Bliss hat geschrieben:
Was bedeutet das für eine Schulklasse von bis zu 30 Kindern? Wie soll das praktisch aussehen?
Das ist natürlich die Kernfrage.
Umsetzbar von heute auf morgen, in einer Schulklasse mit 30 Schülern, ist dieses Konzept wahrscheinlich nicht. (Ganz abgesehen davon, dass ich 30 Schüler in einer Klasse nicht befürworte). Zunächst muss sich in der Schulstruktur etwas ändern. Lehrer müssten anders ausgebildet oder weitergebildet werden. Die Aufgabe eines Lehrers ist dann nicht mehr, nur Wissen zu vermitteln, sondern die Schüler zu beobachten, eine achtsame, wohlwollende innere Haltung einzunehmen und den Schülern Freiräume zu schaffen, in denen sie sich selbst aktiv entfalten und bilden können. So wie es beispielweise in der Freiarbeit der Montessorischulen umgesetzt wird. Diese Freiarbeit wird natürlich umrahmt von der individuellen Begleitung der Schüler und einem engen Kontakt zum Elternhaus.
Wenn uns klar ist, wie Schulen, der Umgang zwischen Schülern und Lehren und die Lernformen verändert werden müssten, ließen sich Mittel und Wege finden! Zunächst muss uns allen klar sein, dass eine Änderung nötig ist. Dann könnten Konzepte ausgearbeitet und schließlich Stück für Stück umgesetzt werden.
Ein Konzept könnte beispielsweise ganz grob und skizzenhaft, folgendermaßen aussehen:
- Die Lehrer werden vor einer Lehrerausbildung nach Fähigkeiten wie Empathie, einen achtsamen Umgang mit Kindern, die Fähigkeit andere Menschen begeistern zu können, einer menschlichen Lebendigkeit etc. ausgewählt. Die Inhalte der Ausbildung werden komplett neu gestrickt, die Lehrer werden zu empathischen, vertrauensvollen und wohlwollenden Lernbegleitern ausgebildet.
- Die Aufgabe der Lehrer ist, sich selbst zurückzunehmen und die Kinder einfühlsam zu beobachten. Bei dieser Beobachtung werden die Schüler exakt so belassen wie sie sind, es ist kein urteilendes Beobachten. Der Schüler mit seinen Fähigkeiten steht im Mittelpunkt.
Eine weitere Aufgabe ist, den Kindern Impulse zu setzen und sie auf Augenhöhe zu begleiten.
- In einer Klasse befinden sich maximal 18 Schüler, die von 2 Lehrern betreut werden.
- Die Klassen könnten jahrgansübergreifend organisiert sein. Dies hätte den Vorteil ,dass jüngere Schüler von den Älteren lernen könnten und die älteren Kinder wiederum durch Hilfestellungen ihr Wissen vertiefen und Selbstsicherheit sowie Verantwortung gewinnen
- Die Lehrer bieten den Schülern die Möglichkeit, projektbezogen und fächerübergreifend zu arbeiten, diese Projekte werden, wenn nötig, von einem Lehrer begleitet.
- Außerdem haben die Schüler die Möglichkeit, Arbeitsmittel und Materialien frei zu wählen: In offenen Regalen befinden sich vielfältige Bücher und Materialien, die Angebote unterbreiten und Anreize schaffen sollen. Hier werden die Schülerinnen und Schüler ermutigt, entsprechend ihrer Interessen mit auszuwählen, was in diese Regale gehört. Sie erfahren, dass ihre Meinungen und Vorlieben geschätzt werden. Neben Montessori-Materialien stehen z.B. Wissenschaftsmaterial, Computer, Sachbücher, Fachzeitschriften usw. zur Verfügung.
- Dabei können die Schüler frei wählen, ob sie eine Einzel,- Partner oder Gruppenarbeit bevorzugen
- Es besteht ein individueller Lern- und Arbeitsrhythmus
- Lehrer und Schüler führen ein Lerntagebuch, welches regelmäßig besprochen wird. Auch die Eltern erhalten ein regelmäßiges Feedback
- Die Lehrer besprechen mit den einzelnen Schülern ihre Lernziele, die Lehrer haben den Gesamtüberblick, während die Schüler die Möglichkeit haben, sich eigene Ziele zu stecken und selbst organisiert zu erarbeiten. Daraus entwickelt sich ein selbstständiges, eigenverantwortliches Arbeiten und Lernen.
- Die Kinder dürfen sich beim Lernen bewegen, das Lernen ist nicht auf den Klassenraum beschränkt. Spielen und sich bewegen sind elementare Lebensäußerung und Ausdrucksformen. Bewegung erhält uns nicht nur gesund und schlank, sondern verbessert auch die Leistungen beim Lernen.
- Schüler und Lehrer bewegen sich viel in der Natur oder besuchen soziale Einrichtungen, Handwerksbetriebe etc. Die Schüler haben durch viele Praktika die Möglichkeit, tiefer in unterschiedliche Bereiche hineinzuschauen, mitzuarbeiten und zu lernen
- Abgeschafft werden Schulnoten (auf jeden Fall in den unteren Klassen) und Hausaufgaben! In den Lerntagebüchern wird statt dessen individuell der Lernstand der Schüler beschrieben
- Abgeschafft wird der Leistungsdruck! Der Schwerpunkt liegt auf der Stärkung der Motivation der einzelnen Schüler, den Schülern wird Kompetenz, Verantwortung und selbstständiges Lernen zugetraut
- Die Schüler dürfen über viele Bereiche des Schullebens mitbestimmen. Während gemeinsamer Gesprächsrunden überlegen sie sich, womit sie sich am Tag beschäftigen werden, treffen Absprachen, wer welche Materialien zuerst benutzt, wer an den Computer geht und wer mit wem und wo arbeiten möchte. Die Gesprächskreise dienen der Mitteilung von Ideen und Vorschlägen für die Arbeit, zur Klärung von allgemeinen Fragen, der Konfliktbewältigung in der Gruppe, der Präsentation von Ergebnissen u.a.
- Die Schüler besuchen die Schulen von der 1. bis zur 13. Klasse, sodass keine vorzeitige Aussortierung stattfinden muss. Außerdem werden bestehende soziale Gefüge nicht auseinandergerissen. Die Schüler haben die Möglichkeit, unterschiedliche Abschlüsse zu machen.
So, dies waren einige Ideen am Sonntag Abend,
schöne Grüße von Momo