Momo hat geschrieben:Viele können sich dies nicht vorstellen. Doch warum nicht? Wie haben unsere Kinder sprechen und Laufen etc. etc. gelernt? Aus ihrer vollsten Eigenmotivation heraus. Kein Ziehen und Zerren, keine Beurteilungen, haben dies beschleunigt.
Ich stimme voll mit Dir überein!
Momo hat geschrieben:Wir Erwachsenen gehen davon aus, dass man Kinder zum Lernen zwingen oder wenigstens bewegen muss.
Da bin ich anderer Ansicht, vor allem mag ich so Verallgemeinerungen wie "WIR" Erwachsene nicht. Himmel, so wie Kinder nun mal verschieden sind sind es Erwachsene auch. Und es gibt nun mal sehr viele Erwachsene die sich auf "bewährte" Methoden verlassen, auch was Unterricht und lernen betrifft. Nicht, weil sie darüber nachgedacht und es für gut empfinden, sondern weil es nun mal bisher so gehandhabt wurde (unabhängig von Erfolg oder Mißerfolg) und es nicht in ihre Vorstellung geht dass es auch anders bzw. einfacher gehen könnte.
Momo hat geschrieben:Das ganze Leben ist lernen und das, was wirklich im Gehirn hängen bleibt sind Erlebnisse und Erkenntnisse, die aus Eigenmotivation und mit Begeisterung erfahren wurden! Solange wir Erwachsenen den Kindern/Schülern nicht vertrauen, wird es Druck und aufgesetzte Lernprogramme geben. Und resultierend daraus kommt es zu Motivationsverlust, Verhaltensauffälligkeiten und Lernverweigerung der Schüler. Für mich ist es eine Krux, dies so klar zu sehen und letztendlich kaum eine Möglichkeit zu haben, daran etwas zu ändern.
Naja, ehrlich gesagt gibt es zumindest bei mir einige Dinge die ich ohne (sanften) Zwang nicht gelernt hätte. Ich bin für mehr Freiheit und Schüler-Mitsprache was die Auswahl des Lernstoffes betrifft, aber es gibt mMn schon ein paar untere Standards in den verschiedenen Bereichen. Ich erwarte von Schülern kein großes Interesse für Politik, aber wer Bundeskanzler, Bundespräsident und amerikanischer Präsident ist sollte schon Allgemeinwissensgut sein, ebenso wie ein grundsätzliches Verständnis für die verschiedenen politischen Denkweisen. Schließlich ist die politische Ebene die einzige, wo die Bevölkerung die Möglichkeit hat, zu bestimmen, in welche Richtung es weiter geht. Unwissen weil man nur für nötig hält Kinder die eigenen Interessen verfolgen zu lassen bzw. weil man sie vor der "bösen Welt" da draußen so lange wie möglich fernhalten möchte, führt dann zu so Auswüchsen wie Verherrlichung von totalitären Systemen (aus Unwissenheit) und Neonazismus.
Ebenso sollte ein gewisser Grundstock an mathematischen Kenntnissen fix sein, allein aus praktischen Gründen, um sich z.B. das eigene Gehalt so einteilen zu können dass man damit bis Monatsende auskommt bzw. um nicht ständig übers Ohr gehauen zu werden.
Momo hat geschrieben:
Natürlich werde ich für meine Tochter kämpfen, doch mir sind auch alle anderen Kinder wichtig. Es hört sich zwar kitschig an, doch Kinder sind die Gesellschaft von morgen, die Gesellschaft, in der unsere Kinder leben werden. Könnt Ihr akzeptieren mit offenen Augen zuzusehen, wie viele Kinder durch ihre Erfahrungen in der Schule sehr leiden oder kaputtgemacht werden? Ich nicht.
Uns was TUST du dagegen wenn du, wie du schreibst, nicht mit offenen Augen zusehen kannst? Hier im Forum denken viele ähnlich wie du, da zu posten und sich auszutauschen ist einfach, aber nicht sehr wirksam was Veränderungen betrifft. Die Menschen, deren denken zu verändern willst, schreiben nicht hier sondern haben (wie im Lied "lass die Leute reden") ihre Bildung bestenfalls aus der "Bild". Diese Menschen sind auch Großteil mit überleben beschäftigt und den Rest der Zeit dröhnen sie sich zu, wenn nicht mit Drogen dann mit den Suchtmitteln unserer Zeit (TV, Internet, FB, virtuelle Spiele,...). Reinhard Mey beschreibt das schön in seinem Lied "Heimatlos" - eines meiner Lieblingslieder.
Ich gebe zu im Moment absolut nicht die Kraft und die Kapazität zu haben mit wehenden Fahnen für eine Veränderung des Systems zu kämpfen. Und kampflos wird es nicht gehen wenn es schnell gehen soll. Langsame Veränderung in den Köpfen vieler Menschen findet ohnehin statt. Es tut sich ja auch was, nur werden eben nicht mehr UNSERE Kinder davon in erster Linie profitieren sondern unsere Enkel. So, wie wir Frauen von heute davon profitieren was die ersten Feministinnen von 100 und mehr Jahren angefeindet und mit Einsatzu von Leib und Leben für uns erkämpft haben. Auch wenn wir echte Gleichberechtigung immer noch nicht erreicht haben ist ganz viel besser geworden. Ich durfte als Kind nicht basteln oder geometrisch zeichnen weil ich ein Mädchen war und auch der Fußballverein hat mich nicht aufgenommen. Heutige Mädchen profitieren davon dass seit meiner Schulzeit ein umdenken stattgefunden hat und dieses auch umgesetzt wurde. So gesehen ist mein Weg nicht, gegen Windmühlen zu kämpfen und Denkweisen von Fundamentalisten zu verändern sondern einfach meine Meinung in die Welt zu "streuen" (nicht nur dort, wo sie gerne gehört und aktzeptiert wird) und zu hoffen dass sie ein bißchen was verändert.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)