Jetzt fängst an...

Probleme und Lösungen für den Schulalltag
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Mimmi
Dauergast
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Registriert: Di 31. Aug 2010, 20:17

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Beitrag von Mimmi »

... zu krieseln.

Töchterchen wurde im Sommer mit 5,9 Jahren eingeschult. Ich hatte schon mal berichtet. Soweit so gut. Es lief relativ gut an, ich war erstaunt, dass sie doch nicht alles in der Schule vergaß und auch jeden morgen dort ankam inklusive Schulranzen. Ich rechnete mit einigen Stolpersteinen, gerade was ihre geistige Abwesenheit angeht. :roll: Und so wartete ich ab, solange sich ihre Lehrerin bei mir nicht meldet und ich keine Mitteilung bekomme, wird's wohl ok sein.

Kurz vor den Herbstferien dann das erste Tür-und-Angel-Gespräch. Tochter ist oft geistig abwesend, manchmal dann auch nicht wirklich ansprechbar, und dadurch schafft sie dann nicht immer die zu bearbeitenden Aufgaben. Konsequenz der Lehrerin wäre dann das Nacharbeiten zu Hause. Solange sie trotzdem alles mitbekommt, wollte ich es erstmal laufen lassen.
Vom Stoff her würde sie sich keine Gedanken machen, das kann sie alles. Wir einigten uns auf "beobachten" und sie würde sich melden, falls es dauerhaft nicht besser oder sogar schlechter würde.

Sooooo, dann kam meine Liebchen dann letzte Woche mit "Strafarbeit" nach Hause. Sie war wohl Ewigkeiten auf Toilette, und hat fast die halbe Unterrichtsstunde verpasst. Nach Besprechen des Falles zu Hause ging's am nächsten Tag mit guten Vorsätzen in die Schule, zurück kam sie mit einem Eintrag im Mitteilungsheft. :roll: ähnlicher Fall wie am Vortag, ich solle doch noch mal zu Hause mit ihr sprechen. Gesagt getan, nach ihrer Aussage wäre sie "Heiligkeit" in Person, alles prima, die Lehrerin hätte sie ganz oft gelobt.

Heute dann...
treffe ich die Lehrerin beim abholen. Ich fragte kurz, ob die Situation sich etwas entspannt hätte. Antwort: "nein, eher nicht. Sie stört immer noch massiv den Unterricht, ärgert und tritt andere Kinder auf dem Schulhof." :shock: Sie wisse gar nicht so recht, wie sie das in den Griff bekäme, Tochter würde auch auf Ermahnungen nicht wirklich reagieren. Sie bat mich, noch einmal mit ihr zu sprechen, und wir setzen uns vor Weihnachten dazu mal zusammen, um evtl. Maßnahmen zu besprechen. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich war geschockt. Dieses Verhalten ihrerseits war mir überhaupt nicht bewusst.

Nachdem ich Töchterchen darauf ansprach, reagierte sie empört. Sie würde ja in der Pause öfters geärgert werden und sie würde sich nur wehren. Außerdem stimmt es nicht, dass sie den Unterricht stört. :gruebel: jetzt wüsste ich ja gerne, ob sie das vielleicht wirklich nicht so wahrnimmt, oder ob ihr ihr Verhalten bewusst ist und sie mich da eiskalt und bewusst anlügt?
Ich habe natürlich eindringlich mit ihr darüber gesprochen, wie man sich im Unterricht und anderen Kindern gegenüber verhält. Aber ob das fruchtet?

Ich bin gerade etwas überfordert mit dem aufmüpfigen Verhalten und weiß auch gerade nicht wirklich, wie ich das in den Griff bekomme. Hat von euch jemand Erfahrung mit Klassenstörern? Sorry für so viel wirren Text.
alibaba

Re: Jetzt fängst an...

