Gymnasium

Probleme und Lösungen für den Schulalltag
charlotte12
Dauergast
Beiträge: 518
Registriert: Sa 21. Mai 2016, 18:28

Re: Gymnasium

Beitrag von charlotte12 »

@alibaba:
Ich würde das nicht auf die Begabung eines Kindes "schieben". Es kommt ja - gerade bei klugen Menschen -oft die Erwähnung eines Flow. Und den kann ich ja nur im Glückzustand erreichen. Der fliegt mir aber nicht zu.
Es liegt nicht an der Begabung sondern an der Nicht-Passung. Einen Flow erreicht man bei Dingen, die man als schwierig empfindet aber bewältigbar. Wenn man das dann schafft, kommt es zur Endorphin-Ausschüttung im Körper, das hauseigene Belohnungssystem wird aktiviert. Wenn ein Kind in der Schule ständig Dinge tun muss, die viel zu einfach sind, dann springt dieses Belohnungssystem nicht an. Und wenn dann tatsächlich mal was kommt, für das es sich anstrengen muss, dann fehlt die Erfahrung, dass danach die Endorphine kommen, und das Kind streikt.
Ich bezweifle, dass man einfach so etwas kann. Ich brauche immer Übung. Ich brauche auch eine Grundeinstellung für's durchbeißen. ich muss das wollen. Ganz unabhängig vom IQ.
Es IST unabhängig vom IQ - wenn man ein Kind mit durchschnittlichem IQ chronisch massiv unterfordern würde, würde es vermutlich genauso reagieren. Nur passiert das einem Kind mit durchschnittlichem IQ eher nicht, weil die Schule auf solche Kinder ausgerichtet ist. Es gibt ganz sicher individuelle Unterschiede in der Grundausstattung an Anstrengungsbereitschaft. Aber förderlich für die Anstrengungsbereitschaft ist chronische Unterforderung ganz sicher nicht, was eben v.a. dann zum Tragen kommt, wenn mein Kind sowieso nicht Weltmeister in Sachen Ausdauer ist.
Gleiches gilt hier für die Schule. Bin ich im Unterricht schneller, helfe ich Anderen, übe ich automatisch. Bin ich z.B. in Chemie schneller als Andere, kann ich mit zusätzlichen Dingen mein Wissen weiter vertiefen. Ich übe indem ich anwende.
Wenn mein Kind unterfordert ist, ist es nicht schneller sondern wird immer langsamer. Außerdem ist weiteres Üben dann Gift. Und anderen helfen durfte es letztes Jahr, jetzt neue Lehrerin - nicht mehr erwünscht. Wie soll mein Kind im Unterricht mit zusätzlichen Dingen sein Wissen vertiefen, wenn es nicht differenziert wird?
Ich glaube, das verstehen, dass von Nichts nichts kommt, hat etwas mit der individuellen Reife zu tun. Und vielleicht mit den Erfahrungen die man alleine sammeln musste, weil eben keiner da war der ständig Dinge/Probleme für einen klärt.
Genau das sagte die Psychologin ja - dass man dem Kind Gelegenheit geben muss, diese Erfahrung zu machen, dass von Nichts nichts kommt. Man gibt Gelegenheit, indem man für eine angemessen fordernde Umgebung sorgt. Ich habe bisher erst eine einzige Lehrerin erlebt, die von selbst auf die Idee kam, dafür zu sorgen. Weil mein Kind bei Unterforderung weder durch besondere Schnelligkeit auffällt noch dadurch, dass es anfängt, die Tapeten von den Wänden zu reißen, sondern dadurch, dass es komplett dicht macht. Genau das ist der Mechanismus von Underachivement, irgendwann kommen die Kinder da alleine nicht mehr raus. Und dann wird es schwierig bis unmöglich zu zeigen, dass das Kind eigentlich das Potential hätte.
alibaba

Re: Gymnasium

Beitrag von alibaba »

Hallo charlotte12,

Ich glaube nicht, dass man das Problem der Unterforderung generell in Schule lösen kann. Die Gabe des schnell Verstehens hat man ja, egal ob differenziert wird, ob ich springe oder eben normal durch Schule laufe. Ich kann auch nicht ständig die Schule wechseln, in der Hoffnung jetzt auf Lehrer zu stoßen, die differenzieren.

