Inklusion an Schulen

Probleme und Lösungen für den Schulalltag
basket
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Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von basket »

[quote="Maca"]@basket
Würde es dich denn nicht reizen in einem hochqualifizierten Team an einer Regelschule mit inkludierten Kindern zu arbeiten und zu sehen mit welcher Selbstverständlichkeit Kinder das annehmen ,was sie ERLEBEN?


Ich habe das ja schon vor Jahren einmal erleben dürfen und die GU Klasse, in der ich war hat im sozialen Bereich sehr davon profitiert!
Ich habe ja noch ein paar Jahre vor mir (auch wenn ich nächstes Jahr die 4 vorne stehen habe :schwitz: ), daher werde ich bestimmt auch noch in der Inklusion arbeiten. Ich finde es auch sehr interessant und habe auch schon mit den Gedanken gespielt mich versetzen zu lassen.

Das Problem ist aber das Inklusion bei uns im Kreis nicht wirklich läuft, hat mich eine Versetzung bisher noch abgeschreckt. Leider wird man den Schülern an der Schule nicht gerecht und das frustriert. Wenn du z.B. 22 Wochenstunden machst, aber für 12 Kinder zuständig bist, siehst du die Kinder in der Woche kaum und kannst auch nicht so viel bewegen, wie du vielleicht möchtest.
Meine Kinder sind gerade beide in der Grundschule und es ist echt praktisch, wenn du in der Stadt arbeitest, in der du auch wohnst. Wenn ich mich jetzt versetzen lassen würde, dann müsste ich wahrscheinlich deutlich längere Anfahrtswege in Kauf nehmen. Außerdem arbeite ich gerade ein einer richtig tollen Schule in der ich mich sauwohl fühle.
Wenn sich die Bedingungen in der Inklusion verbessern, dann bin ich sofort dabei!

Lg Basket
Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit! (Sören Aabye Kierkegaard)
Maca
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Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von Maca »

@Koschka,

Elite hat für mich traditionell eindeutig einen negativen Beigeschmack ,sie nimmt für sich einen herrschenden über den anderen stehenden Anspruch ein,entweder weil sie zum alten Geldadel /Industrieadel gehört oder sich durch extreme Leistungsbereitschaft oder Manipulationsmöglichkeiten dafür qualifiziert.

DAS ist für mich nicht dasselbe wie intellektuelle Elite.
Hatte diese überhaupt JEMALS IRGENDWO in der Geschichte auf der Welt real existierende Macht ;) ?

@Basket ,bitte erhalte dir deine Freude an deinem Beruf ( Berufung ? :) )
basket
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Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von basket »

Ich hoffe, dass es mir gelingt. Ich muss ja noch ein bisschen Arbeiten.
Aber du hast Recht, für mich ist mein Job Berufung. Lg
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alibaba

Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von alibaba »

Koschka hat geschrieben: Es wird nur nach Leistung beurteilt. Entscheidungen für die Kinder werden auch aus der Sicht getroffen - was kann mein Kind weiter bringen.
Ja - genau, weil wir in einer Leistungsgesellschaft leben und wir von klein auf lernen müssen uns selber durchzuboxen.

Bringt man hier auf dem Gymnasium keine 1er oder 2er, maximal 3er wird man zum Gespräch geladen. Das ist mein voller Ernst ihr Lieben! Das geht bereits zum HJ klasse 5 los. Warum? Was denkt ihr würde hier mit einem inkludierten Kind passieren?

Ich denke und sehe das wie koschka, ein generelles Umdenken wird nötig sein, damit Inklusion so gelingen kann, wie es sollte.

Ich möchte hier mal Gott sei Dank sagen, das meine Kinder keine Beeinträchtigung, wir genügend Geld zu Verfügung haben und wir alle nicht ganz auf den Kopf gefallen sind, um uns nicht selber helfen zu können. Wir in einem Umfeld leben was die gleichen sozialen Wertevorstellungen hat und sich so gegenseitig weltvernünftige Ratschläge mitgeben kann.

