Kind "schulkonform" bekommen ?

Probleme und Lösungen für den Schulalltag
Rabaukenmama
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Re: Kind "schulkonform" bekommen ?

Beitrag von Rabaukenmama »

alibaba hat geschrieben:Ich glaube, man hat gut reden, wenn man nicht in vergleichbaren Situationen steckt. Mich erinnert, diese Diskussion „man könnte, wenn man denn wollte .... oder ich würde das tun“ an ein gestriges Gespräch mit meiner Friseuse. Da ging es um das Haare färben bei uns Mädels. Ich erklärte dann, dass ICH mir nie die Haaare Färben würde, wenn Sie denn ergrauen. Ich würde dem Lauf der Dinge so lassen, ich fände das ok. Meine Friseuse, die ich schon mindestens 20 Jahre kenne, gab dann zu bedenken, dass ich gut reden hätte, denn ich hätte noch keine grauen Haare. :schwitz: Aber sie selber, hätte diese schon mit 30 Jahren bekommen - vererbt - und sie färbt, eben damit sie gesellschaftlich nicht als Oma, die sie ja gar nicht ist, wahrgenommen wird.

Wenn ich also aus meiner Position behaupte, würde ich anders machen, sollte gewährleistet sein, dass ein Vergleich möglich ist und sich dann der Gegenüber, in der Tat, nicht nur so anstellt.
Kenne ich aus eigener Erfahrung (ich färbe seit über 10 Jahren, von Natur aus wären meine Haare längst nicht mehr nur grau, sondern weiß :P .
alibaba hat geschrieben: Für mich persönlich sind Änderungen Grenzen gesetzt. Und meine Erfahrungen sagen mir, dass man immer erst hinterher sieht, was drin steckt. Da kann ich vorher beim Tag der offenen Tür gewesen sein, bei Aktionstagen, bei Schulvorstellungen oder oder - was hier eben geht und trotzdem kann es eben nicht passen. Da hat man, wenn man in einer großen Stadt lebt, vielleicht genug Alternativen, lebt man da aber nicht, muss man für sich selbst entscheiden was noch machbar ist. Und für mich Halbtagsarbeitsmama mit variabler Arbeitszeit, die den Luxus hat, nicht unbedingt zum Familieneinkommen arbeiten gehen zu müssen - weil sonst das Geld nicht reichen würde - kann da viel flexibler reagieren, als eben die Mütter die das nicht können. Nicht zu vergessen, dass Frau noch - vielleicht - eigene Probleme hat.

Was ich auch noch zu bedenken gebe, sind die sozialen Kontakte, die, gerade in jungen Jahren, maßgeblich für junge Kinder sind. Fahre ich um die halbe Welt, um in Schule XY zu kommen, fehlt mir dann die Zeit, davon mal abgesehen, dass das machbar sein muss.

Welche Entscheidung ich dann - aufgrund der Machbarkeit - treffen kann, kann nur ich beurteilen. Dabei wäre ich - aufgrund gesammelter Erfahrungen - vorsichtig mit Angaben, dass man es nur wollen müsse, damit es zur Veränderung kommt.
Auch in Sachen Machbarkeit habe ich eigene Erfahrungen. Die Behinderungen meines jüngeren Sohnes sind so spezifisch, dass es genau EINE Schule gibt, wo überhaupt eine Chance besteht, dass er einerseits lernen kann und andererseits nicht "untergeht". Würden wir - egal in welcher Himmelsrichtung - bis zu 100km entfernt wohnen, wäre das dieselbe Schule. Kindergärten gab es zumindest zwei - nur, dass ich bei einem meinen Beruf aufgeben hätte müssen, weil der alle Schulferien geschlossen hatte. Also auch keine Wahl!

Es gibt in einer Stadt mit 1,7 Millionen Einwohner genau ZWEI Logopädinnen, die in Frage kommen. Für die Horchi-Einstellung war die Stelle, wo wir alle 2 Monate für 3 Tage hingefahren sind, 400km entfernt. Es gibt kaum eine Stelle (KIGA und Schule eingeschlossen), wo ich mit meinem jüngeren Sohn regelmäßig hin muß, wo ich mit weniger als 2 Stunden Fahrzeit (hin und retour) auskomme. Von der Warte gesehen weiß ich sehr gut, was MACHBAR ist (was "bequem machbar" ist, wäre eine andere Sache).