Ich könnte mein Kind in eine Schule mit HB-Zweig geben. Das wäre ein erster Ansatz, da hier ein Mehr im Sinne einer Vertiefung geboten wird und man besser auf die Bedürfnisse eingehen kann. Aufgrund des Mehr's an Informationen, entfallen Wiederholungen. Man könnte auch schauen, dass man sein Kind an einem humanistischen Gymnasium anmeldet, die sind ja bekannt dafür gleich zu Beginn der Klasse 5 mit zwei Sprachen zu beginnen.

Das Schule auf Kinder mit durchschnittlichen IQ ausgerichtet ist, würde ich differenzierter betrachten. Immerhin haben wir noch 3 verschiedene Schulformen. Alle sind ja auf den durchschnittlichen IQ ausgerichtet nur eben immer höher. Ein kluges Kind auf dem Gymnasium ist ja tendenziell eh schon von ganz fitten Kindern umgeben und zumindest hier ist Schule durchaus anspruchsvoll. Hier zeichnet sich das Gymnasium auch nicht durch endlose Wiederholungen aus und vertiefend ist der Inhalt ja sowieso. Hinzu kommen die vielen Angebote die man unterrichtsbegleitend, aber klar nach dem Unterricht, angehen kann.
Ich weiß, das Gymnasium nicht gleich Gymnasium ist und die Anforderungen an das Kind mit dem BL schwanken. Manches Gymnasium sollte sich so nicht nennen dürfen. ;) Ich weiß, das selbst innerhalb der Schule die Anforderungen von Lehrer zu Lehrer schwanken. Hier hat ein Schüler in Musik beim Vorspiel "nur" eine 1 bekommen, ohne Lob. Mit dem Stück wurde er aber bei Jugend musiziert zum Bundeswettbewerb weiter geleitet. :schwitz: Mein Kind hat eine 1-2 bekommen, es sei nicht schwer genug gewesen. Nun ja, zwischen einer 1 und einer 1-2 liegen 0,5 Punkte. Wie sieht denn da "schwerer" aus?

Chronisch unterfordert - das bedeutet für mich - immer. Und hier muss ich sagen, nein, meine Kinder sind nicht chronisch unterfordert. Am Nachmittag lernen meine durch ihre Hobbys und Interessen das Leben in meiner mich umgebenden Umwelt (denn nur 2% sind sehr klug) zu meistern. Ich kann da wunderbar lernen wie ich mich einbringen muss um eben ganz gut durch Schule zu laufen. Und ich lerne, dass ich selber für mich verantwortlich bin. Wenn der Lehrer an der Schule nicht differenzieren möchte, dann brauche ich Strategien wie ich damit umgehe. Ich kann mich hängen lassen und alles doof finden oder eben die Initiative ergreifen. So erscheint mir Unterricht zwar nicht zwangsläufig als Herausforderung aber vielleicht nicht mehr so langweilig. Und vielleicht lässt sich ja so der Lehrer motivieren jetzt doch zu differenzieren. Vielleicht auch nicht. Aber es wäre ja allemal besser etwas zu tun, als nichts zu tun. ;)

VG
alibaba

Re: Gymnasium

Beitrag von alibaba »

Linasina hat geschrieben:Ich kenne ein solches Kind mit einem „ Elefantengedächtnis“ es ist meine Tochter und ihr Halbbruder ist ähnlich. Das Gedicht Gefunden hat Sie 2 mal durch gelesen dann konnte Sie es sicher auswendig und kann es immer noch auch nach einem halben Jahr noch. Sowas ist selten und es sind meist Autistische Kinder mit einer Inselbegabung die das können.
Mit 3 Jahren konnte sie Bücher auswendig die wir ihr vor lasen und ungefähr an die 100 Kinderlieder. Meine Schwester konnte sowas auch. Ganze Schallplatten konnte Sie Wort für Wort auswändig.
Wir hier haben alle die Begabung etwas schnell zu lernen. ABER!!! wir müssen es uns anschauen. Es fliegt mir nichts in mein Gedächtnis ohne das ich mich damit beschäftige. Gerade meine Tochter (die ganz normal ist) hat noch die weitere Gabe es auch lange behalten zu können.