VLG
Rabaukenmama
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Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von Rabaukenmama »

alibaba hat geschrieben: Bringt man hier auf dem Gymnasium keine 1er oder 2er, maximal 3er wird man zum Gespräch geladen. Das ist mein voller Ernst ihr Lieben! Das geht bereits zum HJ klasse 5 los. Warum? Was denkt ihr würde hier mit einem inkludierten Kind passieren?
Was ihm passieren würde? Dass man an es dieselben Anforderungen stellt wie an die gesunden Kinder? Was ist grundsätzlich schlecht daran KEINE Sonderbehandlung zu bekommen?

Kinder mit Down-Syndrom an Förderschulen brauchen die Hausübung nur dann machen wenn sie Lust dazu haben. Ist das etwa das Signal an Behinderte? Unterton: "So gut wie wir sind werdet ihr sowieso nicht. Ihr habt ohnehin nicht das Zeug mal was anständiges zu lernen also ist egal ob ihr die Hausübung macht oder nicht".

Nicht dass ich die Leistungsgesellschaft oder den Druck, der auf Kinder wegen guter Noten ausgeübt wird, befürworte. Aber wenn das an einer Schule nun mal verlangt wird - warum soll man nicht auch von behinderten Kindern auch erwarten dürfen dass sie sich NACH DEN INDIVIDUELLEN MÖGLICHKEITEN ordentlich anstrengen um was zu erreichen?

Was ist umgekehrt wenn die gesunden Kinder einer Klasse mitbekommen dass Kinder mit Handycap keine Hausübung machen brauchen und dass ihre Eltern nicht vorgeladen werden wenn deren Leistung nicht passt? Eifersucht auf diese Sonderbehandlung ist vorprogrammiert. Hingegen ist den meisten gesunden Kindern klar dass manche (Integrations-)Kinder einfach nicht IMSTANDE sind exakt dieselbe Leistung zu erbringen, die von ihnen selbst erwartet wird.

Ich bin übrigens absolut gegen eine generelle Inklusion nach dem Motto "verteilen wir die Kinder mit Handycap einfach auf die bestehenden Schulen und Klassen". In jedem Fall sollte einzeln angeschaut werden welcher Weg dem Kind vermutlich am meisten bringt - sowohl in sozialer als auch in leistungsbetonter Hinsicht. Eltern sollten klar aufgeklärt werden welche Wege es gibt und in ihrer Entscheidung von FrühförderInnen, sozialen Einrichtungen und auf die jeweilige Behinderung spezialisierte Experten unterstützt werden.

Die Entscheidungsfreiheit selbst aber sollte bei den Eltern bleiben. Natürlich kann dann sein dass das eine oder andere Kind mit einer nicht optimalen, im schlechtesten Fall sogar sehr belastenden Lösung umgehen muss. Aber das kann Kindern von gesunden Eltern genauso gehen. Wichtig ist dabei vor allem dass man in Kontakt mit den Eltern bleibt um Kindern unerträgliche Schul-Situationen zu ersparen bzw. diese zu ändern. Und Überforderung kann genauso unerträglich sein wie Unterforderung. Ebenso kann extreme Bevormundung genauso schlimm erfahren werden wie Ausgrenzung oder Mobbing.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
alibaba

Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von alibaba »

Ach Rabaukenmama, ich wünsche euch, das alles so laufen wird, wie ihr es euch erwünscht bzw. das eure Hoffnungen und Wünsche nicht in der Vor-Ort-Realität untergehen.

Ich sehe hier, leider, jedes Kind ausserhalb der Norm, untergehen oder schwerer schwimmen. Es fragt sich für mich halt, wie lange hält man das denn durch?

Mein Kindklein ist super exakt. Erst einmal ist daran nichts Schlimmes, jedoch bedeutet das ich bin langsamer als der Rest. Das wiederrum bedeutet, ich bekomme neben meinen HA auch noch den Rest auf den ich in Schule nicht geschafft habe. Das bedeutet dann, ich sitze zu Hause und sitze zu Hause und stöhne schon, weil ich um den Berg weiß, bevor ich überhaupt zu den HA komme. Das bedeutet Kampf, Kampf zwischen uns Eltern und dem Kind.
Das Kind mit schwerer ADHS sitzt hier ständig vor der Tür und hat nur rote Punkte.
Das kind mit schwerem ADS trägt täglich ein zusätzliches Muss-ich-noch-schaffen-Bündel mit nachhause.
Es werden hier drei Negativstrichlisten geführt - für alle Kinder - selbst für runterfallende Stifte gibt es rote Punkte.

