Positive Erfahrungen

Probleme und Lösungen für den Schulalltag
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Gwinna
Beiträge: 1
Registriert: Fr 13. Jan 2006, 22:02

Positive Erfahrungen

Beitrag von Gwinna »

Hallo!
Leider wirds jetzt etwas länger...
Ich bin neu hier und möchte uns kurz vorstellen. Wir, das sind Vater, Mutter und Kind Simon (fast 9 J.) und meine drei Kinder aus erster Ehe (22,18,16). Simon ist also unser gemeinsames Kind.
Simon war immer schon sehr fit. Mit 10 Monaten konnte er frei laufen. Mit 3 Jahren fing er an zu zählen (bis 10), mit 4-5 Jahren machte er sich den Zahlenraum von 1 bis 100 zu eigen. Aber das ging nur nach seinen Spielregeln, wehe, jemand wollte ihm was erklären... Mit 5 löste er Additions-, Substraktions- und einzelne Multiplikationsaufgaben. Schon in seinen frühen Jahren, -schon als Säugling, war er schnell wütend, wenn etwas nicht so war, wie er es sich wünschte.
Mit 3 Jahren bat er mich darum, ihm abends etwas 'von Gott zu erzählen, weil ich da so gut von schlafen kann'- und es half wirklich. Beim Ins-Bett-Gehen war er rappelig bis zappeli, kaum fing ich an Geschichten aus der Bibel zu erzählen, entspannte er sich sofort und hörte selig (ja, wirklich) zu.
Im Kindergarten war er unauffällig, zog sich jedoch manchmal aus der Gruppe zurück und schaute lange allein aus dem Fenster, fühlte sich aber nicht unwohl dabei.
Dann kam er in die Schule- und damit war der relative Friede vorbei. Simon drehte voll ab, kam weinend aus der Schule, fand keine wirklichen Freunde, wurde ganz doll zappelig, war unkonzentriert, hatte keine Lust seine Hausaufgaben zu machen, war zu Hause aggressiv oder rannte mit einem Messer, das er sich in der Küche gemopst hatte, los, um sich umzubringen... Die Lehrerin sprach von einem 'Nicht Zusammenarbeiten von linker und rechter Gehirnhälfte, behandelte uns zunächst als hätten wir unseren Sohn eben nicht richtig erzogen (wie übrigens auch Teile unserer Verwandtschaft). Wir beobachteten, dass die Klasse ziemlich chaotisch, laut und streitend war und dass Simon das sehr belastete. Er versuchte die Kinder davon abzuhalten so laut zu sein, zu streiten, und machte sich damit natürlich unbeliebt. Dann fing er selber an zu prügeln.
Die Lehrerin sprach von ADS.
Die Direktorin sprach von evtl. Hochbegabung.
Wir sind mit Simon zu einer Psychologin gegangen (wegen der Selbstmordabsichten), die auch von evtl. Hochbegabung sprach, dann jedoch ADHS diagnostizierte und meinte, Simon solle Ritalin nehmen.
Wir haben uns geweigert, unter anderem, weil wir die typischen Zeichen von ADHS bei Simon nicht finden konnten, und Simon hat in Absprache mit der Kinderärztin zwei Einheiten Ergotherapie bekommen. Im zweiten Halbjahr des ersten Schuljahres war Simon zufriedener, hatte Freunde, seine schulischen Lernerfolge waren ok, im Mathe bekam er laufend Zusatzaufgaben, weil er zu schnell war.
Im zweiten Halbjahr des zweiten Schuljahres sagte die Lehrerin jedoch, dass Simon wieder furchtbar zappelig sei, unglücklich wirke und dass sie das Gefühl habe, er sei unterfordert. Um es abzukürzen- Simon verbrachte die letzten 4 Monate des 2. Schuljahres in der 3. Klasse, die Direktorin war sich ganz sicher, dass er hochbegabt ist. Übersprang dann die 3. Klasse und geht nun in die 4.

In diesem ganzen Hin- und Her hat uns die Schule (Direktorin und Lehrerinnen) so gut geholfen. Es war z.B. möglich, dass Simon nach 3 Wochen in Klasse 3a, wo er wieder überhaupt nicht klar kam (die Klasse war sehr unruhig, die Lehrerin überfordert) in seine Wunschklasse 3b wechseln durfte (diese Klasse ist sehr harmonisch und homogen, es sind 3/4 Mädchen darin, die Lehrerin legt großen Wert auf Gemeinschaft und Integration). In den Sommerferien musste Simon jedoch mit mir jeden Tag Rechtschreibung üben, weil er dort so riesige Lücken hatte. Auch das war erst mal wirklich ätzend, weil er überhaupt keine Lust hatte, dann aber erkannte er, dass der Rechtschreibung ebensolche Regeln zu Grunde liegen, wie der Mathematik, und seitdem ging es in Riesenschritten vorwärts. Jetzt, nach dem ersten Halbjahr im 4. Schuljahr steht er in allen Fächern auf 3, in Englisch sogar auf 2 (obwohl wir das überhaupt nie geübt haben und ihm der ganze Stoff von Klasse 3 fehlte), er ist zufrieden, wenn er auch oft seine Hausaufgaben megalangweilig findet. Üben ist eben doof. Eigentlich reicht es doch, wenn er es einmal gemacht hat, -denkt er jedenfalls.
Die Direktorin und die Lehrerin meinten jetzt, wir sollten ihn doch testen lassen, schon allein um eine Hilfe für die Schulempfehlung zu bekommen. Er hat einen IQ von 144 (148 bei dem verbalen Teil, 139 beim handlungsorientierten) und ist auf mathematischem Gebiet ebenso begabt wie auf sprachlichem.
Er soll also aufs Gymnasium gehen, obwohl er da ja eigentlich gar nicht will- da er Bauer werden will, reicht es doch, dass er auf die Realschule geht, und weil er auf die Realschule gehen will reicht es doch, wenn er Dreien schreibt, oder?- sagt er.
Wie bringt man dem Kind ein bißchen mehr Ehrgeiz bei? Oder ist das schon eine Folge des Unterfordertsein, hat er sich bereits damit abgefunden, dass er unterfordert ist? Ich weiß es nicht, aber ich bin auf jeden Fall froh darüber, dass wir jetzt an diesem Punkt stehen, und dass wir so viel Hilfe und Unterstützung erfahren haben,- und das in einem ganz kleinen Dorf kurz vor Ostfreiesland :)
Danke für Eure Geduld beim Lesen- Gwinna
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