Inklusion an Schulen

Probleme und Lösungen für den Schulalltag
Rabaukenmama
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Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von Rabaukenmama »

Maca hat geschrieben: Klar gibt es Kinder,denen eine Inklusion kaum gerecht werden kann,und Eltern ,die dann wieder meckern,weil den eigenen Kindern Zeit ' geklaut' wird.
Das kann ich mir z.B. bei komplett gehörlosen Kindern gut vorstellen. Wenn vorne die Lehrperson was erzählt hört es das Kind ohnehin nicht und kann es auch bei sehr gutem Licht nur unzureichend von den Lippen ablesen. Wenn dieser Stoff bei Prüfungen gefragt ist kann er ausschließlich durch das lesen und durcharbeiten einer Mitschrift erarbeitet werden. Trotzdem wird vom Kind nicht nur erwartet, dass es ruhig in der Klasse sitzt,sondern auch, dass es sich mit dem, was es ohnehin (lautsprachlich) nicht versteht, beschäftigt.
Maca hat geschrieben:Wenn Eltern mit förderbedürftigen Kindern aber der Meinung sind,daß ihr Kind mit der Bandbreite aller anderen Kinder gemeinsam lernen soll,dann darf Ihnen dieser Weg nicht versperrt sein.
Das sehe ich ganz genau so.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Rabaukenmama
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Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von Rabaukenmama »

Koschka hat geschrieben:Körperlich beeinträgchtigte Kinder sind sehr oft sekundär als Folge ihrer Einschränkung auch im geistigen Bereich entwicklungsverzögert. Wenn die Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt ist, sammelt man weniger Erfahrung auf diesem Gebiet und dadurch verzögert sich auch die Entwicklung der graphomotorischen, der mathematischen und vielen anderen Fähigkeiten. Auch emotionales und soziales Verhalten ist kein leichtes Thema.
Sprichst du von bestimmten körperlichen Beeinträchtigungen oder ist das eine allgemeine Aussage? Ich kenne Kinder mit verschiedenen körperlichen Beeinträchtigungen, aber das konnte ich bisher nicht beobachten. Bei meinem Kleinen kann ich aus Erfahrung sagen dass er wegen der fehlenden Kopfbewegungen im Babyalter grobmotorisch deutlich hinten war (konnte mit einem Jahr noch nicht frei sitzen), das alles aber problemlos aufgeholt hat.

Geistige Entwicklungsverzögerung kenne ich nur als Folge von Falschbehandlung bzw. Vernachlässigung (auch emotionaler!) körperlich beeinträchtigter Kinder. Das sind die Fälle, wo Eltern z.B. selbst aus sozial schwierigen Verhältnissen stammen und die Bedürfnisse ihres behinderten Kindes nicht erkennen. Es gibt auch Eltern, welche die Beeinträchtigung ihres Kindes nicht wahrhaben wollen und daher so tun, als wäre alles in Ordnung wenn man das Kind nur "normal" (in dem Fall gleichbedeutend mit: wie ein gesundes Kind) behandelt. So nach dem Motto "Nur keine Extrawurst, sonst bildet sich das Kind vielleicht mal ein es hat ein Recht darauf...".
Koschka hat geschrieben: Das stimmt nicht ganz, dass es reicht eine barierefreie Schule zu bauen, damit Kinder mit starken körperlichen Einschränkungen sie besuchen können. Sie brauchen einiges mehr als Förderung, und das ist die Frage, ob die Lehrer das alle können, ob so ein Kind eine Unterstützung von einem extraausgebildeten Lehrer bekommet, oder ob eine Schule wo alle Lehrer diese Ausbildung und Erfahrung haben besser ist. Die Lösung 50/50 mit gesunden Kindern klingt ganz vernünftig, aber die will keiner finanzieren. Inklusion nach dem Prinzip - wir verteilen alle an die bestehenden Schüler und Lehrer - ist viel billiger.
50/50 mit gesunden Kindern wird es nie geben weil deutlich über 50% der Kinder gesund sind. Ich finde daher die in Wien praktizierte Methode von Schulen mit hauptsächlich gesunden Schülern, aber Schwerpunkt auf EINER Art von Behinderung, durchaus gut. Wenn in einer Schule mit insgesamt 500 Kindern z.B. 20 Kinder hörgeschädigt sind dann ist das genug um sich darauf einzustellen. Die Kinder mit Handycap können gemeinsam mit gesunden Kindern lernen und fühlen sich nicht wie Exoten (wie wenn nur eines von 500 Kindern hörgeschädigt wäre), die "normalen" Lehrer wären gefordert sich mit EINER Art von Handycap näher auseinanderzusetzen. Es wäre auch eher finanzierbar extra ausgebildete Lehrer an dieser Schule zu haben und diese flexibel einzusetzen als wenn nur wegen EINES Kindes so ein extra ausgebildeter Lehrer benötigt würde. Die ganze Schulzeit könnte er das Kind aus Kostengründen ohnehin nicht begleiten und ein paar Stunden pro Woche bringen nicht unbedingt etwas.

Übrigens: wie schaut eigentlich eine wirlich "barrierefreie Schule" aus? Gibt es das überhaupt? Die meisten Menschen denken beim Wort "barrierefrei" hauptsächlich an Rampen und Lifte für Rollstühle oder extra breite Türen. Aber wie sieht "barrierefrei" für blinde oder gehörlose Schüler aus? Sind die Schilder vor den Klassenzimmern in Braille-Schrift? Gibt es am Boden ein Leitsystem für Blindenstöcke? Gibt es die Möglichkeit z.B. einen Begleithund (für Blinde, aber auch Diabetiker) in die Schule mitzubringen? Werden Beginn und Ende der Schulstunden mit einer Glocke oder einem Gong angekündigt oder gibt es in jeder Klasse auch Lichtsignale? Gibt es Taschenrechner mit extra großen Tasten bzw. in Braille-Schrift? Gibt es in jeder Klasse FM-Anlagen für Kinder mit Hörgeräten oder Inplantaten? Gibt es allgemein zugängliche A3 oder A2-Kopierer für die Kinder, welchen die Schrift in normalen Büchern zu klein ist? Gibt es Bücher in Braille-Schrift? Ich könnte endlos fortsetzen was da alles noch dranhängt.

Wer sich mal ernsthaft überlegt hat was ECHTE Barrierefreiheit wirklich bedeutet wird sicher nicht mehr fordern dass alle neu gebauten Schulen barrierfrei ausgestattet werden.
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