Diskussionsthema Schule

Probleme und Lösungen für den Schulalltag
Rabaukenmama
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Rabaukenmama »

Heute war ich einkaufen in einem größeren Supermarkt weil ich was bestimmtes gesucht habe (ich wußte nicht dass das "Backin" im Rezept für Manuels Geburtstagstorte normales Backpulver ist) wo gleich daneben eine Hauptschule ist. Als ich rauskam war gerade Schulschluss und etliche 10-14jährige Kinder stürmten mit mir gemeinsam den Bus. Da bekam ich unter anderem folgendes Gespräch mit.

"Ey, da ist Erkan!"

"Hey Erkan, da ist Berkai!"

"Gehst du Training?"

"Glaub nicht."

"Warum?"

"Wegen das Wetter!"

Das waren ganz normale, gesunde Kinder mit Migrationshintergrund, ich schätze mal 12 oder 13 Jahre alt. Unwillkürlich mußte ich daran denken wie Kinder, die so sprechen, wohl schreiben. Nächste Frage war dann wie gut Dein Ansatz "Die Kinder werden 100% so belassen wie sie sind und nicht korrigiert" sich auf das restliche Leben von diesen Kindern auswirkt. Ohne gut Deutschkenntnisse in Wort uns Schrift geht gar nichts, weder Schule noch Lehrstelle. Wenn die Kinder zu Hause in ihrer Muttersprache sprechen und die Unterhaltung mit den Kumpels so rudimentär ist, dass nicht mal Grammatik oder Satzbau eine Rolle spielt, wessen Aufgabe ist es dann, zumindest zu VERSUCHEN diesen Kindern eine Chance zu gehen? Ich finde schon dass diese Aufgabe der Schule und den Lehrern zufällt und dass "wohlwollendes Beobachen" und "selbstständiges arbeiten zutrauen" alleine zu wenig ist. Nur so ein Gedanke....
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Linasina
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Linasina »

Mir ist aufgefallen dass die meisten Kinder mit Migrationshintergrund oder auch Erwachsene die schon ewig hier leben sich kaum mit der deutschen Sprache beschäftigen. Es gibt genug ihresgleichen da müssen Sie es nicht perfekt können und wollen sich meist auch mit uns nicht abgeben. Die die eine deutsche Frau oder Mann haben oder hatten die können meist auch besser deutsch sprechen. Aber es gibt auch Welche die es richtig gut können. Bei meiner Tochter sind nun 4 in der Klasse und die sind besser als manch Deutscher in Deutsch und Mathe. Hätte ich nicht gedacht ist aber so. Anhand der Sprache kann man nicht sagen dass das nun schlechte oder gute Schüler sind.
Rabaukenmama
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Rabaukenmama »

Linasina hat geschrieben:Mir ist aufgefallen dass die meisten Kinder mit Migrationshintergrund oder auch Erwachsene die schon ewig hier leben sich kaum mit der deutschen Sprache beschäftigen. Es gibt genug ihresgleichen da müssen Sie es nicht perfekt können und wollen sich meist auch mit uns nicht abgeben. Die die eine deutsche Frau oder Mann haben oder hatten die können meist auch besser deutsch sprechen. Aber es gibt auch Welche die es richtig gut können. Bei meiner Tochter sind nun 4 in der Klasse und die sind besser als manch Deutscher in Deutsch und Mathe. Hätte ich nicht gedacht ist aber so. Anhand der Sprache kann man nicht sagen dass das nun schlechte oder gute Schüler sind.
Es geht auch nicht darum ob es gute oder schlechte Schüler sind (das kann ich absolut nicht beurteilen) sondern um die Deutschkenntnisse, die nun mal in einem deutschsprachigen Land für JEDE Schul- oder Berufslaufbahn essenziell sind. Und es geht um den angesprochenen Ansatz, die Kinder nicht zu korrigieren sondern so zu belassen, wie sie sind. Natürlich kann auch bei Aufklärung über die Wichtigkeit von gutem deutsch und Korrektur der Fehler der Fall sein, dass es nichts bringt weil die Kinder es eben nicht wollen oder nicht besser können. Aber sie sollten durch Korrektur zumindest die CHANCE haben sich zu verbessern.