Meine Kinder lernen. So hat mein Sohn Chemie gelernt. Auswendig, anders geht das nicht. Er saß abends in seinem Zimmer und lernte. Dann kam er zu mir und fragte mich ab, was ich denn wisse. :schwitz: Und dann fragte ich ihn ab. Die Dinge die er nicht konnte, schaute er sich dann morgens noch mal an. Das ist üben! Oder Vokabeln - gerade Latein - da lernt er abends sin seinem Zimmer, kommt dann runter, damit ich ihn abfrage. Vokabeln die er nicht kann, lernt er dann noch mal und kommt wieder runter. Ich frage ihn erneut ab. DAS ist üben!

Und auch mein Sohn kannte seine Bücher auswendig. Aber nicht, weil er daran vorbei lief, sondern weil ich sie ihm vorlas. Er zuppelte mir ständig am Bein, lesen war und ist sein Interessensgebiet und da folgt logisch das Eine dem Anderen. Meine Tochter konnte mit 3 Jahren schwimmen. Warum wohl? Bestimmt nicht, weil sie durchs Schaufenster der Schwimmhalle schaute und den Anderen zusah. ;)

Ich finde es sehr selbstgefällig, wenn mir einer erklärt, es reicht wenn er das sieht, tun müsse er dafür nichts. Und Jemanden, der ihm das erklärt braucht er auch nicht, er erkläre sich das selber. Bisher ist mir noch keiner begegnet, bei dem es sich bewahrheitet hätte. :gruebel:

VG
alibaba

Re: Gymnasium

Beitrag von alibaba »

Koschka, mir kommt die Diskussion gerade so vor, wie mit Rabaukenmama, wo wir am Ende bei einem extremst magersüchtigem Kind ankamen. Wir setzen gerade immer noch einen drauf. Natürlich gibt es Savants, Menschen mit Inselbegabungen. Ich habe nie behauptet, das es keine Savants gibt. Leider sind solche extremen Menschen retardiert aber selbst die üben. Die tun nämlich nichts anderes, als immer nur genau das. Auch ein Savant kann Nichts von nichts. Die fingen ja auch alle mal "klein" an. Es endete eben dann darin lebensuntüchtig, aber ein extrem ausgeprägtes Inselkönnen zu haben. Vor allem eint die eins, nämlich sich nur genau mit diesem einen Können zu beschäftigen.

Die üben also. In extremer Form und ich denke, überhaupt nicht, nicht nur im geringsten Ansatz, mit den normal klugen Menschen - hier im Forum - vergleichbar.

VG
Bliss
Dauergast
Beiträge: 661
Registriert: Fr 21. Okt 2011, 23:43

Re: Gymnasium

Beitrag von Bliss »

alibaba hat geschrieben:
Linasina hat geschrieben:
Ich finde es sehr selbstgefällig, wenn mir einer erklärt, es reicht wenn er das sieht, tun müsse er dafür nichts. Und Jemanden, der ihm das erklärt braucht er auch nicht, er erkläre sich das selber. Bisher ist mir noch keiner begegnet, bei dem es sich bewahrheitet hätte. :gruebel:

VG
Also ich hab gleich 2 davon zuhause, wo es praktisch nichts ist, was sie für Schulstoff tun müssen. Und auch niemanden zum Erklären brauchen Mein Sohn hat ja gerade die 9te übersprungen und es hat völlig gelangt, dass es sich die Bücher der 9ten Klasse mal anschaut. Niemand hat ihm irgendwas erklärt und die Zeit, die er dafür aufgewendet hat war normales Lesetempo.

Es gibt bestimmt Dinge, wo ihm das nicht mehr so leicht gelingt, aber der Schulstoff gehört nicht dazu.
alibaba

Re: Gymnasium

Beitrag von alibaba »

@bliss

Nun, das hört sich aber nicht nach Nichts an. Und es hört sich auch nicht so an, dass man alles mit Nichts könne. Nichts = 0. Wenig gehört genauso definiert. Was ist wenig?

Mich stört nichts. Gewaltig. Und da bin ich so frei zu behaupten, das gibt es nicht. ;) Ganz ohne wissenschaftliche Beweise. Und nich stört auch die freie Übertragung. Wie muss das bei all denen ankommen, die jahrelang dafür trainieren um eben dann ein tolles Ergebnis zu bekommen. Selbst Einstein übte und konnte erst nach vielen, vielen Jahren mit Versuch und Irrrtum, vor allem aber hartnäckigen dranbleibens zum dem kommen, zu was er kam.