Sport- und Freizeitmöglichkeiten: detto! Ich würde meine Jungs gerne beim Fußballverein ums Eck oder bei der 15 Buminuten entfernten Musikschule anmelden - geht leider nicht, entweder ihre Bedürfnisse sind zu "besonders", oder unser Zeitplan läßt es nicht zu. Wir können auch keines unserer Kinder zu einem ganz normalen Sommer-Feriencamp anmelden, weil es entweder gar nicht möglich ist (jüngerer Sohn), oder weil wir schon im vorhinein wissen, dass das zum scheitern verurteilt ist (älterer Sohn).

Klar, wir schöpfen die Möglichkeiten aus, die wir haben. Wien ist da gut aufgestellt, wir haben einen Fahrtendienst, der Kleinsohn in den Kindergarten und heimbringt und durch die Diagnose Asperger-Autismus hat auch mein älterer Sohn einen Fahrendienst von der Schule in den Hort und heim. Aber wenn das anders wäre (und es kann sein, dass schon die nächste Stadtregierung es ändert!) muß es auch ohne klappen.

Um zum Vergleich mit dem Haare-färben zurückzukommen: ich bin auch hier in der Situation, zu wissen, wovon ich spreche (bzw. schreibe).
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Rabaukenmama
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Re: Kind "schulkonform" bekommen ?

Beitrag von Rabaukenmama »

Yara hat geschrieben:Schreibe noch etwas zu der Situation hier.
Wir wohnen in einer mittelgroßen Stadt in D. Bei der Schulanmeldung ist es hier so das man vor Anmeldung von der Stadt in der Regel zwei Schulen genannte bekommt zu deren Einzugsgebiet man gehört. Man meldet sein Kind auf einer der beiden Schulen an und hofft dort einen Platz zubekommen. Wenn nicht wird geschaut wo das Kind sonst hin kann. Anmeldungen in einen anderen Einzugsgebiet sind möglich da aber größeres Risiko dort abgelehnt zu werden. In unseren Einzugsgebiet gibt es sehr viele Kinder so war ich damals erstmal froh das wir an der Schule wo wir jetzt angenommen wurden. Alle anderen Schulen wären für mich und Kind da wir nur ein Auto haben schlecht erreichbar gewesen. Zudem sind auf seiner jetzigen Schule/Klasse fast alle Kinder aus seiner früheren Kita. Das war mit ein Punkt der mir/uns wichtig war.

Zu den Bauchschmerzen,
ich denke nicht das diese nur aus Unterforderung sind. Es ist eher so das er perfektionistisch ist und Deutsch ihn nicht so leicht fällt wie Mathe. Zudem möchte er um keinen Preis der Welt Ärger in der Schule haben und verhält sich in der Regel sehr Regelkonform. Zudem hat er Nahrungsmittelunverträglichkeiten diese lösen auch Bauchschmerzen aus.
Die Schule zumindest diese Schule stresst je nach Tagesform sehr ich bzw. wir gehen darauf ein und versuchen ihm zu helfen so gut wir können.

Werde hier weiter berichten wie es bei uns weiter geht.
Ja, bitte berichte! Und alles, alles Gute!
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
alibaba

Re: Kind "schulkonform" bekommen ?

Beitrag von alibaba »

Rabaukenmama hat geschrieben: ich bin auch hier in der Situation, zu wissen, wovon ich spreche (bzw. schreibe).
Es geht überhaupt nicht darum deine Erfahrung oder deine Informationen zu diskreditieren. Gott bewahre! Deine Erfahrungen sind wertvolle Beiträge.