Bei mir im Haus wohnt eine türkischstämmige Familie. Alles sind gläubige Muslime, die Mutter und die 18jährige Tochter mit Kopftuch, und die können allesamt perfekt deutsch. Die Tochter hat im Sommer ihre Matura bestanden und macht jetzt eine Ausbildung zur Lehrerin. Es geht mir auch nicht um Vorurteile gegenüber Kindern mit Migrationshintergrund. Es gibt auch genug österreichische Familien wo die Unterhaltung zu Hause ausschließlich aus TV und youtube besteht und das Leseniveau der Eltern maximal für die Schlagzeilen einer Gratiszeitung ausreicht. Auch diese Kinder sind gegenüber denen aus einem gebildeten Elternhaus benachteiligt. Pauschal kann man gar nichts sagen. Nur den Ansatz, die Kinder einfach nur wohlwollend zu beobachten und nicht zu korrigieren, halte ich für eine zusätzliche Benachteiligung für Kinder, die ohnehin mit schlechteren Voraussetzungen in die Schule kommen als andere.
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Momo
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Momo »

Hallo Rabaukenmama,
ein interessantes Gedankenspiel... Meistens gehen diese Kinder, über die Du geschrieben hast, ja gerade in Schulen, in denen der klassische Unterricht stattfindet. Viele Schüler müssen sich Wissen in den Kopf stopfen und haben dementsprechend keinerlei Motivation mehr, zu lernen. Das Resultat hast Du im Bus gehört 8-)
Ich gehe davon aus, dass ein achtsamer, beobachtender Umgang auf Augenhöhe vor allem die Motivation und Eigeninitiative nicht zerstört. Es wäre wirklich spannend zu sehen, wie sich gerade diese Kinder anders entwickeln würden, wenn ihnen von Anfang ihrer Schulzeit an ein wertschätzendes Vertrauen von Lehrerseite und natürlich auch Unterstützung und Inspirationen entgegen gebracht werden würde. Ein weiterer sehr wichtiger Punkt ist natürlich das Elternhaus(!), denn ich denke, dieser wertschätzende Umgang muss natürlich auch zu Hause weitergeführt werden. Alles kann eine Schule nicht auffangen! Deshalb sehe ich ja auch die große Wichtigkeit, dass Eltern und Lehrer sich kennenlernen und zusammenarbeiten. Wenn die Eltern jedoch völlig andere Ansätze vertreten, dann kann auch die Schule kaum etwas machen. Doch wenn ein z.B. türkisches Kind auch zu Hause geachtet und liebevoll begleitet wird und dies in der Schule weitergeführt wird, dann wird es sich zu einem offenen, neugierigen, klugen Menschen entwickeln.

Momo
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Rabaukenmama
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Rabaukenmama »