Stärken, Schwächen, jeder wird da aufgefangen wo er steht, Individualität, Inklusion - all das ist eine schöne tolle theoretische Welt. Die ist auf dem Papier toll, als gesprochenes Wort schon etwas differenzierter, vor Ort trifft es das schöne Papier und die schönen Worte dann nicht mehr.

Ihr habt nur meine guten Wünsche - ich würde es jedem kind mit Handycap wünschen das Inklusion gut klappt - leider sind meine Erfahrungen, schon auf ganz banaler Ebene, absolut negativ.

VLG
Rabaukenmama
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Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von Rabaukenmama »

alibaba hat geschrieben:Ach Rabaukenmama, ich wünsche euch, das alles so laufen wird, wie ihr es euch erwünscht bzw. das eure Hoffnungen und Wünsche nicht in der Vor-Ort-Realität untergehen.

Ich sehe hier, leider, jedes Kind ausserhalb der Norm, untergehen oder schwerer schwimmen. Es fragt sich für mich halt, wie lange hält man das denn durch?
Die Vor-Ort Realität sieht für jeden anders aus und hängt unter anderem auch davon ab wie weit man selbst bereit ist, Ungerechtigkeiten und Bevormundung hinzunehmen.

Klar kann sein dass ich das Naiverl bin dessen Kinder ja noch gar nicht in der Schule bin und in einigen Jahren jammere ich unisono mit anderen über ein System das "man" (bzw."frau" ;) ) nicht ändern kann.

Abgesehend davon frage ich, wie man ein "Kind innerhalb der Norm" definiert. Das funktionieren aller Sinne und das fehlen von chronischen Erkrankungen macht jedenfalls noch keine Normtauglichkeit aus. Hab ja in der Arbeit ständig mit Normen zu tun (ÖNORM, DIN, ISO,...) und daher komme ich nur sehr schlecht damit zurecht dasselbe Wort als Durchschnitts-Definition für Kindern zu verwenden - auch wenn mir natürlich klar ist, was du meinst.

alibaba hat geschrieben: Mein Kindklein ist super exakt. Erst einmal ist daran nichts Schlimmes, jedoch bedeutet das ich bin langsamer als der Rest. Das wiederrum bedeutet, ich bekomme neben meinen HA auch noch den Rest auf den ich in Schule nicht geschafft habe. Das bedeutet dann, ich sitze zu Hause und sitze zu Hause und stöhne schon, weil ich um den Berg weiß, bevor ich überhaupt zu den HA komme. Das bedeutet Kampf, Kampf zwischen uns Eltern und dem Kind.
Das Kind mit schwerer ADHS sitzt hier ständig vor der Tür und hat nur rote Punkte.
Das kind mit schwerem ADS trägt täglich ein zusätzliches Muss-ich-noch-schaffen-Bündel mit nachhause.
Es werden hier drei Negativstrichlisten geführt - für alle Kinder - selbst für runterfallende Stifte gibt es rote Punkte.
Wie viele Ängste muss man haben um als Eltern gegen das eigene Kind zu kämpfen um die Anforderungen einer Schule zu erfüllen ohne mit diesen Anforderungen überhaupt einverstanden zu sein? Wie groß müssen die (Zukunfts-)Ängste sein das was du hier beschreibst als das "kleinere Übel" gegenüber der (möglichen) späteren "schlechteren Chancen" zu sehen?
alibaba hat geschrieben: Stärken, Schwächen, jeder wird da aufgefangen wo er steht, Individualität, Inklusion - all das ist eine schöne tolle theoretische Welt. Die ist auf dem Papier toll, als gesprochenes Wort schon etwas differenzierter, vor Ort trifft es das schöne Papier und die schönen Worte dann nicht mehr.
Ich bin immer noch so naiv, zu glauben, dass es auch damit zusammenhängt wie schnell und bereitwillig man etwas hinnimmt.