Und trotzdem hinkt der Vergleich, zumindest für Deutschland. Hier bekommt man nämlich Hilfe vom Staat, sofern man eine Handicap attestiert hat. Fahrdienst wäre das für das betroffene Kind - eben zur weiter weg gelegenen Schule -oder bei 100 km Entfernung ein Internat. Habe ich aber keine attestierte Bescheinigung, dann muss ich alleine dafür sorgen, dass Kind eben zur Schule XY gelangt. Und da muss jeder selber entscheiden, was seine Machbarkeit her gibt. Ich kann keine 100 km fahren, würde es auch nicht tun. Unbenommen davon wird es, zumindest in D, schwierig werden sein Kind an einer staatlichen Schule so weit weg anzumelden, selbst wenn es DIE Schule wäre, wo dann alles perfekt laufen würde.

Übrigens hatte meine Kleine heute morgen Bauchweh. Mir fällt das gerade wieder ein. Sie muss einen praktischen Beitrag in Musik halten und eine Plakatpräsentation in Französisch. Für Beides ist sie top vorbereitet und trotzdem wollte sie heute morgen nicht aufstehen und auch nicht zur Schule gehen. Sie bekommt auch für solche "Hausvorbereitungsarbeiten" immer sehr gute Noten und trotzdem wollte sie nicht gehen. Ich glaube ja manchmal, dass das "System Schule" Bauschmerzen verursacht und weniger eine Unter-Überforderung oder sonstige "Befindlichkeit" vom Kind. Dass das mit dem Kind gar nichts zu tun hat, sondern mit der Art und Weise von Schule, die uns hier zur Verfügung steht. Das es eher etwas mit "der Leistung" zu tun hat und weniger damit ob die nun unter- oder überfordert.

VG
charlotte2
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Re: Kind "schulkonform" bekommen ?

Beitrag von charlotte2 »

Unbenommen davon wird es, zumindest in D, schwierig werden sein Kind an einer staatlichen Schule so weit weg anzumelden, selbst wenn es DIE Schule wäre, wo dann alles perfekt laufen würde.
Kann ich bestätigen, das ging uns mit der Montessori-Schule so. Zunächst werden KInder aus dem eigenen Einzugsbereich genommen, erst wenn dann noch Plätze übrig sind (was noch nie vorkam...), haben Kinder von weiter weg überhaupt eine Chance.
alibaba

Re: Kind "schulkonform" bekommen ?

Beitrag von alibaba »

Rabaukenmama hat geschrieben: Hellhörig wurde ich hingegen bei der Schilderung, wie die Gespräche in der Schule ablaufen. Also von Seiten der Schule keinerlei Einsicht, dass man vielleicht was an den Bedingungen für das Kind ändern könnte, und Ungläubigkeit gegenüber den Sorgen der Eltern wenn diese von den psychosomatischen Schmerzen ihres Kindes berichten und nach Lösungen suchen. Das läßt zumindest mich darauf schließen, dass sich die Situation in den noch bevorstehenden zwei Schuljahren nicht wirklich bessern wird. Wenn man das tut, was man immer getan hat, bekommt man das, was man immer bekommen hat.
Ich weiß ja nicht, wie andere Eltern das so erfahren, aber ich kann Dich nur beglückwünschen, wenn Du es, für deine Kinder geschafft hast, so eine Schule zu haben, die die Bedingungen für das Kind ändert und individuell auf die Probleme eingehen kann.

Meine Erfahrungen mit normalen Schulen, also keine Inklusionsschulen - alles ganz normal. Meine Erfahrung zeigt mir - in der Grundschule - das es von 5 Lehrern genau 1ner zur leichten Differenzierung und Verständnis brachte, in genau 1nem Fach. Und an der weiterführenden Schule macht das 0 (NULL) Lehrer. "Probleme? - suchen sie sich eine andere Schule." "Dann ist ihr Kind hier falsch!"
Hier gibt es nur schwarz/weiß. Mehr nicht. Lösen muss ich Probleme alleine. Kein Lehrer sucht für mich Lösungen. Sie mögen gut schwätzen - aber das ist mehr Schein als Sein. Vielleicht ist es auch einfach nicht möglich, da ja viele Kinder jeweils unterschiedlich "viele " Problem mitbringen. Das kann ich jetzt nicht beurteilen, ich kann immer nur von dem berichten, was ich an den normalen staatlichen Schule erlebe.