Momo hat geschrieben:Hallo Rabaukenmama,
ein interessantes Gedankenspiel... Meistens gehen diese Kinder, über die Du geschrieben hast, ja gerade in Schulen, in denen der klassische Unterricht stattfindet. Viele Schüler müssen sich Wissen in den Kopf stopfen und haben dementsprechend keinerlei Motivation mehr, zu lernen. Das Resultat hast Du im Bus gehört 8-)
Du glaubst also die Deutschkenntnisse dieser Schüler sind deshalb so schlecht weil sie nicht durchgehend nur "wohlwollend beobachtet" worden sind? DAS halte ich für ein interessantes Gedankenspiel!
Momo hat geschrieben:
Ich gehe davon aus, dass ein achtsamer, beobachtender Umgang auf Augenhöhe vor allem die Motivation und Eigeninitiative nicht zerstört. Es wäre wirklich spannend zu sehen, wie sich gerade diese Kinder anders entwickeln würden, wenn ihnen von Anfang ihrer Schulzeit an ein wertschätzendes Vertrauen von Lehrerseite und natürlich auch Unterstützung und Inspirationen entgegen gebracht werden würde.
Ich habe keine Ahnung wie es in Berlin ist, aber was bringt dich dazu grundsätzlich davon auszugehen dass Motivation und Eigenwille bei Schülern grundsätzlich zerstört werden und an ganz normalen Schulen sowieso kein Umgang auf Augenhöhe stattfindet? Für mich schließen sich Korrektur und Augenhöhe jedenfalls nicht aus.
Momo hat geschrieben: Ein weiterer sehr wichtiger Punkt ist natürlich das Elternhaus(!), denn ich denke, dieser wertschätzende Umgang muss natürlich auch zu Hause weitergeführt werden. Alles kann eine Schule nicht auffangen! Deshalb sehe ich ja auch die große Wichtigkeit, dass Eltern und Lehrer sich kennenlernen und zusammenarbeiten. Wenn die Eltern jedoch völlig andere Ansätze vertreten, dann kann auch die Schule kaum etwas machen. Doch wenn ein z.B. türkisches Kind auch zu Hause geachtet und liebevoll begleitet wird und dies in der Schule weitergeführt wird, dann wird es sich zu einem offenen, neugierigen, klugen Menschen entwickeln.
Keine Ahnung wo du lebst, aber meine Beobachtung ist dahingehend dass nur wirklich gebildete, motiverte Eltern am grundsätzlichen guten Kontakt mit Lehrern und Schule interessiert sind. Es geht nicht darum ob türkisch, österreichisch, deutsch oder syrisch! Etliche Elternhäuser entsprechen absolut nicht deinem Wunschbild und die Kinder sind vor Schuleintritt 6 Jahre davon geprägt worden und werden es täglich weiterhin zu Hause. Diese Schüler sitzen aber auch in jeder Klasse und wenn man nicht das Geld hat, das eigene Kind auf eine Privatschule zu schicken (wo solche Kinder seltener sind weil es sich deren Eltern oft nicht leisten können) dann wirkt sich das auf die ganze Klassengemeinschaft aus. Wenn es z.B. am Faschingdienstag Krapfen "zur freien Entnahme" gibt und eine Clique von 5 Kindern krallt sich alle Krapfen während 20 andere Kinder hilflos zusehen - was ist dann zu tun? Dann kann man nur noch wohlwollend beobachten wie einige der leer ausgehenden Kindern resignieren und andere auf die Idee kommen, das Verhalten, mit dem man zu Krapfen kommt, nachzumachen...

..die Vision vom bisher nur wertgeschätzen und auf Augenhöhe behandeltem Kind, wo dieser Umgang in der Schule seinen Fortgang findet, ist zwar nett, hat aber nichts mit den echten Voraussetzungen zu tun, die an Schulen herrschen. Versteh mich bitte nicht falsch, ich halte Umgang auf Augenhöhe durchaus für eine Bereicherung WO ES MÖGLICH IST, es gibt aber Menschen (sowohl Kinder als auch Erwachsene) die das als Schwäche sehen und schamlos ausnutzen. Daher finde ich dass Lehrer durchaus auch mal durchgreifen und autoritär sein dürfen wenn es die Situation verlangt.
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Linasina
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Linasina »

Meine Erfahrung ist dass einige Eltern mit den Privatschulen auch unzufrieden sind und etliche Kinder sind von den Privatschulen wieder zurück in die normale Grundschule nach nur einem halben Jahr. Das gibt mir auch zu denken.
Die Grundschule bei uns im Ort ist Ansich nicht schlecht. Die Lehrerin hat einen extra Kurs für ausländische Kinder gemacht und diese werden gut integriert und es wird Ihnen die Sprache ordentlich bei gebracht. Es sind sozial schwache Kinder dort die genauso Stark sind wie die Elitekinder von Studierten das weiss ich weil ich die Elternhäuser kenne. Es wird alles getan dass auch die schlechten mitkommen mit zusatzkursen und Tests usw...
Ich finde diese Schule nicht schlecht. Die Klasse meiner Tochter ist auch sehr Leistungsstark.
Leider wird aufgrund der neuen Schüler überlegt eine 3.Klasse zu machen weil die Klassen zu groß werden und weitere Flüchtlinge dazu kommen werden. Das ist nicht so toll lässt sich aber nicht ändern.
alibaba

Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von alibaba »

Rabaukenmama hat geschrieben: ......aber meine Beobachtung ist dahingehend dass nur wirklich gebildete, motiverte Eltern am grundsätzlichen guten Kontakt mit Lehrern und Schule interessiert sind. Es geht nicht darum ob türkisch, österreichisch, deutsch oder syrisch!
Dem stimme ich vorbehaltlos zu.

Das sind ebenfalls meine Beobachtungen. Eltern die selbst gebildet sind und motiviert ihren Kindern auch Bildung vermitteln, deren Kinder werden auch selbst automatisch Bildung wertschätzen. Man muss aber als Eltern das auch vorleben.