Es ist eine Einstellung des kuschens und wegschauens, der ich einfach nichts abgewinnen kann. Wenn ein ausländisches Mädchen in einer vollen U-Bahn offen mit Nazi-Parolen beschimpft wird bin ich die einzige, die sich dem Agressor entgegenstellt. Wenn ein Kind am Spielplatz geschlagen wird bin ich die einzige, die die Eltern darauf anspricht. Alle anderen schauen weg und tun so als würde sie das alles nichts angehen! In Wirklichkeit sind sie nur elendig feig ohne zu wissen wovor sie sich eigentlich fürchten.

In der Schule ist das noch krasser weil es ja um die eigenen Kinder geht. Da nehmen Eltern lieber unglückliche, leidende Kinder in Kauf als mal geschlossen aufzustehen und zu sagen "SO NICHT! Wir suchen uns eine andere Schule!". Man könnte auch handlen nach dem Motto "Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin". Aber nein, wenn man das eigene Kind aus so einer Schule nimmt hat es ja so einen massiven Wettbewerbsnachteil und alle Mitschüler, diese gefährlichen Rivalen, haben die Nase vorn.

alibaba hat geschrieben: Ihr habt nur meine guten Wünsche - ich würde es jedem kind mit Handycap wünschen das Inklusion gut klappt - leider sind meine Erfahrungen, schon auf ganz banaler Ebene, absolut negativ.
VLG
Wie schon gesagt - Inklusion bedeutet für mich nicht zwangsläufig mit gesunden Kindern in einer gemeinsamen Klasse. Und viele Eltern von "Inklusionskindern" sind sich ihrer eigenen Macht und Fähigkeiten ja nicht annähernd bewusst. Eine Mutter hat neulich beim ELKI-Treffen der Hörfrühförderung erzählt ihr 4jähriger Sohn sei seiner Hörgeräte wegen vom Kindergarten abgelehnt worden. Er solle doch in einen Sonder-Kindergarten gehen der "seiner Behinderung gerecht wird". Dabei ist das der Kindergarten ganz in der Nähe wo alle Nachbars- und Freundeskinder auch hingehen.

Für die Mutter war klar dass sie sich nun einen anderen Kindergarten suchen muss. Aber muss sie wirklich? Oder kann sie dafür kämpfen dass ihr Kind (normale Intelligenz, normale Sprachentwicklung trotz Hörgeräten) doch in diesen Kindergarten darf. Wie kann die Kindergartenleitung die Ablehnung des Buben begründen wenn das Magistrat eine Stellungnahme dazu verlangt?

Viele scheinbar unumstößliche Aussagen und Entscheidungen sind einfach auf dem Mist von Einzelpersonen gewachsen die mit Inklusion nichts anfangen können bzw. wollen. Längst nicht alles davon ist unanfechtbar. Sogar Gesetze können im Zweifelsfall "für den Betroffenen" ausgelegt werden.

Im gerade beschriebenen Fall würde die Mutter natürlich das Risiko eingehen dass ihr Kind es "zu spüren bekommt" dass sie für seine Aufnahme in den Kindergarten gekämpft hat. Und sie müsste wahrscheinlich auch mit einigen, wenigen Eltern leben die der kuriosen Ansicht sind ihr eigenes Kind würde durch das zusammensein mit einem schwerhörigen Kind in seiner Entwicklung behindert. Aber ist es der Erfolg für das eigene Kind (weiter mit seinen Freunden zusammen zu sein, nicht schon mit 4 Jahren das Gefühl von "du bist anders" erfahren) nicht wert auch ein paar (harmlose) Risken einzugehen?

Helene Jarmer, eine gehörlose Politikerin im österr. Parlament hat eine Autobiografie mit dem Titel "Schreien nützt nichts" geschrieben. Dort beschreibt sie ihre eigene Schullaufbahn - als gehörloses Kind ebenfalls gehörloser Eltern. Es war absolut nicht einfach, überall wurden ihr Steine in den Weg gelegt und sind ihr Ungerechtigkeiten widerfahren - sei es extreme Bevormundung oder "der machen wir es besonderns schwer"-Situationen.

