probleme und Lösungen für den Schulalltag
Rabaukenmama
Dauergast
Beiträge: 2973
Registriert: So 8. Dez 2013, 21:24

Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Rabaukenmama »

Edainwen hat geschrieben: Aber dann hätte ich keine Zeit mehr gehabt, meine Freundinnen, die nciht auf diese Schule gingen, zu sehen, keine Zeit mehr, meinen eigenen Interessen ohne den festen Schulrahmen nachzugehen. Also für mich als Kind ein no-go, insofern würde ich auch meinen Kindern eine Ganztagesschule nur auf eigenen Wunsch oder dann, wenn es unbedingt sein müsste, zumuten.
So sehe ich das aus. Wenn das Kind alle seine Freunde in derselben Klasse hat muss das kein Problem sein, aber wie soll man es Freundschaften (zu Kindern aus einer anderen Klasse/Schule) pflegen, wenn es täglich erst zwischen 16h30 und 18h30 von der Schule heimkommt? Und das Wochenende ist ja oft den Aktivitäten der Familie vorbehalten (grundsätzlich gut, nur bleibt dann gar keine Zeit mehr für eigene Freundschaftspflege).

Natürlich gibt es an Ganztagsschulen ein paar Möglichkeiten für Freizeitgestaltung wie z.B. Sport oder Musik. Aber das Angebot ist relativ klein, beim Sport z.B. Fußball, Volleball und Judo. Dabei gibt es doch so viele Sportarten. Wenn sich das Kind mehr für Karate, Ballett, reiten, schwimmen oder Tischtennis interessiert hat es in einer Ganztagsschule Pech. Bei Musik ist es dasselbe. An den Ganztagsschulen, die ich kenne, kann man Gitarre, Blockflöte oder Klavier lernen - nicht Akkordeon, Geige, Querflöte oder Saxofon.

Man muss ja auch mit den Angeboten und Lehrpersonen vorlieb nehmen muss, die halt "zufällig" dort sind. Wenn ein Kind z.B. gerne Klavier spielt, aber mit dem Klavierlehrer DORT nicht zurechtkommt, hat es Pech gehabt. Dagegen kann ich bei einem Kind, welches den Klavierunterricht außerhalb der Schule bekommt, leichter einen anderen Lehrer finden und den Unterricht auf einem Tag festlegen, wo es für alle Beteiligten "passt".

Ich finde einfach schade, dass man auf mindestens 95% der Möglichkeiten verzichten muss, nur weil das Kind eine Ganztagsschule besucht! Klar ist so eine Schule praktisch für Eltern, die Vollzeit arbeiten, und ich will ihr auch nicht die Existenzberechtigung absprechen. Aber hauptsächlich oder sogar nur noch Ganztagsschulen? Nein, danke!
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
laurina
Dauergast
Beiträge: 59
Registriert: Mi 16. Feb 2011, 10:59
Wohnort: Bayern

Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von laurina »

Von mir auch noch ein paar Gedanken zur Ganztagsschule:

Im Grund sind die wichtigsten Pro- und Contra-Argumente schon genannt worden.
Wie bei jeder anderen Schule auch, dürfte es sehr stark von Leitung, Kollegium und Konzept einer solchen Schule abhängen, ob sie für die Schüler ein Fluch oder ein Segen ist. Insofern wäre da wohl jede Schule individuell zu bewerten.
Allein die beiden (Nicht-Ganztags-)Gymnasien an unserem Ort unterscheiden sich gewaltig in Sachen Ruf und Zulauf - und das hängt hauptsächlich mit den jeweiligen Schulleitungen zusammen. Wo der eine Direktor jeden Tag von jedem Schüler oder Elternteil bei seinem Morgenkaffee auf alle Sorgen und Nöte angesprochen werden kann, leitet die andere Chefin ihre Schule nach dem Minimalprinzip.
Für mich (seinerzeit als Kind und heute als Mutter) und auch für meine großen Kinder (5. & 6. Klasse) wäre eine verpflichtende Ganztagsschule ein Alptraum gewesen, da für uns die Familie der Lebensmittelpunkt eines Kindes sein sollte, ergänzt durch frei gewählte Freunde, Aktivitäten und möglichst viel Natur.
Es mag immer Fälle geben, wo es anders nicht geht, aber insgesamt ist für mich das Konzept der Ganztagsschule ein weiterer Schritt hin zur völligen Verstaatlichung der Erziehung und Aufweichung der Familie als Hauptort von Erziehungserfahrung und Wertevermittlung. Allein die Tatsache, dass in einem Rundschreiben der Grundschule an uns Eltern zu lesen stand, dass wir als Eltern der Schule bei ihrem Erziehungsauftrag zu helfen hätten ( ...!) hat bei mir damals alle Alarmglocken schrillen lassen.

