Momo hat geschrieben:Rabaukenmama hat geschrieben:
Vor allem aber hat er durch seine sozialen Defizite Probleme, Freunde zu finden, und das macht ihn unglücklich. Im Kindergarten war er im letzten Jahr der "coole Große" für die jüngeren Kinder und der tüchtige Helfer für die Tanten. Jetzt muss er seinen Platz in der Klassengemeinschaft erst finden und macht eher auf Klassekasperl. Und in der Rolle ist es schwer, Freundschaften zu finden.
Das kann ich gut verstehen und das ist wirklich eine unglückliche Situation für ihn. Ich merke selbst, wie wichtig an aller erster Stelle erstmal Freundschaften für meine Tochter sind und wie schön es für sie ist, ihre Freunde jeden Tag so lange wie möglich zu sehen. Fehlen diese Freundschaften, sieht die Situation wirklich ganz anders aus. Ich wünsche Deinem Sohn sehr, dass er zumindest erstmal einen guten Freund/Freundin findet!!! Doch das wird bestimmt kommen, im Kindergarten hatte sie die Freundschaftssituation ja auch plötzlich sehr zum Positiven verändert!
Es geht meinem Sohn einfach ähnlich wie es mir damals gegangen ist: er kommt wesentlich besser mit deutlich älteren oder jüngeren Kindern zurecht als mit Gleichaltrigen.
Im Kindergarten hatte er die meisten Probleme, Freundschaften zu finden, als er etwa 4 Jahre alt war - also ziemlich "in der Mitte". Davor hat er sich an die älteren Mädels gehalten. Ein Mädchen namens Katja hat er angehimmelt und verehrt und er war glücklich, wenn sie sich mal mit ihm beschäftigt hat. Überhaupt hat er seine Rolle als "süßer Kleiner" damals genossen. Dann kam die eher unglückliche Zeit, als jüngere Kinder diesen Platz eingenommen haben. Damals hat er sich oft beklagt, keine Freund zu haben, obwohl die Pädagoginnen beobachtet haben, dass er durchaus immer wen zum spielen findet. Aber er selbst kam sich irgendwie fehl am Platz vor.
Und dann, so mit 5 Jahren, begann er selbst, sich um die jüngeren Kinder zu "kümmern", ihnen vorzulesen oder was zu erzählen oder ihnen zu zeigen, wie manche Spiele funktionieren oder einfach für sie zu blödeln, um sie zum lachen zu bringen. Auch seine Geburtstagseinladungen sind bezeichnend für seine Entwicklung. Ganz am Anfang wurde er 1x zu einem gleichaltrigen Buben (zum 3. Geburtstag) eingeladen. Dann kamen etwa 2 Jahre gar keine Einladungen. Mit 5-6 Jahren wurde er insgesamt 4x eingeladen: einmal zum 7. Geburtstag eines Mädchens, das ihn vom Kindergarten kannte, aber schon zur Schule ging, und zweimal zu einem 4. Geburtstag und einmal zu einem 3.
Das einzige Mädchen aus seiner Klasse, das mein Sohn als "Freundin" bezeichnet, ist über 2 Jahre älter als er. Er erfindet auch immer wieder Geschichten was er mit ihr angeblich gemacht hat (von denen ich weiß, dass sie unmöglich stimmen können). Aber insgesamt fühlt er sich isoliert, obwohl ihn die anderen Kinder - meiner Beobachtung nach - durchaus akzeptieren.
Vergangenen Montag hatte er einen plötzlichen Fieberschub und ich habe ihn vom Hort abgeholt. Bei der Gelegenheit meinte er traurig zu mir "Jetzt werden alle froh sein, dass sie mich endlich los sind!". Es tut mir weh, so was zu hören
. Das Schlimme daran ist, dass er es selbst glaubt. Dabei habe ich auch hier das Gefühl dass die meisten Kinder ihn grundsätzlich mögen. Nur macht er es ihnen mit seiner Art schwer. Einmal, an einem Fenstertag, meinte ein anderer Bub aus dem Hort freundlich und rein informativ zu meinem Sohn, dass heute alle in der "grünen Gruppe" sind. Und mein Sohn schnauzte diesen Buben total unfreundlich an, so dass dieser sich schnell wieder zurückzog. Auch am Spielplatz habe ich beobachtet wie andere Kinder, die meinen Sohn von Schule oder Hort kennen, zum mitspielen auffordern, was er aber fast immer ablehnt. Er läßt niemanden an sich heran.
Generell beobachte ich, dass sozial kompetente, beliebte Kinder viel lieber in die Schule gehen als Außenseiter. Und das ist ganz unabhängig vom Schulkonzept und den schulischen Leistungen. Meistens sind diese sozial kompetenten Kinder aber auch gute Schüler (im Sinne von: vielseitig interessiert, schnell von Begriff). Unter den nicht so beliebten und sozial kompetenten Kindern gibt es etliche, die sich zwar mit dem lernen und Schulstoff leicht tun (wieder unabhängig vom Schulkonzept), aber trotzdem nicht gerne in die Schule gehen.
Ich erinnere mich gut an meine Zeit in der Volksschule. Nachdem ich im Kindergarten am Anfang große Probleme gehabt hatte, Freunde zu finden (ich hatte eine ähnlich unglückliche Art wie mein Sohn), hatte ich nach 2 Jahren Kindergarten mehrere Freundinnen, die in dieselbe Volksschulklasse kamen. Im Laufe der 4 Jahre hat sich mein Freundschafts-Schwerpunkt dann mehr zu den Buben verlagert. Ich war einige Male das einzige eingeladene Mädchen auf wilden Buben-Geburtstagsfesten
. Meine Volksschule war klassisch ländlich, mit altem Konzept, 32 Kindern in der Klasse und Frontalunterricht. Trotzdem bin ich immer gern in die Schule gegangen, weil dort auch meine Freunde waren. Und meistens fand ich auch den Unterricht mehr oder weniger interessant, auch wenn vieles dabei war, was ich schon wusste.
Aber von meiner alten Volksschul-Klasse kam nur ein einziges Mädchen (das ich zwar mochte, aber kaum kannte) in meine Hauptschulkasse. Fast alle meine Freunde, ob Buben oder Mädchen, kamen ins Gymnasium oder in die Paralellklasse der Hauptschule. Und etliche in meiner neuen Klasse kannten sich schon und waren untereinander befreundet. Meine hilflosen Versuche, durch blödeln Aufmerksamkeit auf mich zu lenken, waren eher kontraproduktiv. Das war eine der Ursachen meiner späteren Mobbing-Probleme: von der beliebten, etwas wilden Volksschülerin war ich plötzlich zum isolierten Außenseiter geworden!
So schlimm ist es bei meinem Sohn Gott sei Dank nicht. Aber leider ist er selbst davon überzeugt, dass "die anderen Kinder" ihn nicht mögen, und darunter leidet er.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)