Eigentlich hätte sie (obwohl hochbegabt) gar nicht Lehrerin werden können weil laut österreichischem Gesetzt Behinderte das nicht dürfen :twisted: . Aber sie hat von einer Ausnahme im Fall der Tochter einer hochrangigen Politiker erfahren und mit diesem Wissen ihre Zulassung zum Lehramtsstudium quasi "erpresst". Tatsächlich hat sie sich nur nicht gescheut die Mittel zu ihrem eigenen Nutzen zu verwenden die andere verwendet haben um ihr Gleichberechtigung zu verwehren. Und den Mut, das zu tun, hat sie von ihren Eltern mitbekommen, die sich ihrerseits nicht gescheut haben, wirklich ALLES zu tun um ihrer Tochter die bestmögliche Ausbildung zu verschaffen.

Das Buch hat mir unter anderem die Augen geöffnet wie häufig ich bis dahin selbst vor "Obrigkeiten" gekuscht haben und einfach in den Raum geworfene Aussagen für bare Münze genommen habe ohne zu hinterfragen wie gut solche Argumente wirklich halten wenn es hart auf hart geht.
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Maca
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Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von Maca »

In Hamburg und Schleswig- Holstein wird die überwiegende Mehrheit der Hörgeschädigten Kinder normal beschult,
in Bayern wird diese überwiegend in Schulen mit dem Förderschwerpunkt Hören beschult.

:mrgreen: Ich glaube schon,daß Fragen der Integration auch ein klitzekleines bißchen mentalitätsabhängig sind.

Der Norden Deutschlands hat bildungstechnischen zwar Probleme,die resultieren aber eher aus sozialer Heterogenität und willkürlich anmutender Didaktik. ;)

Die Integration ' körperlich Versehrter' klappt erstaunlich gut und hat eine hohe Akzeptanz!
Rabaukenmama
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Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von Rabaukenmama »

Maca hat geschrieben:In Hamburg und Schleswig- Holstein wird die überwiegende Mehrheit der Hörgeschädigten Kinder normal beschult,
in Bayern wird diese überwiegend in Schulen mit dem Förderschwerpunkt Hören beschult.

Die Integration ' körperlich Versehrter' klappt erstaunlich gut und hat eine hohe Akzeptanz!
Einerseits ist es sicher so, wie du beobachtest: in verschiedenen Ländern/Bundesländern/Regionen wird der Umgang mit Integraion unterschiedlich behandelt.

Und "körperlich versehrt" ist ein seeeeeeehr dehnbarer Begriff. Das kann von einer leichten spastischen Lähmung eine Gliedmasse bis zur Querschnittlähmung gehen, von schielen und Kurz/Weitsichtigkeit bis Blindheit und von leichter Schwerhörigkeit bis zur totalen Gehörlosigkeit.

Aber selbst bei Kindern mit derselben Behinderung in ähnlichem Ausmaß sind die Unterschiede riesig. So macht es z.B. bei Gehörlosen einen gewaltigen Unterschied ob das Kind schon VOR dem Spracherwerb ertaubt ist oder erst nachher. Die Fähigkeit, Lippen zu lesen, ist ebenfalls sehr verschieden genauso wie die Fähigkeit zu nonverbaler Kommunikation. Einem mittelgradig schwerhörigesn Kind mit annähernd normalen Spracherwert hätte ich z.B. nicht zugemutet täglich 120-150min Busfahrt in Kauf zu nehmen um in einen "speziellen" Kindergarten zu kommen. Ich hätte es zuerst mit einer Integrationsgruppe in der Nähe versucht und wenn das nicht geklappt hätte eine andere Lösung gesucht.

"Förderschwerpnkt hören" hat übrigens nichts mit Gebärdensprache zu tun. Lehrer, die an solchen Schulen unterrichten brauchen keine einzige Gebärde kennen. Der Unterricht ist rein lautsprachlich, nur eben mit technischer Unterstützung bzw. speziell auf SCHWERHÖRIGE Kinder abgestimmten Unterrichtsmethoden. Ein vor dem Spracherwert ertaubtes Kind kann davon oft gar nicht profitieren während Unterricht in Gebärdensprache (neben Lautsprache) eine barrierfreie Lösung wäre. Nur, dass dieser Unterricht zumindest an der Grundschule, die ich kenne, nach Sonderschullehrplan erfolgt. Und genau HIER gilt es, eine gerechtere Lösung zu finden, die zwar auch keine echte Chancengleichheit bringen kann, aber zumindest eine Verbesserung der IST-Situation.