Mir wurde - nach 3 Schulmonaten - erklärt (da mein Sohn in Kl.5 häufig noch auf Toilette ging) ob er denn nicht die Schule wechseln könne, ob er überfordert sei? Meiner Kleinen- die unter der schlechten sozialen Kompetenz ihrer Mitschüler litt - wurde immer nur versprochen, aber nie kam etwas. Dabei haben wir 3 Sozialarbeiter an der Schule und soziale Kompetenz wird - zumindest öffentlich - hoch geschrieben. Mehr Schein als Sein. Keine Sau kam, keiner interessierte sich, obwohl ich mehrmals Kontakt zu denen und auch zum KL hatte und der Bedarf in der Klasse sogar von der KL attestiert wurde. Geht man hier in Gespräche - ist alles wunderbar, gar nicht so schlimm, passt doch alles super. Bekommt man dann die schriftliche Beurteilung, denkt man, ob man das Gespräch nur geträumt hätte. Mündliche Mitarbeit: wird hier vierteljährlich zensiert: erste Note Kind 3-4. Wir intervenieren. Im nächsten weiteren viertel Jahr wurde Kind mehrmals von der Lehrerin gelobt, tolle Mitarbeit, hast Dich gesteigert, mach weiter so, alles gut - nächste Note: 3-4.

VG
Rabaukenmama
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Re: Kind "schulkonform" bekommen ?

Beitrag von Rabaukenmama »

alibaba hat geschrieben: Und trotzdem hinkt der Vergleich, zumindest für Deutschland. Hier bekommt man nämlich Hilfe vom Staat, sofern man eine Handicap attestiert hat. Fahrdienst wäre das für das betroffene Kind - eben zur weiter weg gelegenen Schule -oder bei 100 km Entfernung ein Internat. Habe ich aber keine attestierte Bescheinigung, dann muss ich alleine dafür sorgen, dass Kind eben zur Schule XY gelangt. Und da muss jeder selber entscheiden, was seine Machbarkeit her gibt. Ich kann keine 100 km fahren, würde es auch nicht tun. Unbenommen davon wird es, zumindest in D, schwierig werden sein Kind an einer staatlichen Schule so weit weg anzumelden, selbst wenn es DIE Schule wäre, wo dann alles perfekt laufen würde.
Himmel, warum muß man gleich in Extremen denken! Ich habe geschrieben dass WIR im Umkreis von mindestens 100km (eher 150) keine Schule als Alternative haben. Bei einem grundsätzlich gesunden Kind schaut das GsD sowohl in D als auch in Ö anders aus. Es geht nicht darum DIE perfekte Schule zu finden. Nur eine Klasse, wo das Kind nicht mehr so leidet! Und ich persönlich würde mich da bei einem gesunden Kind zuerst in der Umgebung umschauen - und DORT Gespräche mit der Schulleitung, den Lehrern und Eltern von Kindern, die schon dort sind, suchen. Da kann man sich grob ein Bild machen, ob reale Aussichten auf Besserung sind! Yara wohnt in einer mittlgroßen, deutschen Stadt. Da gehe ich davon aus, dass es im Umkreis von maximal 20km mehrere Grundschulen gibt, die in Frage kommen. Und dass ein Schulwechsel - ob in D oder Ö - bürokratischen Aufwand bedeutet, habe ich nicht bestritten! Wenn man das Kind mit dem Auto in die Schule bringt, fährt man vielleicht statt 5min dann 15min.
alibaba hat geschrieben:
Rabaukenmama hat geschrieben: Hellhörig wurde ich hingegen bei der Schilderung, wie die Gespräche in der Schule ablaufen. Also von Seiten der Schule keinerlei Einsicht, dass man vielleicht was an den Bedingungen für das Kind ändern könnte, und Ungläubigkeit gegenüber den Sorgen der Eltern wenn diese von den psychosomatischen Schmerzen ihres Kindes berichten und nach Lösungen suchen. Das läßt zumindest mich darauf schließen, dass sich die Situation in den noch bevorstehenden zwei Schuljahren nicht wirklich bessern wird. Wenn man das tut, was man immer getan hat, bekommt man das, was man immer bekommen hat.
alibaba hat geschrieben: Übrigens hatte meine Kleine heute morgen Bauchweh. Mir fällt das gerade wieder ein. Sie muss einen praktischen Beitrag in Musik halten und eine Plakatpräsentation in Französisch. Für Beides ist sie top vorbereitet und trotzdem wollte sie heute morgen nicht aufstehen und auch nicht zur Schule gehen. Sie bekommt auch für solche "Hausvorbereitungsarbeiten" immer sehr gute Noten und trotzdem wollte sie nicht gehen. Ich glaube ja manchmal, dass das "System Schule" Bauschmerzen verursacht und weniger eine Unter-Überforderung oder sonstige "Befindlichkeit" vom Kind. Dass das mit dem Kind gar nichts zu tun hat, sondern mit der Art und Weise von Schule, die uns hier zur Verfügung steht. Das es eher etwas mit "der Leistung" zu tun hat und weniger damit ob die nun unter- oder überfordert.