Beitrag von alibaba »

Mimmi hat geschrieben:...Hat von euch jemand Erfahrung mit Klassenstörern?
Ja, ich habe da jede Menge Erfahrungen. Ich kann Dir nur raten geh zu einem Schulpsychologen. Für uns endete dieser lange Prozess in einer Verhaltenstherapie. Ein hoher IQ, Unterforderung und deren Auswirkungen wurden jedoch nicht als Entschulidgung dafür angenommen. ;) Ich kann Dir versichern das in "unserer" psychologischen Praxis jede Menge solcher Kinder mit einem hohen IQ hocken. :mrgreen:

VLG
Mimmi
Dauergast
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Registriert: Di 31. Aug 2010, 20:17

Re: Jetzt fängst an...

Beitrag von Mimmi »

alibaba hat geschrieben:
Mimmi hat geschrieben:...Hat von euch jemand Erfahrung mit Klassenstörern?
Ein hoher IQ, Unterforderung und deren Auswirkungen wurden jedoch nicht als Entschulidgung dafür angenommen. :mrgreen:

VLG
Ich glaube gar nicht so sehr an Unterforderung. Gerade in Rechnen (wo sie doch im logischen Denken lt. Test ihre Spitzenwerte hat) ist sie nicht die fitteste. Sie rechnet mit den Fingern, im Zehnerraum ist's ok, im Zwanzigerraum nuja... geht so, aber nicht gerade schnell. Also alles im Rahmen einer Erstklässlerin, aber meiner Meinung nach nicht voraus. Sie hat auch mal in deutsch schwerere Aufgaben gefordert, die sie auch gleich bekommen hat (Text einer Bildergeschichte in Sprechblasen einfügen). Da hat sie dann auch alles nur kurz und knapp (mit mehrmaliger Aufforderung) beschrieben, Lust sieht anders aus.

Ich denke immer noch an eine Form von Konzentrationsschwäche. Sie ist einfach oft geistig abwesend. Ob's im Sport, Chor oder Schule ist. Überall bekomme ich die gleiche Rückmeldung. Und da ist sie nicht ständig unterfordert. Auch beim täglichen lesen werde ich manchmal wahnsinnig. Sie bewegt sich ständig. Sie rutsch neben mir rum, knibbelt an den Fingern, beißt auf der Lippe rum, fummelt am Socken,...
Obwohl sie ja vor einem dreiviertel Jahr erst zur Testung war, und der Kipsy meinte, die Werte wären seiner Erfahrung nach zu homogen für AD(H)S. Aber richtig austesten ginge erst, wenn sie mal ne ganze Zeit lang beschult wurde. Er fand die Konzentration damals altersgemäß. :roll:
Mimmi
Dauergast
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Re: Jetzt fängst an...

Beitrag von Mimmi »

Koschka hat geschrieben:Hallo Mimi,

Als ich dein Bericht gelesen habe, habe ich an Madita von Astrid Lindgren gedacht. :-) Habt ihr das Buch mit der Tochter gelesen? Wenn nicht, würde ich es tun, vor allem die Kapiteln über die Schule und Robert. Astrid Lindgren hat solche Kinder wie deine Tochter sehr gemocht, und sie versucht mit Madita und Michel ganz klare Botschaft rüberzubringen - mit diesen Kindern ist es nichts falsch, ganz im Gegenteil. Sie haben ein sehr großes Herz, viel Energie und Potential im Leben viel zu schaffen. Sie lassen sich nicht so leicht durchbiegen.

Die Lehrerin übt übermäßigen Druck auf das Kind aus.Das Kind wiedersetzt sich und wird aufmüpfig. Eigentlich logisch, oder? Dann macht es die Lehrerin noch schlimmer, in dem sie gleich aufgibt, sich an dich wenden und dem Kind signalisiert - du hast gewohnen, ich kann nichts gegen dich ausrichten außer Strafen.