Gestern saß mein Sohn über seinen Büchern, eine Stunde lernen ist am WE Pflicht. Zudem war er den ganzen Tag auf einem Lehrgang vom DLRG. . Die Kinder der benachbarten Hauptschule lümmelten den ganzen Tag auf dem Spielplatz herum. Von Nichts kommt eben nichts. Heute Morgen sah ich ein paar von Ihnen, in den selben dreckigen Klamotten ins Schulgebäude laufen. Sie waren dabei genauso motiviert wie gestern auf dem Spielplatz. Das sind diese gehörten "Buskinder". Schade eigentlich.

Ich "kenne" eine türkische Familie, deren Kinder gingen schon mit meinen in die musikalische Früherziehung. Die sind jetzt auf dem selben Gymnasium wie mein Großer. Es war einfach vorher zu sehen.

Ich denke nicht, das die Sprachkentnisse der Eltern etwas mit dem Schulerfolg der Kinder zu tun haben, sondern immer die Wertschätzung der Bildung.

VG
LiLaLaunebär
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von LiLaLaunebär »

.. nur mal kurz so zwischendurch.

Mein Mann und ich haben selber eine gute Schulbildung und legen auch bei unseren Kindern wert darauf. Auch diese müssen am WE durchaus lernen - trotzdem "lümmelten" sie am Samstag und Sonntag (es war hier tollstes Wetter - endlich mal wieder) tagsüber draußen herum. Gelernt hatten sie bereits vor dem Frühstück (die Kids lassen uns Sonntags bis 9 Uhr schlafen und spielen vorher - oder eben lernen ein wenig).
Daher - nur weil Kinder den ganzen Tag draußen sind - heisst es ja nicht, das sie nicht für die Schule lernen :-)
alibaba

Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von alibaba »

LiLaLaunebär hat geschrieben:.. Daher - nur weil Kinder den ganzen Tag draußen sind - heisst es ja nicht, das sie nicht für die Schule lernen :-)
Um es platt auszudrücken - doch, das heißt es. Natürlich nicht pauschal geurteilt. Aber die Kinder die ich kenne, sind auch am WE nicht den ganzen Tag auf dem Spielplatz, machen Leute doof an und glotzen aufs Handy. Selbst im Urlaub fragen Eltern die Kinder nach Vokabeln ab, da sind wir nicht die Einzigsten. Und, ich gehe sogar noch einen Schritt weiter, Kinder deren Eltern Wert auf Bildung legen, deren Kinder spielen auf dem Spielplatz und glotzen nicht Handy. :P

Ich behaupte, so als Nebenanspielplatzwohnmama, das ich die Kinder "sortieren" kann nach ihrem Spielverhalten und deren Schulnoten. :mrgreen: Ich traue mir eine 90%ige Trefferquote zu.

VG
LiLaLaunebär
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von LiLaLaunebär »

Es käme mal auf einen Versuch an :-) Mal sehen ob du die 90% halten kannst.

Grundsätzlich - in den meisten Fällen ist es sicherlich so. Es ist ja auch viel "einfacher" sein Kind raus zu schicken oder das Handy/Pc/Tablett an die Hand zu geben. Dann sind sie (in den meisten Fällen) ruhig und man muss sich nicht mit ihnen beschäftigen. Das sehe ich hier auch immer wieder. Und meine Kinder ärgern sich immer, das sie das nicht dürfen (im Gegensatz zu deren Freunden). Und oft sehe ich auch da eine Verbindung zum elterlichen "Verstand".

Dennoch - meine Kinder sind in der Regel bei gutem Wetter auch die meiste Zeit draußen, machen Sport oder spielen mit Freunden (allerdings wirklich draußen - ohne Smartphone oder ähnliches). Deshalb lernen sie aber nicht nicht. Den Löwenteil der Lernarbeit machen sie tatsächlich unter der Woche (dort sind sie kaum draußen - sondern entweder am Schreibtisch oder beim Sport) und das was am WE gemacht werden muss, erledigen sie früh morgens.

Und ich kenne zumindest noch weitere 4 Kinder, bei denen das ähnlich ist :-P

Leider ist es ja auch so, das manche Kinder (siehe mein mittellind - ich berichtete) absolut nicht lernen wollen (also nicht immer)... egal was die Eltern sagen!
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