VG
Dazu habe ich selbst folgendes geschrieben (und dem ist nichts hinzuzfügen):
Rabaukenmama hat geschrieben:Es kommt immer drauf an, wie lang und intensiv so eine Bauchschmerz-Phase ist und mit wie viel Leidensdruck sie einhergeht.
alibaba hat geschrieben: Ich weiß ja nicht, wie andere Eltern das so erfahren, aber ich kann Dich nur beglückwünschen, wenn Du es, für deine Kinder geschafft hast, so eine Schule zu haben, die die Bedingungen für das Kind ändert und individuell auf die Probleme eingehen kann.

Meine Erfahrungen mit normalen Schulen, also keine Inklusionsschulen - alles ganz normal. Meine Erfahrung zeigt mir - in der Grundschule - das es von 5 Lehrern genau 1ner zur leichten Differenzierung und Verständnis brachte, in genau 1nem Fach. Und an der weiterführenden Schule macht das 0 (NULL) Lehrer. "Probleme? - suchen sie sich eine andere Schule." "Dann ist ihr Kind hier falsch!"
Hier gibt es nur schwarz/weiß. Mehr nicht. Lösen muss ich Probleme alleine. Kein Lehrer sucht für mich Lösungen. Sie mögen gut schwätzen - aber das ist mehr Schein als Sein. Vielleicht ist es auch einfach nicht möglich, da ja viele Kinder jeweils unterschiedlich "viele " Problem mitbringen. Das kann ich jetzt nicht beurteilen, ich kann immer nur von dem berichten, was ich an den normalen staatlichen Schule erlebe.
Dann ist die Schul-Situation in deiner Stadt tatsächlich ganz anders als hier, in Wien. Ich kenne keine einzige Grundschule, wie du das beschreibst. Gymnasien - ja, durchaus, wenn auch nicht alle! Im Grundschulbereich gibt es eher "klassiche" und eher "freiere" Schulformen und die Dichte ist so, dass man zumindest gute Chancen hat, einen Schulplatz in einer Schule zu bekommen, die in etwa der eigenen Vorstellung (für das Kind) entspricht.
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Re: Kind "schulkonform" bekommen ?

Beitrag von charlotte12 »

Ich habe leider schon die ganze Zeit den Eindruck, dass die Situation im Schulsystem in Österreich um Welten besser ist als in Deutschland. Mittlerweile habe ich einige andere Mütter in unserer Gegend kennengelernt mit ähnlichen Problemen wie wir, und wirklich engagierte längerfristige Differenzierung erlebte keine. Eher so wie bei uns auch - es wird einem zugehört, kurzfristig ändert sich was, und wenige Wochen später ist alles wieder beim alten. Ich bin auch immer wieder baff, wie mein Kind sich genau so lange für Schulstoff begeistert bis er in der Schule dran ist, und sich ab diesem Zeitpunkt dann nicht mehr freiwillig damit beschäftigt. Und ich kenne kein einziges Kind im Bekanntenkreis, das sich für Schulstoff begeistert, egal wie hoch- oder tiefbegabt. Das liegt nicht nur an Unterforderung sondern v.a. auch an diesem ständigen Zwang, da hakt was ganz gewaltig im System.