Ich würde als erste diplomatisch vorgehen und obwohl ich das Verhalten der Lehrerin als falsch empfinde, trotzdem fragen, warum ihrer Meinung nach benimmt sich die Tochter so. Gab es einen Auslöser für diese Geschichten? Wenn die Lehrerin keine Ideen hat, würde ich ihr vorsichtig erklären, dass mein Kind vielleicht nicht so ein ausgeprägtes Zeitgefühl hat (was in dem Alter eher ganz normal ist) und deswegen in der Toilette so lange war. Oder sind vielleicht die Gründe noch einfacher, und es gab da kein Toilettenpapier? Ich würde die Lehrerin auch darum bitten, dass sie meinem Kind erstmal ein für alle anderen unauffälliges Zeichen gibt, das dem Kind signalisiert, das sein Verhalten störend ist... und es muss für deine Tochter seitens Lehrerin nicht nur Geschimpfe, sondern auch Lob geben, sonst funktioniert es nicht. Also wieder diplomatisch fragen, wie man das erwünschte Verhalten loben kann - mit einem Smily vielleicht, oder einem Miniaufkleber.


LG
Koschka
Nein, Madita kenne ich nicht. Ich schaus mir aber gleich mal an. Danke für den Tipp.

Die Lehrerin meinte, sie wolle sie nicht ständig schimpfen, weil sie nicht will dass sie ihre Motivation verliert. Dazu muss ich sagen, dass Töchterchen eine ist, die Grenzen austestet und klare Ansagen braucht. Aber bei dem Gespräch war ich einfach überrumpelt und konnte da drauf auch gar nicht eingehen. Ich hab mit diesem Feedback überhaupt nicht gerechnet, vor allem, weil das Feedback von meiner Tochter "alles super, Frau ... hat mich heute gelobt, ich würde so toll lesen" oder "Mama alles super, ich hab ganz gut aufgepasst und nicht geschwätzt"... Da frag ich mich, ob sie vielleicht doch in ihrer eigenen Welt lebt? :| Ansonsten schätze ich die Lehrerin eigentlich sehr kompetent ein, jedenfalls das was ich bisher von ihr gehört und kennen gelernt habe... Ach ich weiß nicht, gerade hab ich so einen großen Berg vor mir, wo ich nicht so recht weiß, welcher Weg denn da drüber führt. :schwitz:
Edainwen
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Re: Jetzt fängst an...

Beitrag von Edainwen »

Mimmi hat geschrieben: Ich denke immer noch an eine Form von Konzentrationsschwäche. Sie ist einfach oft geistig abwesend. Ob's im Sport, Chor oder Schule ist. Überall bekomme ich die gleiche Rückmeldung. Und da ist sie nicht ständig unterfordert. Auch beim täglichen lesen werde ich manchmal wahnsinnig. Sie bewegt sich ständig. Sie rutsch neben mir rum, knibbelt an den Fingern, beißt auf der Lippe rum, fummelt am Socken,...
Kann es sein,d ass Du von meiner Tochter sprichst :roll: :mrgreen:
Rosi
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Re: Jetzt fängst an...

Beitrag von Rosi »

Hallo !
Hör doch noch mal was deine Tochter dazu sagt. Ich würde es in Ruhe mit ihr besprechen, was sie und die Lehrerin sagen. Vielleicht klärt das schon einiges. Vielleicht kann sie ansonsten anfangen ihr Verhalten zu reflektieren, denn es kann ja tatsächlich sein, dass ihr noch nicht klar ist, dass ihr Verhalten stört. Frag sie mal was ihr helfen würde. Ich würde auch Zeichen mit der Lehrerin verabreden und mal schauen wie sie darauf reagiert.
Viel Erfolg, Rosi
Monica
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Re: Jetzt fängst an...

Beitrag von Monica »

Edainwen hat geschrieben:
Mimmi hat geschrieben: Ich denke immer noch an eine Form von Konzentrationsschwäche. Sie ist einfach oft geistig abwesend. Ob's im Sport, Chor oder Schule ist. Überall bekomme ich die gleiche Rückmeldung. Und da ist sie nicht ständig unterfordert. Auch beim täglichen lesen werde ich manchmal wahnsinnig. Sie bewegt sich ständig. Sie rutsch neben mir rum, knibbelt an den Fingern, beißt auf der Lippe rum, fummelt am Socken,...
Kann es sein,d ass Du von meiner Tochter sprichst :roll: :mrgreen:

und auch von meiner kleinen :roll:
Mimmi
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Re: Jetzt fängst an...