VG
Bliss
Dauergast
Beiträge: 661
Registriert: Fr 21. Okt 2011, 23:43

Re: Gymnasium

Beitrag von Bliss »

@alibaba

Du schriebst von sehen und nichts dafür tun. In die Kategorie fällt bei mir durchlesen und ohne weiteres üben oder wiederholen können. Oder im Unterricht mit halbem Ohr hinhören. Natürlich ist das nicht gar nichts, irgendwie in Kontakt muss man mit dem Lerngegenstand schon kommen,
Rabaukenmama
Dauergast
Beiträge: 2955
Registriert: So 8. Dez 2013, 21:24

Re: Gymnasium

Beitrag von Rabaukenmama »

alibaba hat geschrieben:Koschka, mir kommt die Diskussion gerade so vor, wie mit Rabaukenmama, wo wir am Ende bei einem extremst magersüchtigem Kind ankamen.
Deine Erinnerung ist da ziemlich lückenhaft, ich habe NIE von einem extremst magersüchtigen Kind geschrieben. Ich habe den von dir immer als Allheilmittel dargestellten "lockeren" Umgang mit allen möglichen Schwierigkeiten kritisiert. Und bei der Gelegenheit eßgestörte Kinder erwähnt, die ich nicht habe (und du auch nicht) um zu verdeutlichen, dass man nur bei Dingen wirklich mitreden kann, die man aus eigener Erfahrung kennt. Das war ein Vergleich, ähnlich wie von koschka.

Woher will ich wissen, dass die Mutter, deren Kind nicht essen will, nur "unentspannt" ist, oder ob eine ernsthafte Störung dahinter steckt? Woher will ich wissen, ob hier nicht auch Eltern von Savants schreiben? Woher will ich wissen, dass ein mir fremdes Kind EINE oder KEINE Wahrnehmungsstörung hat, nur weil es nie diagnostiziert wurde? Es laufen tausende Menschen mit nicht diagnostizierten Wahrnehmungsstörungen rum - ebenso wie tausende mit falschen Diagnosen!

Wenn man sieht und merkt, dass sich die eigenen Kinder gut entwickeln, dann ist ein "lockerer Umgang" leicht. Aber je nach individueller Wesensart der Eltern gibt es immer wieder mal Situationen, wo man sich Sorgen macht. Manchmal nicht berechtigt, manchmal berechtigt. Und wenn diese Sorgen hier geteilt werden, mag der Rat "Bleib ganz locker!" manchmal hilfreich sein. Aber eben nicht immer!
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Rabaukenmama
Dauergast
Beiträge: 2955
Registriert: So 8. Dez 2013, 21:24

Re: Gymnasium

Beitrag von Rabaukenmama »

Bliss hat geschrieben:@alibaba

Du schriebst von sehen und nichts dafür tun. In die Kategorie fällt bei mir durchlesen und ohne weiteres üben oder wiederholen können. Oder im Unterricht mit halbem Ohr hinhören. Natürlich ist das nicht gar nichts, irgendwie in Kontakt muss man mit dem Lerngegenstand schon kommen,
Ja, so meint und sieht es jeder hier, außer Alibaba.

Gerade was Englisch betrifft, so hat mein Sohn ausgezeichnete Vokabelkenntnisse. Er schaut auch englische youtube Videos und chattet in englischer Sprache. Die Übersetzung leitet er aus dem Sinn ab, er braucht keine Vokabeltabelle und keine Lernkartei.

Natürlich ist das nicht "nichts", weil er zumindest 1x einem Vokabel begegnet sein muss, um es sich zu merken. Auch der Savant muss ja mindestens 1x über Rom geflogen sein, um das Bild zu zeichnen. Alles andere würde ja unter Zauberei fallen ;) .
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
alibaba

Re: Gymnasium

Beitrag von alibaba »

@rabaukenmama

Ich bin mir ganz sicher, dass es hier im Forum keinen Savant gibt. Das ist nämlich ein Mensch, der auf einem bestimmten Gebiet hochbegabt, sonst eher unterdurchschnittlich begabt ist.

Daher finde ich, im Zusammenhang mit dem Kontext „üben“ den Verweis auf einen Savant genauso befremdlich, wie eben die Argumentation mit essgestörten Kindern. Das passt für mich überhaupt nicht mehr in den Zusammenhang. Da sind wir ganz weit weg von einem, gerne streitbaren, aber inhaltlichen passenden Austausch.

VG
Antworten