Frustrierte Grüße
Charlotte
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Re: Kind "schulkonform" bekommen ?

Beitrag von Rabaukenmama »

Koschka hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass die Situation in Österreich besser ist. Eine Schule, die wir hier von Rabaukenmama kennen, ist nicht representativ.
Ich kenne mittlerweile zumindest vom hören-sagen einige Grundschulen in Österreich. Zuerst natürlich die, wo der ältere Sohn meines Mannes (mittlerweile 19 Jahre alt) war, dann natürlich die Schule meines älteren Sohnes und vom hören-sagen mehrere andere Schulen in der Umgebung. Zumindest in meinem näheren Bekanntenkreis gibt es kein wirklich unglückliches Kind in der Grundschule. Wie schon geschrieben - Gymnasium schaut wieder anders aus!

Wobei nicht alles Gold ist, was glänzt. Wenn ich das hier lese...
Koschka hat geschrieben: OFF zu Konformität. Ich bin seit einigen Tagen in Taiwan. Ich habe noch nie eine Gesellschaft so konformen Menschen gesehen. Sie stehen in der U-bahn Schlange innerhalb der vorgebenen Linien, sauber aufgereiht wie die Perlen an der Kette. Sie sind ausgesprochen höfflich und rücksichtsvoll, so rücksichtsvoll, dass sie meist in den Menschenmenge zu Boden schauen. Sie haben keine Spielplätze für Kinder, man sieht überhaupt keine tobenden Kinder. Scheit ein wütendes Kind, wird es absolut kaltblütig ignoriert.

Ich habe dem Spektakel zugeschaut, wie Kinder von 2 bis ... auf einer Hüpfburgrutsche rutschen durften. An der Treppe steht die erste Kontrollperson, sie lässt exat ein Kind auf die Treppe hinein. Oben wird das Kind von Person Nummer 2 empfangen, auf den Rücken gelegt, die Beine müssen ausgestreckt nach vorne zeigen, die Arme an der Brust gefaltet werden. Unten wird das Kind von der Aufsichtsperson Nummer 3 empfangen und hinausbegleitet. Mein Kleiner (bald 5) hat sich zwei mal angestellt, zwei mal lustlos gerutscht, und ist gegangen.
...denke ich zurück an vorgestern. Da war ich zum ersten Mal bei einem Schulausflug der Klasse meines älteren Sohnes (gemeinsam mit der Paralellklasse) mit dabei. Außer mir waren noch 42 Kinder, 4 Lehrerinnen, 6 oder 7 Mütter und ein Vater. Ganz ehrlich - ich war echt überrascht, dass mit so WENIG Konformität alle Kinder gut hin- und heimgekommen sind! Wir waren mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Wurstelprater. Außer unserer Gruppe waren - kurz vor Schuljahresende - auch etliche andere Klassen "unterwegs". Das mit der Zweierreihe, in die sich die Kinder zum durchzählen einordnen sollten, hat genau NULL geklappt. Ein paar einsame Mädels haben es immer wieder mal probiert, wenn es verlangt wurde, der Großteil der Kinder hat sich vom gebrüllen "Jetzt aber WIRKLICH in Zweierreihe aufstellen! Wir müssen durchzählen!" genau NULL beeindrucken lassen. Irgenwie haben die Lehrerinnen trotzdem geschafft, die Kinder zu zählen. Ein- und Ausstieg bei U-Bahn und Schnellbahn war Chaos pur. Ich hatte immer wieder Bedenken, dass wir ein oder mehrere Kinder "verlieren". Drinnen war es laut und wild, niemand rief zur Ordnung.

Nach der Riesenradfahrt und der Lilliputbahn gingen wir auf eine große Wiese mit großem Spielplatz. Auch hier: hunderte Kinder, von 0 bis Teenageralter, teils mit Schulklassen, Kindergartengruppen, Eltern oder allein unterwegs - bunt und systemlos gemischt!