Beitrag von Mimmi »

Fast drei Jahre sind mittlerweile vergangen. Der Frosch ist mittlerweile 8 Jahre und kommt in die 4. Klasse. Wir haben einiges hinter uns, Diagnostik, Kur, Verhaltenstherapie... Mittlerweile sind wir auf einem guten Weg und die Situation hat sich soweit stabilisiert.

Wie ich damals schon vermutete hat sich mein ADHS-Verdacht bestätigt. Nach immer mehr Problemen (soziale Integration, geistige Abwesenheit und vermehrter depressivere Stimmung) haben wir Mitte 2013 bei einem Psychotherapeuthen eine umfassende Diagnostik gemacht. ADHS und die Tendenz zur HB wurde hier sehr deutlich. Da sie psychisch so instabil war und ihr Selbstwert total im Keller, begannen wir recht schnell mit einer Verhaltenstherapie und Medikation. Ab da ging es schnell aufwärts, auch wenn die Medi-Einstellung fast 9 Monate dauerte (ich glaube ich habe in dieser Zeit gefühlte 1000 auswertungsbögen ausfüllen müssen :schwitz:). Ihr ging es schnell besser und sie wurde von ihren Mitschülern angenommen. Ihre "Wolke" in der sie sich geistig befand hat sich aufgelöst und mein Kind war endlich ansprechbar. Auch schulisch wurden ihre Leistungen stabiler, aber die waren nie wirklich schlecht.

Ende 2014 wurde unter Medikation eine erneute Diagnostik gemacht, wo sie endlich zeigen konnte, was in ihr steckt. Hier kamen noch einmal viel höhere Werte raus :shock: und eine ganz klare HB.

Heute wird Töchterchen weiterhin psychologisch betreut, aber die Abstände werden größer. Sie hat immer mal wieder ein psychisches Tief (Ängste und leicht depressive Schübe), wo wir engmaschiger aufschlagen, aber im Großen und Ganzen geht es ihr gut. Die HB-Begleiterscheinungen kommen mittlerweile durch, gerade in Mathe ist sie nicht wirklich ausgelastet und zeichnet in dem Unterricht sehr viel. Mal schauen, wie die vierte wird. Der Mathelehrer bekam den Auftrag der KL endlich zu differenzieren. Ich hoffe, wir überstehen das folgende Schuljahr unbeschadet und das Gymmi wird sie dann etwas mehr fordern. Der Ehrgeiz hat sie mittlerweile trotz allem gepackt und sie ist Klassenbeste. Sie hat mit ihr Zeugnis freudestrahlend überreicht und sich selbst total über die super Noten gefreut. ;)

In der Freizeit schwimmt der Frosch ziemlich viel, spielt Klavier (auch wenn Üben total doof ist), singt den ganzen Tag, und das auch weiterhin im Chor. Sie macht viele Malkurse, und spielt seit neuestem in einer Theatergruppe. Das tut ihr und ihrem Selbstwertgefühl total gut.

Generell ist die Kombi ADHS und HB nicht gerade einfach, und fordert mich immer wieder aus Neue. Ich habe viele Bücher gelesen, war auf Vorträgen (zu beiden Themen) und der Therapeut hat auch mir viel mitgegeben, sodass ich viele Eigenarten mittlerweile besser verstehen und akzeptieren kann. Das hat mir sehr geholfen.

In den letzten Jahren hab ich doch immer wieder mal hier rein geschaut und sehr interessiert Erfahrungsberichte anderer Forennutzer verfolgt. Darum hier mal eine grobe Zusammenfassung von uns, vielleicht interessiert unsere Geschichte auch den Ein oder Anderen.
Edainwen
Dauergast
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Re: Jetzt fängst an...

Beitrag von Edainwen »

Hallo Mimmi,

vielen Dank für Deine Rückmeldung! Es ist immer sehr interessant, zu erfahren, wie sich die Kinder entwickeln!

Gut, dass es ihr jetzt besser geht!

Ich wünsche Euch weiterhin alles Gute!

Edainwen
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