So traurig es ist, dass manche Eltern ihre Kinder heutzutage scheinbar nicht mehr erziehen wollen oder können, wir gehören nicht dazu, und deshalb würde ich unsere Kinder (abgesehen von freiwilligen Zusatz-AGs) keine Stunde länger als nötig in der Einrichtung Schule lassen wollen ...
Edainwen
Dauergast
Beiträge: 522
Registriert: Mi 28. Sep 2011, 11:29
Wohnort: BaWü

Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Edainwen »

Koschka hat geschrieben: Es wurde in den letzten Jahren so viel ausprobiert. Ist dann die Bildung besser geworden? Kann jemand von euch sagen, die Schule meiner Kinder ist besser als meine es gewesen war?

LG
Koschka
Ich schonmal nciht ;)
Rabaukenmama
Dauergast
Beiträge: 2973
Registriert: So 8. Dez 2013, 21:24

Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Rabaukenmama »

In Österreich ist die Situation derzeit so, dass alles, was vom klassischen Regelschulsystem mit alterhomogenen Klassen, 45min-Frontalunterricht,Gegenständen lt. Lehrplan und Schulnoten ab der 1. Klasse abweicht, als "Schulversuch" gilt. Anscheinend gab es dafür aber genug Bewilligungen, denn es gibt eine sehr große Zahl an Schulversuchen, siehe hier:

http://oesterreich.orf.at/stories/2691827/

Ich persönlich sehe die große Zahl der Schulversuche durchaus positiv, weil so engagierte Eltern mMn mehr Möglichkeiten haben, eine Schule auszusuchen, die den Bedürfnissen ihrer Kinder entspricht.

Unmittelbar vergleichen ob das Bildungsniveau durch die Schulversuche gestiegen, stagniert oder gesunken ist, kann man ohnehin nicht. Also hat jeder recht: der, der sagt, es ist eine Bereicherung, und der, der sagt, es hat gar nichts gebracht oder alles verschlechtert, genauso :roll: .

Wie sollte auch eine objektive Bewertung des Bildungsniveaus stattfinden? Die Anforderungen an Schulabgänger haben sich in den letzten Jahren massiv geändert. Es geht nicht mehr darum, Faust zitieren zu können, zu wissen, welcher griechische Gott für Kaufleute und Diebe zuständig war oder um einen einwandfreien Purzelbaum, sondern um den sicheren Umgang mit word und excell, das beherrschen des 10-Finger-System und die Fähigkeit zur Kommunikation (weil in Dienstleistungsberufen, die den Hauptanteil ausmachen, notwendig). Da es nicht viel Sinn macht die "neu" benötigten Fähigkeiten zu den früher verlangten einfach zu addieren ist auch ein umdenken im Bewertungssystem von Leistungen nötig.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
laurina
Dauergast
Beiträge: 59
Registriert: Mi 16. Feb 2011, 10:59
Wohnort: Bayern

Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von laurina »

Hallo Koschka,
deinen Beitrag finde ich sehr bemerkenswert, darüber habe ich noch nie richtig nachgedacht.
Nein, das Schulsystem ist sicher nicht besser geworden, aber auch nicht eklatant schlechter. Meine Kinder besuchen exakt dieselben Schulen wie ich vor 30 Jahren, also habe ich einen sehr guten Vergleich ...
Maca
Dauergast
Beiträge: 390
Registriert: Do 21. Mai 2015, 16:30

Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Maca »

Koschka,

Willst du ernsthaft postulieren,daß Computer,Tablet und dergleichen das bessere didaktische Mittel darstellen würden?
Ergänzend gewiß,aber doch wohl hoffentlich nicht ersetzend? :? :fahne:
Rabaukenmama
Dauergast
Beiträge: 2973
Registriert: So 8. Dez 2013, 21:24

Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Rabaukenmama »

Koschka hat geschrieben: Das das System durch Versuche nicht schlechter geworden ist, ist für mich keine ausreichende Begründung für Experimente. Die kosten mindestens Geld. Viele haben katastrophale folgen, wie z.b. Schreiben vor Lesen, oder Bruchlernen in der 3./4. Klasse.
Ich kapiere nicht was daran katastrophal sein soll. Bei meinem Großen kam Schreiben ganz natürlich vor lesen (und beim Kleinen entwickelt es sich auch in diese Richtung) und bruchrechnen habe ich selbst in der Volksschule schon gelernt (ob 3. oder 4. Klasse weiß ich nicht mehr).
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
laurina
Dauergast
Beiträge: 59
Registriert: Mi 16. Feb 2011, 10:59
Wohnort: Bayern

Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von laurina »

Also meine Erfahrungen mit Schulversuchen bzw. Lehrplan-Änderungen hier in Bayern sind durchweg negativ.
Ob das nun die so genannte "Vereinfachte Ausgangsschrift" oder das komplette Weglassen (!) der Schreibschrift ist oder die (mittlerweile von den Lehrern selbst kritisierte) Methode des phonetischen Schreibenlassens im Anfangsunterricht ... alles Schritte in die falsche Richtung.
Man versucht, Dinge zu vereinfachen, damit die "bildungsfernen Schichten" und die Kinder "mit Migrationshintergrund" besser mithalten können - aber man verkompliziert vieles letzten Endes nur bzw. enthält den nicht benachteiligten Kindern Kulturtechniken vor.
Andererseits führt man auf Teufel komm raus in der vierten Klassen noch den Zirkel ein, obwohl der am Gymnasium ohnehin in aller Ruhe kennen gelernt werden kann. Ebenso sinnlos ist der Englisch-Unterricht an Grundschulen; völlig für die Katz, weil absolut nichts außer vielleicht ein paar Farbbegriffen hängen bleibt. Das hat schon mein Didaktikprofessor an der Uni in den 90er Jahren gesagt ... aber die Entscheider am grünen Tisch wissen immer alles besser.