Wir haben einen Piknickplatz ausgesucht, die Kinder sind auf den Spielplatz gelaufen. Keine Info an sie, wann sie zurück sein sollen, wann Abmarsch zurück ist! Jeder machte, was er wollte (mein Sohn saß neben mir und laß Comic). Als es dann hieß "Aufbruch in 10 Minuten" sind die Lehrerinnen auf den Spielplatz und haben die Kinder eingesammelt. Ich hätte ja gern geholfen, aber ich kenne den Großteil der Kinder nicht mal. Wieder durchzählen-wollen, wieder keine Zweierreihe möglich. Ein Mädchen hat verzweifelt versucht, etwas Ordnung in das Ganze zu bringen, ist zwischen den Kindern herumgewuselt, hat gezählt und kam schließlich zu dem Schluß, dass alle da sind. Die Lehrerinnen (die vorher das zählen aus besagten Gründen nicht hinbekommen haben) haben ihr das geglaubt. Auch wenn ich es mir nicht anmerken habe lassen, ist mir das Ganze ziemlich auf und an die Nerven gegangen. Dabei waren wirklich alle da, gesund und fröhlich. Das Gegenteil von der von koschka beschriebenen Konformität. Für mich auch nicht die Ideallösung, aber die Kinder sind eindeutig glücklicher als in konformen Systemen.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
charlotte12
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Re: Kind "schulkonform" bekommen ?

Beitrag von charlotte12 »

Ich glaube nicht, dass die Situation in Österreich besser ist. Eine Schule, die wir hier von Rabaukenmama kennen, ist nicht representativ.
Als ich damals für meine Tochter eine passende Schule suchte, fand ich DIE Traumschule im Internet. Freies Lernen, flexible Eingangsstufe, der Beschreibung nach das Paradies. Nicht weit von uns - bis mir plötzlich auffiel, dass an der Homepage hinten ".at" stand. Es handelte sich nicht um den Ort bei uns um die Ecke sondern um einen namensgleichen Ort in Österreich, damit war die Schule unerreichbar für uns. Aber einen wirklichen Vergleich von deutschen und österreichischen Schulen habe ich auch nicht. Allerdings finde ich auch auffällig, dass diese Seite hier österreichisch ist, sich aber recht viele deutsche Mütter hier tummeln, die offenbar keine vergleichbare deutsche Seite zum Thema Hochbegabung gefunden haben (mich eingeschlossen...).
BiHa
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Re: Kind "schulkonform" bekommen ?

Beitrag von BiHa »

Rabaukenmama, wenn ich bei so einem Schulausflug dabei wäre, würde mir das auch auf die Nerven gehen. Ich begleite die Klasse meines Sohnes auch regelmäßig, besonders weil man da auch als Elternteil was lernen kann z. B. im Kunstmuseum. Aber bei uns herrscht ein ganz anderes Klima. Wenn die Ansage erfolgt Zweierreihen zu bilden, dann wird das auch vemacht. Dann wird noch mal kontrolliert, dass die Kinder, die sich gegenseitig aufpuschen, nicht zusammen laufen. Dann läuft die Lehrerin vorne, ich hinten und die Kinder brav zwischen uns. In der Straßenbahn ist es vergleichsweise ruhig und es geht grundsätzlich gesittet zu. Jetzt muss ich allerdings sagen, dass unsere Lehrerin lieb aber streng ist und die Klasse außerordentlich lieb. Aber so ein Gewusel würde es bei uns nicht geben.

Bei uns wird ohne darüber zu diskutieren den Kinder weiterführender Stoff angeboten, wenn sie das reguläre Pensum erfüllt haben. Fleiß und Engagement wird belohnt. Die Kinder haben zum Beispiel bereits in der ersten Klasse angefangen, selbst Geschichten zu schreiben, die dann vorgelesen werden durften. Ich habe jedenfalls das Gefühl, dass sie jedem Kind gerecht wird und bisher noch keines die Lust an der Schule verloren hat.
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