Ein Cousin von mir ist übrigens sowohl körperlich als auch geistig leicht behindert. Im normalen Umgang mit ihm merkt man gar nichts. Körperlich hat er eine spastische Lähmung an einem Fuß (die sich in einem hinkenden Gang zeigt) sowie spastisches Zittern der Hände. Seine geistige Behinderung ist eine leichte Form von Autismus. Er ist mindestens durchschnittlich intelligent, sprachlich recht fit (sehr gut in deutsch und englisch, lernt außerdem italientisch) und mathematisch ebenfalls deutlich überdurchschnittlich. Soziale Kontakte hat er trotz des leichten Autismus viele (daher bin ich gar nicht so sicher dass diese Diagnose korrekt ist). Nach abgeschlossener Handelsschule hat er 10 Jahre in derselben Firma (einem Callcenter) gearbeitet und ist dort voll anerkannt. Jetzt möchte er studieren um macht gerade die Berufsreifeprüfung.

Bei unseren Gesprächen in dem Zusammenhang ist mir aufgefallen dass er die Mathe-Pfrüfung mehrere Male verschoben hat. Mir war nicht klar warum. Mein Cousin konnte schon mit 8 Jahren den immerwährenden Kalender auswendig und hat sich selbst beigebracht Statistiken zu erstellen und auszuwerten. Er kann im Kopf innerhalb von Sekunden ausrechnen wie viel jede von 7 Personen zahlen muss wenn gemeinsam ein Geburtstagsgeschenk gekauft wird und kann ebenfalls im Kopf Brutto- in Nettogehalt umrechnen (die Prozentsätze der Differenz der unterschiedlichen Berufsgruppen weiß er auswendig). Daher war mir absolut nicht klar warum gerade Mathe das offensichtliche Angstfach meines Cousins ist obwohl er alle anderen Prüfungen souverän gemacht hat.

Die Ursache ist banal: mein Cousin versteht zwar auch komplizierte Rechenvorgänge, kann sie aber nicht mehr im Kopf durchführen. Und er ist feinmotorisch zu ungeschickt um einen Taschenrechner ordentlich zu bedienen auch wenn er weiß welche Taste für welche Funktion steht. Dagegen stellt ein PC-Tastatur mit größeren Tasten kein Problem dar, aber die Tasten der wissenschaftlichen Rechner sind nun mal sehr klein. Daher hat er erst mal üben müssen mit dem Taschenrechner umzugehen und es hat einiges an Zeit erfordert bis er fit genug war. Hätte man in einer normalen Schule auf DIESE SPEZIELLE Art der Behinderung Rcksicht genommen? Wohl kaum! Er hätte schlechte Noten bekommen obwohl er die Aufgaben vom Verständnis her problemlos hätte lösen können. Und auch HIER wäre ein Differenzierung wichtig und nötig!

Ich könnte dazu noch ganz viel schreiben, aber ich glaube es ist rübergekommen was ich meine :) .
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Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von Maca »

Mir geht es eigentlich nur darum wie hier schon oft erwähnt,daß Eltern die Wahl haben!

Wenn wirklich gut ausgestattete Schulen mit Förderschwerpunkten,die zudem auch noch erfahrene,kompetente Lehrkräfte haben, aus Kostengründen ( wie bei uns zugegebenerweise leider sehr oft und massiv :roll: ) geschlossen werden,
genau dann haben die Eltern die Wahl ja auch nicht mehr.

Je individueller man auf die Bedürfnisen der jeweiligen Familien und der betroffenen Kinder eingehen könnte,umso besser.

Klar gibt es Kinder,denen eine Inklusion kaum gerecht werden kann,und Eltern ,die dann wieder meckern,weil den eigenen Kindern Zeit ' geklaut' wird.

Wenn Eltern mit förderbedürftigen Kindern aber der Meinung sind,daß ihr Kind mit der Bandbreite aller anderen Kinder gemeinsam lernen soll,dann darf Ihnen dieser Weg nicht versperrt sein.
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