Zum Thema neue Medien:
Den ergänzenden Einsatz im Unterricht befürworte ich, aber ein Ersatz für Bücher? Dafür bin ich wohl zu spießig :gruebel:
Rabaukenmama
Dauergast
Beiträge: 2973
Registriert: So 8. Dez 2013, 21:24

Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Rabaukenmama »

laurina hat geschrieben: Ebenso sinnlos ist der Englisch-Unterricht an Grundschulen; völlig für die Katz, weil absolut nichts außer vielleicht ein paar Farbbegriffen hängen bleibt. Das hat schon mein Didaktikprofessor an der Uni in den 90er Jahren gesagt ... aber die Entscheider am grünen Tisch wissen immer alles besser.
Kommt ganz darauf an wie der Englischunterricht in der Praxis aussieht. Eine Unterrichtsstunde pro Woche "five little monkeys" zu singen halte ich auch für ziemlich sinnlos (maximal als Auflockerung geeignet) und wirklich Englisch lernen wird damit kein Kind.

Aber in meiner Nähe gibt es eine (Halbtags-)Schule mit Schwerpunkt Englisch wo es in jeder Klasse eine Englischstunde täglich mit native speakers gibt. Das Englischniveau der Volksschul-Abgänger ist dort sehr hoch und sie tun sich in dieser Sprache in den nachfolgenden Schulen durch die Bank sehr leicht.

Die Frage lautet daher nicht "Ist Englischunterricht an Grundschulen sinnvoll?" sondern "Wie muss Englischunterricht in Grundschulen sein, DAMIT er sinnvoll ist?". Ich fände es voll ok wenn Schulen mit anderem Schwerpunkt (z.B. Naturwissenschaften oder Musik) die wöchentliche Englischstunde streichen, dafür aber Schulen mit Schwerpunkt Englisch diese Sprache in einer Weise und einem Ausmaß anbieten dass die Kinder wirklich davon profitieren können.

Ich überlege jetzt schon wie ich meinen englischbegeisterten Sohn in dieser Sprache weiter unterstützen kann. Im Moment liebt er englisch, hat im Kindergarten eine native speakerin und bestmögliche Förderung und wird danach 4 Jahre lang eine Volksschule mit einer Englischstunde pro Woche besuchen. Wenn das alles sein soll bin ich mir ziemlich sicher dass er mit 10 Jahren noch mal ganz von vorne anfangen muss. Und gerade beim Sprachen-lernen ist ja erwiesen dass die Sprache um so besser und ganzheitlicher erlernt werden kann, je jünger man beim Beginn ist.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
orangenminze
Dauergast
Beiträge: 123
Registriert: Sa 27. Dez 2014, 21:32

Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von orangenminze »

Vielleicht würde auch eine andere Aufteilung in der Schule mehr bringen--- also nicht den Schulwechsel nach der vierten Klasse (so ist es in D- Land, in Östereich auch?) , sondern gemeinsames Lernen bis mindestens zur 6. Klasse. Ich behaupte einfach mal, dass dann auch viele Kinder "mit Hintergrund" genügend Zeit erhalten, um bestimmte Dinge aufzuholen (auch ohne Anlauttabelle, die ich ehrlich gesagt für einen ziemlichen Umweg in Sachen Lesen und Schreibenlernen halte). Darüber hinaus können Sprachen als Unterrichtsfach eingeführt werden, aber eben nicht nur als Schnupperangebot, sondern als richtiges Fach. Auch ist zu überdenken, ob die übliche Einteilung von 45 Minuten sinnvoll ist, oder ob ein Unterricht der mehr Zeit für Vertiefung von Themen auch zur Vertiefung und Erweiterung von Lernmethoden führen würde und außerdem Lehrern mehr Zeit für Differenzierung und individueller Förderung ermöglichen würde (ja auch wenn Themen vertiefen dem aktuellen Trend zuwider läuft). Klar, setzt natürlich voraus und ich glaube, damit stehen und fallen eh alle Überlegungen zu einer "besseren" Schule, dass Lehrer Freude am zusammensein mit ihren Schülern haben und Freude an der Vermittlung von Unterrichtsstoff. Und den Einsatz von neuen Medien find ich grundsätzlich gut, warum nicht? Wenn sie sinnvoll sind und nicht nur verwendet werden, um möglichst modern zu erscheinen...

lg orangenminze
Antworten